Prägnanter »Prinz von Homburg« an der Oper Frankfurt

Der Prinz von Homburg ~ Oper Frankfurt ~ v.l.n.r. Prinz von Homburg (Domen Križaj) und Graf Hohenzollern (Magnus Dietrich) ~ © Barbara Aumüller ~ szenenfoto.de
kulturfreak Bewertung: 4 von 5

Zuletzt im Jahr der Uraufführung 1960 wurde Hans Werner Henzes Oper Der Prinz von Homburg in Frankfurt/M inszeniert (Musikalische Leitung: Wolfgang Rennert, Regie: Hans Hartleb). Höchste Zeit also, das Werk erneut zu präsentieren. Schließlich sind innerhalb von 64 Jahren zwei Generationen herangewachsen. Für die Neuinszenierung, die zugleich die erste der neuen Spielzeit ist, konnte die Oper Frankfurt den Regisseur Jens-Daniel Herzog gewinnen. Er ist seit der Spielzeit 2018/19 Intendant des Staatstheaters Nürnberg und erarbeitete in Frankfurt bereits 2013 Verdis Les vêpres siciliennes und 2009 Wagners Lohengrin (WA 2013 / WA 2016).

Im Gegensatz zu den Aufführungen in 1960 wird jetzt die 1991 von Henze revidierte und verschlankte Fassung gespielt. Bei dieser verzichtete Henze auf einen Chor und gestaltete die Orchestermusik um. So wurden u. a. Verdoppelungen eliminiert und das Zeichnerische der Musik deutlicher herausgearbeitet.

Am Pult des Frankfurter Opern- und Museumsorchesters sorgt Studienleiter Takeshi Moriuchi für einen vielschichtigen Klang. Im Frühjahr dirigierte er die Neuinszenierung von Wolfgang Fortners In seinem Garten liebt Don Perlimplín Belisa. Für den Prinzen arbeitet er die musikalischen Themen exzellent, intensiv und prägnant heraus. Seien es zarte Traumsequenzen oder eruptive, militärisch gefärbte martialische Schärfen, alles ertönt klar strukturiert und abgegrenzt.

Der Prinz von Homburg
Oper Frankfurt
v.l.n.r. Feldmarschall Dörfling (Iain MacNeil) und Prinzessin Natalie (Magdalena Hinterdobler)
© Barbara Aumüller ~ szenenfoto.de

Ein Container schwebt über der Bühne

Eine historische Kriegsschlacht gibt es auf der Bühne von Johannes Schütz nicht zu sehen. Das würde auch gar nicht passen. Denn Henze legte seinen Fokus bei seiner Umsetzung von Kleists Drama ganz auf den inneren Konflikt des Prinzen, nicht auf das Kriegsgeschehen. So ist die Bühne karg ausgestattet. Zum Einsatz kommt die große und die kleine Drehbühne, wodurch immer wieder unterschiedliche Räume und Perspektiven entstehen. Im Hintergrund steht vor einer weißen Wand über die gesamte Breite eine Reihe Stühle nebst einfacher Herrendiener für alle beteiligte Sänger:innen. Durch das Drehen verschiebt sich die Perspektive von einer diagonalen zu einer horizontalen, werden die unterschiedlichen Handlungsorte angedeutet (temporär unterstützt von einer farbigen Ausleuchtung der Rückwand, bis hin zu Schattenspielen). Über der Szenerie schwebt zunächst ein dunkler Körper mit transparenten Wänden im Format eines Containers. Er entpuppt sich als das Gefängnis für den Prinzen. Dazu gibt es einen goldenen Rahmen (ebenso im Format eines Containers), der für den Bereich des Kurfürsten. Am Ende verbinden sich Rahmen und Zelle sehr schön miteinander, quasi zu einem goldenen Käfig.

Einen Bezug zum Militär geben die farbenfrohen Kostüme (ebenfalls Johannes Schütz) nur assoziativ. Diese sind klar hierarchisch strukturiert. Einfache Hosen für die unteren, hochwertige mit Streifen für die oberen Ränge. Der Einsatz von Leder, bei Jacken, Kleidern und Röcken ist ebenfalls Ausdruck für einen dezenten militärischen Bezug.

