kulturfreak.de Besprechungsarchiv Musical und Show, Teil 13

© Auri Fotolia

Alice in Wonderland

English Theatre Frankfurt Drama Club
Besuchte Vorstellung: 17. Juli 15 (Premiere)

Man kann auch in die Höhe fallen…
(Friedrich Hölderlin)

Es ist eines der berühmtesten Kinderbücher, das vor 150 Jahren (1865) erschienene „Alice in Wonderland“ (Originaltitel: „Alice´s Adventures in Wonderland“) des britischen Autors und Fotografen Lewis Carroll. In Würdigung dieses Anlasses erarbeitete der Drama Club des English Theatre Frankfurt unter der Leitung von Michael Gonszar jetzt eine eigene Bühnenfassung, die auch Teile des Nachfolgewerks „Through the Looking-Glass and What Alice Found There“ berücksichtigt. Es ist die 10. Produktion des Drama Clubs, der 2005 mit Peter Shaffers „Equus“ startete und immer wieder mit aufwendig inszenierten Produktionen aufwartet.

Alice in Wonderland
English Theatre Frankfurt
Drama Club Ensemble
© Martin Kaufhold

„Alice in Wonderland“ beendet zugleich als ambitioniertes Finale die aktuelle Saison des English Theatre Frankfurt. Über 30 Mitwirkende, professionelle Schauspieler aus dem Drama Club, Studenten der Ustinov Theatre School und Schülerinnen der Maria-Ward-Schule aus Bad Homburg stehen auf der Bühne. Dahinter spielt ein über 20-köpfiges Ensemble (ebenfalls aus der Maria-Ward-Schule Bad Homburg) unter der Leitung von Eva Heiny. Insgesamt ist also einiges los. Von Hektik oder Chaos ist aber in der subtil erarbeiteten Inszenierung von Michael Gonszar nichts zu spüren. Sie besticht durch viele, oftmals effektvoll, arrangierte Szenen, bei denen die Zuschauer mit großer Freude wichtige Figuren aus den beiden Erzählungen wiederentdecken können. Die Inszenierung ist mit aufwendig choreografierten Tanzszenen (Choreography: Gabrielle Staiger), verwegenen Degenkämpfen zwischen Gut und Böse und interessant wie unterhaltsam präsentierten Dialogszenen geschmückt. Viel Arbeit wurde auch in die ausgefallenen Kostüme (Costume Designer Melanie Schoeberl) gesteckt, gilt es doch neben herrschaftlichen Persönlichkeiten und gewöhnlichem Fußvolk auch Tierwesen wie eine Raupe/Schmetterling oder eine Katze darzustellen.

Gespielt wird auf einem großformatigen Schachbrettmuster, das oftmals von einem surreal wirkenden Hintergrundbild, ebenfalls mit Schachbrettmuster, fortgeführt wird (hierbei ist der Boden dann wellenförmig, es herrscht eine düstere Nachtstimmung und ein kahler Baum steht vor einem überdimensionalen Mond). Die Hintergrundbilder (digitales Bühnenbild: Urs Bauer) spielen aber auch mit der Nostalgie, wenn etwa Fotografien Lewis Carrolls der jungen Alice Liddell gezeigt werden (das Mädchen inspirierte Carroll einst zu „Alice in Wonderland“). Etwas Travestie gibt es zudem auch, hier glänzt grandios James Morgan mit starker Präsenz als charmante, herzliche und einfach umwerfende Duchess (Herzogin).

Die Inszenierung bietet viel für das Auge. Wobei die Ohren auch nicht zu kurz kommen. Nicht nur, weil sehr deutlich gesprochen wird (allen voran von Tim Eriksson als die Geschichte erzählenden Autor Lewis Carroll), sondern weil für diese Produktion von Dennis Tjiok extra einige Songs geschrieben wurden, mit deren Hilfe einzelne Charaktere mehr Tiefe erhalten. So singt nicht nur Alice, sondern u.a. auch die Rote Königin und die Duchess. Dazu gibt es deutsche und französische Chansons (von Zarah Leander und Edith Piaf).

Obwohl die Geschichte 150 Jahre alt ist, beginnt und endet sie ganz im Hier und Jetzt. Per Video sieht man, wie Alice in einem etwas unzeitgemäßen blauen Kleid mit weißen Borten durch die Frankfurter Einkaufsstraßen läuft. Hier findet sie ein Buch und trifft auf die verschiedensten Menschen. Als sie einen beherzten Schluck aus der Flasche eines Obdachlosen nimmt, schrumpft sie schnell auf drei Inch und landet flugs erst in einem Postbriefkasten und schlägt sodann multipel dupliziert und (zunächst) gesichtslos, in einer dunklen Höhle auf. Jetzt ganz real, auf dem Bühnenboden, vor einem Vorhang, auf dem eine Höhlenlandschaft projiziert wird. Eine fantastisch gelungene Umsetzung von Urs Bauer!
Ein besonderer Clou der durchdachten Inszenierung ist, dass Alice nicht von einer, sondern von acht Darstellerinnen gespielt wird (bzw. sieben, da sich eine kurz vor der Premiere am Fuß verletzte) und sie somit einen universellen Charakter erhält (entsprechend zeitgemäß fällt dann auch der Satz „Je suis Charlie ~ Je suis Alice“). Wie vieles in diesem Werk zum Nachdenken anregt und über eine kindliche Couleur hinausreicht. Wie beispielsweise ein Zitat von Friedrich Hölderlin „Man kann auch in die Höhe fallen..“, das als Spruch zwei Regenschirme ziert.

Am Ende großer Jubel für alle Beteiligten. Gespielt wird noch bis zum 24. Juli 15, alle Vorstellungen sind bereits ausverkauft. Die nächste Saison am English Theatre Frankfurt steht unter dem Motto „Have a Shot at the American Dream“. Sie startet am 5. September 15 mit Tennessee Williams „The Glass Menangerie“ (Karten sind bereits buchbar, für Vorstellungen bis zum 13. September 15 gibt es zudem einen Frühbucherrabatt von 25%).

Markus Gründig, Juli 15


Flashdance

Burgfestspiele Bad Vilbel
Besuchte Vorstellung: 2. Juli 15 (Premiere)

„Spring in dein Leben“

Wie das Musical „Singing in the rain“, hatte auch „Flashdance“ das Los, erst Jahre nach dem Film den Weg auf die Bühne gefunden zu haben. Nach verhaltenen ersten Aufführungen in London 2008, startet es inzwischen im deutschsprachigen Raum durch. Zunächst brachte es das Schweizer Theater Kriens-Luzern (Nov. 2013), dann der österreichische Musicalsommer Amstetten (Aug. 14) und als Deutsche Erstaufführung das Theater Chemnitz (Sept.14) heraus (zudem im Februar dieses Jahres das Theater St. Gallen). Als erste Freilichtaufführung ist es jetzt bei den Burgfestspielen Bad Vilbel zu erleben, ab Oktober 15 zudem in einer Neuinszenierung am Staatstheater Darmstadt.

