
Kaum sind die letzten Takte des Schlusslieds „You Can’t Stop the Beat“ verklungen, setzt ein kräftiger Applaus ein und es dauert nur wenige Sekunden, bis das Publikum im Großen Haus des Staatstheaters Darmstadt stehende Ovationen bekundet. Keine Frage, das Haus setzt mit Hairspray seine erfolgreiche Musicaltradition konsequent fort. Hierfür wurde eine Produktion der Oper Bonn aus dem Jahr 2024 übernommen.
Mit seinem Eintreten für Toleranz und seinem Plädoyer gegen Bodyshaming behandelt das Musical zeitlose Themen. Dazu sorgt die eingängige Musik von Marc Shaiman dafür, dass kein Fuß ruhig bleibt und bei vielen Songs mitgeklatscht werden kann. Es ist eine Feel-Good-Show par excellence.
Entstanden ist das Musical nach dem gleichnamigen Film von John Waters aus dem Jahr 1988. Für Regisseur Erik Petersen ist Waters so etwas wie die amerikanische Version von Rosa von Praunheim (ein provokanter Aktivist, nicht zuletzt für die Emanzipation sexueller Minderheiten eintretend). Die Musicalversion feierte 2002 Premiere am Broadway und wurde im Jahr darauf mit acht Tony-Awards ausgezeichnet. Eine hochkarätig besetzte Filmversion, u. a. mit John Travolta, Michelle Pfeiffer und Christopher Walken, erschien 2007. Nach seiner deutschsprachigen Erstaufführung am schweizerischen Stadttheater St. Gallen (2008) war es ab 2009 im Kölner Musical Dome zu sehen.

Staatstheater Darmstadt
Tracy (Antonia Tröstl)
© Nils Heck
Hairspray erzählt die Geschichte der jungen, pummeligen Edna Turnblad mit ihrer Begeisterung für das Tanzen. Es spielt 1962 in der US-amerikanischen Hafenstadt Baltimore (Bundesstaat Maryland). Die damals noch geltenden Rassentrennungsgesetze verhinderten, dass Weiße und Farbige in der Öffentlichkeit zusammen tanzen konnten, schon gar nicht im Fernsehen (das damals noch Schwarz-Weiß war).

Staatstheater Darmstadt
Brenda (Samantha Senn), IQ (Iman Khaleghi), Tammy (Larissa Winkel), Corny (Tobias Brönner), Shelly (Schirin Zarre), Link (Daniel Johnson), Sketch (Pascal Schürken), Amber (Sarah Steinemer), Lou (Annika Netthorn), Fender (Riccardo Pastore)
© Nils Heck
Die Bühne von Dirk Hofacker zeigt ein fiktives Einkaufszentrum, mit Friseurladen, Burgerbar und Waschsalon. Für Szenen im Gefängnis, Plattenladen und Fernsehstudio werden Kulissen eingeschoben. Der Geist der damaligen Zeit spiegelt sich auch in den farbenfrohen Kostümen (auch Dirk Hofacker). Das in verkleinerter Besetzung unter der Leitung von Luis Richter mitreißend spielende Staatsorchester Darmstadt ist leicht verdeckt im hinteren Bühnenbereich positioniert. Die Bühne selbst reicht dafür nah an die Zuschauerreihen heran.
Hairspray ist ein Musical mit überdurchschnittlich vielen Tanzszenen. Bei den knapp 15 Tanznummern zeigen die Tänzer:innen ausgefallene Figuren mit artistischen Einlagen (Choreografie: Sabine Arthold). Dabei wird auch die große Vielfalt der musikalischen Stile deutlich (wie Rock’n Roll, Rumba, Swing, R & B).

Staatstheater Darmstadt
Stooie (Juan David Mendez), Peaches (Lara de Toscano), Cindy (Clarissa Anyamele), Seaweed (Maickel Leijenhorst), Motormouth Maybelle (Monica Lewis-Schmidt), Pearl (Coreena Brown), Duane (Ngaku Keuni), Wilber (Volker Metzger)
© Nils Heck
Die groß besetzte Produktion schafft es, den Geist der frühen 1960er Jahre mit ihrer Aufbruchstimmung gut widerzuspiegeln. Für einen Bezug zur Gegenwart sorgen nicht zuletzt die mitunter derben Sprüche. Ein Teil der Sänger:innen war bereits bei der Bonner Produktion beteiligt. Wie Antonia Tröstl als optimistische Tracy Turnblad. Sie hat eine immense Präsenz und eine klangschöne Stimme. Die Rolle der Mutter Edna wird traditionell von einem Mann gegeben. Hier ist es Dirk Weiler (alternierend mit Enrico De Pieri). Weiler ist im Rhein-Main-Gebiet kein Unbekannter, spielte er hier doch schon bereits in Follies (Wiesbaden) und in The Producers (Mainz) mit. Seine Edna verkörpert er mit viel Hingabe, Würde und Witz.

