Burgfestspiele Bad Vilbel zeigen erstmals »Shakespeare in Love«

Burgfestspiele Bad Vilbel ~ Die Wasserburg (© Eugen Sommer)
kulturfreak Bewertung: 4 von 5

Der 1998 heraus gekommene Film Shakespeare in Love (Drehbuch von Marc Norman / Tom Stoppard) wurde vielfach ausgezeichnet. Unter den vielen Preisen zählen die sieben Oscars (1999), darunter als „Bester Film“, zu den wichtigsten, beschleunigten sie doch seine weltweite Popularität. Im Juli 2014 wurde die Bühnenfassung von Lee Hall, Marc Norman und Tom Stoppard im Noël Coward Theatre in London uraufgeführt, im September 2017 fand die deutschsprachige Erstaufführung am Wiener Theater in der Josefstadt statt. Mit viel Pathos wird in diesem Stück, unter Bezugnahme auf die Biografie des Jungautors Shakespeare, die Entstehungsgeschichte eines der erfolgreichsten Stücke erzählt, die von Romeo und Julia. Dabei sind Fiktion und Wirklichkeit eng ineinander verwoben. Das Schöne daran ist, dass die Welt hinter den Kulissen des Theaterbetriebes mit viel Charme und bissiger Ironie vorgeführt wird, auch eine große Liebesgeschichte fehlt nicht.

In der Inszenierung von Milena Paulovics, Burg, erfahren durch Die Nibelungen (2018) und Wie im Himmel (2017), entwickelt sich die Geschichte zu einem großen Publikumsspaß, mit etlichen Gelegenheiten zum herzhaften Lachen und Mitfiebern. Mit viel Holz auf der Einheitsbühne (Boden, Wände und große Zahnräder) wird zwar nicht Shakespeares Globe Theater abgebildet, aber ein schöne warme Theateratmosphäre imaginiert, schließlich geht es in dem Stück auch um den, wirtschaftlich hart umkämpften, Theaterbetrieb (Bühne: Pascale Arndtz). Die historisierenden Kostüme von Marion Hauer erfreuen die Augen, allen voran das prächtige Reifkleid für die englische Königin (galant: Anette Daugardt; auch laszive Anne). Für Auflockerung sorgen nicht nur kurze musikalische Einspielungen, sondern auch mehrere Gesangseinlagen der Darsteller.

Gespielt wird mit einem großen Ensemble. In der Rolle des Will Shakespeare ist Bert Tischendorf zu erleben. Er war während der Intendanz von Dr. Elisabeth Schweeger Ensemblemitglied am Schauspiel Frankfurt und ist noch in guter Erinnerung (wie mit Abalone, alone in Bangkok, For Sale oder Was ihr wollt). Im Vergleich zu damals hat er stark an schauspielerischem Können zugelegt, er gibt dem Will großes Format, ohne ihn zu sehr zu idealisieren.
Nele Sommer ist eine fantastisch zwischen eleganter Lady Viola de Lesseps und spiel- und textsicherem Thomas Kent wechselnde Akteurin. Beide zeigen gut die Zerrissenheit ihrer Figuren. Kraftstrotzend und unnachgiebig ist der verarmte und auf die Hochzeit mit Viola angewiesene Lord Wessex des Martin Bringmann. Britta Hübel strahlt als Amme viel Güte aus (auch Molly). Harald Schwaiger gibt den strengen Sittenwächter Sir Robert de Lesseps (auch Tilney und Adam), Peter Albers den felsenfest vom Mysterium, dass im Theaterbetrieb am Ende alles gut geht überzeugten Philipp Henslowe. Tatendrang versprüht Sebastian Zumpe als eigentlicher Dichtkönig Christopher Marlowe (auch Nol). Vom erbittert um seine Rechte kämpfenden, sich aber schließlich gutherzig und als von der Gemeinschaft der Theaterleute Überzeugter zeigend: der Richard Burbage des elanvollen Matthias Eberle (auch Bootsmann). Knallharter Geschäftsmann und sich zum Schauspieler mit blauer Kappe wandelnder Apotheker-Schauspieler Hugh Fennyman: Andreas Krämer. In weiteren Rollen dabei: Steffen Weixler ( Ned Alleyn/Frees), Niklas Schmidt (Webster/Lambert/Catling), Mario Neumann (der für Frauenrollen zuständige Sam/Robin), Tobias Gondolf (Wabash) und Statisten.

Sehr viel Applaus für einen schwungvollen Theaterabend.

Markus Gründig, Juni 19


Shakespeare in Love
Nach dem Drehbuch von M. Norman und T. Stoppard
Bühnenfassung: L. Hall

Uraufführung: 23. Juli 2014 (London, Noël Coward Theatre)
Deutschsprachige Erstaufführung: 7. September 2017 (Wien, Theater in der Josefstadt)
Übersetzer: Corinna Brocher

Premiere bei den Burgfestspielen Bad Vilbel: 21. Juni 19

Regie: Milena Paulovics
Bühne: Pascale Arndtz
Kostüme: Marion Hauer
Musikalische Leitung: Jonathan Granzow
Bühnenkampf: Annette Bauer
Produktionsdramaturgie: Ruth Schröfel

Besetzung:

Will Shakespeare: Bert Tischendorf
Viola de Lesseps: Nele Sommer
Amme/Molly: Britta Hübel
Robert de Lesseps/Tilney/Adam: Harald Schwaiger
Lord Wessex/Scherge: Martin Bringmann
Königin Elizabeth/Kate: Anette Daugardt
Christopher Marlowe/Nol: Sebastian Zumpe
Philipp Henslowe: Peter Albers
Richard Burbage/Bootsmann: Matthias Eberle
Hugh Fennyman: Andreas Krämer
Ned Alleyn/Frees: Steffen Weixler
Webster/Lambert/Catling: Niklas Schmidt
Sam/Robin: Mario Neumann
Wabash: Tobias Gondolf
Statisterie Frauen und Männer am Hof/Frauen und Männer aus dem Volk:
Sabine Büttner, Jason Cosetta, Dieter Hombach, Ingrid Funk, Eva Grund

kultur-bad-vilbel.de