
Die Wiesbaden Biennale 2025 stellt ortsspezifische Arbeiten von Künstler*innen aus aller Welt in den Fokus – ergänzt durch internationale Gastspiele, Werkstattgespräche, eine Lecture Performance, eine Lesung, drei Dokumentarfilme und zwei Studierendenprogramme.
Eine überaus produktive und erfolgreiche erste Spielzeit der neuen Intendantinnen Dorothea Hartmann und Beate Heine am Staatstheater Wiesbaden nähert sich ihrem Ende. Schon die Eröffnungsperformance Habitat, ein Fest für alle Körper, setzte ein markantes Statement. In allen Sparten sorgten herausragende Inszenierungen für viel Beachtung, weit über Wiesbaden hinaus. Erstmals seit über 60 Jahren erhielt das Haus zudem eine Einladung zum Berliner Theatertreffen (für den surrealen Thriller Double Serpent).
Nach der Programmvorstellung zur neuen Spielzeit 2025/26 (Meldung vom 24. April 25), folgten nun erste Informationen zur Wiesbaden Biennale 2025. Diese knüpft unmittelbar an das Thema Öffnung zur Stadtgesellschaft der ersten Spielzeit an.

Heute Vormittag stellten Rebecca Ajnwojner und Carolin Hochleichter, die künstlerische Leitung der diesjährigen Wiesbaden Biennale, das Programm vor, das die Besucher*innen vom 12. bis 21. September im Staatstheater und dem städtischen Raum erwartet. Schon das Setting war eine Premiere: Statt wie gewohnt im Foyer des Hauses, fand das Pressegespräch heute in den Kolonnaden vor dem Staatstheater statt. Warum hier? Nicht nur eine sommerliche, sondern vor allem eine programmatische Entscheidung, wie sich bald herausstellte.
Nachdem die Intendantinnen des Staatstheaters, Dorothea Hartmann und Beate Heine, die Anwesenden begrüßt hatten, präsentierten Ajnwojner und Hochleichter ihre Arbeitsweise und die Programminhalte der Wiesbaden Biennale 2025 vor.
Für die Gesamtszenographie des Festivals zeichnen Shahrzad Rahmani und Silvia Gioberti, Künstlerinnen des Kollektivs Guerilla Architects, verantwortlich. In einer Videobotschaft teilten diese, was das Leitmotiv der diesjährigen Biennale “PLATZ MACHEN!” für sie bedeutet und wie sie sich einer ihnen unbekannten Stadt annähern:
“Platz machen heißt für uns, unsichtbare Räume sichtbar zu machen und die entscheidenden Fragen zu stellen: Wer hat Zugang? Wer wird verdrängt? Es geht nicht darum, Raum zu besetzen, sondern Raum zu öffnen. Für neue Perspektiven und Stimmen.” Stadt sei nie neutral, deshalb schaffen sie Denk- und Verhandlungsräume, um bestehende Strukturen zu hinterfragen.
Auch in der Zusammenarbeit mit den Künstler*innen für die Entwicklung der ortsspezifischen Arbeiten übernehmen Guerilla Architects die Szenographie, darunter das Projekt, das als Inspiration für den Ort der Programmvorstellung diente: Sasapin Siriwanij, in Bangkok lebende Künstlerin, Kuratorin und Produzentin, wurde von den Festivalleiterinnen eingeladen, die Theaterkolonnaden zu bespielen.
„Als ich die Kolonnaden das erste Mal betrat, riefen bei mir als relativ kleine Person dort alleine stehend, diese großen, mächtigen, weißen scheinbar unzerstörbaren römischen Säulen, ein intensives Gefühl hervor. Es ist ein Gefühl, das mich sofort an eine Reihe sehr spezifischer Bräuche aus Thailand erinnerte, für die vertikale Konstruktionen wie Pfähle, Säulen oder große Bäume ausschlaggebend sind und die ich in die Kolonnaden bringen werde.”
Ihre performative und interaktive Installation COLORED RESURRECT – FARBEN, DIE NICHT VERBLASSEN ist täglich zu erleben. Vom 12.09. bis 20.09. haben Besucher*innen jeweils um 17 Uhr die Möglichkeit, an den Ritualen teilzunehmen. Am Eröffnungstag findet außerdem um 14 Uhr ein Workshop statt.
