Rockin arround the x-mas tree
Remscheid, Dezember 07
„x-mas-tree“ im Doppelpack: Wo das Christkind Rock’n’Roll tanzt
Klangvolle Treibjagd: Nicole Berendsen und Alex Melcher scheuchten „Rudolph“ durch Remscheid
Die Frau mit der roten Löwenmähne scheint die personifizierte gute Laune. Und die ist nicht aufgesetzt. Obwohl die Zeit, während der man/frau sie auf deutschen Bühnen bewundern konnte, auch schon etwas zurück liegt, kann sich Nicole Berendsen hier zu Lande immer noch auf eine große, treue Anhänger- und Bewundererschar stützen. Und diese Beziehung ist keine Einbahnstrasse. Alle Jahre wieder macht der fröhliche und liebenswerte Musicalstar aus dem Land der Tulpen, Windmühlen und des Gouda im Bergischen Station, um daselbst, in Remscheid, der drittgrößten Stadt dieser Region, die Christtanne wackeln zu lassen. „Rockin’ arround the x-mas-tree“ lautet die Beschwörungsformel, die die Besucher zur Vorweihnachtszeit jeweils in Scharen ins hiesige Teo Otto Theater treibt. Zwei restlos ausverkaufte Shows unterstrichen auch in diesem Jahr die Zugkraft dieser inzwischen schon traditionellen Konzertreihe. Die gehören in Remscheid zum Adventsreigen dazu wie der Speck zum Rührei.
Der Kontrast hätte gravierender nicht sein können. Eben noch, auf der Hinfahrt, heischte das dünne Piepsen einer namenlosen, verzweifelt-talentlosen grauen Hitparadenmaus aus dem Autolautsprecher um Mitleid, und dann dieses vokale Füllhorn, das sich über die Zuhörer im Saal ergießt. Was für eine Stimme! Diese Dame hat Gold in der Kehle. Und sie geizt nicht damit. Die Berendsen in Top-Form. Die reine Energie, kombiniert mit der sichtbaren, sich auf alle übertragenden Freude an der Musik. Ihre gute Laune ist ansteckend. Mit großen und kleinen Gesten unterstreicht der niederländische Musicalstar die Inhalte der zumeist weihnachts-affinen Songs, wobei die Grenze zur seichten, beliebigen Rührseligkeit nie überschritten wird. Streng genommen ist es ein „Best of“, eine komprimierte Zusammenfassung der Highlights aus den vergangenen sieben Jahren. Das hier war der achte Durchgang, dem, versprochen, 2009 der nächste folgen wird.
Souverän und leidenschaftlich
Souverän und scheinbar mühelos nimmt die hoch gewachsene Künstlerin im glitzernden Abendkleid alle gesanglichen Hürden, selbst die höchsten und schwierigsten – und hat doch immer irgendwo noch stimmliche Reserven. Weiß der Himmel, woher sie die nimmt. Es mag nur wenige geben, die der Stimm-Titanin dahingehend das Wasser reichen können. Da wackelt nichts, da gibt es keine Unsicherheiten oder Ausrutscher. Schließlich steht hier ein begnadeter Vollprofi auf der geschmackvoll geschmückten Bühne, aber er steht selten still . Von Jazz über Soul bis Rock reicht das stilistische Spektrum, wobei sich gefühlvolle, mit inniger Leidenschaft interpretierte Balladen und Hymnen mit treibenden Up-Tempo-Nummern und fetzigen Rock-Songs abwechseln. Die Mezzo-Sopranistin ist in ihrem Element – und sie fühlt sich wohl auf dieser Bühne. Kein Wunder, mit einer solchen Band im Rücken. Christoph Spengler, der „Spiritus rector“ der x-mas-tree-Konzerte, hat wieder schweres Geschütz aufgefahren und mehr als ein Dutzend exzellenter Instrumentalisten um sich geschart – zuzüglich eines hervorragend eingestellten Background-Chors. Und die lassen nichts anbrennen. Spengler, von Hause aus Kirchenmusiker, saß und sitzt bei vielen großen Musical-Produktionen als Keyboarder im Orchestergraben und steht derzeit als Dirigent bei der aktuellen Miami-Nights-Produktion unter Vertrag.
