
Die Uraufführung „FC Prinz Homburg: Träume und Handgemenge“ in der Regie von Amir Reza Koohestani verlegt Heinrich von Kleists Drama auf den Fußballplatz
Am Donnerstag, den 17. April um 19:30 Uhr zeigt das Hessische Staatstheater Wiesbaden mit „FC Prinz Homburg: Träume und Handgemenge“ die nächste große Schauspieluraufführung. In einer sehr freien, gemeinsam mit der Film- und Theaterautorin Mahin Sadri erarbeiteten Überschreibung bringt Amir Reza Koohestani den Grundkonflikt des bekannten Stücks von Heinrich von Kleist auf die Bühne des Kleinen Hauses und stellt ihn in einen populären Kontext: Fußball.
Regisseur und Autor Amir Reza Koohestani, der zu den bedeutendsten iranischen Theatermachern seiner Generation gehört, arbeitet häufig mit großen bekannten literarischen Stoffen – es gibt Überschreibungen von Büchners „Woyzeck“, Kafkas „Der Prozess“, Huxleys „Schöne neue Welt“ u. a. – aus denen er zentrale Fragen herausarbeitet und diese in einen zeitgenössischen Kontext setzt. In Kleists Drama ist es das Thema des Ungehorsams, des Auflehnens gegen eine Autorität ebenso wie die Frage, wie sich die Gruppe in der Situation eines Hierarchiebruchs verhält:
Eigenmächtig stürmt Prinz Friedrich von Homburg in die Schlacht bei Fehrbellin. Zwar ist er siegreich, doch handelt er entgegen der Strategie des Kurfürsten und wird wegen Befehlsverweigerung bestraft. Im letzten Moment entgeht er der geplanten Hinrichtung in Heinrich von Kleist Drama aus dem Jahre 1810 und wird begnadigt.
In Koohestanis und Sadris Überschreibung ist es Fred, Torwart beim FC Prinz Homburg, der in einem wichtigen Punktspiel nicht wie von seinem Trainer verlangt, agiert – aber den entscheidenden Elfmeter hält. Beobachtet von Fans und Medien muss sich der Verein verhalten: Schließen sie ihn aus oder geben sie ihm eine zweite Chance? Fred kämpft derweil mit der Frage, welche Bedeutung das Spiel in seinem Leben noch hat. Zwischen Einsamkeit, Autoritäten und Disziplin sucht er nach Halt, um in dem Big Business Fußball nicht unterzugehen.
Der bekennende Fußballfan Koohestani verlegt den Grundkonflikt nicht nur in einen entsprechenden modernen Kontext – vom Schlacht- aufs Fußballfeld – er beleuchtet auch so kritisch wie unterhaltsam das Fußballbusiness mit seinen ungeschriebenen Gesetzen, internen Dynamiken und omnipräsenten Medienrummel.
Begleitet wird die große Schauspielproduktion von einem Rahmenprogramm verschiedener Veranstaltungen in Kooperation mit Staatliche Schlösser und Gärten Hessen. Über das am 27. April startende Programm, das von einer Vorstellung mit Expert*innen- und Ensemblenachgespräch am Samstag, den 24. Mai bei den Internationalen Maifestspielen bis zu einer szenischen Lesung und mehreren thematisch angelehnten Führungen auf Schloss Bad Homburg reichen, kann man sich in Kürze über einen Flyer und die Homepage beider Institutionen informieren.
Amir Reza Koohestani
Amir Reza Koohestani wurde 1978 in Schiras im Iran geboren und gilt als einer der bedeutendsten iranischen Theatermacher seiner Generation. Er gründete 1996 die Mehr Theatre Group und entwickelte 2001 das Stück „Dance on Glass“, das ihm international Bekanntheit bescherte. Nach einem zweijährigen Aufenthalt in Manchester kehrte er zurück nach Teheran, von wo aus er mit seinen Inszenierungen weltweit auf Festivals und zu Gastspielen eingeladen wurde, von den Wiener Festwochen über das Festival d’Avignon bis nach New York und Tokio.
Seit 2016 inszeniert Koohestani auch regelmäßig an deutschen Theatern, u. a. an den Münchner Kammerspielen, dem Deutschen Theater Berlin, dem Thalia Theater, dem Residenztheater München und dem Theater Freiburg.
Mahin Sadri
Mahin Sadri ist eine iranische Film- und Theaterautorin, Schauspielerin, Regisseurin und Journalistin. Mit 21 Jahren drehte sie ihren ersten Kurzfilm in ihrer Heimatstadt Rasht, danach zog sie nach Teheran, wo sie Germanistik studierte. Sie lernte Amir Reza Koohestani kennen und wurde Teil des von ihm gegründeten Kollektivs „Mehr Theatre Group“. Als Dramatikerin, Regisseurin und Schauspielerin wirkte sie in zahlreichen Produktionen der Gruppe mit, die auf internationalen Festivals zu sehen waren.
Neben ihrer Arbeit als Regisseurin und Dramatikerin schreibt sie Drehbücher, dreht Kurzfilme und ist journalistisch für verschiedene Magazine tätig. Bei den Münchner Kammerspielen wirkte sie in drei Produktionen als Schauspielerin mit.