Das English Theatre Frankfurt setzt seine Spielzeit mit der romantischen Liebeskomödie »Sylvia« fort

Sylvia ~ English Theatre Frankfurt ~ Kate (Mercedes Bahleda), Sylvia (Louisa Beadel), Greg (Gary Fannin) ~ © Martin Kaufhold

Lange sorgte die Kampagne #TheETFMustStay für eine große Anteilnahme am Fortbestand des größten englischsprachigen Theaters auf dem Kontinent. Anfang des Jahres konnte dann endlich eine befriedigende Lösung für die Standortfrage gefunden werden.

Nachdem Mitte Januar der Spielbetrieb am angestammten Platz kurzfristig eingestellt werden musste, geht es nun nach einer dreimonatigen Unterbrechung endlich weiter. Zwar nicht am bisherigen Standort, dieser wird bis ins nächste Jahr hinein renoviert, sondern temporär im Theater am Zoo (dem ehemaligen Fritz Rémond Theater). Das kann das English Theatre Frankfurt (ETF) gemeinsam mit der neuen Theaterwerkstatt für Kinder und Jugendliche nutzen.

Das mit öffentlichen Verkehrsmitteln sehr gut erreichbare Theater befindet sich auf der linken Seite des Zoo-Gesellschaftshauses (mit eigenem Eingang). In den letzten Wochen wurde u. a. die Technik ertüchtigt und die Foyers geweißt. Bilder vergangener Produktionen zieren deren Wände und versetzen Besucher in die besondere Atmosphäre, die das ETF auszeichnet.

Sylvia
English Theatre Frankfurt
Greg (Gary Fannin), Sylvia (Louisa Beadel)
© Martin Kaufhold

Ehe ohne Esprit wird aufgemöbelt

Mit A.R. Gurneys Liebeskomödie Sylvia zeigt das ETF ein ganz besonderes Stück. Es handelt vom Ehepaar Kate und Greg. Sie kommen aus der gehobenen Mittelschicht. Die Kinder sind inzwischen erwachsen und studieren außerhalb. Allein mit sich selbst wird schnell deutlich, dass sie ihre Beziehung lange nicht gepflegt haben, es liegt einiges im Argen. Greg ist zudem unzufrieden im seinem sich ständig wandelnden Job (wo er sich nunmehr mit dem Handel von Derivaten beschäftigen soll). Kate hingegen geht ganz in ihrem Beruf als Lehrerin auf und will ihre Karriere vorantreiben. Die Probleme zeigen sich mit Vehemenz, als Sylvia ins Spiel kommt. Ihr scheint Greg regelrecht verfallen zu sein. Das Pikante dieser Dreiecksgeschichte: Sylvia ist eine Hündin, die Greg im Park zugelaufen ist.

Sylvia
English Theatre Frankfurt
Tom (Alex Murdoch), Greg (Gary Fannin)
© Martin Kaufhold

Emanzipatorische Kritik und Intimitätskoordinatorin

Im Vorwort zu Sylvia schreibt Autor A.R. Gurney, dass es zunächst nicht leicht war, ein Theater für die Uraufführung zu finden. Vor allem aus dem emanzipatorischen Umfeld kam es zu Unmut, weil eine Frau einen Hund spielen soll. 1995 feierte das Stück dann in einer Produktion des Manhatten Theatre Clubs seine Uraufführung. Die Rolle der Hündin verkörperte die damals 30-jährige Sarah Jessica Parker (der Gurney das Stück „with love and amazement“ widmete). Schnell entwickelte sich das Stück dann zu einem großen Erfolg. Inzwischen gibt es weltweit über 100 Inszenierungen davon. Am Broadway gab es im Cort Theatre von Oktober 15 bis Januar 16 ein Revival. Dabei war Parkers Ehemann Matthew Broderick in der Partie des Greg zu erleben.

Vergnüglich umgesetzten Komödie

Als Hündin Sylvia bringt sich Louisa Beadel stark ein. Anfangs noch mit zuckenden Kopfbewegungen, passt sie sich immer mehr ihrer Umwelt an. Das wird zusätzlich an der Kleidung deutlich, die im Verlauf immer aufreizender und eleganter wird. Am Ende hat sie innerlich wie äußerlich eine Transformation durchgemacht und auch ihr musikalisches Talent unter Beweis gestellt. Ihre Darstellung als Hündin ist zu keinem Zeitpunkt peinlich oder störend, ganz im Gegenteil. Sie muss sich zwar ständig an die Menschen und allen voran an Greg ranmachen und sich anschmiegen. Ganz so, wie es Hunde nun einmal tun. Für diese Momente hat das ETF mit Christina Fulcher erneut extra eine Bewegungs- und Intimitätskoordinatorin eingebunden, sodass die Umsetzung sehr behutsam erfolgt.

Sylvia
English Theatre Frankfurt
Sylvia (Louisa Beadel), Kate (Mercedes Bahleda)
© Martin Kaufhold

Gary Fannin vermittelt den in einer Midlife-Crisis stehenden Greg in seiner Zerrissenheit und nach Ausgleich suchenden, charmant und intensiv. Wandelbar zeigt sich die Kate der Mercedes Bahleda. Hat sie den Auszug der Kindern gut überwunden, sieht sie nicht tatenlos zu, wie Sylvia immer mehr von Greg Besitz ergreift. Alex Murdoch ist in Mehrfachbesetzung als vergnügter Hundefreund Tom, als Kates eigentlich dem Alkohol fernstehende, dann aber umso gieriger aus der Scotch-Flasche trinkende Freundin Phyllis und als Nähe suchende und genderfluide Psycholog:in Leslie (mit radikaler Empfehlung an ihre Klientin) zu erleben.

Das Einheitsbühnenbild von Cara Evans (auch Kostümdesign) zeigt ein zeitloses Wohnzimmer mit Couch und Sessel. Hinter einer Fensterfront blauer Himmel (und mit dem Verzicht auf die Skyline New Yorks somit keine unmittelbare Verortung). Zwischen den Szenen werden Hits wie „Uptown Girl“ oder “I’m Just a Girl“ zugespielt.

Es gibt viel zu lachen bei dieser von Regisseurin Bethany Pitts vergnüglich umgesetzten Komödie. Viel Applaus bei der besuchten dritten Vorstellung.

Markus Gründig, April 24


Sylvia

Von: A. R. Gurney (1930 – 2017)
Uraufführung: 27. Oktober 1995 (New York, Manhatten Theatre Club)

Premiere am English Theatre Frankfurt: Samstag, 13. April 24 (Theater im Zoo, FFM)
Besuchte Vorstellung: 16. April 24
Spielzeit bis: 26. Mai 24

Regie: Bethany Pitts
Bühnenbild- und Kostümdesign: Cara Evans
Licht-Design: Peter Small
Ton-Design: Holly Khan
Movement and Intimacy Director: Christina Fulcher
Casting Director: Marc Frankum CDG

Besetzung:

Kate: Mercedes Bahleda
Sylvia: Louisa Beadel
Greg: Gary Fannin
Tom / Phyllis / Leslie: Alex Murdoch

english-theatre.de