
- Bühnen- und Kostümarbeit von „Œdipe”
- Vorhang auf für die 79. Bregenzer Festspiele
- Der Seebühnen-Knigge
- Sag mal, Tero Saarinen…
Farbwelten, Stoffmengen, Spezialeffekte – Einblick in die Bühnen- und Kostümarbeit von „Œdipe”
Die ersten Muster und Bilder von der archaischen Bühne und den eindrucksvollen Kostümen lassen bereits erahnen, welche Kraft in dieser Inszenierung steckt. George Enescus Œdipe stellt die Unausweichlichkeit des Schicksals ins Zentrum – und eröffnet kommende Woche die erste Festspielsaison der neuen Intendantin Lilli Paasikivi.
Bühnenbildner Harald B. Thor und Kostümbildnerin Tanja Hofmann erläutern die vier verschiedenen Farb- und Materialwelten der vier Akte – und erzählen, warum vieles davon nur in Bregenz umsetzbar ist.
Den vier Lebensabschnitten des unglücksseligen Œdipeist über die vier unabhängig erzählten Akte jeweils ein Element gewidmet: Feuer, Wasser, Luft und Erde. So monumental das Chorwerk der Oper ist, so monumental erscheinen auch die bis zu acht Meter hohen Wände, die ganz bewusst ohne besonderen Schmuck auskommen, sondern durch Farbgebung und Material beeindrucken. „Es war schnell klar, dass wir archaische Räume schaffen wollten“, berichtet Bühnenbildner Harald B. Thor von den ersten Gesprächen mit Regisseur Andreas Kriegenburg, denn „die Oper könnte auch im Jetzt spielen.“

(© Bregenzer Festspiele / Eva Cerv)
Für Kostümbildnerin Tanja Hofmann bedeutete das eine besondere Herausforderung: Kleidung wird – oft unbewusst – von Zuschauerinnen und Zuschauern rasch bestimmten Epochen oder Kulturen zugeordnet. „Bei den Kostümen ist es nicht so einfach, sich aus der Zeit herauszuhalten.“ Zudem, erklärt sie, altert Œdipe mit jedem Akt um etwa 20 Jahre – auch das soll sich in den Gewändern widerspiegeln.
Allein die Menge an Stoffen, die für diese Inszenierung benötigt wurde, war gewaltig. „68 Chorleute, dazu die Solisten, und für jeden Akt andere Kostüme in anderen Farben: Ich glaube nicht, dass das an einem klassischen Opernhaus so möglich gewesen wäre.“ Doch ein Festival wie die Bregenzer Festspiele folgt anderen Gesetzen und lässt andere Möglichkeiten zu – da sind sich Tanja Hofmann und Harald B. Thor einig. Letzterer streicht beispielsweise den zweiten Akt hervor, der vordergründig „Wasser“ als Überschrift trägt, „aber es ist Wasser in Form von Nebel, den wir auf die Bühne bringen.

(© Bregenzer Festspiele / Eva Cerv )
Der Nebel ist auf der Bühne stets die große Unbekannte, denn sein Verhalten ist unter anderem auch davon abhängig, wie viele Leute sich gerade im Raum befinden. Ich habe bei den Proben eine Menge über Klimatechnik gelernt! Was der Klimatechniker des Festspielhauses alles für die einzelnen Bereiche der Bühne und des Saals weiß, wie er die Temperaturen steuern kann, ist unglaublich.“ Tiefen Respekt zollt Harald B. Thor auch dem gesamten Team der Bregenzer Werkstätten, das viele Ideen und Lösungen in die Gestaltung von Œdipe einbrachte. Etwa das buchstäbliche Verschwindenlassen der riesigen „weißen“ Kulisse unter Zeitdruck – über einen eigens entwickelten Schienenstrang. „Das können viele, selbst große Häuser, nicht leisten.“
Auch Tanja Hofmanns Arbeit verspricht Beeindruckendes. Besonders gespannt sein darf das Publikum auf die Sphinx, der der furchtlose Œdipe im zweiten Akt begegnet. Die Flügel des mythologischen Wesens messen rund sieben Meter Spannweite – und sie bewegen sich. „Diese Flügel werden auf ganz besondere Weise gesteuert“, sagt Hofmann mit einem Augenzwinkern. „… Mehr verrate ich nicht.“
Seit rund 15 Jahren arbeiten Tanja Hofmann und Harald B. Thor immer wieder bei Produktionen zusammen – und sind seit noch längerer Zeit miteinander verheiratet. Darüber machen sie kein Aufhebens, denn, schmunzelt Tanja Hofmann, außer „dem kleinen Dienstweg, wenn man dem anderen auf die Schnelle fragen kann, welcher der drei Entwürfe gefällt dir spontan am besten“, unterscheide sich die Arbeit mit dem Ehepartner nicht von der mit anderen.