Der Titelsong, aus dem die Show ihren Namen ableitet, durfte auf der 20. Punkte umfassenden Set-List natürlich ebenso wenig fehlen wie „Merry Christmas Baby“, „A Christmas to Remember“, „Christmas Lullaby“, oder das herrlich intonierte „Mary, did you know“. Aber das war auch nur die Spitze klangvollen Eisbergs.
Der Rock’n’Roller und die Nachtigall
Es ist inzwischen guter Brauch, dass die Gastgeberin bei diesen Gelegenheiten als „Special Guest“ jeweils einen prominenten Kollegen als Verstärkung hinzu bittet. Diesmal war es ein Freund als alten, seligen Tabaluga- und Horrorladen-Tagen: Alex Melcher. Sowohl im Kontrast, als auch in der Ergänzung geben die Beiden, der Rock’n’ Roller und die Nachtigall, ein tolles Bühnenpaar ab. Hörenswerter Ausfluss dieser Kombination – ein wunderschönes, aus den beiden Weihnachts-Klassikern „Winter Wonderland“ und „Let it snow“ entwickeltes Duett. Der Vaterfreuden entgegen blickende „Galileo“, der sich, ganz ungewohnt und dem festlichen Anlass entsprechend in einen dunklen Anzug geworfen und sich sogar eine Krawatte umgebunden hatte, freute sich bei John Lennons „Happy X-Mas“ (War is over) über die hingebungsvolle Unterstützung des Kinderchors. Beim finalen, fetzigen „Santa Claus is comin’ to town“ sollte dieser Pakt später noch einmal bekräftigt werden. Dass Melcher auch beachtliche Songwriter-Qualitäten hat, stellte der sympathische Allrounder in Remscheid mit seiner Eigenkomposition .“A new world“ nachhaltig unter Beweis.
„Power of Love“ im Juni nächsten Jahres
Dazwischen Nachdenkliches und Besinnliches, Heiteres, Swingendes und Mitreißendes, mal verhalten und leise, mal temperamentvoll und aufgekratzt. „Winter Ferryland“, „I’m gonna email Santa“, Coming home for Christmas”, “Love has come”, “Breath of heaven” und, und, und… Ein wunderschöner, unterhaltsamer Abend, der ohne den “rennenden Rudolph” natürlich nicht komplett gewesen wäre. Den Charme und die atmosphärische Dichte dieser Aufführungsreihe spiegelt übrigens ein packender Live-Mitschnitt des x-mas-Konzerts aus dem Jahre 2004 (mit Kristian Vetter als Gast) wieder, der als CD über cspengler.de bezogen werden kann.
Dieses war für 2007 der letzte Streich, und der nächste folgt, wenn auch nicht sogleich. Mitte des nächsten Jahres wird es im Remscheider Otto-Theater wieder rockig-kuschelig. Am 15. Juni 2008 geht hier die Reihe „The Power of Love“ in die nächste Runde – natürlich wieder mit Nicole Berendsen. Drei weitere bekannte Musical-Künstler werden ihr dabei assistieren. JÜRGEN HEIMANN, Dezember 07
Die Nacht des Musicals
Aachen, EuroKongress, 6. Dezember 07
„Eli“, ABBA und Vampire: Prominent besetzte Benefiz-Gala in Aachen
„For the Children“: „Galileos“ Hymne für die Aids-Waisen
Nomen est omen: Die Hymne „For the Children“, deren Titel es noch einmal auf den Punkt brachte, für wen man/frau sich an diesem denkwürdigen Abend engagiert hatte, sparten sich die Beteiligten für’s Finale auf. Der mitreißende, eingängige Song beschloss einen unterhaltsamen, pointierten musical-ischen Feuerzauber, der über 1500 Besucher in jene „heilige“ Halle gelockt hatte, in der sonst der „Orden wider den Tierische Ernst“ verliehen wird: das Aachener Eurogress.
Daselbst waren sieben exponierte Vertreter der deutschsprachigen Musical- und Showszene aufmarschiert, dem guten Zweck zu dienen. Streng genommen waren es der guten Zwecke ja zwei. Der Reinerlös des Ganzen sollte zu gleichen Teilen der weltweit agierenden Hilfsorganisation „Artists in Devine Spirit“ sowie den „Aachener Engeln“ zu Gute kommen. Erstere, von der Kalifornierin Janet Taylor ins Leben gerufen, unterstützt in vielen Ländern der Erde aidskranke Kinder bzw. solche, deren Eltern an der Immunschwächekrankheit gestorben sind, während sich die lokal operierenden „Engel“ um bedürftige Einwohner der westlichsten deutschen Großstadt kümmern.
