
Spartenübergreifende Inszenierung der Barockoper „King Arthur“ frei nach Henry Purcell kommt auf die Bühne des Kleinen Hauses
Basierend auf der Barockoper „King Arthur“ von Henry Purcell bringt der Choreograf Chris Jäger am Samstag, den 07. Juni um 19:30 Uhr in einer spartenübergreifenden Produktion mit Tanz, Schauspiel und Musiktheater eine freie Version des legendenreichen Stoffes um den britischen König Artus auf die Bühne.
Das seinerzeit bahnbrechende musikalische Werk zum Libretto von John Dryden kommt als große Inszenierung in das Kleine Haus, in dem seit langer Zeit einmal wieder der Orchestergraben für das Kammerorchester zum Einsatz kommt.
Die Songs der Semi-Oper (englische Barockoper, die gesprochenes Drama mit gesungenen, getanzten und instrumentalen Szenen verknüpft) zählen zu den inspiriertesten und schönsten, die Purcell komponiert hat. Die barocke Klangpracht Purcells wird in der Bearbeitung von Tobias Schwencke mit modernen Songs sowie elektronischen Neukompositionen von Paul Frick (Brand Brauer Frick) zu einem eigenen, live gespielten Soundtrack verwoben. Die musikalische Leitung übernimmt Tim Hawken.
„King Arthur“ steht in einer Reihe mit anderen spartenübergreifenden Produktionen der aktuellen Spielzeit wie „Fassaden“ oder „Judith“. Der aufstrebende Choreograf Chris Jäger verwebt in der Produktion, die in dieser Fassung eine Uraufführung darstellt, die Kunstformen Tanz, Schauspiel und Musiktheater zu einem übergreifenden Gesamtkunstwerk.
Das Königdrama verlegt er in ein hessisches Dorf, in dem ein Konflikt zwischen dem konservativen, reaktiven Lager und einer Gruppe von Dorfbewohner*innen entbrennt, die tradierte Rollenbilder und den Gruppenhabitus hinterfragen. Die Grundcharaktere des Epos vertreten dabei jeweils unterschiedliche Anschauungen: Während Arthur seinen Platz in der Dorfgemeinschaft gefunden hat und für ein System steht, das an Konventionen festhält und Angst vor Veränderung schürt, repräsentieren Oswald und Emmeline gemeinsam mit den Luftgeistern ein progressives, das heteronormative Gesellschaftsbild hinterfragende Denken. In seiner Zerstrittenheit droht das Dorf auf einen Abgrund zuzusteuern…
Die bildgewaltige Produktion bricht auf spielerische, ernste aber durchaus auch oft humorvolle Weise das britische Heldenepos, das gerne nationalistisch vereinnahmt wurde.
Neben Mitgliedern des Hessischen Staatsorchesters Wiesbaden spielen, tanzen und singen:
Sarah Yang, Sascha Zarrabi und Sam Park aus dem Musiktheaterensemble sowie Luisa Sagliano als Gast; Tabea Buser, Jonas Grundner-Culemann und Felix Strüven aus dem Schauspielensemble sowie die Mitglieder des Hessischen Staataballetts: Kenedy Kallas, Rita Winder, Peng Chen und Alessio Pirrone.
Chris Jäger (Inszenierung, Choreografie und Bühne) ist ein Berlin lebender Choreograf und Tänzer. Neben der Bühne arbeitete er als Choreograf bereits für Filmproduktionen wie die Serie „Babylon Berlin“ und „Rote Sterne überm Feld“ sowie für Hollywood-Blockbuster wie „Die Tribute von Panem: Ballade von Singvögeln und Schlangen“, „TÁR“ und „John Wick Kapitel 4“.
Adrenalin und Exzess geben sich in den bildmächtigen Arbeiten Jägers die Hand, in denen der Choreograf nicht davor zurückscheut, gesellschaftliche Randthemen wie Rausch, Depression oder Traumata tänzerisch zu erforschen. Nach seinem Studium an der HfMDK Frankfurt am Main tanzte Chris Jäger in renommierten Kompanien, darunter Punchdrunk in Shanghai, Inbal Pinto and Avshallom Pollak Dance Company in Tel Aviv, am Staatstheater Braunschweig sowie bei Helena Waldmann und Kirill Serebrennikow am Thalia Theater Hamburg.
Seine Choreografien wurden an Häusern wie dem Staatstheater Wiesbaden, dem Staatstheater Braunschweig, den Landesbühnen Sachsen, der Neuköllner Oper Berlin, dem Theater Heilbronn und dem Stadttheater Gießen sowie an freien Bühnen wie dem LOT-Theater Braunschweig, dem ROXY Ulm, der Eisfabrik Hannover und den Uferstudios Berlin gezeigt und bei zahlreichen internationalen Festivals und Wettbewerben aufgeführt, darunter die Internationalen Maifestspiele, TANZ! Heilbronn, der Internationale Wettbewerb der Choreographen in Hannover, das HAUT_SCENE-Festival Kopenhagen sowie der Zawirowania Choreographic Competition in Warschau.
