Durchdringende Interpretationen beim Liederabend von Florian Boesch an der Oper Frankfurt

Liederabend Florian Boesch (Bassbariton), Malcom Maartineau (Klavier) ~ Oper Frankfurt, 25. Februar 20 ~ Malcom Martineau, Florian Boesch ~ © Barbara Aumüller (szenenfoto.de)

Der österreichische Bassbariton Florian Boesch zählt zu den großen Liedinterpreten unserer Zeit. Warum das so ist, davon konnte sich jetzt das Publikum in der Oper Frankfurt überzeugen.
Für seinen Liederabend an der Oper Frankfurt wählte er ausgefallene und bekannte Lieder der Romantik (von Hugo Wolf, Franz Liszt und Robert Schumann). Dabei zelebrierte er Liedkunst in höchster interpretatorischer Form. Florian Boesch ist kein Sänger, der einfach Lieder nach Notenvorgabe singt. Er ist ein Meister der Interpretation (und auch Professor für Lied und Oratorium an der Musik-Universität Wien). Dies bedingt eine gewisse Offenheit von Zuhörern mit tradierten Hörgewohnheiten. Boesch gibt sich ganz seiner eigenen Interpretation hin, taucht förmlich ab. Sein Ausdrucksvermögen hat eine weite Spanne, es reicht von innigster Entrücktheit bis zu urgewaltigen Ausbrüchen.

Florian Boesch begann seinen Frankfurter Liederabend mit Hugo Wolfs Gesänge des Harfners. Wenn es im zweiten Lied „Wer nie sein Brot mit Tränen aß“ zum Schluss heißt „Denn alle Schuld rächt sich auf Erden“ bebte bei Boeschs urgewaltiger Stimme förmlich der Boden. Beim darauffolgenden „An die Türen will ich schleichen“ zeigte er seine ruhige und versöhnliche Seite. Die Fähigkeit, hohe Töne ausdrucksstark zu singen, ist bei Bassbaritonen nicht selbstverständlich, Boesch hat diese Technik perfektioniert, wie er bei „Phänomen“ zeigte. Einen derartigen Spannungskontrast zeigte er auch bei der Auswahl von Liszt-Liedern, wie mit dem vehement vorgetragenen „Vergiftet sind meine Lieder“ und den im ätherischen Pianissimo endenden „Über allen Gipfeln ist Ruh“.

Den Zuhörer nimmt Boesch durch seine innige Interpretation mit, teilweise herrschte im Saal eine Stille, als würden alle den Atem anhalten. Dabei hatte Boesch an diesem Abend ausnahmsweise ausgesprochenes Verständnis für Hüstelnde, kämpft er doch selbst seit drei Wochen mit einem Husten (wie er kurz anmerkte). Davon ließ er sich aber nicht beirren. Irritiert war er lediglich von der seitlich aufgestellten Säule mit einem prachtvollen Blumengesteck (eines der schönsten jemals). Hier wähnte er aus dem seitlichen Blick stets jemanden stehen, weshalb er die Säule im zweiten Programmteil kurzerhand aus dem Lichtkegel in den Hintergrund trug.

In diesem trug Florian Bosch Robert Schumanns Zyklus Zwölf Lieder von Justinus Kerner vor. Dabei folgte er nicht der vorgegebenen Reihenfolge von Nr. 1 bis 12. So begann er mit dem todtraurigem „Stirb, Lieb´und Freud´“ und setzte das heitere Wanderlied“ an zweite Stelle. Besonders berührte aus dieser Gruppe das hintergründige „Frage“. So ruhig, wie er diesen Zyklus begonnen hatte, ließ er ihn auch enden. Das Wehmütige und Weltenmüde „Alte Laute“ setzte einen linden Schlusspunkt in äußerster Zurückgezogenheit.

Am Klavier unterstützte ihn der schottische Pianist Malcom Martineau, der an der Oper schon viele große Sängerinnen und Sänger begleitet hat. Martineau bewusst zurückhaltendes Spiel passte sich Boeschs Gesangsinterpretation äußerst ausgeglichen und harmonisch an.

Am Ende intensiver Applaus und ein Minizyklus als Zugabe.

Markus Gründig, Februar 20


Liederabend Florian Boesch (Bassbariton), Malcom Martineau (Klavier)
Oper Frankfurt, 25. Februar 20
Malcom Maartineau, Florian Boesch
© Barbara Aumüller ~ szenenfoto.de

Die Zugabe:
Robert Schumann (1810-1856): Romanzen und Balladen, Vol. III, op. 53/1-3 (1840) auf Texte von Heinrich Heine (1797-1856) (1. „Blondels Lied“ / 2. „Loreley“ / 3. „Der arme Peter“)