Liebesglück bei Mozarts «Ascanio in Alba» an der Oper Frankfurter

Ascanio in Alba ~ Oper Frankfurt ~ v.l.n.r. Aceste (Andrew Kim), Silvia (Karolina Bengtsson), Venus (Kateryna Kasper), Ascanio (Cecelia Hall) und Fauno (Anna Nekhames) ~ © Monika Rittershaus

Es muss nicht immer Cosi fan tutte, Don Giovanni oder Die Zauberflöte sein. Auch seine frühen Opern, wie La finta semplice oder La finta giardiniera lohnen sich. Zu den unbekannten und frühen Opern Mozarts zählt auch Ascanio in Alba. In Opernführern wird sie meist nicht aufgeführt, allenfalls unter der Rubrik „weitere Opern“ aufgelistet. Dabei hatte das Werk zunächst einen guten Start hingelegt. Als Auftragswerk der Kaiserin Maria Theresia von Österreich für die Hochzeit ihres Sohnes Erzherzog Ferdinand von Österreich und Maria Beatrice d´Este komponierte Mozart sie innerhalb von drei Wochen, im Alter von 15 Jahren!

1771 uraufgeführt im Mailänder Teatro Regio Ducale kam das Frischlingswerk Ascanio in Alba besser an, als ein Tag zuvor Johann Adolph Hasses Opera seria Il Ruggiero. Für die damalige Zeit noch ungewohnt, wartete Mozart, im Gegensatz zum eher konventionell geprägten (und wesentlich älteren) Hasse, mit einer geschickten und lockeren Verbindung von solistischen und chorischen Gesang und Tanz auf.

Es lohnt sich, dieses Werk zu spielen

Die Oper Frankfurt zeigt Ascanio in Alba jetzt in der Außenspielstätte Bockenheimer Depot (Frankfurter Erstaufführung). Mozarts heitere Musik, großartige Sänger:innen und eine moderne, aber nicht verstörende, Umsetzung machen deutlich, dass es sich lohnt, dieses Werk zu spielen (auch wenn die schlichte Handlung eher wenig Spielraum für eine szenische Umsetzung bietet). Es hat zudem nicht die Länge manch großer Barockoper. Die Aufführungsdauer beträgt angenehme zwei Stunden (zuzüglich Pause).

Ascanio in Alba
Oper Frankfurt
v.l.n.r. Silvia (Karolina Bengtsson; in der Mitte der Dreiergruppe) umgeben von Statisterie der Oper Frankfurt, Aceste (Andrew Kim) und Ascanio (Cecelia Hall)
© Monika Rittershaus

Für die Inszenierung zeichnet Spielleiterin Nina Brazier verantwortlich. Es ist ihre erste eigene Inszenierung für die Oper Frankfurt. Die Geschichte des jungen Paares Ascanio und Silvia hat sie aus mythischer Zeit geglückt in die Gegenwart transferiert. Hierzulande sind arrangierte Hochzeiten längst nicht mehr üblich. Im 18. Jahrhundert sah das freilich noch anders aus. Maria Beatrice d´Este war die Tochter des Herzogs von Modena und Erbin von vier Herzogtümern. Die damalige Hochzeit war ein gutes Geschäft für das Haus Habsburg. Heutzutage werden große Geschäfte auf anderen Ebenen verhandelt. Davon erzählt Nina Brazier. Die ihre Fäden ziehende Venus ist hier so etwas wie eine Vorstandsvorsitzende eines Konzerns. Wenn am Ende die Hochzeit auf der Zielgeraden ist, erhält Alceste (Erfüllungsgehilfe der Venus) einen fetten Umschlag mit Geld. Auf eine szenische Einbindung des Chores wurde verzichtet. Die Chorstimmen eines Vokalensembles ertönen zugespielt (wie es auch keine Tänzer gibt).

