Gefühlsvoller Liederabend mit Franz-Josef Selig an der Oper Frankfurt

Liederabend Franz-Josef Selig (Bass) und Gerold Huber (Klavier) ~ Oper Frankfurt, 16. Dezember 25 ~ Franz-Josef Selig ~ © Barbara Aumüller (szenenfoto.de)

Es gibt nur wenige Bässe, die eine so gehaltvolle Stimme haben wie Franz-Josef Selig. Er zählt international zu den renommiertesten Sängern seines Fachs. An der Oper Frankfurt war er schon vielfach zu Gast, zuletzt 2019 als Marchese / Padre Guardiano in Verdis „La forza del destino“. Im Mai 2014 gab er im Opernhaus einen Liederabend (Besprechung), nun konnte sich das Frankfurter Publikum erneut von seinen sängerischen Ausnahmequalitäten überzeugen. Damals, wie aktuell auch, begleitete ihn der Pianist Gerold Huber am Klavier.

Die vorgetragenen Lieder der Komponisten Wolf, Stephan, Strauss und Schostakowitsch behandelten existentielle Themen. So ging es weniger um klassische Liebesthemen, als um Grenzerfahrungen und um den Tod. Selig eröffnete den Abend besonnen mit Hugo Wolfs tief ernstem „Grenzen der Menschlichkeit“ und bot damit gleich einen der eindrucksstärksten Vorträge des Abends. Das sehr langsame Lied erfordert viel Sicherheit, denn jede einzelne Note ist hier zu hören und Abweichungen wären es ebenso. Selig verdeutlichte schon hier seinen großen Stimmumfang: Er reicht von einer schier bodenlosen Tiefe über lyrische Töne bis zu warmtönender Höhe. Die unterschiedlichen Lagen verdeutlichten bei diesem Lied den geerdeten Menschen (Tiefe) und das Göttliche (Höhe). Vorbildlich ist zudem nach wie vor seine Textverständlichkeit.

Eine Rarität bildeten zwei Lieder von Rudi Stephan, dessen Oper „Die ersten Menschen“ jüngst ihre zweite Wiederaufnahmeserie an der Oper Frankfurt hatte. Mit Vehemenz präsentierte Selig die Warnung, dem Ende des Lebens bewusst ins Auge zu schauen („Am Abend“).

Aus dem Block von Richard Strauss gefiel besonders das innig vorgetragene „Im Spätboot“. Bei den drei Liedern dieser Gruppe machte Selig seinem Namen alle Ehre, so besänftigend wirkte sein Vortrag.

Liederabend Franz-Josef Selig (Bass) und Gerold Huber (Klavier)
Oper Frankfurt, 16. Dezember 25
Gerold Huber, Franz-Josef Selig
© Barbara Aumüller ~ szenenfoto.de

Im Programmteil nach der Pause folgten Lieder aus Schostakowitschs selten zu hörender „Suite auf Verse von Michelangelo Buonarroti“ (op. 145). Der Maler, Bildhauer, Baumeister und Dichter ist in erster Linie unter seinem Vornamen bekannt. Der aus elf Liedern bestehende Zyklus bildete einen stimmungsvollen Kontrast zum ersten Programmteil. Mit diesem Zyklus würdigte Schostakowitsch seine musikalischen Vorbilder Mussorgski und Mahler. So gibt es Anklänge an Mussorgskis Oper „Boris Godunow“ (Szene mit dem Mönch Pimen und Boris´ Sterbeszene) und stark melancholische Stimmungen wie bei Mahler. Inhaltlich kreisen sie um das Leben und Werk des Künstlers.

Gleich der Beginn imponierte mit dem aufrüttelnden Lied „Wahrheit“. Den Zyklus gestaltete Selig mit individueller Note (herausragend auch das leidenschaftliche „Zorn“). Das Schlusslied „Abschied“ beinhaltet Auszüge eines Klavierstücks, das Schostakowitsch als Kind komponierte, womit sich der Kreis des Lebens sanft schloss.

Auch Pianist Gerold Huber war schon mehrfach zu Gast an der Oper Frankfurt (u. a. bei Christian Gerhaher und zuletzt im Mai an der Seite von Bass Georg Zeppenfeld (Besprechung).
Dabei zeigte sich Huber als weit mehr als purer Begleiter. Bei Liedern wie Schostakowitschs „Schaffen“ tritt das Klavier aus seiner Rolle als Begleitung heraus und erhebt sich zu einer eigenen klanggewaltigen Stimme (von Huber markant gespielt).

Am Ende intensiver Beifall und zum Dank eine Zugabe.

Markus Gründig, Dezember 25


Die Zugabe:

Hugo Wolf (1860-1903): „Frage nicht“ (Komposition 1879 / Erstveröffentlichung 1936)


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