Mikheil Charkviani inszeniert »Antigone« am Staatstheater Wiesbaden

Staatstheater Wiesbaden ~ Großes Haus ~ © Sven-Helge Czichy Kolonnaden Foto: Sven-Helge Czichy

Am Hessischen Staatstheater Wiesbaden bringt am Freitag, den 24. Oktober um 19:30 Uhr der georgische Regisseur Mikheil Charkviani „Antigone“ nach Sophokles von Roland Schimmelpfennig auf die Bühne des Kleinen Hauses.

Im Angesicht der anhaltenden Proteste gegen den zunehmend autoritären und antidemokratischen Kurs der Regierung in seinem Heimatland, zeigt Mikheil Charkviani Antigones Weg als einen Akt des existenziellen Widerstands und der Aufopferung für die eigenen Werte und damit zugleich die Drastik und Schönheit der Revolte. Dafür arbeitet er mit dem Komponisten Erekle Getsadze, zwölf Klavieren und dokumentarischem Videomaterial.

König Kreon verweigert Antigone, ihren gefallenen Bruder Polyneikes zu bestatten. Antigones Akt des Widerstands, der mit dem Tod bestraft werden soll, bringt das autoritäre System ins Wanken…

Mikheil Charkviani, der in Georgien als Künstler und politischer Aktivist breite Bekanntheit besitzt, hat sich in vergangen Arbeiten bereits mehrfach mit Stoffen der griechischen Antike befasst. Nach Inszenierungen wie „Medea“ und „Elektra“, nimmt er sich bei seiner ersten Produktion in Deutschland noch einmal einem solchen an und zeigt Sophokles‘ „Antigone“, in deren Geschichte er Parallelen zu den aktuellen revolutionären Geschehnissen in Georgien erkennt: „Für mich ist „Antigone“ eine Tragödie über Brüder, über Prinzipien, über Ideale, die etwas Essenzielles sind, wenn du im Widerstand bist. Deine Ideale werden in einer solchen Situation zu etwas, das dich am Leben hält und gleichzeitig töten kann.“

Antigone
Staatstheater Wiesbaden
Vorabbild mit Tabea Buser
© Lukas Anton

Seit dem Zerfall der Sowjetunion flammen in Georgien immer wieder Unruhen und Unabhängigkeitsbewegungen auf. 1992/93 endete ein Bürgerkrieg mit der Abspaltung der Region Abchasien. Nach der umstrittenen Parlamentswahl im Herbst 2024, deren Ergebnisse in ihrer Rechtmäßigkeit angezweifelt wurden, flammten die Proteste wieder auf und verstärkten sich nochmals, als der georgische Premierminister verkündete, die EU-Beitrittsgespräche bis 2028 aussetzen zu wollen. Seitdem protestieren täglich mehrere zehntausend pro-europäische Demonstrant*innen gegen die sich zunehmend an Russland annähernde Regierung, es kommt zu willkürlichen Festnahmen von politischen Aktivist*innen.

Im Akt Antigones ihren Bruder gegen das herrschende Gesetz zu bestatten und für ihre moralische Überzeugung ihr Leben zu riskieren, sieht Mikheil Charkviani eine Parallele zu den Menschen, die sich mit Aktionen, ihrer Kunst oder in den Straßen mit ihrem Körper in den Dienst der demokratischen Werte und ihrer Überzeugungen zu stellen und diese mit großem Risiko für Job und Freiheit verteidigen. Der Kampf der Zivilist*innen in einem übermächtigen, gefährlichen System sei waghalsig und schön zugleich.

Eine besondere Rolle kam dafür in der Vergangenheit den Frauen zu: „Im Georgien der 90er-Jahre waren viele Menschen traumatisiert. Es war die Zeit des Bürgerkriegs, als sich Nachbarn, Verwandte und ehemalige Freunde gegenseitig in den Straßen bekämpften. Viele Menschen verloren den Lebensmut, wurden depressiv oder begingen Suizid. In dieser Zeit waren es die Frauen, die aufstanden und beschlossen „Wir wollen leben!“. Sie übernahmen Verantwortung und stellten sich – auch für ihre Männer und Kinder –gegen das kaputte System,“ sagt Charkviani.

„So viele Leben sind in diesem Augenblick in vielen Teilen der Welt in Gefahr. Die Menschheit sollte jetzt darüber entscheiden, wie wir leben wollen und wie die Welt in Zukunft aussehen soll.

Auch die heutigen EU-Länder werden von den Entwicklungen nicht unberührt sein. Es ist eine gemeinsame Verantwortung, für die ich den Dialog fördern möchte. Wir müssen etwas gegen die Bedrohung der demokratischen Werte tun.“

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