
Das Theater Münster stellte gestern seinen Spiel- und Konzertplan für die Spielzeit 2025/26 vor. Insgesamt wird es in der kommenden Spielzeit 28 Premieren und 9 Wiederaufnahmen in den Sparten Musiktheater, Schauspiel, Tanz und Junges Theater geben. Die Niederdeutsche Bühne ist mit einer Premiere im Kleinen Haus vertreten. Das Sinfonieorchester Münster spielt 10 Sinfoniekonzerte, 14 Sonder-, 6 Kammer- und 5 Erbdrostenhofkonzerte und zudem 18 Kinderkonzerte, 24 Sitzkissenkonzerte sowie das Musik+konzert in einer ausgewählten Schule.
Einer der Höhepunkte des Spielplans wird sicherlich Friedrich Schillers Maria Stuart im Großen Haus darstellen. Schiller traute der Kunst viel zu in einer Zeit neuer Kriege und tiefgehender gesellschaftlicher Zerwürfnisse. Er sah sie in ihrer Geltung aber auch bedroht, wie in seinen Briefen Über die ästhetische Erziehung des Menschen 1795 zu lesen ist:
„denn die Kunst ist eine Tochter der Freiheit, und von der Notwendigkeit der Geister, nicht von der Notdurft der Materie will sie ihre Vorschrift empfangen. …“
Die Kunst, das Theater, die Musik – sie sind 1795 nicht verschwunden, sie bahnten sich immer neue Wege, fanden aufs Neue Unterstützung und wurden zu Hoffnungsbringern. Sie bieten bis heute Orte der Freiheit, ohne dass diese Freiheit die freien Entfaltungsrechte der jeweils Anderen beschneiden muss.
Gemeinsam eröffnen Schauspiel und Musiktheater am 3. Septemberwochenende die neue Spielzeit: Am 19. September zeigt das Schauspiel mit Elfride Jelineks Endsieg die unmittelbare Reaktion der Literaturnobelpreisträgerin auf die erneute Wahl des US-amerikanischen Präsidenten. Im Musiktheater verbindet am 20. September Gaetano Donizettis komische Oper Der Liebestrank virtuosen Operngesang mit der emanzipatorischen Kraft der italienischen Opera buffa.
Musiktheater:
Mit Tristan und Isolde steht nach 15 Jahren erstmals wieder ein Musiktheaterwerk von Richard Wagner auf dem Spielplan des Theater Münster. Für alle, die Abenteuer, Romantik und Musicals lieben, ist Frank Wildhorns Der Graf von Monte Christo ein Muss! Wer einmal hinter die Kulissen schauen möchte, kann bei dem experimentellen Projekt Die Kantine im Rahmen der Förderung NOperas! des Kultursekretariats NRW einen ganz besonderen Gang durch sonst verschlossene Theaterräumlichkeiten erleben.
Farbenreiche Musik und eigene Klangwelten entführen das Publikum in Benjamin Brittens A Midsummer Night’s Dream in eine wilde Sommernacht. Die Grenzgängerin Violetta wird zum Spielzeitabschluss in La Traviata Giuseppe Verdis musikalischen Umgang mit den Abgründen am Rande der bürgerlichen Welt beleuchten. Die Wiederaufnahme der erfolgreichen Produktion La Bohème sowie die Operngala, die in dieser Spielzeit mit einem eigenen italienischen Programm überrascht, vervollständigen das Programm.
Schauspiel
Schauspieldirektor Remsi Al Khalisi legt einen Schwerpunkt seiner Spielplangestaltung mit 5 Ur- bzw. Erstaufführungen bei 10 Neuproduktionen weiterhin auf die Zusammenarbeit mit zeitgenössischen Autor*innen wie Milena Michalek, Kay Matter, Paula Kläy, Konstantin Küspert, Caren Jeß. Mit Endsieg schreibt Jelinek die heiße Phase des US-Wahlkampfs und macht daraus ein hellsichtiges, bitterböses Stück Theaterliteratur über Donald Trump, seinen Schatten und sein Volk. Die Autorin und Regisseurin Milena Michalek bearbeitet Der Idiot neu und erschließt so Dostojewskijs zweite „große Romantragödie“ für unsere heutige Zeit, während Paula Kläy, Hausautorin 24/25, in Gewölk die „unerträgliche Leichtigkeit“ der Vergänglichkeit erforscht.
Tennessee Williams Süßer Vogel Jugend erzählt die Geschichte einer Verfolgungsjagd – nach Chance, der verlorenen Zeit und der ewigen Jugend – in einer sich immer mehr dem Totalitären zuwenden Gesellschaft. Und einmal mehr soll es natürlich auch 2025/26 heiter, ernst, schräg und nachdenklich, bunt und einfarbig zugehen: Vielfalt wird gefeiert, Geschlechter- und Genderkonzepte in Frage gestellt (Bunbury – Ernst sein ist alles!, Muskeln aus Plastik, Heartship), Machtstrukturen bloßgelegt (Toxische Männer, Maria Stuart) Fluchtgeschichten erzählt (Die Wurzel aus Sein) und vieles mehr …
Auch 2025/26 treffen am Langen Wochenende der neuen Dramatik Studierende des Studiengangs Szenisches Schreiben der UdK Berlin auf Regiestudierende der Folkwang Universität der Künste und gehen mit ihrer Arbeit in den Austausch. Unveröffentlichte Texte werden als Werkstattinszenierungen mit dem Schauspielensemble auf die Bühne gebracht.
