„Das wird nicht gut ausgehen“ spricht in der Pause ein Zuschauer zu seiner Begleitung. Und in der Tat endet Dmitri D. Schostakowitsch Oper Lady Macbeth von Mzensk nicht mit einem Happy End. Schließlich hat Katerina Ismailowa, die Titelheldin, am Ende drei Menschenleben auf dem Gewissen. Dennoch ist die Oper weit mehr als eine brutale Kriminalgeschichte. Dabei hat sie den Vorteil, musikalisch leicht zugänglich zu sein. Für die im Geschehen vorherrschende Gewalt und sexuelle Lust hat Schostakowitsch eine extrem plastische musikalische Ausdrucksform gefunden.
Jetzt wurde die 2019er Inszenierung von Anselm Weber, dem Intendanten des Schauspiel Frankfurt, zum ersten Mal an der Oper Frankfurt wiederaufgenommen. Letztere wurde erst in der vergangen Woche zum dritten Mal hintereinander und insgesamt zum achten Mal als „Opernhaus des Jahres“ ausgezeichnet (Meldung vom 25.09.24).
Webers Inszenierung ist eine subtile Ausarbeitung über die Kaufmannsfrau Katerina Ismailowa: Wie sie durch den schwachen Ehemann, den umso brutaleren und sie unsittlich berührenden Schwiegervater und das in ihr brodelnde Gefühlschaos zur mehrfachen Mörderin wird.
Das Einheitsbühnenbild von Kaspar Glarner (auch Kostüme) unterstützt mit Video (Video: Bibi Abel) und ausgefeilten Lichtstimmungen (Licht: Olaf Winter) die Szenerie beklemmend gut.
2019 leitete der damalige Generalmusikdirektor (GMD) Sebastian Weigle das Frankfurter Opern- und Museumsorchester. Jetzt stand sein junger Nachfolger Thomas Guggeis am Pult. Auch er legte sich mit Verve ins Zeug und sorgte für eine mitreißende Umsetzung der musikalisch anspruchsvollen Partitur. Als Besonderheit sitzt eine „Big Band“, also Blechbläser des Orchesters, in den seitlichen Technikspalten zwischen Bühne und Zuschauerraum und unterstütz von dort.
Überaus anspruchsvoll ist auch die Partie der Kaufmannsfrau Katerina Ismailowa. Hierfür ist erneut die estnische Sopranistin Aile Asszonyi zu Gast. Im vergangenen Jahr gab sie in Claus Guths Inszenierung von Elektra ihr Debut an der Oper Frankfurt. Ihre Ismailowa ist eine starke und empfindsame Frau, kein Monster. Stimmlich bewältigt sie die Partie mit beeindruckender Souveränität.
Wie in 2019 ist auch jetzt wieder der russische Tenor Dmitry Golovnin als vitaler Frauenverführer Sergei zu erleben. Neu in die Produktion eingestiegen sind u. a. der Bass Andreas Bauer Kanabas (lüsterner und tyrannischer Schwiegervater Boris Ismailow) und der österreichisch-australische Tenor Gerard Schneider (Pelz tragender Ehemann Sinowi Ismailow). Bauer Kanabas nimmt wieder mit aristokratischen Format und seiner profunden Stimme stark für sich ein, damit überzeugte er zuletzt schon bei Aida (als Ramfis) und Tannhäuser (als Landgraf). Ganz anders gibt er sich dann in der zweiten Hälfte (Akt 3 und 4) als gebrechlicher alter Zwangsarbeiter.
Zahlreiche Mitglieder des Ensembles sind in kleineren Rollen zu erleben: Peter Marsh (Der Schäbige), Zanda Švēde (Sonjetka Sergeis neue Liebschaft im Gefangenenlager), Anthony Robin Schneider (als fröhlicher und gerne auch einmal ein Negligé tragender aus der Rolle fallender Pope), Iain MacNeil (als markanter Polizeichef), Dietrich Volle (Verwalter / Sergeant), Anna Nekhames (als in ein Fass gesteckte doch niemals aufgebende Hausangestellte Axinja) und Mikołaj Trąbka (als folgsamer Hausknecht).
Als kommissarischer Chorleiter spornt Álvaro Corral Matute die Chöre (Chor und Extrachor der Oper Frankfurt) zu Höchstleistungen an.
Eine kraftvolle und hochdramatische Inszenierung, für die es am Ende intensiven Beifall gab. Es gibt nur noch vier weitere Vorstellungen (3., 11., 20. und 26. Oktober 24), also schnell noch eine Karte sichern.
Markus Gründig, September 24
Lady Macbeth von Mzensk
Oper in vier Akten
Von: Dmitri D. Schostakowitsch
Uraufführung: Januar 1934 (Leningrad, Maly-Theater)
Premiere: 3. November 19 (Opernhaus)
1. Wiederaufnahme: 29. September 24 (Opernhaus)
Musikalische Leitung der Wiederaufnahme: Thomas Guggeis
Inszenierung: Anselm Weber
Szenische Leitung der Wiederaufnahme: Orest Tichonov
Bühnenbild, Kostüme: Kaspar Glarner
Licht: Olaf Winter
Video: Bibi Abel
Chor: Álvaro Corral Matute
Dramaturgie: Konrad Kuhn
Besetzung:
Katerina Ismailowa: Aile Asszonyi
Sergei: Dmitry Golovnin
Boris Ismailow / Alter Zwangsarbeiter: Andreas Bauer Kanabas
Sinowi Ismailow: Gerard Schneider
Der Schäbige: Peter Marsh
Sonjetka: Zanda Švēde
Pope: Anthony Robin Schneider
Polizeichef: Iain MacNeil
Verwalter / Sergeant / Polizist / Wachposten: Dietrich Volle
Axinja, Hausangestellte: Anna Nekhames
Hausknecht: Mikołaj Trąbka
Polizist / Wachposten: Erik van Heyningen
Erster Vorarbeiter / Lehrer: Theo Lebow
Zweiter Vorarbeiter / Betrunkener Gast: Michael McCown
Dritter Vorarbeiter: Kudaibergen Abildin
Zwangsarbeiterin: Barbara Zechmeister
Fahrer: Alexey Egorov
Mühlenarbeiter: Yongchul Lim
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