Staatstheater Darmstadt
Fender (Riccardo Pastore), Sketch (Pascal Schürken), Velma (Kerstin Ibald), IQ (Iman Khaleghi), Brad (Achim Himmelbauer), Penny (Mirjam Wershofen), Tracy (Antonia Tröstl)
© Nils Heck
Köstlich ist Kerstin Ibald als korrupte Produzentin Velma van Tussle. Deren Tochter Amber van Tussle kann Sarah Steinemer vor allem zum Ende hin groß herausbringen.
Monica Lewis-Schmidt begeistert mit ihrer Soulstimme als Motormouth Maybelle. Den sich vom oberflächlichen Emporkömmling zum Mann mit Haltung wandelnden Link Larkin gibt mit viel Leidenschaft Daniel Johnson. Den Besitzer eines Scherzartikelladens und Vater von Tracy, Wilber Turnblad, gibt Volker Metzger mit viel Spielfreude. Viel Erfahrung mit starker Bühnenpräsenz und tänzerischem Können zeigt Maickel Leijenhorst als Motormouth Maybelles Sohn Seaweed J. Stubbs. Als seine Flamme Penny Pingleton betört Mirjam Wershofen.
Viele der bisher angesetzten Vorstellungen sind schon jetzt nahezu ausverkauft. Also schnell noch ein Ticket sichern.
Markus Gründig, Oktober 25
Hairspray
Buch: Mark O’Donnell &Thomas Meehan (Basierend auf dem New Line Cinema Film, Drehbuch & Regie von John Waters)
Musik: Marc Shaiman
Liedtexte: Scott Wittman & Marc Shaiman
Broadway-Premiere: 15. August 2002 (Neil Simon Theatre; Spielzeit bis 4. Januar 2009)
Deutschsprachige Erstaufführung: 15. April 2008 (St. Gallen, Theater St. Gallen)
Deutsche Erstaufführung: 6. Dezember 2009 (Köln, Musical Dome)
Deutsche Fassung: Jörn Ingwersen (Dialoge) & Heiko Wohlgemuth (Songs)
Premiere am Staatstheater Darmstadt: 25. Oktober 25 (Großes Haus)
(Übernahme einer Produktion des Theater Bonn)
Musikalische Leitung: Luis Richter
Regie: Erik Petersen
Bühne und Kostüme: Dirk Hofacker
Choreografie: Sabine Arthold
Programmheft: Stefan Czura
Besetzung:
Tracy Turnblad: Antonia Tröstl
Edna Turnblad: Dirk Weiler / Enrico De Pieri
Wilber Turnblad: Volker Metzger
Motormouth Maybelle: Monica Lewis-Schmidt
Seaweed J. Stubbs, ihr Sohn: Maickel Leijenhorst
Corny Collins/Mister Pinky/Wärter/Nachrichtensprecher: Tobias Brönner
Link Larkin: Daniel Johnson
Velma van Tussle: Kerstin Ibald / Maaike Schuurmans
Amber van Tussle, ihre Tochter: Sarah Steinemer
Penny Pingleton, Tracys Freundin: Mirjam Wershofen
Prudy Pingleton/Gefängniswärterin/Sportlehrerin: Sonja Bühling
Mr. Spritzer: Jörg Friedrich (Fiete) Schmidt
Cindy Watkins, Dynamite / Inez, Maybelles Tochter: Clarissa Anyamele / Aminata Ndaw
Peaches, Dynamite: Lara de Toscano
Pearl, Dynamite: Coreena Brown
Duane: Ngako Keuni
Gilbert: Amadin Piatello
Stooie: Juan David Mendez
Shelly + Dance Cpt.: Schirin Zarre
Tammy: Larissa Winkel
Lou Ann: Annika Netthorn
Sketch: Adreian Infeld / Pascal Schürken
Brad: Achm Himmelbauer / Adreian Infeld
Fender: Ricardo Pastore / Liam Tiesteel
Brenda: Samantha Senn
IQ: Iman Khaleghi
Jugendchor des Staatstheaters Darmstadt
Statisterie
Staatsorchester Darmstadt
staatstheater-darmstadt.de