Das prominent besetzte Teilnehmerfeld rekrutierte sich aus Alex Melcher, Kevin Tarte, David Michael Johnson (DJM), Dominique Aref, Anastasia Bain, Nicole Malangrè und Natalie Avelon. Unterstützung erfuhren die Publikumslieblinge durch die „Musicalpeople aus Stuttgart unter der Leitung von Michael Schüller sowie 18 lokalen Nachwuchstalenten, die sich unter fachkundiger Anleitung wochenlang auf diesen Tag vorbereitet hatten.
Erwähnter Titelsong stammt übrigens aus der Feder des Kölner Ur-Galileo und soll in diesen Tagen auch auf CD erscheinen. Alex Melcher hat das Stück „with a little help from his friends“ und unter Mitwirkung der Original-“We will rock you”-Band eingespielt und produziert. Er nutzte die Gunst der Stunde, den Song zusammen mit seinen Kollegen in Aachen erstmals vorzustellen. Insofern war auch das so eine Art Uraufführung.
Von dem Queen-Musical sollte an diesem Abend noch wiederholt die Rede bzw. der Gesang sein, zumal mit „DMJ“ ja auch noch ein zweiter Hauptakteur aus dem „blauen Müllsack“ mit von der klingenden Benefiz-Partie war. „Another one Bites in the Dust“, „We are the Champions“ und natürlich “We will rock you” gehörten zur Pflicht. Die Kür kam später.
Durch das kurzweilige Programm, das von allen Beteiligten mit „Seasons of Love“ aus „Rent“ eingeläutet worden und bei dem Steve Markusfeld für die Regie verantwortlich war, führten schlagfertig Rundfunkmoderatorin Sara Tim, Nicole Malangré und die Schauspielerin und Sängerin Natalie Avelon („Das wilde Leben“). Präsentiert wurde die Show von „100’5 DAS HITRAIO“. Dem Opener folgten mit „One Song Glory“ (Alex Melcher) und „Take me or leave me“ (David Michal Johnson und Anastasia Bain) zwei weitere Stücke aus „Rent“, ehe Dr. Henry Jekyll zu Wort kam. Kevin Tarte glückte mit „This is the Moment“ ein furioser Einstand, ehe er sich auf seine glanzvollen Krolock-Tage besann und die „Unstillbaren Gier“ beklagte.
Auch die Kaiserin Elisabeth hielt in Aachen Hof, wobei vor allem die beiden Nachwuchstalenten Karoline Drechsel und Phillipp Maurer mit „Wenn ich tanzen will“ punkten konnten. Das taten in Folge auch Nicole Malangrè und die vokale Lokalhoffnung Sarah Schiffer mit „Danke für die Lieder“, das ein schwungvolles Mamma-Mia-Medley beschloss. Mit dem „Time Warp“, der die rasante Zeitreise durch die schillernde Welt des Musicals beendete, sagte die Akteure „Auf Wiedersehen“. Ob es ein solches in dieser oder einer anderen Form gibt, vermochte Produzent Martin Grefen noch nicht zu sagen. Denkbar (und wünschenswert) wäre es nach diesem Erfolg immerhin.
Jürgen Heimann, Dezember 07
Elvis! Caught in a Trap
Staatstheater Mainz
Besuchte Vorstellung: 1. Oktober 06 (Premiere)
Im November 05 hatte „Elvis!! Caught in a Trap“ seine Uraufführung am Theater Graz. Der Schweizer Thomas Gugielmetti hatte mit dem musikalischen Schauspiel „Janis Joplin“ bereits drei Jahre zuvor eine Rock´n´ Roll Ikone auf die Bühne gebracht (2002, Regie Mathias Fontheim). Sein biografischer Liederabend über Elvis entstand aufgrund der Ähnlichkeit des am Theater Graz engagierten Schauspielers Thomas Kornack mit Elvis.
