Am heutigen Montagnachmittag stellte Intendant Michael Hofstetter das Programm der Gluck Festspiele 2026 vor:
Gluck Festspiele 2026: Die Entdeckung der Psyche auf der Opernbühne
»Die Gluck Festspiele sind kein reines Wohlfühlfestival – es geht um etwas viel Tieferes, das es im Œuvre von Gluck zu entdecken gibt«, sagt Intendant Michael Hofstetter. »Es geht um einen bis dahin nicht dagewesenen stringenten Blick in den Seinsgrund der menschlichen Psyche – um genau das, was Carl Gustav Jung viel später in wissenschaftlicher Form präsentiert.«
Als führender progressiver Kopf im Sinne der Aufklärung und Persönlichkeit von internationalem Format erschuf Gluck einen immensen emotional-musikalischen Ausdruckskosmos. Er setzte sich vehement dafür ein, dass die Oper nicht nur ein Spektakel für Augen und Ohren war, sondern eine Bedeutungstiefe bekam, die sich mit wesentlichen Seins-Themen beschäftigt.

(© GGM / ATTIMIRUBATI)
Iphigenie in Aulis
Das Opern-Programm der Gluck Festspiele startet am 8. Mai 2026 zur Eröffnung im vollständig erneuerten Bayreuther Friedrichsforum mit Richard Wagners Bearbeitung von Glucks «Iphigenie in Aulis». Die Produktion hat Seltenheitswert: Nur eingefleischte Wagner-Fans wissen um die Existenz des Stücks, haben es aber in den wenigsten Fällen schon auf der Bühne gesehen. So wird die konzertante Aufführung mit Bo Skovhus und Francesca Lombardi Mazzulli in den Titelpartien ein zweites Mal am 12. August im Rahmen des 150-jährigen Bayreuther Festspieljubiläums zu sehen sein.
Wie kein anderer Komponist des 18. Jahrhunderts hat Gluck die geistige Welt der Romantik und damit die großen mythologischen Erzählungen Richard Wagners vorbereitet. Die Verbindung zwischen beiden Komponisten ist in der Opernwelt einzigartig: Wagner verehrte Gluck und erwies ihm mit seiner Neuorchestrierung und deutschen Übersetzung der «Iphigenie in Aulis» seine Reverenz, wobei er eine musikalische Brücke zwischen der Opernästhetik des 18. und der 19. Jahrhunderts schlug.

(© Olivier Allard)
Paride ed Elena
Einen Kontrast, da noch ganz der barocken Tradition verpflichtet, gibt es am 9. Mai als zweite Premiere der Gluck Festspiele im Markgräflichen Opernhaus Bayreuth (und am 10.5. in Fürth) mit «Paride ed Elena», hochkarätig besetzt mit dem männlichen Sopran Samuel Mariño als Paride und der Akademie für Alte Musik Berlin. 1770 dirigierte Gluck die Uraufführung in Wien und hatte die Partie des Paride seinem Lieblingskastraten Giuseppe Milico auf den Leib komponiert. Erstmals seither wird die Rolle bei den Gluck Festspielen 2026 mit Samuel Mariño nun wieder von einem Mann gesungen. Roberta Mameli vervollständigt in der Partie der Elena die Starbesetzung. Mit dieser Produktion wird übrigens auch am 7. Mai 2026 das Mozartfest Augsburg eröffnet.
Orpheus
Als dritte eigene Opern-Produktion der Festspiele führt eine «Orpheus»-Fassung den Zyklus um Glucks zentrale Operngestalt weiter: Zur Aufführung kommt Hector Berlioz‘ Fassung, der in der deutschen Übersetzung von Alfred Dörffel die drei Gluck‘schen Orpheus-Opern zusammentrug. Das verdeutlicht, wie stark Glucks Oper das Verständnis von Musiktheater im 19. Jahrhundert prägte und für Komponisten wie Berlioz eine Inspirationsquelle darstellte.
Die Produktion ist am 17. Mai im Historischen Rathaussaal Nürnberg und 22. Mai im Markgräflichen Opernhaus Bayreuth zu sehen, gastiert in Folge aber auch bei den Musikfestspielen Sanssouci Potsdam (19.6.), im Landestheater Eisenach (20.6.) und beim Ekhof-Festival in Gotha (3. & 4.7). In zentralen Partien sind Valer Sabadus (Orpheus) und Julia Kirchner (Eurydike) zu erleben. Regie führt Annegret Ritzel, die sich als erste deutsche Intendantin wie als Regisseurin einen Namen gemacht hat. Alle Opern-Produktionen der Gluck Festspiele werden von Michael Hofstetter dirigiert.
Festival-Programm:
Ergänzt wird das Festival-Programm durch ein Chor-Konzert mit geistlicher Musik von der Bach-Familie über Gluck bis zur Gegenwart, gestaltet vom Chor des Bayerischen Rundfunks unter Peter Dijkstra (8. Mai, Neumarkt Reitstadel) und einem Liederabend mit Schuberts «Schwanengesang» sowie ausgewählten Gluck-Liedern (10. Mai Bayreuth, Markgräfliches Opernhaus).

(© Jana Jocif)
Das Programm wird abgerundet durch hochkarätige Kammermusik mit Liedern u.a. von Franz Schubert mit Aco Bišćević (Klavier und Gesang) und den Männerstimmen des Tölzer Knabenchors (9.5. Fürth, 15./16. Mai 2026 Castell & Lehrberg, 22. Mai 2026, Schlosskirche Bayreuth).
Mit „Orpheus underground“ setzen die Gluck Festspiele die Bearbeitung von Glucks Orpheus im 19. Jahrhundert bis in das 21. Jahrhundert fort und spannen so eine Brücke vom Originalklang zur zeitgenössischen, elektronischen Musik. Kostia Rapoport, einer der angesagtesten, zeitgenössischen Komponisten, der mit seinen Adaptionen von Live-Elektronik sowohl in der Clubszene wie auch in Klassik-Festivals Zuhause ist, wird am 16. Mai gemeinsam mit dem Ensemble Nürnberg Barock im Kulturforum Fürth eine neue Version des Orpheus mit Einflüssen von Claudio Monteverdi bis Christoph Gluck präsentieren.
Die Gesangslegende Anja Silja wird mit Melodramen und einem Gespräch zu ihrem Leben am 23. Mai 2026 im Steingräber-Haus Bayreuth die Gluck Festspiele 2026 beschließen.
