Finsterer »Simon Boccanegra« mit starken Sängern am Staatstheater Mainz

Simon Bocccanegra ~ Staatstheater Mainz ~ Fiesco (Derrick Ballard; stehend), Simon Boccanegra (Peter Felix Bauer; knieend) ~ © Andreas Etter

kulturfreak Bewertung: 4 von 5

Eine enge Verstrickung zwischen Privatem und Politischem, eine leicht zu beeinflussende Volksgemeinschaft und das Streben nach Macht sind allgemeingültige und zeitlose Themen. In Verdis aufwühlendem Melodramma in einem Prolog und drei Akten Simon Boccanegra stehen sie zentral im Mittelpunkt. Bemerkenswert ist sie auch von der musikalischen Seite, verweigert sie sich doch dem damals angesagten Belcanto und kommt ohne vordergründig einschmeichelnde Hitarien aus. Verdi hielt sie, trotz ihrer nur verhaltenen Akzeptanz beim Publikum, für eines seiner besten Werke. Gerne wird sie als sein düsterstes bezeichnet.
Düster ist auch die Inszenierung von Frank Hilbrich, der das Geschehen im Genua vom 14. Jahrhundert in die 1960er Jahre verlegt hat. Wobei sich der zeitliche Bezug hauptsächlich in den Kostümen (Ausstattung: Volker Thiele) widerspiegelt. Der große und stets mit fahlem Licht ausgeleuchtete Einheitsraum zeigt das Innere eines schmucklosen Dogenpalasts, mit zahlreichen Schwenktüren an den Seiten und hohen Fensteröffnungen an der Rückseite. Er ist von einer kleinen Treppenanlage umsäumt. Hinter den Türen und den Fensteröffnungen klafft nur ein schwarzes Nichts.


Simon Bocccanegra
Staatstheater Mainz
Amelia (Vida Mikneviciute)
© Andreas Ette

Veränderungen gibt es durch Herablassen von Vorhängen (ab der Ratsszene), die dann alle Seiten umschließen. Zentrales Bühnenelement ist ein rechteckiges Bassin, dessen Inneres an der Decke widergespiegelt wird. Das Wasser steht hier als multiples Bild: Für das Meer als Sehnsuchtsort, als Vergangenheit von Korsar Simone Boccanegra, als Lebensquelle (von der das Volk noch vor dem ersten gespielten Ton trinkt), als konstanter Begleiter durch die Zeit…
Regisseur Frank Hilbrich belässt es nicht nur beim Erzählen der Machtintrigen zwischen den unversöhnlichen Patrizier und Plebejer. Er setzt auch einige kleine Extras. So verübt die aufgebrachte Volksmenge (Chor und Extrachor des Staatstheater Mainz, Einstudierung: Sebastian Hernandez Laverny) Gewalttaten gegenüber den Senatsmitgliedern. Die Hilfsmittel der Demonstranten (wie Eimer, Mülltonnen, Straßenschilder und Verkehrkegel) werden im „Meer“ entsorgt (Umweltschutz ist für sie kein Thema) und ein Brand wird gelegt.

Die heftigen Emotionen der Protagonisten und des Volkes spiegeln sich im Dirigat des Katalanen Daniel Montané, der erstmals das Philharmonische Staatsorchester Mainz leitet.
In der Titelrolle nimmt Heldenbariton Peter Felix Bauer für sich ein. Übertrumpft wird er von Bassbariton Derrick Ballard (Edelmann Fiesc), der mit stimmlicher Autorität von Anfang bis Ende begeistert und viele Facetten zeigt (an dieser Stelle ein Lob an die Maske, seine Altersverwandlung ist besonders gut gelungen). Ein lobenswertes Debüt am Staatstheater Mainz gibt der im marokkanischen Rabat geborene Tenor Abdellah Lasri als leidenschaftlicher Gabriele Adorno. Einem Kriminellenpaar aus dem Film gleichen der Höfling Paolo Albiani (Stephan Bootz) und Hauptmann Pietro (Valentin Anikin). Die Sopranistin Vida Mikneviciute ist stets eine sichere Bank, so auch hier. Die Figur der Maria Boccanegra/Amelia Grimaldi verkörpert sie mit großer Innigkeit und vokaler Pracht.

Nachdem im Prolog bereits die tote Mutter Maria im Bassin daherschwamm, findet auch Simon Boccanegra sein Ende darin und mittels Videoprojektion kommt es zu einer rührenden Vereinigung der sich vor 25 Jahren einst so eng Liebenden.

Starker Applaus.


Markus Gründig, März 19


Simon Bocccanegra
Staatstheater Mainz
Simon Boccanegra (Peter Felix Bauer), Chor und Extrachor
© Andreas Etter

Simon Boccanegra
Melodramma in einem Prolog und drei Akten
Von: Giuseppe Verdi

Premiere am Staatstheater Mainz: 23. März 19 (Großes Haus)

Musikalische Leitung: Daniel Montané
Inszenierung: Frank Hilbrich
Licht: Peter Meier
Video: Christoph Schödel
Chor: Sebastian Hernandez-Laverny
Dramaturgie: Ina Karr

Besetzung:

Simon Boccanegra: Peter Felix Bauer
Maria Boccanegra: Vida Mikneviciute
Jacopo Fiesco: Derrick Ballard
Gabriele Adorno: Abdellah Lasri / Mickael Spadaccini Rabat
Paolo Albiani: Stephan Bootz / Daniel Luis de Vicente
Pietro: Valentin Anikin

Chor und Extrachor des Staatstheater Mainz
Statisterie des Staatstheater Mainz
Philharmonisches Staatsorchester Mainz

www.staatstheater-mainz.de