Flashdance ist eines der großen Tanzfilme aus der bunten Zeit der 70- und 80er Jahre (mit den Hits „Grease“ und „Saturday Night Fever“). Der Titelsong (Giorgio Moroders „Flashdance…What A Feeling“, von Irene Cara gesungen) gewann nicht nur viele Preise (Oscar, Golden Globe Award, Emmy Award) er wurde ein weltweiter Hit. Der Film von 1982/83 erzählt die Geschichte der jungen Stahlarbeiterin Alex Owens, die nebenher leidenschaftlich tanzt und es zu einem grandiosen Vortanzen schafft. Er fand wegen seiner dünnen Story nur ein mäßiges Presseecho, das störte das Kinopublikum aber nicht.

Die Musicalfassung berücksichtigt nur einen Teil der Filmsongs. Neben dem Titelsong sind das „Maniac“, „Manhunt“ und „Gloria“ (das allerdings nicht auf dem Soundtrack enthalten ist). Hinzugefügt wurde der Hit von Alan Merrill und Jake Hooker „I Love Rock ’n’ Roll“. Die meisten Songs, die dann alle auf Deutsch gesungen werden, stammen von Robbie Roth (Musik; Songtexte: Robbie Roth und Robert Cary). Die Bühnenadaption stammt von Tom Hadley („Spandau Ballet“) und Robert Cary und erzählt den Film mit kleineren Änderungen nach.

Flashdance
Burgfestspiele Bad Vilbel
Ensemble
© Eugen Sommer

Ein Stahlwerk in Pittsburg, das Loft von Alex, das Häuschen der ehemaligen Tänzerin Hannah, zwei Nachtklubs und nicht zuletzt ein Proberaum in der Tanz-Akademie finden sich im Bühnenbild von Oliver Kostecka wieder. Es besteht aus einer großen Wand aus Wellblechen, die Garagen ähnlich unterteilt sind. Diese Einheiten mit Schiebetüren bieten zusätzlichen Platz für das Stahlwerk, die Nachtclubs oder Alex‘ Heim (mitsamt putziger Couch aus Europaletten). Davor ist viel Platz, was angesichts der begrenzten Fläche in der Burg natürlich relativ ist. Aber ausreichend, um viele fantastische Tanznummern zu bieten, die Highlights der Aufführung sind (Choreografie: Till Nau, Dance Captain: Martin Ruppel). Gewagte Schritte und Breakedance-Elemente fehlen nicht, überzeugend ist jedoch vor allem die stimmige Ensembleleistung, mit klasse Ausstrahlung, großer Leidenschaft und unendlich viel guter Laune.
Neben der Hauptspielfläche gibt es eine weitere Spielebene darüber. Dort befindet sich eine Ballettstange, denn es ist hauptsächlich das Heim der eigensinnigen Hannah. Sie wird wunderbar von Barbara Goodman gespielt. Als eine starke und würdevolle Frau die ihrem nahenden Tod gefasst ins Auge schaut (besteht ihr Leben doch aus Tanz und Tanzen bedeutet Schmerzen haben). Groß in den Vordergrund tanzt sich Janice Rudelsberger. Als charmante Kathy Selden ist sie bei den Burgfestspielen auch in „Singin‘ in the Rain“ zu erleben (wie mehrere Darsteller in beiden Musicals mitwirken). Hier zeigt sie sich von einer anderen Seite. Als Nachtklubtänzerin Gloria auf Abwegen, die ihrem Jugendfreund, dem vermeintlichen Komiker Jimmy (Marcel Kaiser) dann doch letztlich treu bleibt. Auf ihre Solonummer dürfen sich Frauen ganz besonders freuen, denn dabei wird sie von zwei attraktiven Tänzern in goldenen Minishorts unterstützt.

Flashdance
Burgfestspiele Bad Vilbel
Alex (Julia Waldmayer)
© Eugen Sommer

Verschieden sind die beiden Klubbesitzer. Während der eine loyal und anständig ist (Harry: Theodor Reichardt), ist der andere fies und schreckt auch vor Gewalt und der Verbreitung von Drogen nicht zurück (C.C.: Raphael Koeb). Sascha Luder gibt den stets um Ausgleich bemühten Vorarbeiter Joe, Sonja Hermann ist als geduldige Pflegerin Louise und als strenge Lehrerin Ms. Wilde der Tanz-Akademie zu erleben. Die Rolle des Nick Hurley, der Enkel des Stahlwerk-Inhabers, wurde für die Musicalfassung abgewandelt, die seiner Ex-Ehefrau ganz gestrichen. Hier zeigt er auch Selbstzweifel und Wandlungsfähigkeit, er entwickelt einen Masterplan um angekündigte Entlassungen im Werk zu verhindern und emanzipiert sich schließlich von seinem Elternhaus. Tim Al-Windawe gibt ihm dazu ein passendes Format, kämpft sich an Alex‘ kalter Schulter ab und verzaubert schließlich nicht nur diese, sondern auch das Publikum.

Flashdance
Burgfestspiele Bad Vilbel
Jurymitglied (Patrick Nitschke), Miss Wilde (Sonja Herrmann), Alex (Julia Waldmayer), Jurymitglied (Denis Edelmann)
© Eugen Sommer

Im Mittelpunkt steht jedoch Julia Waldmayer als tanzende Schweißarbeiterin Alex. Und zu tanzen hat sie bei diesem Rollendebüt eine ganze Menge und das macht sie ganz hervorragend. Im schwarzen Body und Stulpen zeigt sie ihre klasse Beweglichkeit und ihre super Figur. Effektvoll beendet sie den ersten Teil, wenn sie vor der Pause tanzt und dann, wie im Film, Wasser von oben auf ihren Körper fällt. Dazwischen gibt sie sich leger, im weiten Pulli, ähnlich zum Film (Kostüme: Monika Seidl). Schließlich, nach einem Moment der Selbstreflexion ist sie bereit ihre Ängste zu überwinden und springt in ihr Leben. Die finale Tanzperformance vor der Jury der Tanz-Akademie ist der Höhepunkt dieser Traumgeschichte.
Unter der Musikalischen Leitung von Stephan Ohm werden die bekannten Hits, wie auch die neuen Songs, mit viel Drive gegeben. Besonders schön sind die Duette zwischen den beiden Paaren Alex/Nick und Gloria/Jimmy.
Regisseur Christian H. Voss, der bei den Burgfestspielen Bad Vilbel seit 2010 inszeniert, setzte die Musicalfassung bestens um. Viel Applaus und Jubel, für eine starke Ensembleleistung und eine herausragende Julia Waldmayer.