Tanz
Das Tanzprogramm der Spielzeit 2025/26 hat als Höhepunkt eine neue Version von Schwanensee zur Musik von Pjotr I. Tschaikowsky von Chefchoreografin Lillian Stillwell. Die Neuproduktion Die Schwäne nimmt die weibliche Hauptfigur, Odette, und die Gruppe der Schwäne in den Fokus, um die Handlung rund um die Liebesgeschichte neu zu erzählen. Die körperliche Virtuosität und tiefe Emotionalität, die das Tanzensemble auszeichnen, werden in weiteren Premieren widergespiegelt.
Mit Generation Gap knüpft der Tanz an den Erfolg von Nachbarschaft aus der Spielzeit 2023/24 an – mit drei Choreograf*innen, die aus ebenso vielen Generationen kommen: Johana Malédon (aus Paris), Fabien Prioville (aus Düsseldorf) und Yoshiko Waki (aus Münster). Für Amor / Absicht bringt der Tanz den spanischen Choreografen Gustavo Ramirez Sansano nach Münster zurück. 2017 hat er schon für das Theater Münster einen Tanzabend geschaffen; jetzt wird er ein neues Stück über die Liebe kreieren.
Die Zusammenarbeit mit der Stadtbücherei Münster setzt sich mit einem neuen, für den Ort konzipierten Tanzstück fort. Annie Hanauer wird dort Books and Bodies: Orte des Widerstands präsentieren. Nicht zuletzt wird die Produktion des Tanzes, Jungen Theaters und Sinfonieorchesters für die Allerkleinsten Fliegen wiederaufgenommen. Das Vermittlungsformat TanzNAH, das Nachwuchstalentprogramm Tanz Münster Studio und der Schwerpunkt Nachhaltigkeit bleiben als tragende Säulen der Sparte Tanz erhalten.
Junges Theater
Für das Junge Theater bedeutet Theater nicht nur Zuschauen, sondern auch aktives Mitgestalten. Mit dem neuen Spielplan soll ein großes, energiegeladenes, musikalisches, poetisches, politisch relevantes, interdisziplinäres, künstlerisches Programm auf die Bühne gebracht werden. Mit der Uraufführung von Lucia Zamolos Und dann noch … werden die Ursachen von Stress ergründet und sich diesen mit Mut und Augenzwinkern entgegengestellt.
Eine spannende Geschichte über Freundschaft und Toleranz wird mit Stefanie Taschinskis Funklerwald erzählt, während Sie sagen Täubchen, ich sag Taube von Sina Ahlers für einen kollektiven Ausruf nach Selbstbestimmung und Grenzsetzung steht. Eine humorvolle Geschichte mit vier schrägen Vögeln zwischen Arche Noah, sozialer Verantwortung und der Frage nach Gott steht mit Ulrich Hubs An der Arche um acht auf dem Programm. Junge Komponist*innen verwandeln die surrealistisch anmutenden Bilder von Shaun Tans Die Regeln des Sommers in ein spannendes Klangabenteuer für Groß und Klein.
Im Mai 2026 ist das Theater Münster in Kooperation mit dem echtzeit-theater in Münster Gastgeberin für eines der renommiertesten Theaterfestivals für junges Publikum bundesweit: Das WESTWIND Festival zeigt nicht nur herausragende Produktionen aus NRW, sondern bietet auch eine Bühne für internationale Gastspiele. Zudem übernehmen im Juli 2026 über vier Tage Jugendliche das Kommando auf der Bühne, hinter der Bühne und in der Planung für Das Festival!
Konzerte
Die Meisterwerke der sinfonischen Musikgeschichte stehen auch 2025/26 im Zentrum der Sinfoniekonzerte, GMD Golo Berg stellt sie aber immer wieder in den Kontext des aktuellen Musikschaffens und selten gespielter oder wiederentdeckter musikalischer Kostbarkeiten.
Ergänzend zur traditionellen Reihe der Sinfoniekonzerte bietet das Sinfonieorchester das neue Format der Stadtteilkonzerte an, deren Start bereits in Coerde und Kinderhaus gefeiert wurde. Die beliebten Crossover-Konzerte MondayNightMusic versprechen im LWL-Museum eine Begegnung mit der Gruppe Songland (These are the days), und im Pumpenhaus mit dem Duo Aliada und seinem Programm Beyond Balkan.
Der sehr beachtete Bruckner-Zyklus kommt mit der unsterblichen Achten und der geheimnisvollen Neunten im kommenden Jahr zu seinem Ende. Es wird wieder die allseits beliebten Weihnachtskonzerte geben (Hört der Engel helle Lieder) und natürlich die Neujahrskonzerte mit Götz Alsmann (Arriba de la Bola), die sich 2026 der Musik Kubas und der Karibik widmen möchten. In einem Kinokonzert wird das Sinfonieorchester den Stummfilm Girl Shy von und mit Harold Lloyd begleiten. Im Mai gibt es dann wieder das Festival MUSICA SACRA, das sich inhaltlich mit musikalischen und religiösen „Visionen“ auseinandersetzen wird.