Futuristischer Konferenzraum einer Stadtentwicklungsfirma

Einen faszinierenden Blickfang stellt Christoph Fischers Bühne dar. Ein rundes Objekt, das u. a. als Konferenz- und Überwachungsraum einer Stadtentwicklungsfirma dient. Eine abgeschlossene und umrahmte Welt. Dicken Mauern versinnbildlichen Brutalismus als Machtdemonstration. Das reale Leben, die freie Natur, die später einmal die Megacity Alba werden soll, ist gelegentlich hinter den Glasscheiben der Galerie zu erkennen. Gesund schaut sie nicht aus. Der Klimawandel mit all seinen Folgen ist auch dort angekommen. Die Ausleuchtung schwankt farblich je nach Handlungsort (Bereich Venus ehrgeizig gelblich, Bereich Silvia hoffnungsvoll grünlich; LIcht: Jonathan Pickers). Diverse Gegenstände (wie Redepult, Pflanzkübel, Sessel, Sitzgruppe, Sichtschutzwand) ziehen wie von einer unsichtbaren Hand gezogen zwischen den Seiten her. Die grellen Farben der Kostüme (Henriette Hübschmann) sind schöne optische Kontraste. Gleichzeitig verleihen sie den Figuren einen zeitgemäßen Charakter. Vier Statisten:innen für zusätzliche Abwechslung. Neben einer Sekretärin (Aijan Ryskulova) gibt es für die Venus einen muskelbepackten Bodyguard (Stefan Biaesch), Silvia hat zwei gut gelaunt wirkende Freundinnen (Valentina Ziegler, Isabel Casás Rama).

Ascanio in Alba
Oper Frankfurt
v.l.n.r. Venus (Kateryna Kasper), Ascanio (Cecelia Hall) und Statisterie der Oper Frankfurt sowie Frankfurter Opern- und Museumsorchester unter der Leitung von Alden Gatt
© Monika Rittershaus

Koloraturgesang en masse

Ascanio in Alba ist auch ein Fest für Koloraturen, von denen gibt es darin en masse. Und alle beteiligten Sänger:innen glänzen dabei mit ihren Stimmen (wie auch bei den lyrischen Teilen). Kateryna Kasper ist eine gütig und dennoch erhaben und würdevoll wirkende manipulative Venus. Karolina Bengtsson gibt die Silvia mit großen Emotionen und Herzenswärme. Anna Nekhames nimmt als kecke Fauno stark für sich ein. In der Hosenrolle des ungeduldigen Ascanio glänzt Cecelia Hall (durch Schnurr- und Kinnbart kaum zu erkennen). Sehr vielversprechend präsentiert sich Tenor Andrew Kim vom Opernstudio der Oper Frankfurt als Aceste.
Die Musiker des Frankfurter Opern- und Museumsorchester sind zwischen Publikum und Bühne platziert. Ihnen kann wunderbar zugeschaut werden. Bei ihrem energiegeladenen Spiel werden sie vom gebürtigen US-Amerikaner Alden Gatt geleitet (neben Felice Venanzoni auch am Cembalo). Er ist seit dieser Spielzeit Kapellmeister der Oper Frankfurt und Assistent des Generalmusikdirektors Thomas Guggeis.

Am Ende intensiver Applaus und etwas Getrampel für dieses mit viel Enthusiasmus umgesetzte Frühwerk Mozarts.

Markus Gründig, Dezember 23


Ascanio in Alba

Festa teatrale in zwei Teilen

Von: Wolfgang Amadeus Mozart
Libretto: Giuseppe Parini

Uraufführung: 17. Oktober 1771, Mailand, Teatro Regio Ducale


Premiere / Frankfurter Erstaufführung: 17. Dezember 23 (Bockenheimer Depot)
Besuchte Vorstellung: 21. Dezember 23

Musikalische Leitung: Alden Gatt
Inszenierung: Nina Brazier
Bühnenbild: Christoph Fischer
Kostüme: Henriette Hübschmann
Licht: Jonathan Pickers
Dramaturgie: Deborah Einspieler

Besetzung:

Venus: Kateryna Kasper
Ascanio: Cecelia Hall
Silvia: Karolina Bengtsson
Aceste: Andrew Kim°
Fauno: Anna Nekhames

Frankfurter Opern- und Museumsorchester

°Mitglied des Opernstudios

oper-frankfurt.de