Seine Werke „Sex mit Madonna“ und „Daddy Shot My Rabbit“, die auch beim Hessischen Staatballett zu Gast waren, tourten landesweit. 2019 war Chris Jäger auf Einladung der Seoul Foundation of Arts and Culture in Südkorea Residenzkünstler am Seoul Dance Center. 2023 brachte er sein Auftragswerk „Midnight Swinging“ mit der Tanzkompanie der Landesbühnen Sachsen zur Uraufführung. Zuletzt entwickelte er das mobile Tanzstück „MOBB“ am Theater der jungen Welt in Leipzig.
Tim Hawken (Musikalische Leitung und Cembalo) studierte Bratsche in Manchester, wo er auch Gesangsunterricht nahm und ein Stipendium für Klavierbegleitung absolvierte. Nach einem dreijährigen Engagement als Tenor im Oxforder Kathedralchor schloss er 2013 ein Studium als Korrepetitor in London an. Daraufhin arbeitete er als freischaffender Pianist, Chorsänger und Streicher. 2017 trat Tim Hawken seine Stelle als Korrepetitor am Hessischen Staatstheater Wiesbaden an. Seit 2020 ist er zudem Organist der Wiesbadener anglikanischen Kirche St. Augustine of Canterbury.
Tobias Schwencke (Arrangements und Neukompositionen) bewegt sich als Komponist, Pianist und Arrangeur virtuos in den verschiedensten musikalischen Bereichen. Von Klassik bis Hip-Hop, von Neuer Musik bis Techno, von barocken Madrigalen bis persischem Sprechgesang entdeckt er Verbindungen und schafft Zusammenhänge. Seine Tätigkeit führte ihn an zahlreiche Theater und Opernhäuser in Deutschland wie das Berliner Ensemble, das Schauspielhaus Hamburg, das Maxim Gorki Theater, die Kammerspiele München, die Staatsoper München oder die Staatsoper Berlin und im Ausland (Madrid, Wien, Uppsala/Schweden), für die er verschiedenste Musiktheaterabende entwickelt, live-Filmmusik schreibt und Theaterproduktionen musikalisch leitet.
Für das Ensemble Resonanz in Hamburg entstand bspw. die Theatermusik „sampled identity“ in Zusammenarbeitet mit der HipHop Academy Hamburg oder eine Bearbeitung von Schuberts „Winterreise“ für den Schauspieler Charly Hübner. 2021 wurde seine live-Filmmusik zu „Carmen“ (Lubitsch 1918) bei der Berliner UFA Filmnacht uraufgeführt. Er arbeitete mit Regisseuren wie Herbert Fritsch, Leander Haußmann, Anna Bergmann, Claus Peymann und Manfred Karge zusammen. Uraufführungen seiner eigenen Kompositionen wurden u. a. Von ensemble intercontemporain, ensemble modern, musikfabrik nrw und dem Gürzenich Orchester Köln realisiert.
Paul Frick (Songs und elektronische Kompositionen), in Berlin geboren, nahm ab dem Alter von zwölf Jahren Kompositionsunterricht bei Il-Ryun Chung. 2008 wurde die Gruppe Brandt Brauer Frick mit Daniel Brandt und Jan Brauer zum Mittelpunkt seiner Arbeit, die sich 2010 zum zehnköpfigen Brandt-Brauer-Frick-Ensemble erweiterte. Beide Formationen sind seitdem in über fünfzig Ländern aufgetreten, u. a. im Lincoln Center New York, beim Coachella Valley Music and Arts Festival, beim Glastonbury Festival, beim Montreux Jazz Festival und im Centre Pompidou Paris.
Auf ihren ersten vier Alben sind Jamie Lidell, Nina Kraviz, Beaver Sheppard, Vic Mensa, Gudrun Gut, Om’Mas Keith und weitere als Gastsänger:innen zu hören. 2014 traten Brandt Brauer Frick mit dem WDR Rundfunkchor auf und mixten eine DJ-Kicks CD. 2015 erweiterten sie ihr Ensemble um den vierköpfigen Chor The Free Electric Singers. 2016 schrieben sie ihre erste Oper ›Gianni‹ mit dem englischen Regisseur Martin Butler, die in der Deutschen Oper Berlin uraufgeführt wurde. 2019 erschien ihr fünftes Album „Echo“, 2023 das neueste Werk „Multi Faith Prayer Room“. 2017 hatte Paul Frick die Residenz in der Villa Aurora in Los Angeles inne.
Die nächsten Termine: 12., 29. Juni und 2. Juli 25