
- Was Regieassistent:innen leisten
- „Der Freischütz” erklärt in 20 Minuten
- MINT auf der Bühne
- Sag mal, Markus Holdermann…
- Fakten zu den Bregenzer Festspielen 2025
- Opernguide
Was Regieassistent:innen leisten, bleibt meist im Verborgenen – und doch sind sie das Rückgrat einer jeden Produktion.
„Wenn wir unseren Job gut machen, weiß niemand, dass wir da waren!“
Nur noch wenige Wochen sind es, bevor Samiel der Teufel wieder die Wolfschlucht heimsucht, Max in Verzweiflung Freikugeln gießt und Agathe sehnsuchtsvoll die Ankunft ihres Geliebten erwartet: Ab 17. Juli geht Der Freischütz auf der Bregenzer Seebühne in seine zweite Saison. Für Max Koch und Daniel Hackenberg, Regieassistenten und Abendspielleiter des Spiels auf dem See, und für den gesamten Cast haben am Mittwoch die Proben begonnen.
Max Koch und Daniel Hackenberg haben im Juni und Juli vergangenen Jahres gemeinsam mit Regisseur Philipp Stölzl sowie den Solist:innen, Stuntleuten und Techniker:innen den gesamten Ablauf der Oper erarbeitet. In enger Zusammenarbeit mit dem Regisseur war Max Koch dabei das „Gedächtnis der Inszenierung“: Im großen Regiebuch, das alle Regieassistent:innen während der Proben stets im Arm tragen, hat er handschriftlich und minutiös alle Anweisungen, Absprachen und Details der Inszenierung notiert und den gesamten szenischen Verlauf dokumentiert.
„In diesem Sommer bin ich dafür verantwortlich, die Oper für die Wiederaufnahme ganz im Sinne von Regisseur Philipp Stölzl wiederherzustellen“, sagt Max. Während des Jahres ist er als Regieassistent an der Oper Frankfurt engagiert, assistiert regelmäßig an der Bayerischen Staatsoper, betreut Wiederaufnahmen – und realisiert zunehmend auch eigene Inszenierungen.
Daniel Hackenberg, der seit Andrea Chénier 2012 an jeder Seebühnenproduktion beteiligt war, hält im Hintergrund die Fäden zusammen. In enger Absprache mit Max, der meist direkt an der Seite von Regisseur Philipp Stölzl auf der Bühne steht, koordiniert Daniel von der Tribüne aus, was Cast, Stunts, Technik, Requisite und Bühnenbild benötigen. Er organisiert Umbauten, reagiert auf Unvorhergesehenes – sei es eine fehlende Requisite oder ein zusätzlicher Dirigentenmonitor für eine bestimmte Szene. Seine Aufgabe: Möglich machen, was sich im Lauf der Proben als notwendig erweist – sicher, schnell, präzise.
Nach Stationen an der Staatsoper Wien und im betrieblichen Gesundheitsmanagement arbeitet Daniel heute in der Betriebsberatung. Das verschafft ihm mehr Zeit für seine Familie – etwas, das im künstlerischen Alltag oft kaum möglich ist. Die Seebühne ist geblieben: als sein einziger künstlerischer Fixpunkt. „Es ist eine andere Welt – und doch gibt es Parallelen: Planung, Kommunikation, psychologisches Gespür.“
Zwischen Freiheit und Konzept
Im Theater ist es üblich, dass Regisseure bei Wiederaufnahmen nicht durchgehend anwesend sind. In Bregenz agieren Max und Daniel in den kommenden Wochen als Philipp Stölzls Stellvertreter – im organisatorischen wie im künstlerischen Sinn. „Wir sind hier gewissermaßen die Anwälte seiner Ideen und stimmen uns eng mit ihm ab“, sagt Daniel.