Mit dem Wechsel von Intendant Matthias Fontheim nach Mainz wird das Stück nun auch in Mainz gezeigt, Thomas Kornack spielt auch hier die Rolle des Elvis. Als dieser erzählt er in diesem Einpersonenstück von seinen, also Evis, beruflichen Anfängen als Lastwagenfahrer in Memphis, über die einzelnen Stationen, die zu seinem kometenhaften Aufstieg zum Idol der Jugend führten. Es endet etwas schnell, wobei sein Tod nur angedeutet wird. Der trockene Untertitel „Ein biografischer Liederabend“ wird dem Stück nicht gerecht, denn die ausgewählten biografischer Stationen werden mit viel Humor erzählt und gespielt (Regie: Till Löffler). Neben dem typischen Elvis-Klang, den Kornack sehr nahe kommt, ist vor allem sein schauspielerisches Talent gewinnend (insbesondere wenn er kurzzeitig in andere Rollen hineinschlüpft).
Als „King of Rock´n´Roll rockt Elvis ordentlich, auf der Bühne und auf dem Boden und schwingt dabei eifrig seine Hüfte. Elvis hat über 33 Platin-Schallplatten bekommen und seine Lieder wie „In the Ghetto“, Can´t help falling in love“ oder „Love me, tender“ sind Welthits und Klassiker die noch immer Jung und Alt begeistern. Eine bunte Auswahl an Elvis-Songs wird bei diesem Programm gesungen, die Thomas Kornack ganz im Stile Elvis´präsentiert. Großen Verdienst am klasse Sound hat die vierköpfige Liveband, Studenten der Mainzer Musikhochschule (Robert Kesternich, Klavier; Deniz Alatas, Gitarre; Sebastian Meyer, Bass und Philipp Rittmannsperger, Schlagzeug).
Im nächsten Jahr wird des 30. Todestages von Elvis gedacht (16. August 1977). Um Erinnerungen an ihn aufzufrischen oder ihn neu kennen zu lernen, dafür bietet sich schon jetzt ein Besuch im Mainzer TiC (Theater in der City) an.
Markus Gründig, Oktober 06
Männerbeschaffungsmaßnahmen
schauspielfrankfurt
Uraufführung: 25. Februar 06
Selbstbewusste Scheidungsanwältin trifft auf zurückhaltende Öko-Pharmareferentin, Transgender auf freche Göre, da hat es die Kursleiterin zunächst nicht leicht, diese Männerlose Frauenrunde zu motivieren, benötigt sie selber doch selber erst einmal einen Schub Motivation (schließlich ist es schon lange her, das sie einen guten Morgen hatte). Doch wer eine Melodie anstimmt bringt nicht nur die Stimmbänder in Schwingungen sondern den ganzen Menschen. Die Gedanken lösen sich, Probleme treten zurück und machen etwas anderem, größeren Platz (nicht umsonst heißt es in frommen Kreisen „Loben zieht nach oben“). Und so ist in ihrem Seminar das Singen Pflicht, für alle.
Anfangs stimmen sie erst zaghaft in James Brown melancholischen Song „It´s a Man´s World“ ein, berichten wie Chantal von ihren „Hemmungen“ und bewahren sich trotz Schmach ihren Stolz („Nur nicht aus Liebe weinen“). Mit Blick auf den Mann (in Form von den unterschiedlichsten Automodellen per Diaschau) wird die Flamme in Ihnen immer größer (mit Nina Hagens „Heiss“) und sie lockern sich auf („Shoop Shoop Song“).
Dabei stehen sie zu ihren Schwächen („Homebanking“), ihrer Situation („Eisamkeit“) und geben die Hoffnung nicht auf („Ein Schiff wird kommen“). Ein Kesselbunter Mix an Songs die manchmal nur kurz angesungen werden, mal Solo, mal im Duett und auch von allen gemeinsam gesungen werden.
Aufgrund ihres schauspielerischen Talents bleibt es nicht bei einem bloßen Vortragen der Lieder an der Rampe, sondern sie sorgen mit ihrem zusätzlichen Spiel für etliche Lacher im Publikum (fallen die sängerischen Qualitäten auch unterschiedlich aus), beispielsweise wenn sich die Scheidungsanwältin Angela und die Öko-Pharmareferentin Sabine gegenseitig anzicken. Überwiegend von Dietmar Loeffler am Klavier begleitet, gelingt ihnen bei der Zugabe hervorragend „For the longest time“, a cappella vorgetragen!
