Händels hochemotionale »Rodelinda« wieder an der Oper Frankfurt

Rodelinda ~ Oper Frankfurt ~ v.l.n.r. Garibaldo (Božidar Smiljanić), Eduige (Zanda Švēde), Rodelinda (Elena Villalón) und Flavio (Irene Madrid) ~ © Barbara Aumüller (szenenfoto.de)

Nach Partenope im November 24 (in der Spielstätte Bockenheimer Depot) setzt die Oper Frankfurt jetzt ihren Händel-Saisonschwerpunkt fort. Im Opernhaus feierte Rodelinda seine erste Wiederaufnahme.
Die in Koproduktion mit dem Teatro Real Madrid, der Opéra de Lyon und dem Gran Teatre del Liceu in Barcelona entstandene Inszenierung feierte 2019 Premiere im Frankfurter Opernhaus.

Eine Besonderheit der Inszenierung ist, dass Regisseur Claus Guth die Geschichte des Familienzwists am langobardischen Königshof aus der Perspektive des Kinds und Thronnachfolgers Flavio (Tänzerin Irene Madrid) erzählt. Diese stumme Rolle wurde stark aufgewertet. Flavio hat eine starke szenische Einbindung. Seine traumatischen Erlebnisse verarbeitet er in Zeichnungen, die großflächig projiziert werden. Zusätzlich manifestieren sich die Figuren seiner Fantasiezeichnungen als monströse Maskenwesen, die mit ihm das Haus bevölkern (und am Schluss auch andeuten, dass das Böse trotz Happy End weiterexistiert).

Rodelinda
Oper Frankfurt
v.l.n.r. Flavio (Irene Madrid; unter dem Tisch), Grimoaldo (Josh Lovell) und Eduige (Zanda Švēde)
© Barbara Aumüller ~ szenenfoto.de

Apropos Haus. Im Bühnenbild von Christian Schmidt (auch Kostüme) steht ein Herrscherhaus im georgianischen Stil (Referenz an England, wo die Oper uraufgeführt wurde) als zentrales Element auf der (Dreh-) Bühne . Es stellt eine weitere Besonderheit der Inszenierung dar. Es zeigt auf zwei Ebenen einen Ess- und einen Schlafbereich, dazu eine herrschaftliche Treppenanlage, einen Flur, einen Balkon und die Fassade der Eingangsfront. Alles ist in einem reinen Weiß gehalten. Doch dunkle Abgründe lauern hier zuhauf. Die Gruppenszenen beim gemeinsamen Empfang oder Dinner erinnern ein wenig an die Filme von Claude Chabrol oder Luis Buñuel.

Eine Stärke der Oper Frankfurt ist, dass auch Wiederaufnahmen mit großartigen Sänger:innen aus dem Ensemble und Gästen besetzt sind. Dadurch ist auch diese Wiederaufnahmeserie wieder ein kleines Sängerfest. Bassbariton Božidar Smiljanić ist bereits von der Premierenserie her mit der Partie des Garibaldo vertraut. Schon allein stimmlich drückt Smiljanić mit herrlich tiefen Stimmtimbre Autorität und Stärke aus. Alle weiteren Partien wurden neu besetzt.

Rodelinda
Oper Frankfurt
v.l.n.r. Flavio (Irene Madrid), Bertarido (Lawrence Zazzo), Rodelinda (Elena Villalón) und Grimoaldo (Josh Lovell)
© Barbara Aumüller ~ szenenfoto.de

Ihr Rollendebüt mit der Titelpartie gibt Ensemblemitglied und Sopranistin Elena Villalón. Gleich zu Beginn vermittelt sie intensiv tiefe Gefühle, verbunden mit einer leuchtenden Höhe und vokalem Glanz. Im vergangenen Februar gestaltete sie einen hervorragenden Liederabend im Holzfoyer, gleiches tat im November die Mezzosopranistin Zanda Švéde im Opernhaus. Diese imponiert nun als wandlungsfähige Eduige.

Als vermeintlich tot geglaubter Bertarido gibt der Countertenor Lawrence Zazzo ebenfalls ein Rollendebüt. Er ist ein gern gesehener Gast am Haus (zuletzt glänzte in der Titelrolle von Händels Giulio Cesare. Ein musikalischer Höhepunkt ist sein in Distanz gesungenes Duett „Io t’abbraccio“ („Ich umarme Dich“) mit seiner wiedergewonnenen Rodelinda.

Zwei junge Sänger sind erstmals zu Gast an der Oper Frankfurt. Der kanadische Tenor Josh Lovell verleiht dem Grimoaldo ein markantes Profil und präsentiert sich dabei hervorragend spielfreudig. Der polnische Countertenor Rafał Tomkiewicz ist mit warm tönender Stimme ein liebenswerter Unulfo.

Kapellmeister Simone Di Felice am Pult des erhöht sitzenden Frankfurter Opern- und Museumsorchesters sorgt von Beginn an für eine erhabene musikalische Umsetzung. Er leitete u. a. bereits vor einem Jahr die neue Giulio Cesare Serie.

Am Ende der 3,5-stündigen abwechslungsreich und klug gestalteten Aufführung (eine Pause): großer Jubelapplaus und vereinzelte stehende Ovationen.
Es gibt noch vier weitere Rodelinda-Vorstellungen in dieser Spielzeit (11., 19. 25 und 31. Januar 25).

Markus Gründig, Januar 25


Rodelinda

Oper in drei Akten
Von: Georg Friedrich Händel
In italienischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

Erste Wiederaufnahme: Sonntag, 5. Januar 25 (Opernhaus)

Musikalische Leitung: Simone Di Felice
Inszenierung: Claus Guth
Szenische Leitung der Wiederaufnahme: Axel Weidauer
Bühnenbild, Kostüme: Christian Schmidt
Licht: Joachim Klein
Video: Andi A. Müller
Choreografie: Ramses Sigl
Dramaturgie: Konrad Kuhn

Besetzung:

Rodelinda: Elena Villalón
Bertarido: Lawrence Zazzo
Grimoaldo: Josh Lovell
Eduige: Zanda Švéde
Unulfo: Rafał Tomkiewicz
Garibaldo: Božidar Smiljanić
Flavio: Irene Madrid
Maskenfiguren: Moe Gotoda / Madeline Ferricks-Rosevear / Gorka Culebras / Antonio Rasetta / Guillaume Rabain / Volodymyr Mykhatskyi

oper-frankfurt.de