Viele renommierte Opernhäuser haben ein Opernstudio, doch sind die inhaltlichen Gestaltungen sehr unterschiedlich. Dies fiel Bernd Loebe, Intendant der Oper Frankfurt, schon vor bald dreißig Jahren auf, als er noch als Journalist tätig war. Insbesondere zur damaligen Zeit war es weit verbreitet, junge Sänger als billige Arbeitskräfte im Opernbetrieb zu verheizen, zu Lasten ihrer Stimmen. Loebe, inzwischen ein hervorragend vernetzter Stimmexperte, war klar, dass unter seiner Intendanz ein Opernstudio in erster Linie der fundierten Praxiserkundung und begleiteter fortführender Ausbildung (u. a. mit hochkarätigen Gastdozenten) dienen sollte.
Dank der Unterstützung durch die Deutsche Bank Stiftung, der Stiftung Polytechnische Gesellschaft und dem Frankfurter Patronatsverein (Sektion Oper) gibt es das Frankfurter Opernstudio, das diesen Ausbildungsweg verfolgt, seit nunmehr 10 Jahren. In diesen hat es sich zu einer der renommiertesten Talentschmieden der deutschsprachigen Opernhäuser entwickelt. Von den bisher 40 Stipendiaten wurden 13 in das Ensemble der Oper Frankfurt übernommen, andere fanden ihren Weg in die Ensembles anderer renommierter Häuser. Viele von ihnen sind weiterhin der Oper Frankfurt verbunden und kommen als Gastsänger zurück (wie Sopranistin Elizabeth Sutphen, die ab Oktober als Zerbinetta in Strauss´ Ariadne von Naxos und ab Januar 19 als Atalanta in Händels Xerxes).
Das 10-jährige Bestehen wurde jetzt mit einem großen Konzert gefeiert, dass es in dieser Form an der Oper Frankfurt bislang nicht gegeben hat. Zwar finden jährlich zwei Soireen des Opernstudios mit Klavierbegleitung im Holzfoyer statt (in dieser Spielzeit am 12. November 18 und am 9. April 19), das Festkonzert wurde aber im Opernhaus zusammen mit dem Frankfurter Opern- und Museumsorchester unter der anfeuernden Leitung des ehemaligen Kapellmeisters der Oper Frankfurt, Hartmut Keil, begangen (und mit Otto Nicolais Ouvertüre zu Die lustigen Weiber von Windsor begonnen).
Vom aktuellen Opernstudio waren zwei Stipendiaten beteiligt. Zum einen die Sopranistin Florina Ilie, die sich hier vielversprechend mit der Juwelenarie „Oh Dieu, que de bijoux“ aus Gounod Faust vorstellte, und zum anderen Bariton Iain MacNeil (mit „Kto mozhet sravnitsa“ aus Tschaikowskis Iolante). Alle anderen acht Sänger waren ehemalige, die nun dem Ensemble der Oper Frankfurt angehören oder einzig für diesen Abend hierher zurückkehrten.
Wie der gebürtige chinesische Bass Wenwei Zhang. Er war in der Spielzeit 2009/10 Mitglied des Opernstudios, danach für drei Spielzeiten am Theater Dortmund. Seit der Spielzeit 2014/15 ist er Ensemblemitglied der Oper Zürich. Nach kurzen Begrüßungsansprachen durch Intendant Bernd Loebe und Prof. Dr. Roland Kaehlbrandt (Stiftungsvorstand der Stiftung Polytechnische Gesellschaft) eröffnete Zhang diesen besonderen Konzertabend mit der Arie „La calunnia“ aus Rossinis Il barbiere di Siviglia. Dabei glänzte er nicht nur mit seinem gewitzten Vortragsstil, sondern auch mit seiner wohltönenden und raumgreifenden Stimme.
Im Folgenden des insgesamt zweistündigen Programms (leider ohne Pause) wurde nicht nur eine hervorragende Vielfalt an fantastischen Stimmen, Klangfarben und Interpretationsstilen geboten, sondern auch ein klug zusammengestelltes Programm aus beliebten Klassikern und selten zu hörenden Raritäten, darunter viele sehr anspruchsvolle Arien.
Ihre internationale Karriere verfolgt inzwischen sehr erfolgreich Sopranistin Paula Murrihy. Sie ist nicht nur wegen ihrer, den chansonartigen Charakter der Carmen herausstellenden, Interpretation in Barrie Koskys Carmen Inszenierung 2015 noch in bester Erinnerung. Aus dieser Oper präsentierte sie die „Seguidilla“, sowie vorher aus Mozarts La clemenza di Tito das anrührende „Parto, parto, ma tu ben mio“ mit starker Innerlichkeit. Sopranistin Kateryna Kasper bot eine kecke Interpretation von Poulencs „Non, Monsieur, mon marie“ (aus Les mamelles de Tirésias), mit Zurufen von der Seite durch Thomas Faulkner.
Auch die weiteren Sänger überzeugten mit ihren großen Stimmen das Publikum von der Qualität ihrer Ausbildung im Frankfurter Opernstudio. Bassbariton Thomas Faulkner (mit O skaly groznye“ aus Rimski-Korsakows Sadka), Tenor Michael Porter (mit „Dies Bildnis“ aus Mozarts Zauberflöte und „O Colombina“ aus Leoncavallos I Pagliacci), Bassbariton Kihwan Sim (mit „Ella giammai m’amo“ aus Verdis Don Carlo), Bariton Iurii Samoilov (mit „Vision fugitive“ aus Massenets Hérodiade und „O Vaterland“ aus Lehárs Die lustige Witwe), sowie Bariton Mikołaj Trąbka (mit „Bella sicime un angelo“ aus Donizettis Don Pasquale).
Bevor Michael Münch (Stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank Stiftung) den Abend offiziell beendete, verführte Sopranistin Julia Dawson mit Koloraturen aus Rossinis Non piu mesta““ (La Cenerentola).
Markus Gründig, September 18