Das Seminar findet in einem Raum mit zartem hell-grünen türkisen Boden statt, schließlich ist grün die Farbe der Hoffnung. Ein Sessel im gleichen Farbton für die Leiterin, ein Flügel, eine große Blumenvase, Stühle und ein Fenster bilden den äußeren Rahmen (Mitarbeit Raum Caroline Ströhle & Nina Zoller). Sascha Icks ist die resolute Kursleiterin („Lady Boss“) im braunen Hosenanzug (Kostüme Werner Fritz).
Elegant auch Katharina Linder als Angela, die selbst auf der Yogamatte liegend noch eine gute Figur macht. Als ungeduldige Göre Laura fordert Sandra Bayrhammer in Jeans und weißer Bluse großartig „Ich will keine Schokolade, ich will einen Mann“, währenddessen springt sie über Stühle auf den Flügel und zurück. Verengt sich später auf einem Stuhl und gibt ihren Gefühlen starken Ausdruck.
Die Sabine der Pe Werner ist ein liebenswerter Kumpeltyp mit schiefen Beinen, doch unter ihrer scheinbaren Unbeholfenheit lauert ihre wunderbare Soulstimme, die sie wegen des Gesamteinrucks ziemlich drosselt.
Um den ganzen noch etwas mehr Esprit zu geben ist Bert Tischendorf Chantal, die Stewardess. Kein Party-/Glamour-Girl einer Olivia Jones, sondern eine angeknackste, starke Person. Er gibt sie sehr feinfühlig, mit wenigen Gesten und langsamen Bewegungen und lässt ihre anfängliche innere Not spürbar werden, outet sich dann in einem Strip und bewegt sich bei alledem hervorragend in den Stöckelschuhen.
“Männerbeschaffungsmassnahmen” ist eine leichtgängige Reise durch die Liebessehnsüchte, heiter umgesetzt und leidenschaftlich interpretiert. Das Premierenpublikum tobte und forderte Zugabe um Zugabe.
Markus Gründig, Februar 06
Bernie Blanks: “Another Country”
Oberhausen, Schildahalle
Der “Rusty” mit dem Cowboyhut: Bernie Blanks bietet mit “Another Country” eine peppige und spritzige Show
Mit seiner Konzertreihe „Another Country“ hat sich Bernie Blanks nicht nur einen langersehnten Wunsch erfüllt, sondern auch das Image des ”ewigen Balladensängers“ abgelegt. Wer ihn schon einmal bei einem seiner Solo-Auftritte erlebt hat, begegnet einen Bernie Blanks, den das Musical-Publikum so noch gesehen hat. Im “Hauptjob“ rollte er Abend für Abend als liebenswerte Dampflok “Rusty“ über die Bühne des Bochumer Musicals “Starlight Express“ und hat der Rolle im Laufe der Jahre seine ganz persönliche Note aufgedrückt. Viele Starlight-Besucher sprechen daher von Bernie Blanks als “dem Rusty schlechthin“. Doch zwischen dem Rollschuspektakel und seiner eigenen Show liegen Welten!
Fetzig, rockig und mit einer tollen Stimme – die Welle des “Country-Pop“, für viele ein noch nicht vielsagendes Genre, was sich aber noch ändern dürfte – schwappt schnell über. In der Schilda-Halle in Oberhausen stellte der Sänger, Komponist und Texter in Personal-Union dieses unlängst eindrucksvoll unter Beweis, als er zum dritten Mal zu “Another Country“ bat. Proppenvoll demenentsprechend auch das Theater. Strohballen und Sattel sorgten für die entsprechende Country-Atmosphäre auf der Bühne, und da muss auch schon mal ein umgestülpter Bierkasten als Tischersatz herhalten.
Stilecht ist das Ganze allemal, wobei das, was der Amerikaner stimmlich zum Besten bringt, nicht viel mit herkömmlicher Country-Musik zu tun hat. Nichts von wegen angestaubter Lagerfeuerromantik, Banjo-Klang und Mundorgel-Gezirpe. Diese Musik lässt einen sofort mitwippen, im Takt klatschen und den Refrain mitsummen. Neuer Country-Pop im Stile eines Keith Urban oder Shania Twain könnte man diese Art von Musik wohl nennen – und sie trifft den Nerv der Besucher.
