Wie kaum ein anderer junger Sänger setzt sich der 1990 in Göttingen geborene Bariton Samuel Hasselhorn für das klassische Kunstlied ein. Neben zahlreichen Liederabenden veröffentlichte er bereits drei Aufnahmen. 2014 die CD „Nachtblicke“, 2018 „Dichterliebe²“ (beide Label GWK RECORDS) und 2020 „Stille Liebe“ (Label Harmonia Mundi).
Mit Blick auf den 200. Todestag von Franz Schubert startete er gemeinsam mit dem Pianisten Ammiel Bushakevitz das Projekt “SCHUBERT 200”. Dieses beinhaltet u. a. die Aufnahme von fünf CDs, die Schuberts Liedschaffen der letzten Jahre chronologisch nachzeichnen. Dabei geht es gezielt um die Frage nach heutiger Relevanz der Lieder. Verbindungen zur Gegenwart sollen hör- und erfahrbar gemacht werden.
Zu Samuel Hasselhorns Liederabenddebüt im Opernhaus war neben Ensemblemitgliedern auch der Generalmusikdirektor Thomas Guggeis im Publikum.
Trotz seines jungen Alters klingt Hasselhorns Stimme ausgereift und voll. Sie ist (noch) nicht so überragend kraftvoll (wie die eines Iurii Samoilov oder Andreas Schager). Dafür beweist er sich als stilsicherer Liedsänger mit stupender Technik. Nicht nur seine Textverständlichkeit ist hervorragend. Bemerkenswert ist, wie er Text und Melodie miteinander verbindet und den Inhalt durchlebt. Jedes einzelne Lied wird förmlich zelebriert. Dabei wirkt sein Vortrag nie gekünstelt oder übertrieben.
Bei seinem Programm wählte Hasselhorn Lieder von Franz Schubert und von Robert und Clara Schumann. Für jedes Lied nahm er sich Zeit und gab mit gesetzten Pausen Gelegenheiten, das Gehörte wirken zu lassen – wie bei Robert Schumanns „Tragödie 2“ („Es fiel ein Reif in der Frühlingsnacht“). Zu den zarten Tongemälden zählten auch Schuberts „Litanei auf das Fest Allerseelen“ und „Des Fischers Liebesglück“.
Mit dem aufbrausenden und populären „Erlkönig“ („Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?“) setzte er vor der Pause einen markanten Punkt.
Der große Liedblock nach der Pause fesselte nicht ganz so wie der erste Teil. Er beinhaltete die Sammlung Die Zwölf Gedichte nach Justinus Kerner. Diese finden sich auch auf dem Album „Stille Liebe“, das Hasselhorn mit dem Pianisten Joseph Middleton aufgenommen hat (und mit dem Prix Caecilia 2020 in Belgien als beste Lied CD des Jahres ausgezeichnet wurde). Das sanfte und schlichte „Alte Laute“ beendete den Abend.
Hasselhorn präsentierte sich selbstbewusst und sang alle Lieder frei von ausliegenden Noten. Im schwarzen Frack zollte er dem Opernhaus Respekt, wirkte darin aber auch etwas weird. Diesbezüglich war ihm die aus Bulgarien stammende Pianistin Doriana Tchakawova in einer ärmelfreien Bluse mitsamt Einschnitten am Rücken und roten Schuhen überlegen. Sie spielte komplett von einem Tablet ab (Umblättern per Gesichts-/Augenbewegungen). Sie fand stets eine gute Balance zwischen zurückhaltender, unterstützender Begleitung und kraftvollen solistischen Momenten.
Am Schluss gab es intensiven Applaus und zwei Zugaben.
Markus Gründig, April 24
Die Zugaben:
Robert Schumann: „Du bist wie eine Blume“ (op. 25 Myrthen, Nr. 24)
Johannes Brahms: „Da unten im Tale“