Auf der Seebühne teilen sich bis zu drei Sänger:innen eine Rolle. 27 Vorstellungen in knapp fünf Wochen wären für eine Person schlicht nicht zu bewältigen. Doch wie läuft das im zweiten Jahr? Wissen alle, die zurückkehren, noch, was zu tun ist? „Manche erinnern sich an nichts, andere kommen, als wäre keine Nacht vergangen“, sagt Max, und Daniel ergänzt: „Hinzu kommen neue Sänger:innen, die im vergangenen Sommer noch nicht dabei waren. Mit ihnen werden Max und ich in den kommenden drei Wochen die Rollen Schritt für Schritt erarbeiten.“
Die Sänger:innen bewegen sich in der Freischütz-Inszenierung in knietiefem Wasser, kämpfen mit dem Wind und den großen Distanzen der riesigen Freilichtbühne – und sollen dennoch so präzise und lebendig spielen, dass die emotionale Dichte des Kammerspiels auch am Bodensee spürbar bleibt.
„Kommunikation, Vertrauen und Klarheit sind das A und O in unserer Zusammenarbeit mit den Sänger:innen“, sagt Max. „Einige brauchen ein klares Raster, andere leben vom Freiraum.“ Der Freischütz auf dem See funktioniert nur, wenn Struktur und Spontaneität im Gleichgewicht sind. „Unsere Aufgabe ist es, alle Darsteller:innen in ein System einzubetten, das zugleich offen und verlässlich bleibt.“ Philipp Stölzl legt sehr viel Wert darauf, dass die Sänger:innen ihre Rollen nicht nur ausfüllen, sondern sich ganz zu eigen machen: „Wir wollen, dass alle ihre Rollen für sich stimmig gestaltet – natürlich im Rahmen des Konzepts.“
„Wie beim Fahrradfahren lernen“
Die beiden Freischütz-Regieassistenten geben den Darsteller:innen technische Sicherheit, emotionales Vertrauen, helfen bei Einsätzen und unterstützen etwa die drei Sopranistinnen, die die Partie der Agathe singen, dabei, ihre Arie im zweiten Akt trotz des langen Wegs auf den hohen Bühnenhügel stimmig und ausdrucksstark zu gestalten. „Wir sorgen dafür, dass sich die Sänger:innen vollkommen sicher fühlen – dann können sie mit großer Freiheit singen und spielen“, sagt Daniel. „Aber manchmal, wenn es gefährlich werden könnte, sagen wir auch ganz klar: Stopp!“, Die beiden lachen. „Eigentlich sind wir wie Eltern: Wir ermutigen die Sänger:innen, in diesem ungewöhnlichen Raum etwas auszuprobieren – und ziehen Grenzen, wenn es zu riskant wird. Wie Mama und Papa, wenn die Kinder Fahrradfahren lernen“, sagt Daniel mit einem Augenzwinkern.
Wind, Wetter und Wasser sorgen auf der Seebühne für einzigartige Momente – und sind zugleich die größten Gegenspieler der Inszenierung. „Eine Probe hier draußen ist um vieles anstrengender als in einem Opernhaus“, resümiert Daniel. Der Aufwand, die Technik, das Wetter, die Wege – alles ist größer, komplexer, fordernder. Der zweite Sommer bietet die Chance, die Regiearbeit zu schärfen und zu vertiefen. „Es ist derselbe Freischütz wie im letzten Jahr – aber vielleicht gereifter und dadurch noch lebendiger.“
Was Regieassistent:innen leisten, bleibt meist im Verborgenen – und doch sind sie das Rückgrat einer jeden Produktion. „Wenn wir unseren Job gut machen, merkt niemand, dass wir überhaupt da waren“, sagt Daniel. „Was jedoch wirklich zählt, sind die menschlichen Momente. Etwa, wenn wir einem Sänger in einer schwierigen Situation intuitiv helfen können: Wenn ein Solist blind zur richtigen Requisite greift, weil wir ihn zuvor präzise und geduldig darauf vorbereitet hat. Wenn Sängerinnen – wie etwa 2019/21 die drei Gildas im Rigoletto-Ballon – sich etwas trauen, was sie noch nie zuvor gewagt haben, weil sie wissen: Da ist jemand, der auf sie aufpasst. Auf der Seebühne geht es um Vertrauen, um Respekt – und um das Bewusstsein, gemeinsam an etwas zu arbeiten, das größer ist als jede:r Einzelne.“
Bühnenpräsentationen 2025: „Der Freischütz” erklärt in 20 Minuten
Der Frühjahrsputz auf der Seebühne ist beendet und das Bühnenbild strahlt in neuem Glanz: Die Eisflächen aus Plexiglas wurden instand gesetzt, Risse im Mond ausgebessert und technische Anlagen neu justiert. Die romantische Oper Der Freischütz ist bereit für ihre zweite Saison auf der Seebühne der Bregenzer Festspiele.