Was die Oper Œdipe angeht, ist es das erste Mal, dass die beiden für Bühnenbild und Kostüme bei den Bregenzer Festspielen engagiert sind. Zum Abschluss des Gesprächs betonen sie noch einmal, wie stimmig das Ergebnis für sie ist. „Man lernt bei solchen Festival-Produktionen auch vieles, das man weitergeben kann.“
Vorhang auf für die 79. Bregenzer Festspiele
Am Mittwoch, 16. Juli 2025, ist es so weit: Bundespräsident Alexander van der Bellen eröffnet feierlich die 79. Bregenzer Festspiele. Bei der einstündigen Eröffnungsfeier auf der Bühne des Festspielhauses wird die Vielfalt der Bregenzer Festspiele erlebbar. Beginn ist um 10.30 Uhr. Als Festredner werden neben dem Bundespräsidenten auch Vizekanzler und Kulturminister Andreas Babler sowie Festspielpräsident Hans-Peter Metzler erwartet.
Höhepunkte des diesjährigen Festspielsommers
Der Festakt wird live in ORF 2 und 3sat übertragen. Die geladenen Gäste im Saal und das Fernsehpublikum erleben einen einstündigen Streifzug durch den diesjährigen Festspielsommer. Es spielen die Wiener Symphoniker unter der Leitung von Patrik Ringborg, Hannu Lintu und Kaapo Ijas.
Nach knapp 70 Minuten schließt sich der Kreis: Nachdem zu Beginn die Landes- und Bundeshymne erklungen sind, wird zum Abschluss die Europahymne, Beethovens „Ode an die Freude“, den Festakt beenden. Anschließend findet der Festspielempfang am Platz der Wiener Symphoniker statt, den vor allem das Land Vorarlberg ausrichtet.
Von Abendgarderobe bis Applaus: Der Seebühnen-Knigge
Ein Opernbesuch muss keine steife Angelegenheit sein – auch wenn das viele vermuten. Das gilt besonders für die Bregenzer Seebühne.
Hier ein nicht repräsentativer Überblick zu den gängigsten Vorurteilen, mit denen nun aufgeräumt wird.
Eine Oper dauert ewig.
Natürlich gibt es sehr lange Opern: Manche Werke, etwa von Richard Wagner, dauern vier oder fünf Stunden. Doch beim Spiel auf dem See geht es traditionell deutlich flotter zu: Die Spielzeit von Der Freischütz zum Beispiel liegt bei rund zwei Stunden. Das Spiel auf dem See wird ohne Pause gezeigt.
Da gehen doch nur Snobs hin.
Die Bregenzer Festspiele und ihr Spiel auf dem See stehen für die Idee einer qualitätsvollen Oper für alle. Entsprechend bunt ist die Mischung der Besucher:innen. Und die Preispalette ist breit gefächert: Die günstigsten Tickets auf der Seebühne gibt es schon ab 30 Euro. Karten für eine Vorstellung von Der Freischütz finden sich unter bregenzer-festspiele.com.
Bei Freiluft kann ich alles mitnehmen.
Nicht ganz, denn manche Gegenstände sind auch auf der Seebühne tabu. Dazu zählen beispielsweise Speisen, Selfie-Sticks, Laptops, Thermoskannen und Glasflaschen. Plastikflaschen bis maximal 0,5 Liter, Sitzkissen und Taschen sind erlaubt. Letztere werden beim Einlass kontrolliert.
Koffer, Trolleys, Stockschirme, professionelle Foto- und Videoausrüstung, Motorradhelme und Kindersitze sind zu sperrig und haben in den Vorstellungen nichts zu suchen. Tiere müssen ebenfalls zuhause bleiben. Ausgenommen sind, nach vorheriger Anmeldung, Assistenzhunde mit Bescheinigung.
Handyfotos stören doch nicht auf die große Distanz.
Auch wenn angesichts des imposanten Bühnenbildes die Verführung groß ist: keine Fotos, Handyvideos oder Tonaufnahmen während der Vorstellung! Davor ist hingegen reichlich Zeit für Aufnahmen – die Tribüne öffnet eine Stunde vor Beginn. Die kompletten FAQ finden sich unter: bregenzerfestspiele.com/de/karten-besuch/haeufige-fragen .
Die singen die ganze Zeit nur, da verstehe ich kein Wort und mir wird langweilig.
Bei Der Freischütz von Carl Maria von Weber wird auf Deutsch gesungen – und gesprochen. Ganze vierzig Prozent der Oper bestehen aus modernen Dialogen. Damit auch die gesungenen Partien garantiert verstanden werden, helfen Übertitel auf Deutsch und Englisch, die auf zwei großen Leinwänden links und rechts der Bühne eingeblendet werden.
Wer noch mehr über das Werk, den Inhalt und die Inszenierung erfahren möchte, kann an Aufführungstagen an Einführungsvorträge um 19.00 und 19.30 Uhr im Festspielhaus teilnehmen. Außerdem sind die Inszenierungen auf der Seebühne so angelegt, dass ein spontanes Verstehen der Handlung erleichtert wird – auch für Nicht-Opernfreaks.
Ich klatsche bestimmt an den falschen Stellen und blamiere mich.