Markus Gründig, Juli 15


Singin‘ in the Rain

Burgfestspiele Bad Vilbel
Besuchte Vorstellung: 12. Juni 15 (Premiere)

Hollywood zu Gast in Bad Vilbel

„Singin‘ in the Rain“ ist wohl eines der bekanntesten Lieder aus einem Filmmusical, selbst wenn heute viele die legendäre Tanzszene mit Gene Kelly aus dem gleichnamigen Film von 1952 nicht kennen. Interessanterweise ist selbst der Film eines der ersten Jukeboxmusicals, denn viele der verwendeten Songs gab es schon lange vorher.
Über 30 Jahre nach dem Film folgte die Uraufführung der Bühnenfassung von „Singin‘ in the Rain“ (1983, im großen Londoner Palladium Theatre ), die wiederum um einige Songs erweitert wurde. Im deutschsprachigen Raum ist das Musical inzwischen zu einem Publikumsliebling avanciert. Zuletzt gab es Neuinszenierungen in München, Nürnberg, Nordhausen/Rudolfstadt. Dies liegt neben dem populären Titelsong auch an den vielen schönen Balladen und nicht zuletzt daran, dass die Bühnenfassung mit vielen Tanznummern aufwartet, wodurch das gute Laune Musical effektvoll aufgewertet wurde.

Singin‘ in the Rain
Burgfestspiele Bad Vilbel
Lina Lamont (Venera Jakupov), Don Lockwood (Sascha Luder), Kathy Selden (Janice Rudelsberger)
© Eugen Sommer

Für die Burgfestspiele Bad Vilbel hat Regisseur Benedikt Borrmann eine eigene, recht kurze Fassung erstellt. Das Ergebnis ist eine nostalgische Hommage an das frühe Hollywood. Von den historischen Bad Vilbelern Burgmauern ist hier nichts zu sehen, die Bühne wurde mit einer monströsen roten Wand (nebst goldenen Zierleisten) verkleidet, in deren Mitte sich ein Vorhang mit vielen goldenen Sternen befindet. Große Lettern stehen verteilt im Bühnenraum herum. Sie ergeben das Wort Hollywood und erinnern natürlich an den bekannten Schriftzug aus den Hollywood Hills, auch wenn sie in ihren dezenten Farben und Mustern wie eine Geschenkverpackung oder wie Tapetenmuster aussehen. Aber wir sind ja auch im Jahr 1927, bei der Premiere des aufwendigsten Stummfilms der Saison (und da gab es noch lange keinen Farbfilm und dementsprechende Kulissen). Das Ende des Films, ein romantischer Liebeskuss, wird denn auch auf kleiner Fläche in alter Manier projiziert. Auch später werden gedrehte Aufnahmen kurz gezeigt. Dies ist einer der wenigen Fälle von Videoprojektionen überhaupt bei den Burgfestspielen. Hier machen sie Sinn und sind zudem dezent eingebunden.

Singin‘ in the Rain
Burgfestspiele Bad Vilbel
Kathy Selden (Janice Rudelsberger), Don Lockwood (Sascha Luder) und Tanzensemble
© Eugen Sommer

Ein nostalgisches Zeitkolorit steuern auch die aufwendigen Kostüme von Anja Müller bei. Allein der Chor (VilBelCanto) zeigt sich als kreischende Fanschar im Trenchcoat, in eleganten Abendroben als Partybesucher und in weißen Gewändern als Statisten in einer Filmszene (der Tempelszene in „Cleopatra ~ Liebe im Schatten der Pyramiden“). Die Herren tragen überwiegend Abend- oder Freizeitanzüge, die junge Sängerin Kathy (mit Anmut und Würde: Janice Rudelsberger; sehr schön ihr „You are My Lucky Star“) ein unauffällig wirkendes Kleid in Lila.
Das größte Glück hinsichtlich der Kostüme hat die Grande Dame des Stummfilms: Lina Lamont (Venera Jakupov). Sie trägt ein elegantes Kleid nach dem anderen und bestätigt nebenbei, dass ein schöner Rücken entzücken kann. Venera Jakupov ist hier eine lispelnde Lina Lamont, keine Blondine mit piepsiger Stimme. Umwerfend ist sie allemal und der heimliche Star dieser Produktion. Wie sie aus ihrer vermeintlichen Schwäche Kapital schlägt und sich, wie Phönix aus der Asche, aus einer Niederlage ihre Position sichert, auch wenn am Ende Don und Kathy zusammenfinden, das macht sie bravourös. Zudem überzeugt sie in ihrem Selbstzweifel („Was mach‘ ich falsch“) und auch als Tänzerin.
Als Ihr auserkorener Verlobter hat es Don Lockwood nicht leicht, sie los zu werden. Bei dem Charme, den Sascha Luder als Don Lockwood versprüht, ist dies auch kein Wunder. Er gibt einen passend smarten Filmstar, dem nicht ohne Grund alle zu Füßen liegen. Er singt mit samtiger Stimme und steppt elegant, allein, zu zweit und im Ensemble („Good Morning“). Anrührend: die zunehmend knisternde Stimmung zwischen Don und Kathy. Herausragend ist auch der stets gut gelaunte und lachende Freund Dons, Cosmo Brown (David Hardenberg). Körperlich sehr agil, ist er nicht nur beim gemeinsamen Tanz mit Don, sondern bei seiner großen Nummer „Make Em Laugh“, wo er comedyhaft über die Bühne wirbelt. In Sprechrollen groß: Tim Al-Windawe als sich um den Anschluss an die neue Zeit kümmernder Produzent R.F. Simpson und Christian Bindert als gestresster Regisseur Dexter. Das Tanzensemble bringt sich voller Energie schwungvoll ein, u.a. bei der Glanznummer „Broadway Melodie“ (Choreografie: Annette Taubmann), was auch für die musikalische Umsetzung des Live-Orchesters unter der Leitung von Niclas Ramdohr gilt. Die Dialoge sind auf deutsch, gesungen wird, je nachdem wie es passt, englisch oder deutsch.
Am Ende sehr viel Applaus für einen vergnüglichen wie kurzweiligen Ausflug in das frühe Hollywood.

Markus Gründig, Juni 15


Frankenstein Junior

Musical Inc. Mainz
Besuchte Vorstellung: 25. Mai 15 (“Blitz”-Premiere)

Die Erschaffung künstlichen Lebens ist schon lange ein Menschheitstraum. In Mary Shelleys Roman „Frankenstein oder Der neue Prometheus“, der 1818 erstmals veröffentlicht wurde, geht es genau darum. Er lancierte zum Grusel-Urbild, mit zahlreichen weiteren literarischen Nachahmungen und vor allem filmischen Umsetzungen. Diese wiederum persiflierte Mel Brooks 1974 mit dem Film „Frankenstein Junior“ (mit Gene Wilder in der Titelrolle), gefolgt von einer Musicalfassung, die ab November 2007 im New Yorker Hilton-Theatre gezeigt wurde (bis Januar 2009). Mit Angst muss niemand in dieses Musical gehen, denn ist eine Komödie, wie auch Mel Brooks zuvor erschienenes „The Producers“.

