Eine neue Theater-Ära für Kassel und weit darüber hinaus hat begonnen: Mit dem INTERIM haben Stadt Kassel, Land Hessen und das Staatstheater Kassel ein Opernhaus verwirklicht, das in seiner Wandelbarkeit Modellcharakter hat und neue, immersive Formen des Musiktheaters ermöglicht, wie sie in traditionellen Raumstrukturen kaum möglich wären.
Für mindestens sechs Jahre wird das in nachhaltiger Modulbauweise erbaute INTERIM während der Sanierung des Opernhauses am Friedrichplatz als Ersatzspielstätte vorrangig für das Musiktheater dienen, aber auch den anderen Sparten zur Verfügung stehen. Nach seiner Nutzung kann das Gebäude problemlos ab- und andernorts wieder aufgebaut werden.
Eröffnung nach nur anderthalb Jahren Bauzeit
Am Freitag, 31. Oktober, wurde der visionäre Theaterbau nach nur anderthalb Jahren Bauzeit mit einem Festakt von Kassels Oberbürgermeister Sven Schoeller, Hessens Kunst- und Wissenschaftsminister Timon Gremmels und Intendant Florian Lutz feierlich eröffnet. Die künstlerische Einweihung folgte mit Verdis „Aida“ in einer überraschungsreichen Inszenierung von Florian Lutz, in der die Möglichkeiten des neuen Theatergebäudes ausgelotet werden.
„Mit der Eröffnung des INTERIM verwirklicht sich nicht nur ein existenziell wichtiges Bauprojekt, auf das viele Kolleginnen und Kollegen seit Jahren hingearbeitet haben, sondern auch eine neue Vision von Theaterkunst und Bühnenbau“, so Intendant Florian Lutz bei der Eröffnung.
„Dafür sind wir allen Beteiligten zutiefst dankbar, den direkten Projektpartnern, den ausführenden Planern und den zahlreichen Baufirmen wie vor allem unseren Trägern, dem Land Hessen und der Stadt Kassel. Dass die Stadt unter der Federführung von Oberbürgermeister Dr. Schoeller diesen außerordentlichen Theaterbau in so kurzer Zeit erfolgreich auf den Weg gebracht hat, ist eine einzigartige kulturpolitische Leistung, von der die Theaterwelt sehr profitiert.“
Maximal wandelbar
In dem rechteckigen, 25×50 Meter messenden Theatersaal, der für bis zu 850 Zuschauer Platz bietet, ist die herkömmliche Trennung von Bühnen- und Zuschauerraum aufgehoben. Dank eines durchgängigen Bühnenbodens, einer Obermaschinerie mit 28 Zügen über der gesamten Fläche, einer vierstöckigen umlaufenden Galerie, flexibler Podesterien und eines abdeckbaren Orchestergrabens lässt sich das INTERIM ebenso als Arena oder Raumbühne bespielen wie als klassische Guckkasten-Bühne. Als weiteres Element kommt eine drehbare Schwerlasten-Scheibe hinzu, auf der auch eine Zuschauertribüne platziert werden kann.
Die Galerie lässt sich je nach Inszenierung für Zuschauer oder Spielfläche, für die Beleuchtung und als Projektionsfläche nutzen. Verwandlungen über der gesamten Fläche sind so ebenso möglich wie Kino auf Großleinwand und die Einbindung von Videos als künstlerischem Inszenierungsmittel.
Die einzigartige Konzeption verdankt sich der engen Zusammenarbeit von Künstler:innen – maßgeblich Florian Lutz und Hausszenograf Sebastian Hannak – mit den Architekten und Bauverantwortlichen.
Initiiert und verantwortet wurde der vom Land Hessen maßgeblich finanziell unterstütze Bau von der Stadt Kassel unter Federführung von Oberbürgermeister Sven Schoeller. Als Bauherrin fungiert die städtische Wohnungsbaugesellschaft GWG mit dem Generalübernehmer NÜSSLI.
Einweihung mit „Aida“: Musiktheater des Erlebnisses
Wie sich der neuartige Theaterraum für ein Musiktheater des Erlebnisses nutzen lässt, zeigte die Eröffnungspremiere mit Giuseppe Verdis monumentaler Oper „Aida“ – der ersten gemeinsamen Produktion von Kassels neue Generalmusikdirektor Ainārs Rubiķis und Intendant Florian Lutz. In seiner Inszenierung lässt Florian Lutz Besetzung und Publikum auf Kreuzfahrt gehen und überführt Verdis Imperialismus- und Kriegskritik in eine heutige europäische Parabel und ein humanistisches Plädoyer gegen völkisches Denken und Nationalismus, religiösen Fanatismus und Militarismus.
Dafür nutzt er mit seinem Team – darunter Hausszenograf Sebastian Hannak, der Videokünstler Konrad Kästner, Kostümbildnerin Mechthild Feuerstein und Chefdramaturg Kornelius Paede – den gesamten Raum zur Bespielung und für Projektionen, lässt einen Teil des Publikums auf „Adventureplätzen“ unmittelbar teilhaben am dramatischen Geschehen und schickt das Tribünen-Publikum am anderen Ende des Saals mit überraschenden Drehungen aufs Meer und ganz nah an Aida und Radamés in ihrer entscheidenden Szene.
Mit einer mehr als 200-köpfigen Besetzung mit Chor, Extrachor, Staatsorchester, den berühmten vier Fern-Trompeten und nicht zuletzt hochkarätigen Solist:innen wie Ilaria Alida Quilico als Aida, Gabriele Mangione als Radamés und Emanuela Pascu als Amneris erwies sich die „Aida“-Premiere zugleich als geglückte akustische Bewährungsprobe für das neue Haus.
Eine Besprechung folgt!
Nächste Vorstellungen von „Aida“: 9.11., 15.11., 22.11., 12.12, 17.12.
Weitere Produktionen im INTERIM in der Spielzeit 2025/26:
Als nächste Produktionen im INTERIM folgen:
- „Hänsel und Gretel“ von Engelbert Humperdinck
- Tanz-Doppelabend „tHE bAD“ / „Shuv“ von Hofesh Shechter und Eyal Dadon
- „Chaplin in Concert“ II und III
- „Die Fledermaus“ von Johann Strauss
- „Rave. Die Nacht von Freitag auf Montag“
- Tanz-Uraufführung “The Whole and its Parts” (UA) von Maria Campos und Guy Nader
- Musiktheater-Uraufführung „Zornfried“ von Philipp Krebs
- „Deutsche Symphonie“ als Musiktheater nach Hanns Eisler
Weitere Hintergründe zum INTERIM unter kassel.de und staatstheater-kassel.de
