Bianca Andrew mit »Ages of Woman« an der Oper Frankfurt

Liederabend Bianca Andrew (Mezzosopran) und Anne Larlee (Klavier) ~ Oper Frankfurt, 10. September 24 ~ Bianca Andrew und Anne Larlee (hinten) ~ Foto: Barbara Aumüller (szenenfoto.de)

Am vergangenen Sonntag eröffnete die Oper die neue Spielzeit mit einem großen Theaterfest und der Wiederaufnahme von Händels Hercules. Zwei Tage später war im Opernhaus der erste Liederabend der Spielzeit zu erleben. Es war ein ganz außerordentlicher, den Bianca Andrews gegeben hat (am Klavier begleitet von Anne Larlee).

Unter dem Motto „Ages of Woman“ präsentierte sie innerhalb von zwei Stunden (inklusive einer Pause) 32 Lieder von 19 verschiedenen Komponist:innen. Es war ein anspruchsvolles Programm über das Thema „Frau sein“, mit Liedern aus unterschiedlichen Zeiten und in verschiedenen Stilen. Dabei vermied Andrew bewusst Klischeebilder. Vielmehr zeigte sie mit den sorgfältig ausgewählten Kunstliedern allgemeingültige wie moderne Facetten von Frauen. Das Programm gliederte sie in sieben Lebensphasen und Themen (Newborn/Creation ~ Child/Innocence ~ Girl/Sexualisation ~ Woman/Desire ~ Mother/Expectation ~ Menopause/Liberation ~ Grandmother/Wisdom).

Wie sie selbst im Vorwort zum Programm schrieb, wurde sie dazu von ihren Erfahrungen der Partie der Aurelia bei Vito Žurajs Blühen angeregt.

Bianca Andrews Engagement an der Oper Frankfurt begann unspektakulär als Stipendiatin des Opernstudios. Schon damals fiel die aus dem fernen Neuseeland stammende Mezzosopranistin durch ihre starke Präsenz und Stimme auf. Zur Soiree im November 2018 wurde sie auf dieser Seite als „die Souveränste unter den Sängerinnen“ beschrieben, „mit Anmut und Siegesstärke“ (kulturfreak.de). Und zur Soiree im April 2019 hieß es über ihren Mozart-Vortrag „Zum Niederknien schön“ (kulturfreak.de).
Inzwischen ist sie festes Ensemblemitglied und regelmäßig in großen Partien zu erleben, wie zuletzt als Sesto in Händels Giulio Cesare in Egitto.

Liederabend Bianca Andrew (Mezzosopran) und Anne Larlee (Klavier)
Oper Frankfurt, 10. September 24
Bianca Andrew
Foto: Barbara Aumüller ~ szenenfoto.de

Ihre stupende Technik hat sie stets weiter verbessert, ihr Auftreten ebenso. In einem zartrosa Kleid und mit weißen Abendhandschuhen wirkte sie bei ihrem Liederabend elegant wie eine Prinzessin (obwohl sie zu Beginn lediglich Ballerinas trug). Das perfekte Äußere spiegelte sich auch in ihrem Vortrag. Jedem einzelnen Lied verlieh sie einen eigenen Rahmen und Ausdruck. Bekannte Liedkomponisten wie Charles Ives, France Poulenc und Carl Loewe) kamen zu Gehör. Mit Komponist:innen wie Jake Heggie (* 1961), Jenny McLeod (1941-2022) und Dorothy Freed (1919-2000) gab es jedoch auch für regelmäßige Besucher der Liederabendreihe viel noch nie Gehörtes zu entdecken.

Eröffnet wurde der Abend mit Jake Heggies außergewöhnlichen und über fünf-minütigen Song „My Name“ aus dem Zyklus „Eve-Song“. Eva hinterfragt hierbei die traditionelle Schöpfungsgeschichte und wechselt dabei fließend zwischen verschiedenen Ausdrucksformen.

Besonders innige Momente gestaltete Bianca Andrews mit Claude Debussys „La Flûte de Pan“. Lebhafte beispielsweise mit William Bolcoms Cabaret-Song „Toothbrush Time“, ein Lamentieren über einen nervigen Lebenspartner. Außergewöhnlich auch Claire Cowans „My Sister´s Country“, vom Klavier fast nur mit Akkordfolgen begleitet. Moderne Rhythmen zeichnen das Lied „Indian Summer – Blue“ von Jake Heggie (Zyklus Natural Selection) über einen falschen Ehemann aus. Andrews braucht keine großen Gesten um groß zu wirken. Gleichwohl weiß sie aber auch, markante Punkte zu setzen. Wie einen stiller Abgang nach „Francis Poulencs „Mon cadavre est doux comme un gant“ oder mit einem barfüßigen Vortrag von Jake Heggies „Joy Alone“ am Ende.

Anne Larlee war bei diesem großartigen Liederabend eine verlässliche Partnerin am Klavier. Am Ende gab es für beide viel Beifall. Bianca Andrews bedankte sich auf Deutsch nicht nur beim Publikum, sondern auch bei der zahlreich erschienenen „Oper Frankfurt Familie“. Als Dankesbekundung gab es als zweite Zugabe eine letzte Besonderheit: ein a cappella vorgetragenes neuseeländisches Liebeslied in der Sprache der Maori.

Markus Gründig, September 24


Die Zugaben:

Stilgoe & Skellern > Richard Stilgoe (* 1943) und Peter Skellern (1947-2017): „Joyce, the Librarian
Traditionelles neuseeländisches Liebeslied in der Sprache der Maori: „Pokarekare Ana