Die 1993 gegründete Mainzer Musical Inc. wählte im vergangenen Spätsommer „Frankenstein Junior“ aus, um es jetzt als große Musicalproduktion im Hörsaal P1 der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz zeigen zu können. Sämtliche zwölf Vorstellungen waren bereits vor der ersten Premiere ausverkauft. Erste Premiere deshalb, weil jede Rolle doppelt besetzt ist und es somit eine zweite Besetzung gibt, die jedoch als gleichwertig gilt. Entsprechend der knisternden Atmosphäre im Stück, sind die beiden Besetzungen sodann auch als „Donner“- oder Blitz“-Besetzung betitelt. Spielt die Besetzung „Donner“, ist die „Blitz“-Besetzung Ensemble und umgekehrt. Insgesamt stehen somit jeden Abend 44 Darsteller auf der Bühne, dazu dreizehn Musiker (verdeckt durch einen Vorhang).

Frankenstein Junior
Musical Inc. Mainz
Ensemble
© Stefan Wagner

Allesamt sind sie hoch motiviert und mit großer Leidenschaft dabei. Dies ist von der Einführungsveranstaltung bis zur Zugabenummer stark zu spüren. Dabei ist das Musical an sich nicht auf den ersten Blick ein Burner, eher ein „übertriebenes Chaos, ganz amüsant manchmal“ (Didier C. Deutsch zur Broadway-Premiere 2007 im musicals-Magazin). Der erste Akt stellt die Personen und die Handlung vor, doch hat er keinen wirklichen Höhepunkt, auch wartet das Musical generell nicht mit einem eigenem großen Ohrwurm auf (Buch: Mel Brooks und Thomas Meehan, Musik und Gesangstexte: Mel Brooks; der eingefügte Song „Puttin’ on the Ritz“ stammt von Irving Berlin). Der Stimmung im Mainzer P1 tut das keinen Abbruch. Schon im ersten Akt sind es vor allem die großen Ensemblenummern, die ob ihrer vokalen Pracht und ihrer Akkuratesse mächtig für Eindruck sorgen. Im zweiten Akt überstürzen sich dann die Ereignisse und jede Szene begeistert und überzeugt. Das Publikum ist außer Rand und Band (schon zum Vorspiel nach der Pause wurde eifrig im Takt geklatscht). Allen voran reist die große Stepnummer „Puttin’ on the Ritz“, die Zuschauer von den Plätzen, es ist kaum noch zu bändigen und bedankt sich schon hier mit Standing Ovations.

Die Musik ist eine große Reminiszenz an vergangene Zeiten. Unter der Leitung von Nicolai Benner spielte das Orchester einen spritzigen Sound, der zum action- und temporeichen Geschehen bestens passte (für die musikalische Gesamtleitung zeichnet Lukas Witzel verantwortlich). Unter der Regie des Duos Sabine Fischer und Thomas Heep erfolgen die vielen großen Ensemblenummern mit unauffälligen und schnellen Auf- und Abgängen, gerne wird dabei auch der Publikumssaal eingebunden. Sehr viel Detailarbeit wurde nicht nur auf die überwiegend folkloristisch geprägten Kostüme für die Dorfbewohner Transsylvaniens gelegt, sondern auch auf das Bühnenbild. So gibt es nicht nur einen großen Heuwagen (für die Jodelnummer „Roll dich im Heu“), sondern auch ein aufwändiges medizinisches Labor für Frankenstein(Ausstattung: Svenja Drewitz und Elena Lorscheid, mit besonderer Unterstützung des Bühnenbildes durch Klaus Drewitz).
Wie bereits erwähnt, sind alle Darsteller mit ansteckender Spielfreude dabei. In der Titelrolle begeistert Lukas Witzel durch hohe schauspielerische Professionalität, dazu gefallen die schönen Klangfarben seiner kraftvollen Stimme. Als Frankensteins Verlobte Elizabeth begeistert Lisa Hofmann durch glanzvoll übertriebenes divenhaftes Spiel. Bodenständig, aber nicht nur anständig, wie es generell einige recht schlüpfrige Textpassagen gibt, verleiht Annika Link Frankensteins Assistentin Inga mit viel Charme und Herz ein großes Format, bis hin zum Vamp. Als Frankensteins Assistent Igor bewegt sich Pascal Brun sehr agil und eifrig. Demgegenüber ist Jan Dieter Schneider als das Monster in seiner Motorik erst einmal eher reduziert, erfährt aber dann die größte Wandlung von allen. Überzeugend auch die treue Haushälterin Frau Blücher der Johanna Hartmann, die strenge Inspektorin Kemp der Elena Lorscheid und der blinde Einsiedler des Konstantin Hahn. Die Choreografien des Tanzensembles (Jessica Gleisberg / Ayla Hohenstein / Isabelle Jegotka / Miriam Kremser / Antonia Regis / Rosalia Virga) stammen von Ayla Hohenstein und Nadhezda Jung, die Ensemblechoreografien von Sabine Fischer, Thomas Heep und Ayla Hohenstein.

Standing Ovations und tosenden Applaus gab es dann auch zum großen Finale. Die Produktion ist eine Mordsgaudi und ein neuer Triumph für die ehrenamtlich agierende Musical Inc.

Markus Gründig, Mai 15


Hair

Staatstheater Darmstadt
Besuchte Vorstellung: 29. November 14 (Premiere)

In den letzten Jahren war das American Tribal Love-Rock Musical „Hair“ in Mainz (Musical Inc. 2008), Frankfurt (The English Theatre Frankfurt, 2008), Wiesbaden (Staatstheater Wiesbaden – Jugend-Club-Theater, 2012) und Bad Vilbel (Burgfestspiele Bad Vilbel, 2013) zu sehen. Das Staatstheater Darmstadt zeigt es nun als große Musical-Extravaganza, als ein Musical-Trip der Extraklasse im Großen Haus. Ein farbenfrohes Fest auf ein sorgenfreies und gedankenloses Leben, wo reichlich Drogen konsumiert werden, wo viel geliebt und gefeiert wird.
Der britische Opern- und Theaterregisseur Sam Brown verzichtet dabei bewusst auf eine tiefgründige Regietheater-Umsetzung und zelebriert das aus vielen bekannten und vielen unbekannten Nummern bestehende Stück, ganz im Sinne der 68er Jahre, der Zeit seiner Entstehung. Auch wenn ernste Themen, wie der Vietnamkrieg, nicht ausgeschlossen sind. Im Vordergrund steht aber der Spaß der 68er Generation, der hier von einem jungen Ensemble leidenschaftlich, ja fast schon ekstatisch zelebriert wird.