Bei seinen wohlausgesuchten Songs legt sich der gebürtige US-Amerikaner aber keineswegs auf gefühlvolle Balladen fest, sondern gleich zu Beginn rockt er mit dem Song “Go Back“ (von Kenny Chesney) richtig ab – musikalisch unterstützt von einer fünfköpfigen Band und drei stimmgewaltigen Background-Sängern. Kurzweilig, mitreißend und peppig ist das, was der Künstler da auf der Bühne zaubert. Der Mann aus den Südstaaten begeistert nicht nur mit schmissigen Nummern (und gefühlvollen Balladen), sondern versteht es auch, seine Besucher mit vielen Geschichten “beetween the songs“ in seinen Bann zu ziehen. Er gibt Einblick in seine Kindheit, erzählt von abenteuerlichen Ausflügen mit seiner kleinen Schwester und verrät in einer urkomischen Art und Weise, wie es zum Ableben seines Hundes und seiner Katze gekommen ist.
Highlight des Abends war – wie bereits bei seinen Konzerten in Düsseldorf – der von Bernie Blanks selbstgeschriebene und komponierte Song “Little Bernie B.“, der sich so nach und nach zum Gassenhauer mausert. Eine Art poppige Rap-Version mit ausgeklügelten Texten animiert zum Mitmachen und Mitsingen.
Die Wandlung von der Dampflok zum Country-Rocker scheint geglückt. Bernie Blanks jedenfalls strahlte am Ende – und nach drei Zugaben – mit den Zuschauern in der Schilda-Halle um die Wette.
Übrigens: Am 21. Februar um 19:30 Uhr wird Bernie Blanks mit seiner Konzerreihe „Another Country“ im Kulturzentrum „Alter Schlachthof“ in Soest gastieren.
Gaby Reinartz
Musicalkonzert: Von Engeln und Dämonen
Fulda, 4. Februar 06
Eine Musicalgala mit deutschen Topstars der Musicalszene, veranstaltet von Musical Magazin „Da Capo“ war seit langem in Essen und in Fulda geplant. In Essen hatte seinerzeit die Firma Stella mit „Joseph“ im Colosseum die Musicalära eingeläutet. Doch das katholische Fulda als Ort fürs Musical?
Nun, seit Sommer 2004 wird in Fulda während des Sommers das von der Firma Spotlight Musical produzierte Musical „Bonifatius“ stürmisch gefeiert, das bundesweite Aufmerksamkeit auf sich zieht und dieses Jahr erstmals auch im Bremer Musicaltheater gespielt werden wird.
Die Leser von „Da Capo“ wählten „Bonifatius“ zum besten „Short-Term-Musical 2004/05″. So lag es nahe, das von „Da Capo“ veranstaltete „Danke“-Konzert( die Idee dazu entstand zwei Jahre nach dem Start des Magazins als Dank der Herausgeber an die Leserschaft für die hervorragenden Resonanz) mit einer Preisübergabe an die „Bonifatius“-Macher zu verbinden und neben Essen auch in Fulda zu veranstalten. Wobei die Konzerte ähnlich, aber nicht identisch waren. So musste aufgrund der kleineren Bühne in Fulda auf zwei Flügel verzichtet werden, dafür gab es dort einen Überraschungsgast.
In der großen Halle des neuen Esperanto Kongresszentrums hatte es zwar eine Fehlplanung bezüglich Sitzplätze und Bühnenaufbau gegeben, so dass das Konzert erst mit Verspätung beginnen konnte. Die von nah und fern angereisten Musicalfans ließen sich davon aber nicht ihre Stimmung nehmen, die sich von Lied zu Lied bis zum enthusiastischen Finale stets steigerte.
Erfrischend ungewöhnlich der Aufbau des Konzerts. Statt wie üblich die Sänger einfach nach- oder miteinander mehr oder weniger statisch ihre Lieder vortragen zu lassen, wurde eine Rahmenhandlung zugrunde gelegt, in der die Songs eingearbeitet und auch spielerisch, mit mancherlei Humor und Requisiten, vorgetragen wurden (Regie: Christian von Götz). Dargeboten von vier erstklassigen Sängern und mit Schülern der Stage School Hamburg als Chor erwies sich der Abend als eine gelungene Mischung zwischen szenischer Darstellung und erstklassigen Stimmen. Nebenbei: fast alle Songs wurden in Deutsch gesungen, die Liveband spielte unter der Leitung von Leitung von Christoph Wohllebe.
