Théophile Alexandre & das Quartett Zaïde: No(s) Dames

Frauen sind in der Kunst seit jeher ein großes Thema. Der französische Countertenor Théophile Alexandre & das Quartett Zaïde präsentieren auf ihrer Einspielung „No(s) Dames“ Arien berühmter Diven. Dabei geht es weit mehr als nur um eine weitere Hommage an große Frauenfiguren. Es wird vielmehr gemeinsam die Authentizität der Rollenzuweisungen von Männern an Frauen in all diesen ja stets von Männern komponierten Opern hinterfragt. Etablierte Sichtweisen auf die verherrlichten aber oftmals auch entmenschlichten oder zu Märtyrern stilisierten Charaktere erhalten hier andere Sichtweisen.

Die insgesamt 23 Stücke reichen von Cavallis „Dell’antro magico“ aus dem Jahr 1649 (Il Giasone) bis zu Weills „Youkali“ (Marie-Galante) aus dem Jahr 1933. Sie umfassen somit Musik aus vier Jahrhunderten. Darunter befinden sich viele bekannte Arien, wie „L´Amour est un oiseau rebelle“ aus Bizets Carmen oder „Addio del passato“ aus Verdis La traviata.

Schon die erste Aufnahme ist ungewöhnlich: Der sanfte, besinnliche Gesang der verlassenen Solveig („Solveigs sang“ aus Edvard Griegs Schauspielmusik Peer Gynt) wird dezent vom Quartett Zaïde begleitet. Weitere besonders lyrisch dargebotene Arien sind u. a. «Ah non credea» der Schlafwandlerin Amida (Vincenzo Bellinis La Sonnambula) und „Adieu notre petite table“ der erschöpften Manon (Jules Massenets Manon).

Kraft in den höheren Lagen zeigt Théophile Alexandre bei dem nur sehr selten zu hörenden „Tiger, wetze nur die Klauen“ als die zum Tode verurteilte Sklavin (Wolfgang Amadeus Mozarts unvollendetes Singspiel Zaïde). Ausgefallen ist auch das temperamentvoll dargebotene „Yo soy María“ der allegorischen Maria (Astor Piazzollas „Tango Operita“ María de Buenos Aires).

Einen großen Schlusspunkt setzt das wehmütige „Youkali“ der ausgenutzten und träumenden Prostituierten Marie (Kurt Weills Marie-Galante).

Obwohl sich lyrische und dramatische Arien abwechseln, wirkt die gesamte Aufnahme emotional einnehmend und als ein rundes Ganzes. Dazu trägt nicht nur Théophile Alexandres subtiler Interpretationsstil bei, sondern auch, dass sechs Stücke rein instrumental eingespielt wurden. Wie Giuliettas „Barcarolle“ (Jaques Offenbachs Les Contes d’Hoffmann) oder „Der Hölle Rache“ der bebenden Königin der Nacht (Wolfgang Amadeus Mozarts Die Zauberflöte) Allein dadurch lockert sich das Hören der Aufnahme angenehm auf.

Die Neufassung der Arien für Countertenor und Streichquartett wurden von dem Geiger und Arrangeur Eric Mouret bearbeitet. Mustergültig ist das zweisprachige Booklet (französisch und englisch), dass neben den Arientexten auch kurze Kontext-Erklärungen zu den einzelnen Arien enthält.

Markus Gründig, Februar 22


No(s) Dames

Gesang: Théophile Alexandre
Musik: Quartett Zaïde
– Charlotte Maclet (Premier violon)
– Leslie Boulin Raulet (Deuxième violon)
– Sarah Chenaf (Alto)
– Juliette Salmona (Violoncelle)

Gesamtspielzeit: 76:41
Label: NoMadMusic (NMM095)

theophilealexandre.com / quatuorzaide.com / nomadmusic.fr


Titelliste:

01 Grieg Peer Gynt « Solveigs sang »
Solveig délaissée

02 Gluck Orfeo ed Euridice « Che fiero momento »
Eurydice en Enfer

03 Bellini La Sonnambula « Ah non credea »
Amina possédée ?

04 Tchaïkovski La Pucelle d’Orléans « Adieu, forêts »
Jeanne brûlée vive

05 Offenbach Les Contes d’Hoffmann « Barcarolle »
Giulietta empoisonnée

06 Bizet Carmen « L´Amour est un oiseau rebelle »
Carmen poignardée

07 Piazzolla María de Buenos Aires « Yo soy María »
María tuée par balles

08 Verdi I Masnadieri Prélude
Amalia poignardée

09 Mozart Zaïde « Tiger, wetze nur die Klauen »
Zaïde condamnée à mort

10 Cavalli Il Giasone « Dell’antro magico »
Médée infanticide

11 Mozart Die Zauberflöte « Der Hölle Rache »
La Reine de la Nuit anéantie

12 Bellini I Capuleti e i Montecchi « Oh! Quante volte »
Juliette suicide

13 Mozart Le nozze di Figaro « L´ho perduta »
Barberine déflorée ?

14 Verdi La forza del destino Prélude
Léonora poignardée

15 Haydn Armida « Odio, furor, dispetto »
Armide abandonnée

16 Handel Alcina « Ah ! Mio cor »
Alcina trahie

17 Rossini Maometto II « Giusto Ciel »
Anna suicide

18 Strauss Salome « Salomes Tanz »
Salomé écrasée

19 Massenet Manon « Adieu notre petite table »
Manon épuisée

20 Verdi La Traviata « Addio del passato »
Violetta malade

21 Bellini Norma « Deh ! Non volerli vittime »
Norma brûlée vive

22 Saint-Saëns Samson et Dalila Prélude
Dalila ensevelie

23 Weill Marie-Galante « Youkali »
Marie tuée par balles