Wehmutsvolle Atmosphäre beim Liederabend von Andrè Schuen und Daniel Heide an der Oper Frankfurt

Liederabend Andrè Schuen (Bariton) und Daniel Heide (Klavier), Oper Frankfurt, 19. Dezember 23 ~ Daniel Heide, Andrè Schuen ~ © Barbara Aumüller (szenenfoto.de)
kulturfreak Bewertung: 4 von 5

Vom „Wanderdorf“ La Val im Südtiroler Gadertal schaffte es André Schuen auf die renommiertesten Opernbühnen. Sei es die Bayerische Staatsoper München, die Wiener Staatsoper oder das Royal Opera House Covent Garden in London. Dabei widmet er sich seit vielen Jahren auch dem Kunstlied. Sein langjähriger Partner am Klavier ist Daniel Heide. In dieser Saison stehen gemeinsame Auftritte u. a. im Wiener Musikverein, der Wigmore Hall London und der Schubertiade in Schwarzenberg und Hohenems im Kalender. Zudem gibt es zahlreiche Aufnahmen von den beiden. Seit 2021 ist Schuen Exclusive Recording Artist der Deutschen Grammophon. Für seine Aufnahme von Schuberts Schwanengesang wurde er mit einem OPUS KLASSIK ausgezeichnet. Schuen und Heide waren nun zu einem Liederabend an der Oper Frankfurt zu Gast. Und diese war an diesem Abend sehr gut besucht, das Parkett nahezu ausverkauft.

Wanderschaft auf dunklen Wegen mit Mahler und Schubert

Präsentieren Schuen und Heide bei Ihren Aufnahmen komplette Zyklen (neben dem Schwanengesang auch Die schöne Müllerin und als nächstes Die Winterreise), wählten sie für das Frankfurter Publikum ausgewählte Lieder von Gustav Mahler und Franz Schubert. Wobei es sich auch hierbei teilweise um Zyklen handelte, wenn auch um eher kleinere. Wie den zum Beginn dargebotenen ersten Liedzyklus von Mahler: Lieder eines fahrenden Gesellen. Er besteht aus vier schwermütigen Liedern. Sie erzählen von einer unglücklichen Liebe.

Schuen führte bereits beim eröffnenden „Wenn mein Schatz Hochzeit macht“ seine imposante Stimmtiefe vor. Seine hohe Kopfstimme sogleich bei „Ging heut´ Morgen über´s Feld“. Mit voller Dramatik und Vehemenz ließ er dem Schmerz beim furiosen „Ich hab´ein glühend Messer (in meiner Brust) großen Raum.

Liederabend Andrè Schuen (Bariton) und Daniel Heide (Klavier)
Oper Frankfurt, 19. Dezember 23
Daniel Heide, Andrè Schuen
© Barbara Aumüller (szenenfoto.de)

Mit Mahler beendete er auch den Abend. Beim kleinen Zyklus Fünf Lieder nach Texten von Friedrich Rückert wurde eine andere Reihenfolge als üblich gewählt. Eindringlich gestaltete Schuen „um Mitternacht“. Dass er seine kräftige Bassbaritonstimme auch stark zurücknehmen kann, bewies er an diesem Abend mehrfach. Ein diesbezüglicher Höhepunkt bildete das als letztes vorgetragene „Ich bin der Welt abhanden gekommen“. Verinnerlicht, sanft und „entrückt“ ließ Schuen die Textzeilen subtil und zart schimmern.

Zwischen den Liedern von Mahler gab es eine Auswahl von Schubert-Liedern. Auch sie handelten von unglücklicher Liebe, wie das lang gedehnte „Des Fischers Liebesglück“. Das heitere „Der Musensohn“ beendete den erste Programmteil. Hier zeigte Schuen weniger überschäumenden Frohsinn, sondern, an die anderen Lieder angepasst, eine eher bedächtige Interpretation. Besonders schön hier das mit viel Empathie vorgetragene „Du bist die Ruh“. Als letztes Schubert Lied gefiel das melancholische „Dass sie hier gewesen“. Hierbei handelt es sich ebenfalls um eine Vertonung Friedrich Rückerts.

Für fast jedes vorgetragene Lied nahmen sich Schuen und Heide viel Zeit und trugen jedes wie eine Perle intensiv vor. Dabei präsentierte sich Andrè Schuen mit vornehmer Zurückhaltung, kontrollierter Mimik und wenigen Hand-/Armbewegungen. Auf ein persönliches Wort an das Publikum verzichtete er.

Als langjähriger Partner sorgte Daniel Heide am weit geöffneten Klavier für ein ausgeglichenes Gegengewicht. Die Abstimmung zwischen Ihnen lief kaum wahrnehmbar, so vertraut sind sie miteinander. Heide war zuletzt im Februar an der Oper Frankfurt, an der Seite von Andreas Bauer Karabas (Besprechung) zu erleben.

Am Ende des von romantischer Schwermut geprägten Abends viel und lang anhaltender Applaus, wofür sich die beiden mit zwei Zugaben bedankten. Bei der sich anschließenden Autogrammstunde bildete sich im Foyer schnell eine lange Schlange.

Markus Gründig, Dezember 23


Die Zugaben:

Gustav Mahler (1860-1911): „Urlicht“ (aus Des Knaben Wunderhorn; 1892)
Richard Strauss (1864-1949): „Morgen!“ (1894)