In der Sezierhalle eines Justizgebäudes wird eine Pathologiestudentin eingeschlossen, in der aufgrund einer Currywurstvergiftung das halbe Haus liegt. Der Pförtner kommentiert zwar mit seiner Stimme (die stark an den außerirdischen Alff erinnerte) die Situation, kann die Studentin aber erst am nächsten Morgen in die Freiheit entlassen. So bieten sich viele Gelegenheiten, Gefühle und Stimmungen einzelner auferweckter Opfer und der Studentin musikalisch zu präsentieren. Dabei beschränkte man sich, durchaus passend, auf Songs der Musical „Jekyll & Hyde“ und „Tanz der Vampire“ und rundete das ganze mit einzelner Songs aus „Mozart“, „Scarlet Pimpernel“, „Vom Geist der Weihnacht“ und „Jesus Christ Superstar“ ab.
Die männlichen Top-Stars Ethan Freeman und Yngve Gasoy Romdal hatten bei dieser Liedauswahl die stärksten Hits auf ihrer Seite. Sowohl für Freemann´s „Unstillbare Gier“ wie für Gasoy´s „Gethsemane“ gab es nicht enden wollenden Zwischenapplaus. „Gethemane“ wurde als einziger Song in Englisch gesungen, dem Publikum stockte der Atem so ausdrucksstark durchlebte Gasoy dies Leiden.
„Konfrontation“ (aus Jekyll & Hyde) sagen beide emotionsgeladen als Duett.
Mehr Engel als Dämonen waren die beiden weiblichen Sängerinnen Monika Julia Dehnert und Maricel (Dehnert gab auch viele Ideen zum Script und zum Konzept dieses Konzerts). Beide sorgten für eher innige Momente, beispielsweise Dehnert mit „Da war einst ein Traum“ und „Wir alle sind Engel“ (Vom Geist der Weihnacht), letzteres gemeinsam mit Maricel. Von der verängstigten Studentin Uschi zum Vamp verwandelte sich Maricel bei Jekyll & Hydes „Schafft die Männer ran“, unterstützt vom Chor.
Nach der Pause verlieh „Da Capo“-Herausgeber Jörg Beese den Preis an die Macher des Musicals „Bonifatius, die vertreten waren durch Zeno Diegelmann (Buch), Dennis Martin (Musik, Liedtexte), Peter Scholz (Musikproduktion) und Michael Weiß (Produktionsleitung). Weiß dankte den Lesern, dem Da Capo Magazin und vor allen dem Bonifatius Ensemble und allen daran Beteiligten. Im Anschluss gab Überraschungsstar Stefan Poslovski (Bischof Gewilip im Musical Bonifatius) seinen heftigen Bischoffssong zur Einstimmung auf die neue Staffel in diesem Sommer.
Für das Finale wurde eigens ein neuer Song geschrieben („Von Engeln und Dämonen“), den alle vier Stars gleichberechtigt präsentierten. Die Zugabe, der Finaltanz aus Tanz der Vampire, wurde von Stefan Posovski und dem Chor gesungen, ergänzt durch ein hervorragend choreographiertes Tanzensemble. Hier wurde deutlich, dass Szenen wie diese ruhig auch im Konzert ihren Platz gehabt hätten.
Markus Gründig, Februar 06
Bernie Blanks Solo
Da brannte die Prärie: Country-Time mit der Dampflok
Der (Cowboy-)Hut steht ihm gut: Bernie Blanks mit rasantem Solo-Programm im Düsseldorfer Capitol-Club
Fällt der Name Bernie Blanks, denken die meisten in und außerhalb der Musical-Szene zunächst einmal an die kleine Dampflok „Rusty“ aus dem „Starlight Express“ – oder halt auch an „Tabaluga“, den kleinen grünen Drachen. Was freilich passiert, wenn der US-Amerikaner seine Rollschuhe gegen Westernstiefel eintauscht und sich anstelle seines Rennhelmes einen Cowboyhut aufzieht, das vermochten sich vor seinem Solo-Konzert am 23. September im „Club“ des Düsseldorfer Capitol-Theaters die Wenigsten vorzustellen. Wiederholt wird/wurde das Ganze am Freitag dieser Woche (30. September). Gleiche Welle, gleiche Stelle.