Hair
Staatstheater Darmstadt
Sheila (Nedime Ince), Berger (Rupert Markthaler), Hud (Victor Barreto) und Ensemble
© Sandra Then

Das Stück beginnt mit Saalöffnung, weit bevor die erste Note erklingt. Die US-Armee rekrutiert Soldaten für den Einsatz im Vietnamkrieg. Jeder Zuschauer des Parketts ist aufgefordert auf die Bühne zu treten und seine Musterungskarte, die ihm beim Einlass übergeben wurde, abstempeln zu lassen. Dies jedoch nur, soweit das auf der Karte aufgedruckte Geburtsdatum mit einem der Datumszahlen identisch ist, die von einem offiziell Beauftragten der Armee aus einer großen Lostrommel gezogen werden. Diese „Draft Lottery“ zur Rekrutierung gab es in den USA tatsächlich. Ab 1969 wurde sie erstmals nach dem 2. Weltkrieg wieder praktiziert.
Dann bricht das Zeitalter des Wassermann an und mit „Aquarius“ öffnet sich die Bühne. Diese beherrscht ein freistehendes Einfamilienhaus, das zunächst für die gutbürgerliche Welt der langweiligen und spießigen Erwachsenen steht und schon bald von jungen Hippies besetzt wird. Dabei erweist sich das Haus als sehr flexibel, in zwei Hälften aufgeteilt, zeigt es nicht nur seine Wohn- und Schlafräume, sondern bietet nebeneinander gereiht auch eine kleine Häuserzeile. Auseinandergezogen wird Platz für eine Tribüne in einem TV-Studio gemacht, die nach Bedarf nach vorne geschoben wird (Bühne: Annemarie Woods). Dahinter spielt die aus Mitgliedern des Staatsorchesters Darmstadt und Gästen bestehende Band (in chicen gelben Anzügen mit weißen Cowboyhüten und Cowboystiefeln), die unter der Leitung von Christoph Wohlleben für einen schmissigen Sound sorgt.

Ein außergewöhnlicher Aufwand wurde bei dieser Produktion auf die kunterbunten Kostüme gelegt, die nicht nur hippige Outfits mit Schlaghosen und bunten Kleidern zeigen, sondern auch biedere Erwachsenenkleider, Uniformen, Ku-Klux-Klan- und Nonnentrachten, Cheerleader und Baseball-Outfits, sowie reichlich weiße Unterwäsche (Kostüme: auch Annemarie Woods). Zugleich gibt es reichlich nackte Haut zu sehen, wie bei einer heißen Männernummer in Chaps (Choreografie: Ashley Page), insbesondere aber der Vorlage entsprechend zum „Be-In“ im Halbdunkeln kurz vor der Pause.
Für diese Musicalproduktion wurde ein eigenes Casting durchgeführt, entsprechend vielfältig präsentiert sich das Ensemble, bei dem der Berger des Rupert Markthaler als leicht schräger, aber umso liebenswerter charismatischer Anführer heraussticht. Mit blonden langen Haaren und Dreitagebart wirkt er sehr männlich. Da er gleichzeitig lediglich ein dünnes Stofftuch um die Hüfte trägt und sicher auf Pumps mit Pfennigabsätzen läuft, verkörpert er aber auch den Freiheitsgedanken des Stückes perfekt nach außen. Dazu paßt seine Einstellung, mit beiderlei Geschlechtern in die Kiste zu hüpfen (heutigen Berühmtheiten gleich tuend, wie beispielsweise dem ehemaligen DSDS-Teilnehmer Daniel Dominik Kaiser-Küblböck). Der verhalten angelegte Claude des Julian Culemann kann sich demgegenüber nicht so schillernd präsentieren, gefällt aber gerade durch seine zurückhaltende Art. Bei den Frauen ragen die Sheila der Nedime Ince und die schwangere Jeannie der Lisa Huk heraus. Gesungen wird klangschön in englischer Sprache, die wenigen Dialoge werden in Deutsch gesprochen. Wie auch schon am Broadway und im Londoner WestEnd endet das Stück mit dem Stimmungshit „Let the Sunshine in“.

Am Ende tosender Jubel und Standing Ovations für eine fetzige Ensembleleistung und eine große Party.

Markus Gründig, November 14


Ghost

The English Theatre Frankfurt
Besuchte Vorstellung: 15. November 14 (Premiere)

Chapeau! Der neue Musicalhit am Main

Hat Frankfurt/M auch keine große Musicalbühnen wie Berlin, Hamburg oder Stuttgart zu bieten, zum Glück gibt es das English Theatre Frankfurt, dass jedes Jahr aufwändig ein Musical inszeniert und für mehrere Monate auf den Spielplan setzt. Nach zuletzt „Tommy“, „Sweet Charity“ und „Saturday Night Fever“ präsentiert es jetzt als neuen Höhepunkt das Musical „Ghost“, das hier überhaupt erstmals in Deutschland zu sehen ist.
Es entstand nach dem gleichnamigen Film von 1990, der für den 2009 verstorbenen Schauspieler Patrick Swayze ein weiterer internationaler Erfolg war (nach dem drei Jahre zuvor herausgekommenen Film „Dirty Dancing“). Die Liebesgeschichte um die kunstbeflissene Keramikerin Molly (Demi Moore) und ihren getöteten, aber als Geist weiterlebenden Freund Sam war nicht zuletzt durch den Hit „Unchained Melody“ und Whoopi Goldberg (Oscar als beste Nebendarstellerin) als Medium Oda Mae Brown ein Mega-Blockbuster.
Die Musicalfassung von Bruce Joel Rubin wurde mit weiteren Songs bereichert, die von dem ehemaligen Eurythmics-Mitglied Dave Steward und von Glen Ballard stammen. Diese haben Ohrwurmqualitäten, wie etwa das Eingangslied „Here Right Now“ oder „I Had a Life“, sie werden umrahmt von emotionalen, kraftvollen Balladen (wie „With You“) und fetzigen Gospelnummern (wie „Are You a Believer“). Insgesamt untermauert die Musik das dramatische Geschehen stets gefühlvoll und treffend.
Auch wenn es etwas verwundert, dass es über 20 Jahre bis zur Adaption als Musical dauerte (die Uraufführung fand im März 2011 im Opera House Manchester statt), die Musicalfassung berührt mindestens so stark wie der Film, von dem der Hauptsong natürlich übernommen wurde. Die Inszenierung des English Theatre Frankfurt empfiehlt „Ghost“ bestens für andere Musicalbühnen. Sie ist handwerklich großartig gemacht, mit einem faszinierenden Bühnenbild und einer ausgezeichneten, jungen Besetzung, die nicht nur gut spielen und singen, sondern auch klasse tanzen kann (Choreografie: Lee Proud). Und es gibt auch wieder eine Liveband (keine Actor-Musicans wie bei Saturday Night Fever), die alternierend unter der Leitung von Ralph Abelein und Stephan Ohm spielt. Chapeau! für das, was auf der kleinen Bühne des English Theatre Frankfurt wieder Wunderbares hervorgezaubert wurde!