Dieses Thema war früher komplizierter, als man zum Beispiel erst nach einem Akt Beifall spenden durfte. Solange der Applaus heutzutage nicht mitten in eine Arie hineinplatzt, ist er keine besonders heikle Sache mehr. Im Zweifel gilt: einfach abwarten, bis die anderen klatschen.
Ohne Smoking oder Abendkleid bin ich bestimmt underdressed.
Anders als im James-Bond-Abenteuer Ein Quantum Trost dargestellt, als der Geheimagent einige Bösewichte über die Seebühne jagte, ist das Kleiderspektrum sehr breit. Es sollen auch schon Flip-Flops gesichtet worden sein. Natürlich darf sich jede:r aufbrezeln, wie er oder sie möchte. Aber das muss nicht sein, denn es gibt keinen Dress-Code.
Allzu luftig sollte die Garderobe dennoch nicht ausfallen: Denn auch im Hochsommer können die Temperaturen spätabends unter 20 Grad Celsius sinken. Unser Tipp ist warme und wetterfeste Kleidung. Keine Angst: Sie werden nicht schief angeschaut, wenn Sie eine leichte Decke mitbringen. Im Gegenteil – daran erkennt man die echten Seebühnen-Expert:innen.
Trotz heißer Tage: festes Schuhwerk anstatt Flip-Flops beim Aufstieg auf die Bühne
Unsere Bühnenführungen erfreuen sich großer Beliebtheit. Die Möglichkeit, einzigartige Einblicke in den hinteren Teil der Bühne zu bekommen sowie selbst darauf zu stehen, locken viele Besucher:innen an. Ein Problem, das zunächst gar nicht so offensichtlich ist, aber immer wieder auftaucht: das Schuhwerk. High-Heels, Flip-Flops, Sandalen, Ballerinas und andere offene Schuhe sind auf der Seebühne nämlich tabu. Deshalb vor einem Besuch auf der Bühne immer daran denken, trotz des heißen Sommerwetters wieder einmal das geschlossene Schuhwerk auszupacken.
Sag mal, Tero Saarinen…
Der Tanz, die Welt vor der Menschheit und: Sauna
Der finnische Choreograf Tero Saarinen begeistert international mit seiner expressiven, genreübergreifenden Bewegungssprache und zählt zu den prägenden Stimmen des europäischen Gegenwartstanzes. In diesem Sommer ist die Tero Saarinen Company mit zwei Produktionen auf der Werkstattbühne zu erleben: Borrowed Light am 23. und 24. Juli sowie Study for Life am 30. und 31. Juli.
Was ist deine Lieblingsbeschäftigung?
Spaziergänge in der Natur, Ausstellungsbesuche, Tennis schauen.
Welches Talent würdest du gerne haben?
Ich wollte immer schon Klavier spielen. Eines Tages werde ich damit anfangen!
Was ist einer deiner stärksten Charakterzüge?
Meine positive Lebenseinstellung.
Was schätzt du an deinen Freund:innen am meisten?
Ehrlichkeit. Und die Bereitschaft, sich gegenseitig auch zu fordern.
Wann bist du ganz du selbst?
Wenn ich tanze oder Tanz kreiere.
Welchen Rat würdest du deinem jüngeren Ich geben?
Mein erster Balletlehrer sagte mir: „Denke daran, niemand ist unersetzbar.” Ich fand das einen sehr guten Rat, den ich mir immer wieder vor Augen halten konnte.
Wenn du in eine andere Zeit reisen könntest, wohin würde es gehen?
Ich bin gerne dort, wo ich bin. Aber zu erleben, wie die Welt und die Natur waren, bevor der Mensch existierte, wäre eine interessante Erfahrung.
Wer ist dein:e Held:in der Kindheit?
Mein Kunstlehrer in der Schule und mein erster Tanzlehrer.
Was ist deine größte Schwäche?
Der Morgen. Es fällt mir schwer, aufzuwachen.
Gibt es einen Traum den du dir erfüllen möchtest?
Die Tero Saarinen Company wird nächstes Jahr 30 Jahre alt. Die Tatsache, dass wir so weit gekommen sind, dass wir unsere Reise fortsetzen können und der nächsten Generation von Künstler:innen sowie Produktions- und Technikarbeiter:innen Arbeit bieten können, ist ein wahr gewordener Traum.
Mit der Eröffnung des Dance House Helsinki im Jahr 2022 – einem neuen, wunderschönen Veranstaltungsort, der ausschließlich dem Tanz gewidmet ist, – erfüllte sich ebenfalls ein lang gehegter Traum.
Was inspiriert dich am meisten?
Die Natur. Ihre Schönheit, Wildheit und Weisheit.
Was bedeutet Tanz für dich persönlich?Tanz ist ein tiefes Eintauchen in die wortlose, generationenübergreifende Weisheit, Ausdruckskraft und Freude, die in uns allen liegt.
Was machst du, wenn du nicht ans Tanzen denkst?
Ich gehe in die Sauna.
Die Bregenzer Festspiele 2025 finden von 16. Juli bis 17. August statt.
Tickets und Infos unter bregenzerfestspiele.com und Telefon 0043 5574 4076.