Vorab: Der smarte Künstler fackelte auf der Bühne ein wahres Feuerwerk ab und entfachte, im übertragenen Sinne, einen Prärie-Flächenbrand. Der vielseitige Entertainer entführte seine Gäste in ein „Another Country“, so der Titel der Show. In hiesigen Gefilden gehört Country-Musik ja eher zu den weniger bekannten Musikgenres. Viele bringen damit zumeist die „ollen Kamellen“ von Kenny Rogers oder John Denver in Verbindung, im schlimmeren Fall auch die des deutschen Barden Tom Astor. Der Rollschuh-Cowboy lehrte seine Zuhörer, wie waschechte Country-Musik auch klingen kann bzw. muß. Bernie Blanks in verwaschenen Jeans, ärmellosem Karo-Hemd, Westernstiefeln und Cowboy-Hut – wann bloß zieht der Mann den Colt oder schlurft cool zur Theke, um lässig einen Whiskey zu ordern?
With a little help from his friends
Unterstützung erfuhr der Virginia-Man nicht nur durch eine sechsköpfige und erstklassig aufgelegte Band (René Krüger, Keyboards; Deimos Virgillito, Akustische Gitarre; Mario Neuenkirchen, Gitarre; Ian Stewart, Bass; Kenny Stewart, Schlagzeug und Martin Hesselbach; Percussions), sondern auch durch Kollegen und Freunde aus dem Musicalzirkus: Clarissa Grace und Rachelle Walker vom „Starlight Express“ und David-Michael Johnson („We will rock you“) waren vokal und optisch als stimmgewaltiges Background-Chor-Trio zu Diensten.
Aufgewachsen in Virginia wurde Klein-Bernie schon von Kindesbeinen an mit Country-Musik berieselt und infiziert. „Ich bin mit dieser Musik groß geworden, und es war immer mein Traum, einmal mit einer Band und allem Drum und Dran auf der Bühne zu stehen und diese
Lieder zu singen“, verrät er. Und dass er mit vollem Einsatz, Herz und Seele hinter dieser Sache steht, wurde bereits in den ersten Minuten des Konzertes deutlich.
Auch wenn ihn die Band – dies gerade während der ersten beiden Lieder – etwas zu übertönen drohte, hier und da ein paar Rückkopplungen und das damit verbundene „Wummern“ aus den Lautsprechern den Hörgenuss trübten, „B.B.“ ist voll in seinem Element, ignoriert technische
Schwierigkeiten und macht einfach „sein Ding“.
Viele seiner Fans waren von Herrn „Tabaluga-Rusty“ bislang eher Balladen gewohnt, mussten sich aber, so sie den Weg in die Erkrather Straße nach Düsseldorf gefunden hatten, umbesinnen. Spätestens dann, als der Gastgeber mit seinem selbst komponierten Song „Little Bernie B.“ aufs Gas trat. Da kamen angesichts des extremen Tempos die Zuhörer ziemlich außer Puste.
Authentisch und kraftvoll
Kleine Erholungsphasen für das Auditorium gab es immer dann, wenn Bernie Blanks Anekdoten aus seinem Leben erzählte. Dies mit viel Witz und Charme – um dann galant die Kurve zur Überleitung auf den nächsten Song zu nehmen und zu kriegen. Auf die Mischung kommt’s halt an – und die stimmte. Den Crash-Kurs, wie sich authentische Country-Music anhören kann bzw. sollte, haben alle erfolgreich absolviert: die Besucher des Konzerts im Capitol-Club – und ihr „Dozent“ natürlich auch. Und ganz nebenbei erfuhren die Gäste interessante Details aus der Vita des Stars.
Country-Musik beinhaltet viele Facetten, wobei die Gefahr latent scheint, sie inhaltlich auf Begriffe wie Sehnsucht, Lagerfeuerromantik, Einsamkeit oder Außenseitertum zu reduzieren. Aber da steckt viel mehr drin – unbändige Lebensfreude beispielsweise, Spaß, Power, Dynamik. Lektion verstanden und gelernt. Der Wunsch nach mehr ist geweckt. Das schreit nach Wiederholung, über die beiden zunächst avisierten Termine hinaus. Eine solche wird es bei entsprechendem Zuspruch mit Sicherheit auch geben, versprach der Sänger. Sattelt die Hühner, ähm, pardon, die Pferde…..
Yvonne Rütting, September 05