Ghost
The English Theatre Frankfurt
Molly (Hannah Grover), Sam (John Addison)
© Martin Kaufhold

Dabei ist der langjährige (Musical-) Regisseur am English Theatre Frankfurt, Ryan McBryde in diese Produktion nicht involviert. Der Brite Adam Penford gibt hier als Regisseur sein Haus- und Deutschlanddebüt. Die vielen unterschiedlichen Handlungsorte, wie die Wohnloft in Brooklyn, das Büro von Carl oder Oda Maes Geisterstube finden mittels eingeschobener Elemente in einem variablen Einheitsbühnenbild statt, dass eine bedrohliche, dunkle New Yorker Atmosphäre suggeriert (Bühnenbild: Tim McQuillen). Neben einem Balkon und einer Treppe gibt es dicke Balken, auf denen je nach Szenerie Unterschiedliches projiziert wird (wie Aktienkurse oder die Ziffern von U-Bahn-Linien; Video- und Projektiondesign: Duncan McLean). Klasse Effekte unterstützen das actionreiche Geschehen (wie eine U-Bahn- und Aufzugsfahrt), ohne dass sie in den Vordergrund gestellt werden.

Mit John Addison (Sam) und Hannah Grover (Molly) wurde ein authentisch wirkendes Liebespaar gefunden. Beide überzeugen auf ganzer Linie. Doch Claudia Karjuki als Oda Mae Brown ist der heimliche Star der Produktion, kann sie doch Dank der Rolle viele Facetten zeigen und mit viel Komik trumpfen. Aaron Sidewell gefällt als nach außen freundlicher Gegenspieler Carl, Marios Nicolaides gibt den finstren Straßenräuber Willie Lopez, Fergal McGoff den wütenden U-Bahn-Geist und Jonathan Bourne den gutmütigen Krankenhaus-Geist. Es ist eine gelungene Filmadaption, was keine Selbstverständlichkeit ist.
Am Ende starker Applaus und Standing Ovations.

Markus Gründig, November 14


La Cage aux Folles

Theatrallalla Frankfurt
Besuchte Vorstellung: 16. September 14 (Preview)

Für 50 Vorstellungen im Theatrallalla-Theater heißt es nun wieder „Die beste Zeit ist heut“. Die Erfolgsproduktion des Broadwaymusicals „La Cage aux Folles“ aus dem Volkstheater Frankfurt von 2012 läuft ab sofort in Bäppis gud Stubb, dem kleinen Volkstheater im Frankfurter Nordend, der weltweit kleinsten Musicalbühne. Das Theater wurde dafür im Sommer eigens umgebaut. Die Bühne wurde in den Saal verlängert, ein ausziehbarer Laufsteg ragt bei Bedarf bis in die ersten Zuschauerreihen hinein. Wichtig für die hinteren Reihen: Diese stehen ab sofort für eine bessere Sicht auf einem Podest. Bis zu 99 Zuschauer finden pro Vorstellung Platz. Unverändert sind die einmalige, herzliche Clubatmosphäre und das intensive Theatererlebnis durch die Nähe zu den Darstellern.

„La Cage aux Folles“ kann auf richtig großen Bühnen inszeniert werden, aber auch auf einer so kleinen, wie es sie im Theatrallalla gibt. Hausherrn Thomas Bäppler-Wolfs Plan ging voll auf. Bei der besuchten Previewvorstellung herrschte großer Jubel, es gab unendlich viele Lacher im Publikum, Mitgeklatsche bei einzelnen Songs, reichlich Szenenapplaus und am Ende Standing Ovations. Bei all der breiten gesellschaftlichen Akzeptanz für alternative Lebensformen in Deutschland wies Albert (Thomas Bäppler-Wolf) aber auch darauf hin, dass der Kampf so lange noch nicht beendet ist, wie beispielsweise in Afrika Menschen wegen ihrer sexuellen Neigung verfolgt, misshandelt und getötet werden.

Für die Inszenierung im Theatrallalla (Regie: Thomas Bäppler Wolf und Gaines Hall) mussten wegen der kleineren Spielfläche Anpassungen vorgenommen werden. Platz für ein Liveorchester gibt es nicht. Die Musik kommt daher vom Band, allerdings wurden die Songs neu arrangiert und aufgenommen. Im Vergleich zum Volkstheater wurde das Bühnenbild reduziert, ist in seinen Grundzügen aber gleich geblieben (Bühne: Carsten Wolf, Jens Schneider und Thomas Bäppler-Wolf). Die finale Showtreppe hat freilich keinen Platz, aber sie wird auch nicht wirklich vermisst.

Auch bei der Besetzung gab es Veränderungen. Thomas Bäppler-Wolf gibt natürlich als Zugpferd der Produktion wieder Albert/Zaza und hat hierfür von Bärbel Klaesius viele neue chice Kostüme maßgeschneidert bekommen. Mit seinem Schlappmaul und seiner großartigen Mimik beglückt er in gewohnter Manier das Publikum.
Neu dabei ist der Schauspieler Victor Vössing als Clubeigentümer Schorsch. Er spielt die Rolle sehr souverän und bezaubert dabei noch mit schöner Baritonstimme. Robert Schmelcher, der im Volkstheater einer der Cagelles gab, spielt nun charmant den Sohn Ian Michael. Eva Völl ist als dessen bezaubernde Freundin Biggi und als Cagelle zu erleben. Mit Pierre Humphrey wurde die Rolle des Butlers Jacob neu besetzt. Mit seiner schwule Attitüde ist er nicht zu überbieten, ob seines Talents als sexy Marilyn hat er sogar einen eigenen Song „Diamonds Are a Girl’s Best Friend“ spendiert bekommen hat, den er/sie im weißen Rüschenhemd lustvoll präsentiert. Zuckerschnitte Humphrey war im Theatrallalla zuletzt in der Wirtschaftswunderrevue „Verliebt, verlobt, verheiratet“ zu erleben, genauso wie Ute Ehrenfels, die hier die herzliche und trinkfreudige Frau des erzkonservativen Heinz Bembel spielt (das Stück wird vom 26. – 30. Dezember 14 erneut im Theatrallalla Theater gespielt werden). Letzteren gibt passend trocken Thomas Koob, der lange Jahre im Volkstheater zu erleben war. Zum Finale erscheint er nicht wie sonst üblich im Fummel, sondern als Pater Tebartzius in einer Art Bischofsgewand (Anspielung auf den Fall Tebartz-van Elst).
Statt acht gibt es nur vier Caschelscher: Marcel Fischer, Eva Völl, Sabrina Stein und Manuel Weinmann, die alle toll geschminkt, mit viel Energie und super Ausstrahlung auch ohne große Federpracht begeistern (Choreografie: Gaines Hall).

Vorstellungen der herzhaften, hessischen Version von „La Cage aux Folles“ im kleinsten Musicaltheater der Welt gibt es immer von Mittwoch bis Sonntag, bis zum 23. November 14.