© Bregenzer Festspiele / Eva Cerv
Ab 21. Juni 2025 präsentieren die Bregenzer Festspiele wieder an drei Samstagen um jeweils 14 Uhr ihre Opernkulisse im Bodensee. Der Eintritt ist frei. Die Bühnenpräsentation am 21. Juni findet erneut in Kooperation mit der Stadt Bregenz statt – inklusive Ticket-Verlosung.
In einer rund 20-minütigen Präsentation des Freischütz-Bühnenbildes zeigen Künstler:innen und Mitarbeiter:innen dem Publikum auf der Tribüne, welche technischen Raffinessen sich im Bühnenbild verbergen und worum es in Carl Maria von Webers Oper geht. Außerdem sind kurze musikalische Kostproben zu hören.
Termine sind Samstag, 21. Juni, 28. Juni und 5. Juli, jeweils um 14 Uhr.
Der Eintritt auf die Seetribüne ist frei.
Tickets für Der Freischütz gewinnen
Bei der Bühnenpräsentation am 21. Juni in Kooperation mit der Stadt Bregenz werden 3 x 2 Tickets für die Aufführung der Oper Der Freischütz verlost: Einfach vor Ort eine Karte mit Namen ausfüllen und vor der Bühnenshow am Eingang in die Gewinnspielbox einwerfen. Die Gewinner:innen werden im Lauf der Bühnenshow gezogen und die Tickets übergeben.
MINT auf der Bühne: „Gib Faust! – Der Tragödie neuester Teil im Riedenstyle“
Im Rahmen des MINT-Projekts „Act & Tech @ Rieden“ lädt die Landeshauptstadt Bregenz gemeinsam mit der Mittelschule Rieden und den Bregenzer Festspielen zu einem ganz besonderen Theatererlebnis ein: Am 24. Juni feiert das Bühnenstück „Gib Faust! – Der Tragödie neuester Teil im Riedenstyle!“ Premiere.

© Bregenzer Festspiele / Anja Koehler
Bereits zum dritten Mal wird mit diesem Kooperationsprojekt ein starkes Zeichen für die Förderung von Chancengerechtigkeit, Bildung und kultureller Teilhabe gesetzt. Die Landeshauptstadt Bregenz verfolgt mit ihrer MINT-Strategie das Ziel, insbesondere bei jungen Menschen Begeisterung für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik zu wecken. Jungen wie Mädchen sollen durch kreative Formate in ihrer Selbstwirksamkeit gestärkt und in ihrer individuellen Entwicklung gefördert werden.
Ein innovativer Zugang gelingt dabei durch das Projekt „Act & Tech @ Rieden“, das Sprache, Technik, Kunst und soziale Kompetenzen miteinander verbindet. Auch in diesem Schuljahr arbeiten rund 20 Schüler:innen der 4. Schulstufe der Mittelschule Rieden in zahlreichen Workshops im Festspielhaus Bregenz an ihrer eigenen Inszenierung – vom Drehbuch über Choreografie, Bühnenbild, Licht- und Tontechnik bis hin zur eigentlichen Aufführung.