Ebenfalls täglich zu besuchen ist der Hörspiel-Spaziergang BIRDSONG FROM ELSEWHERE – THE FLIGHT OF QUASSI AND FOLIVI von Barby Asante und Memory Biwa (London/Berlin). Inspiriert durch einen Sankofa-Gedanken aus der ghanaischen Akan-Sprache, der besagt: „Geh zurück und hol, was verloren ging“, folgt das Hörstück dem fiktionalen Flug zweier realer, während der Kolonialzeit aus Togo nach Wiesbaden entführter Jungen durch die Stadt.
Auch NURSING THE EMPIRE von Donna Miranda wird am 12.09. mit einem Cook-and-Hang-out eröffnet und ist anschließend täglich in einem eigens dafür eingerichteten Ladengeschäft in der Wilhelm-Arcade zu besuchen. Das Projekt folgt den Spuren der Geschichte und Erfahrungen philippinischer migrierter Pflegekräfte in Deutschland. Die Besuchenden sind eingeladen, unterschiedliche Perspektiven auf Care, Migration, Gemeinschaft und gelebte Solidaritäten zu erfahren.
Weitere ortsspezifische Produktionen sind die Konzerte, die am Eröffnungswochenende im Vorgarten der Kaiser-Friedrich-Therme stattfinden: “VEGN PARADOKSN FUN TSAYT” von Marina Frenk und Paul Brody verbindet Klangkunst und Performance mit den Worten der Poetin Katerina Kuznetsova und erinnert so an jüdische Sprache und Geschichte.
WATER SONGS I + II von und mit Elischa Kaminer, Mayah Kadish, Alex Paxton und Joseph Havlat präsentieren Lieder über Erinnerung, Fluidität und Neuanfänge. Es entsteht eine zeitgenössische queere, jüdische Liedtradition – mit Improvisationen, neuen Kompositionen und alten Liedern über queeres Begehren, Identität und die erste Erinnerung ans Meer.
Am 13.09. wird ein weiteres ortsspezifisches Projekt mit einer Performance eröffnet: um 14:00 präsentiert Jess Thom alias Touretteshero VALLEY OF THE SHADOWS – RITUALS OF RESISTANCE. Die Installation in der Kaiserfahrt des Staatstheaters kann anschließend täglich über buchbare Time Slots besucht werden.
Diese eigens für die Wiesbaden Biennale entwickelten Projekte basieren auf Recherchereisen der Künstler*innen nach Wiesbaden seit Jahresbeginn, während derer sie sich mit Unterstützung von Susanne Claußen (Fachstelle Bildung und Erwachsenenarbeit Evangelisches Dekanat Wiesbaden) und Katherine Lukat (Sachgebietsleitung Gedenkstätten Stadtarchiv Wiesbaden) mit den historischen Bezügen der Orte, die sie im Rahmen der Biennale bespielen, auseinandergesetzt haben.
Sie werden ergänzt von Gastspielen, am Eröffnungsabend sind DAMBUDZO von nora chipaumire und MONIQUE BRICHT AUS von Sara Ostertag zu sehen. Anschließend folgen VAMPYR von Manuela Infante, FAMPITA, FAMPITAHA, FAMPITÀNA von Soa Ratsifandrihana sowie die Lecture Performance MYKE von onlinetheater.live, für die die Gruppe gerade für den FAUST Theaterpreis nominiert wurde.
Außerdem wird der Ausstellung DIE ANGEHÖRIGEN von İbrahim Arslan und Jasper Kettner Platz geboten, die Eröffnung am Festivalsamstag wird begleitet von einer Vorführung des Films DIE MÖLLNER BRIEFE mit anschließendem Artist Talk.
Auch die Dokumentarfilme SISTERQUEENS von Clara Stella Hüneke und der auf dem LICHTER Filmfest Frankfurt International mit zwei Preisen ausgezeichnete DAS DEUTSCHE VOLK von Marcin Wierzchowski werden mit Filmgesprächen zu sehen sein.
Informationen zu allen Programmpunkten, Terminen, den drei Werkstattgesprächen und den beiden Studierendenprogrammen finden sich auf der Festivalwebseite unter wiesbaden-biennale.eu.
Tickets für die Wiesbaden Biennale 2025 sind ab dem 2. Juli über staatstheater-wiesbaden.de und wiesbaden-biennale.eu sowie an den Vorverkaufskassen des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden erhältlich. Die zweisprachige Programmbroschüre liegt im Staatstheater Wiesbaden aus.
Die Wiesbaden Biennale ist ein Projekt des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden. Gefördert vom Kulturfonds Rhein-Main, der Kulturstiftung des Bundes und von dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.