Markus Gründig, September 14


Verliebt, verlobt, verheiratet ~ Happy End im Wirtschaftswunder

Theatrallalla Frankfurt
Besuchte Vorstellung: 17. Juni 14 (Premiere)

Deutschland und die Welt sind im Fußball-Fieber. In Bäppis Theatrallalla Theater dreht sich allerdings eher die Disco-Kugel. Trotz sommerlicher Temperaturen und der Fußball-WM finden neben Bäppis eigener Show „Kilo von Venus“ derzeit auch noch zahlreiche weitere absolut sehenswerte Programme statt. Wie die neue Reihe „Der Krimi-Montag“, ein Konzert von Daniel Zueras am 27. Juni 14 oder wie die Musikrevue „Verliebt, verlobt, verheiratet ~ Happy End im Wirtschaftswunder“, die jetzt ihre Premiere feierte und bei der Tausendsassa Bäppi la Belle alias Thomas Bäppler-Wolf erstmalig die Regie übernommen hat (und natürlich auch selber mitspielt).

Die Musikrevue von Dirk Böhling handelt von dem jungen Liebespaar Gisela (Energiebündel und klangschön: Eva Völl; spielte eine der Cagelles  bei „La Cage aux Folles“ im Volkstheater Liesel Christ –Frankfurt) und Erwin (charmant und smart: Pierre Humphrey), die sich in den frühen 60er Jahren des letzten Jahrhunderts nur versteckt treffen können, da ihre Eltern miteinander mal so gar nicht können. Nicht zuletzt um ihrem eigenen Glück auf die Sprünge zu helfen, beschließen die beiden, die Eltern zu versöhnen, was ob derer so unterschiedlicher Charaktere kein leichtes Unterfangen ist. Aber mit vielen Liedern aus der Wirtschaftswunderzeit gelingt das dann doch, sodass am Schluss gemeinschaftlich gesungen werden kann „Verliebt, verlobt, verheiratet…(aus dem Spielfilm „Der Musterknabe“ von 1963 mit Peter Alexander und Conny Froboess).

Verliebt, verlobt, verheiratet ~ Happy End im Wirtschaftswunder
Theatrallalla Frankfurt
Ilse Wöhlermann (Ute Ehrenfels), Otto Wöhlermann (Rüdiger Schade), Erwin Wöhlermann (Pierre Humphrey), Gisela Stembke (Eva Völl), Rita Stembke (Thomas Bäppler-Wolf)
© Sven Klügl

Das Stück und die Inszenierung ist eine liebevolle Reminiszenz an die gute alte Zeit, als Marken wie Construkta, Onko und Zündapp noch in aller Munde waren, als in jeder Wohnung noch Röhrenradios standen und so langsam Fernseher (womöglich mit Farbbild) die Wohnzimmer eroberten, als die Edgar-Wallace-Romanverfilmungen Massen begeisterten und der erste James Bond Film in die Kinos kam und als Reisen nach Bella Italia noch etwas Außergewöhnliches darstellten.

Die kleine Bühne des Theatralla kommt dabei größer rüber, als sie eigentlich ist. Durch einen kleinen Vorhang zweigeteilt, findet sich auf der linken Seite die Wohnstube der Wöhlermanns (mit Originalmöbeln aus der Wirtschaftswunderzeit, teilweise von Rüdiger Schades Großmutter stammend) und auf der rechten Seite Ritas Reisebüro mitsamt eines eleganten Verkauftresens (wobei es sich als schwierig erwies, heute noch Pflanzen wie den Bogenhanf/Sansevieria aufzutreiben, der am rechten Rand platziert ist).Ute Ehrenfels gibt die beherzte Mutter Ilse Wöhlermann. Ehrenfels war hier bereits vor zwei Jahren als Dorothee in „Golden Girls ~ Wir können noch“ (Gastspiel von Die Schauspieler e.V. ) zu erleben. Entertainer Rüdiger Schade gibt ihren Mann Otto Wöhlermann, der nicht nur eifrig Radios repariert und singt, sondern auch mehr oder weniger unfreiwillig seiner Nachbarin Rita bei ihren Telefonaten zuhört. Diese gibt in origineller Weise Thomas Bäppler-Wolf, mit seiner ihm typischen, zum Schreien komischen Mimik.

Von der ersten bis zur letzten Minute erklingen viele längst vergessene und doch so bekannte Evergreens wie „Mit 17 hat man noch Träume“ (gesungen von Rita, Original von Peggy March), „Schuld war nur der Bossa Nova“ (gesungen von Ilse, Original von Manuela) oder „Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“ (gesungen von Rüdiger Schade und vom Publikum ob seiner Tanzeinlagen mit viel Applaus bedacht; im Original von Bill Ramsey). Das junge Liebespärchen verzauberte bei „Geh’n sie aus vom Stadtpark die Laternen“ (Original von Gitte Henning und Rex Gildo). Aber auch einzeln, etwa Gisela im rot gepunktenen Petticoat schwungvoll mit „Ich will n‘en Cowboy als Mann“ oder Erwin mit verführerischem Slang bei „Rote Lippen“ (Original von Cliff Richard/PeterKraus). Dabei legte er bereits zu Beginn charismatisch und mit einem mustergültigen Strahlen einen klasse Start hin und entführte so das Publikum vom ersten Takt an dazu, den Alltag zu vergessen und in die verklärte gute alte Zeit einzutauchen.

Und wie es sich für das kleine Volkstheater im Frankfurter Nordend gehört, wird natürlich auch schön auf frankfurterisch gebabbelt, immer von Herzen, mitunter auch bissig, wenn sich etwa Rita mit urkomischen Grimassen mal wieder so richtig schön aufregt.

Thomas Bäppler-Wolfs Regiearbeit überzeugt durch die ausgewogene Mischung zwischen Lied- und Textanteilen, die paritätischen Anteile der einzelnen Darsteller am Geschehen und vor allem mit der großen Spielfreude, die er sich selbst und seinen vier Kollegen entlockt. Am Ende großer Applaus für eine wunderbare musikalische Geschichte und fünf musikalische Darsteller. Weitere Vorstellungen an ausgewählten Tagen nur bis 6. Juli 2014.

Markus Gründig, Juni 14


Sugar – Manche mögen’ s heiß

Burgfestspiele Bad Vilbel
Besuchte Vorstellung: 12. Juni 14 (Premiere)

Im Frankfurter Papageno-Musiktheater ist es seit Langem ein Hit im Programm, das Musical „Sugar ~ Manche mögen‘ s heiß“ (nach dem Film „Some Like It Hot“ aus dem Jahre 1959 von Billy Wilder, aber mit anderen Songs). In diesem Sommer steht dieser Musicalklassiker auch bei den Burgfestspielen Bad Vilbel auf dem Programm. Bei hervorragendem Sommerwetter hatte das Stück am 12. Juni 14 dort seine Premiere, eine sehr gelungene. Dabei kommt der Inszenierung zugute, dass Männer in Frauenkleidern immer gut beim Publikum ankommen. Und Regisseur Benedikt Borrmann kennt sein Vilbeler Burgpublikum und hat mit einem spielfreudigen Team die musikalische Komödie pointenreich umgesetzt (und hierfür auch eine eigene Textfassung erstellt).