Der Prinz von Homburg
Oper Frankfurt
Prinz von Homburg (Domen Križaj; stehend) und Ensemble
© Barbara Aumüller ~ szenenfoto.de

Domen Križaj in der Titelrolle

Fast alle Sänger:innen geben hier ihr Rollendebüt. Das verwundert nicht, schließlich wird die Oper nur selten gespielt (in Rhein-Main zuletzt 2013 am Staatstheater Mainz unter GMD Hermann Bäumer und in der Regie des kürzlich verstorbenen Christof Nel).

Dem gebürtig slowenischen Bariton Domen Križaj gelingt der Spagat zwischen dem kraftstrotzenden, selbstbewussten Prinzen und zum Tod Verurteilten vortrefflich. Herausragend mit ihrer ungemein kraftvollen Sopranstimme ist auch Magdalena Hinterdobler in der Partie der Prinzessin Natalie.
Der belgische Tenor Yves Saelens zeichnet den Kurfürst von Brandenburg nonchalant (empfängt die Offiziere auch mal nur Unterwäsche tragend). Charmant und als besorgter Freund gibt Tenor Magnus Dietrich den Graf Hohenzollern. Kleine und dennoch markante Auftritte bieten Iain MacNeil (Feldmarschall Dörfling), Sebastian Geyer (Obrist Kottwitz) und Annette Schönmüller (Kurfürstin).

Am Ende der pausenlosen Aufführung (Premiere) gab es große Zustimmung für alle Beteiligte.

Markus Gründig, September 24


Umfangreiches Begleitprogramm

Mit Homburg bezieht sich Kleists Drama nicht auf die Kreisstadt des Saarpfalz-Kreises im Saarland. Vielmehr geht es um den Landgrafen Friedrich II. von Hessen-Homburg (1633 – 1708), dem heutigen Bad Homburg. Dort gibt es u. a. das 1679 errichtete Schloss (es ist zu besichtigen).

Die Oper Frankfurt bietet in Zusammenarbeit mit den Staatlichen Schlössern und Gärten Hessen ein Begleitprogramm zu Der Prinz von Homburg an. Details finden sich hier.


Der Prinz von Homburg

Oper in drei Akten (neun Bilder) nach dem Schauspiel von Heinrich von Kleist
Auftragswerk der Hamburgischen Staatsoper

Von: Hans Werner Henze (1926 – 2012)
(Igor Strawinsky zu Ehren)
Für Musik eingerichtet von: Ingeborg Bachmann

Uraufführung: 22. Mai 1960 (Hamburg, Hamburgische Staatsoper)
Uraufführung der Neufassung: 24. Juli 1992 (München, Bayerische Staatsoper im Cuvilliés- Theater)

Premiere an der Oper Frankfurt: 22. September 24 (Opernhaus)

Musikalische Leitung: Takeshi Moriuchi
Inszenierung: Jens-Daniel Herzog
Bühnenbild, Kostüme: Johannes Schütz
Mitarbeit Kostüme: Wicke Naujoks
Licht: Joachim Klein
Dramaturgie: Mareike Wink

Besetzung:

Prinz von Homburg: Domen Križaj
Kurfürst von Brandenburg: Yves Saelens
Prinzessin Natalie: Magdalena Hinterdobler
Graf Hohenzollern: Magnus Dietrich
Kurfürstin: Annette Schönmüller
Feldmarschall Dörfling: Iain MacNeil
Obrist Kottwitz: Sebastian Geyer
Drei Offiziere: Andrew Kim° / Božidar Smiljanić / Alfred Reiter
Wachtmeister: Jarrett Porter
Drei Hofdamen: Juanita Lascarro / Cecelia Hall / Judita Nagyová
Erster Heiduck: Istvan Balota
Zweiter Heiduck: Leon Tchakachow

Frankfurter Opern- und Museumsorchester

°Mitglied des Opernstudios

oper-frankfurt.de

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