

Sie zählen zu den großen Autoren:innen der deutschsprachigen Literatur: Ingeborg Bachmann (1926 – 1973) und Max Frisch (1911 – 1991). Bachmann war außergewöhnlich vielseitig. Dabei weist ihr breit gefächertes Œuvre weit über Lyrik und Prosa hinaus. Ihre Geburtsstadt Klagenfurt stiftete 1976 den Ingeborg-Bachmann-Preis, der seit 1977 jährlich während der mehrtägigen Tage der deutschsprachigen Literatur verliehen wird. Er gilt als eine der wichtigsten literarischen Auszeichnungen im deutschen Sprachraum. Frischs umfangreiches erzählerisches (wie Stiller, Homo faber und Mein Name sei Gantenbein) und dramatisches Werk (wie Biedermann und die Brandstifter oder Andorra) sprechen noch heute ein breites Publikum an. Frisch prägte die Entwicklung des deutschsprachigen Romans zu seiner Zeit. Er gilt als der meistgelesene Schriftsteller der Schweiz.
Beide verband nicht nur die Liebe zur Literatur, sondern auch eine ganz persönliche zueinander. Anfang der 1960er Jahre waren sie für vier Jahre ein Paar, ein außergewöhnliches, oftmals in weiter Distanz zueinander. Zudem standen die beiden starken Persönlichkeiten im Fokus der Öffentlichkeit. Anders als heute war die Kommunikation vor 50 Jahren eingeschränkter. Und so führten die beiden einen intensiven Schriftwechsel (davon sind rund 300 Schriftstücke überliefert). Dieser sollte eigentlich nie öffentlich gemacht werden. Doch 2022 war es so weit, er wurde publiziert. Das zusätzlich mit Briefen von Verwandten, Freunden und Bekannten und einem Kommentar (vonseiten der Bachmann- wie der Frisch-Forschung) versehene Buch „Wir haben es nicht gut gemacht“ umfasst über 1000 Seiten. Es erschien bei den Verlagen Piper und Suhrkamp (gefördert vom Bundeskanzleramt der Republik Österreich).

Schauspiel Frankfurt
Manja Kuhl und Sebastian Kuschmann
Foto: Felix Grünschloss
Die Regisseurin Susanne Frieling hat sich für das Schauspiel Frankfurt der Aufgabe gestellt, daraus eine Bühnenfassung zu erstellen. Diese wurde jetzt erfolgreich in den Kammerspielen uraufgeführt. Das gut 90-minütige Stück vermittelt einen packenden Eindruck von der Beziehung zwischen den beiden. Diese war teilweise so, wie überall: Die Frau versteht nicht immer den Mann, der Mann nicht immer die Frau. Hinzu kommt bei den beiden das Problem, dass sie oftmals entfernt voneinander leben und arbeiten. Und das Zusammenleben ist dann auch nicht frei voneinander nicht verstehen bis hin zu Konflikten. Hinzu kommt auch noch eine gewisse latente Rivalität in beruflicher Hinsicht.
Susanne Frieling zeigt das Beziehungsdrama als Rückblick, also wie es zum Beziehungsende gekommen ist. Dies mit viel Feingefühl. Der Bühnenraum von Devin McDonough bietet dafür zwei unterschiedliche Bereiche. Im Vordergrund ein leerer Außenbereich, der zunächst nach hinten verschlossen ist. Schon bald wird dieser geöffnet und dahinter zeigt sich das Wohnzimmer der gemeinsamen Wohnung. Zwei Schreibtische, viele Bücher und ein Schachspiel (was sie tatsächlich spielten). Umzugskartons deuten ihre Ruhelosigkeit an.

Schauspiel Frankfurt
Manja Kuhl und Sebastian Kuschmann
Foto: Felix Grünschloss
Gesprochen werden die mit hohem literarischen Gehalt verfassten Briefe. Nicht als simple aneinandergereihte Narration, sondern nahezu wie Dialoge. Eine gelungene und großartige Kombination von Literatur und Drama. Sie weckt Lust, mehr von Bachmann & Frisch zu lesen.
Manja Kuhl als Ingeborg Bachmann und Sebastian Kuschmann als Max Frisch vermitteln die beiden eindringlich. Der 15 Jahre ältere Frisch ist souveräner als die damals Mittdreißigerin Ingeborg. Die trotz ihres Erfolgs und ihrer Popularität letztlich gebrochen und verletzlich ist. Manja Kuhl gibt sie sehr einnehmend, zunächst stark und in Pumps, dann zunehmend fragil und barfüßig. Sie wechselt häufiger die Kleidung (Kostüme: Anna Sünkel) und kommt optisch mitunter der Bachmann nah. Frisch ist hier ohne Hornbrille, dafür hat er lange Haare. Sebastian Kuschmann gibt ihn mit viel Empathie und zeigt ihn abseits des lang vorherrschenden Bilds eines despotischen und eigennützigen Mannes. Sein Resümee zum Ende ihrer Beziehung: „Wir haben es nicht gut gemacht“.
Lang anhaltender Applaus.
Markus Gründig, Januar 25
Wir haben es nicht gut gemacht
Nach dem Briefwechsel von Ingeborg Bachmann (1926 – 1973) und Max Frisch (1911 – 1991) in einer Bühnenfassung von Susanne Frieling
Premiere / Uraufführung am Schauspiel Frankfurt: Freitag, 17. Januar 25 (Kammerspiele)
Regie: Susanne Frieling
Bühne: Devin McDonough
Kostüme: Anna Sünkel
Musik & Video: Max Windisch-Spoerk
Dramaturgie: Katrin Spira
Licht: Tobias Lauber
Mit: Manja Kuhl und Sebastian Kuschmann
schauspielfrankfurt.de