

Der italienische Tenor Francesco Meli ist international einer der gefragtesten Sänger seiner Generation. Über 50 Partien hat er sich inzwischen erarbeitet. Er „gehört zu den Sängern, um die man sich auch im Fall kniffligster Partien nicht sorgen muss“(Markus Thiel, Das Theatermagazin). Daneben ist er auch als Liedsänger aktiv. Davon konnte man sich jetzt bei einem Liederabend an der Oper Frankfurt überzeugen.
Als Vollblut-Italiener gehört für ihn Gesang seit Kindestagen zum Leben dazu. Er verfügt über eine überdurchschnittlich kräftige Stimme. Mit seinem tenoralen Schmelz und schier unendlicher Strahlkraft gibt er einen Paradetenor, dem die Zuhörer:innen nur zu gerne zu Füßen liegen. So, als würde er stets das nächste hohe „C“ erreichen wollen.
Mit klassischem deutschen Kunstliedgesang und seiner melancholischen Innigkeit hatte sein Liederabend natürlich wenig gemein. Ein expressiver Vortragsstil prägte den Abend, das Lied als Mittel, Herzen zu erobern. Eine Pause gab es an diesem Abend nicht, dafür zwei anspruchsvolle Klaviersoli von Davide Cavalli (Liszts rund zehnminütiges, schwer zu spielendes Les funérailles aus Harmonies poétiques et religieuses und Johannes Brahms Intermezzo op. 118 Nr. 2 in A-Dur).

Oper Frankfurt, 8. April 25
Davide Cavalli, Francesco Meli
Barbara Aumüller (szenenfoto.de)
Francesco Meli präsentierte jeweils drei Lieder von vier verschiedenen Komponisten. Vom österreichisch-ungarischen Franz Liszt, dem britischen Benjamin Britten und den Italienern Ottorino Respighi und Francesco Paolo. Allesamt in italienischer Sprache. Trotz unterschiedlicher Entstehungszeit und Stile wirkten sie bei Melis Vortrag einheitlich (und gerade Liszt und Britten anders als gewohnt).
Der Abend begann mit Liszts rund zwanzigminütigen Tri Sonetti di Petrarca, Vertonungen des italienischen Dichters Francesco Petrarca (1304 – 1374). Hierbei wählte Meli das pathetisch leidenschaftlich zweite Stück „Pace non trovo“ („Fried´ ist mir versagt“) als erstes und setzte damit gleich zu Beginn ein starkes Ausrufezeichen.
Von der Romantik ging es ins 20. Jahrhundert, zu drei Liedern von Ottorino Respighi (er war u. a Schüler von Nikolai Rimski-Korsakow und Max Bruch). Die zwischenzeitlichen radikalen Veränderungen in der Musik fanden bei ihm mit zarten impressionistischen Färbungen in der Begleitung dezent Einklang, ohne dass der Gesangstimme an Melos und Ausdruck genommen wurde.
Benjamin Britten komponierte den Zyklus Seven Sonnets of Michelangelo für seinen Lebenspartner, den Tenor Peter Pears. In Francesco Melis Interpretation wirkten die daraus ausgewählten drei Lieder weniger schwermütig als sonst üblich.
Zum Abschluss folgte die Sammlung Quattro canzoni d’Amaranta von Francesco Paolo Tosti (auf Texte von Gabriele D´Annunzio). Immer wieder überraschte Meli aber auch mit seiner stimmlichen Vielseitigkeit, seinen Klangfarben, lyrischen Verzierungen und innigen Momenten der Verzückung.
So lebhaft und aufblühend wie Francesco Meli sich präsentierte, umso gewissenhafter begleitete ihn mit in sich ruhender Kraft Davide Cavalli virtuos am Klavier.
Eine andere Prägung folgte nach dem offiziellen Programmteil, der mit intensiven Beifallsbekundungen bedacht wurde. Die vier Zugaben sang Meli frei (ohne ausliegende Noten) und deutlich gelöster. Hierbei besonders herausragend die Arie „Una furtiva lagrima“ aus Donizettis Oper L’elisir d’amore.
Markus Gründig, April 25
Die Zugaben:
Francesco Paolo Tosti (1846-1916): „‘A vucchella“ (1916)
Gaetano Donizetti (1797-1848): „Una furtiva lagrima“ aus L’elisir d’amore (1832)
Ruggero Leoncavallo (1857-1919): „Mattinata“ (1904)
Claudio Villa (1926-1987): „Serenata sincera“ (1950?)