Zwischen Himmel, Hölle und harter Realität
„Gib Faust! Der Tragödie neuster Teil im Riedenstyle!“ ist eine moderne Adaption des Klassikers von Johann Wolfgang von Goethe. Doch dieses Stück ist mehr als nur eine Schulaufführung: Es ist ein Spiegel aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen. Im Zentrum stehen die beiden Jugendlichen Hasan und Greta, die mit Armut, familiären Problemen und Drogen konfrontiert sind. Ihre Geschichte entfaltet sich in einer Welt zwischen Hoffnung und Verzweiflung – begleitet von einer Wette zwischen „Candyman“ (einer modernen Teufelsfigur) und „The One and Only“ (einer göttlichen Instanz), die stellvertretend um das Schicksal der Menschheit ringen.
Die Inszenierung verbindet eindrucksvoll technisches Know-how mit sozialkritischem Theater und zeigt, wie MINT-Förderung auf kreative Weise gesellschaftliche Themen reflektieren kann – neu gedacht, modern inszeniert und mitreißend umgesetzt.
Das erarbeitete Theaterstück wird am 24. Juni 2025 um 19 Uhr im Seestudio des Bregenzer Festspielhauses aufgeführt. Karten für die Vorstellung sind kostenlos unter +43 5574 407 6 oder ticket@bregenzerfestspiele.com erhältlich.
Sag mal, Markus Holdermann…
Gelassenheit und atmosphärische Lichtmomente

© Bregenzer Festspiele / Eva Cerv
Schon seit 1989 ist der Leiter der Abteilung Beleuchtung, Markus Holdermann, bei den Bregenzer Festspielen. Als ausgebildeter Elektriker kam er über die Pyrotechnik zum Licht – und ist dort geblieben.
Was ist deine Lieblingsbeschäftigung?
Musik hören und Musik machen.
Was ist einer deiner stärksten Charakterzüge?
Ruhe und Gelassenheit.
Was ist deine größte Schwäche?
Selten „nein“ zu sagen.
Wann bist du vollkommen du selbst?
Beim Musizieren!
Welche Fehler entschuldigst du am ehesten?
Die Fehler, zu denen man steht.
Welches Talent hättest du gerne?
Ich würde gerne mehrere Musikinstrumente beherrschen.
Was ist dein Motto?
Genieße das Leben, denn es ist kurz.
Warum bist du Beleuchtungstechniker geworden?
Der Start war eher zufällig, ich begann als Elektriker, dann war ich bei der Pyrotechnik. Schließlich bin ich beim Licht gelandet: Und davon kam ich nicht mehr los.
Hast du eine Lieblings-Lichtstimmung?
Es gab immer wieder „Lichtmomente“ die ich bei meinen Lichtgestaltungen als besonders atmosphärisch empfand.
Was sollte man unbedingt über deine Arbeit wissen?
Ohne Licht ist es sehr dunkel, aber zu viel Licht blendet.
Interessant! ~ Fakten zu den Bregenzer Festspielen 2025
Damit die kahlen Bäume auf der Bühne realistisch wirken, wurden Abdrücke von echter Baumrinde angefertigt. So konnten die Festspiel-Kascheur:innen die Struktur auf die Kulissenteile stempeln.
Die Wassermenge des Seebühnen-Beckens, das für die Inszenierung von Der Freischütz in Bregenz genutzt wird, entspricht der Kapazität von etwa 3.200 eingelassenen Badewannen. Dieses beeindruckende Volumen unterstreicht nicht nur die grandiose Kulisse der Seebühne, sondern spielt auch eine zentrale Rolle in der visuellen und akustischen Gestaltung der Aufführungen.
Opernguide
Kurze Audios mit Wissenswertem über die Oper und die Handlung von Der Freischütz, die Inszenierung und die besondere Technik der Seebühne unter: bregenzerfestspiele.com.
Die Bregenzer Festspiele 2025 finden von 16. Juli bis 17. August statt.
Tickets und Infos unter bregenzerfestspiele.com und Telefon 0043 5574 4076.