

Über zehn Jahre ist es her, dass der argentinische Tenor Francisco Brito Stipendiat des Frankfurter Opernstudios war. Nun ist er für einen Liederabend im Holzfoyer zurückgekommen. Und der lief gewissermaßen außerhalb der Konkurrenz. Denn er präsentierte kein klassisches (deutsches) Kunstliedprogramm mit Klavierbegleitung. Mit dem ebenfalls aus Argentinien stammenden Javier Cuenca an der Gitarre, erklang Musik aus ihrer gemeinsamen Heimat.
Die Musik Argentiniens hat verschiedene Prägungen. Sie stammt von den Ureinwohnern (wie den Mapuche oder der Kolla), der Hochlandindianer oder der Toba. Ab dem 19. Jahrhundert verstärkte sich ein europäischer Einfluss in der Folklore und der Kunstmusik. Der bekannteste Musikstil Argentiniens ist zweifelsohne der Tango. Der spielte bei dem Liederabend freilich keine Rolle. Dafür umso mehr Lieder der Folklore, die von argentinischen Komponisten wie Gustavo Leguizamón bearbeitet wurden und um das Genre der Serenade kreisen.
Mit „innigem und sentimentalem Ausdruck und schönem tenoralen Schmelz“ überzeugte Francisco Brito bereits bei einer Soiree des Opernstudios im Juni 2013. Das hat sich bis heute nicht geändert.
Statt Verdi erklangen jetzt Lieder, mit denen wahrscheinlich nur die anwesenden argentinischen Freunde und Fans vertraut waren. Doch egal ob vertraut oder neu. Seine ansteckende Leidenschaft und Verzauberung für das argentinische Lied prägte den Abend. Es war eine hochemotionale Reise durch die argentinische Musik vergangener Epochen. Die stimmungsvollen Lieder von Banegas, Cabeza, Carrizo, Chazarreta, Cuenca, Dávalos, Echenique, Falú, Leguizamón, Lima Quintana, Hermanos Núñez, Ramírez u.a. handelten von Geschichten über Liebe, Leidenschaft und Melancholie.
Javier Cuenca und Francisco Brito kennen sich aus Frankfurt/M. Cuenca absolvierte an der HfMDK Frankfurt sein Gitarrenstudium. Beide stammen aus der im bergigen Nordwesten gelegenen argentinischen Salta. Ihre Verbundenheit spiegelte sich in einer harmonischen Darbietung. Cuenca begleitete mit viel Gefühl, sich selbst ganz in den Dienst Britos stellend. Dieser ergänzte die lyrischen Klangeindrücke bei fast jedem Lied zusätzlich mit einem dezenten Spiel auf einer Trommel. Vor allem mit einer traditionellen Caja. Das ist eine Trommel, die ursprünglich eine militärische Funktion hatte und nicht als Musikinstrument konzipiert war. Sein Exemplar trug als Hommage den Namenszug seiner Tochter (Elena). Ihr war dann auch das sanfte „Tristeza“ („Traurigkeit“) der Brüder Núñez gewidmet.
Mit kurzen Erläuterungen auf Englisch richteten sich beide an das zahlreich erschienene Publikum. Damit sich das Publikum ganz auf den Gesang, die Musik einstellen konnte, sang Brito Mariana Carrizos „Coplas de la Tierra“ („Gesang von der Erde“) aus dem Off.
Am Ende der gut einstündigen musikalischen Reise führte Brito mit Gutavo Leguizamóns „Zamba del laurel“ („Zamba vom Lorbeer“ und Eduardo Falús „La Huarmillita“ („Die Herzallerliebste“) auch die ungebrochene tenorale Strahlkraft seiner Stimme vor. Trumpf des Abends war jedoch seine hingebungsvolle, oftmals mit großer Zurückhaltung dargebotene Vortragsweise. „Eine spannende Entdeckungsreise auf einen Kontinent, dessen Musik bei uns viel zu wenig bekannt ist!“ (Dramaturg Konrad Kuhn zum Programm)
Am Ende intensiver Schlussapplaus für die bezaubernden Klangeindrücke und zwei Zugaben.
Ein Großteil der dargebotenen Lieder ist auch auf Francisco Brito CD Hualicho („verzaubert“) zu finden.
Markus Gründig, Januar 25