Sugar – Manche mögen’ s heiß
Burgfestspiele Bad Vilbel
Joe (Wolfram Boelzle, Sugar (Stefany Dreyer)
Foto: Eugen Sommer

Zwar steht die titelgebende Sugar im Mittelpunkt des Stücks, doch nicht alleine. Vielmehr ist es die Geschichte der arbeitslosen Musiker Joe/Josephine (charmanter Verführer: Wolfram Boelzle) und Jerry/Daphne (brillant komödiantisch: Stefan Kiefer), die unfreiwillig Zeugen eines Mafiamordes werden und für ihre Flucht in Frauenkleidern schlüpfen, um mit der Damenband Society-Syncopaters von Chicago nach Miami zu reisen, deren Leadsängerin und Ukulele-Spielerin die trinkfreudige Sugar Kane (jugendlich strahlend und rührend: Stefany Dreyer) ist.
Die Bühne von Pia Oertel spielt geschickt mit dem Thema Reisen. Überdimensionale Koffer (allerdings mit Griffen wie von Handtaschen) bilden den Rahmen. Sie werden teilweise geöffnet und bieten dann einen Blick auf acht Schlafkojen eines Schlafwagens, auf die Luxusjacht des Millionärs Sir Osgood Fielding (ansteckend leidenschaftlich verliebt: Carlos Rivas) oder auf das Zimmer von Joe und Jerry im Seminole Ritz Hotel. Aber auch auf vier Türen, aus denen kurz vor der Pause jeweils Sugar-Doubles treten und mit ihr eine glanzvolle Tanznummer bieten (Choreographie: Kati Farkas).

Sugar – Manche mögen’ s heiß
Burgfestspiele Bad Vilbel
Osgood (Carlos Rivas), Jerry (Stefan Kiefer)
Foto: Eugen Sommer

Für die Mordszene zu Beginn wird nicht nur ein großer Sarg auf die Bühne gefahren, ihm entsteigen zwei zuckersüße Animiermädchen in heißen Dessous. Wobei das Stück hier zur vorgegebenen Zeit, zu Beginn der 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts (während der Prohibition, wo Not erfinderisch machte) verortet ist, was insbesondere durch die Kostüme von Anja Müller deutlich wird. Diese leiten teilweise auch schon zum nächsten Musical der Burgfestspiele Bad Vilbel hin: Blues Brothers (das Gefolge des Gangsterbosses Spats Palazzo [mit passendem Imponiergehabe: Thomas Gerber] präsentiert sich in den für die Blues Brothers typischen schwarzen Anzügen und Sonnenbrillen). Es ist der von Benedikt Bach einstudierte Chor Vil-belCanto, der sich mit großer Spielfreude einbringt. Was sich auch über die anderen Beteiligten sagen lässt, wie zur strengen Bandchefin Sweet Sue der Angelina Arnold, die lieber bei der Armee geblieben wäre und ob des Ärgers mit den Mädchen eine Anfälligkeit für Krankheiten hat. Oder zum zwischen den Fronten stehenden Manager Bienstock des Michael Hiller (auch Zahnstocher-Charlie) und den als Dude, Page und Schaffner wirkende Thomas Zigon.

Auch wenn das Musical keinen Hit oder Ohrwurm bieten kann, kommen die Lieder sehr gut an, wie beispielsweise das Duett „Wir sind uns so nah“ zwischen Sugar und Daphne oder die große finale Ensemblereprise von „Triffst du ein Mädchen aus Chicago“. Kleiner Wehmutstropfen: Es spielt keine Liveband, die Songs wurden unter der musikalischen Leitung von Jeff Frohner zuvor im Studio aufgenommen.
Schon für kräftigen Zwischenapplaus sorgten die leidenschaftlichen Tango-Tanzeinlagen des Paares Osgood/Daphne, die nur vom kräftigen Schlussapplaus überboten wurden.

Markus Gründig, Juni 14


Curtains – Vorhang auf für Mord

Musical Inc. Mainz
Besuchte Vorstellung: 29. Mai 14 (Generalprobe Backbord-Crew)

John Kander (* 1927) und Fred Ebb (1928 – 2004) sind vor allem durch ihre Musicals „Cabaret“, „Chicago“ (ab November 2014 als neue Großproduktion im Stage Palladium Theater Stuttgart) und „Kuss der Spinnenfrau“ bekannt. Doch auch der legendäre Song „New York, New York“ stammt von ihnen. Das Murder-Mystery-Musical „Curtains“ ist eines ihrer letzten gemeinsamen Projekte gewesen, es wurde erst 2006 uraufgeführt, also erst nach dem Tod von Fred Ebb. Die deutschsprachige Erstaufführung fand am 5. November 2011 im Landestheater Coburg statt (Übersetzung Wolfgang Adenberg).

Nach den erfolgreichen Inszenierungen von zuletzt „Frühlings Erwachen“ und „Side Show“ ist „Curtains“ das diesjährige Stück der Mainzer Hochschulgruppe Musical Inc. Bis Mitte Juni wird es insgesamt zwölfmal aufgeführt (komplett auf Deutsch und mit jeweils einer kostenlosen 20-minütigen Werkeinführung vor Beginn). In den letzten Monaten wurde in sehr viel ehrenamtlicher Arbeit genäht, gebastelt und vor allem geprobt. Herausgekommen ist erneut eine aufwendige und vor allem stimmungsvolle Produktion, bei der der große Spaß der Darsteller schnell auf das Publikum überspringt. Herausragend ist dabei wieder das große Aufgebot an 42 Beteiligten allein auf der Bühne und die großen Ensemblenummern, die, wie bei „Show Leute“(mit Glitzerhandschuhen und Glitzerregen) schon an das Format von „A Chorus Line“ erinnern.

Curtains – Vorhang auf für Mord
Musical Inc. Mainz
Niki Harris (Christina Wagner), Lt. Frank Cioffi (Jan Schneider)
Foto: Mareike Hachemer

„Curtains“ ist eine wunderbare Kriminalkomödie mit Lovestory: Eine Theatertruppe will von Boston aus mit dem Musical „Robin Hood“ den Broadway erobern. Es bietet Einblicke in den Backstagebereich der zauberhaften Theaterwelt, wo natürlich vieles anders ist, als es von der Publikumsseite aussieht. Dabei nimmt sich das Genre selber ein wenig auf die Schippe. Die geliebt und gehassten Theaterkritiker bekommen mit einem eigenen Song („Was für ein Mann“) auch ihr Fett weg. Auf dem Weg zum Broadway ist nicht nur die unfähige Diva Jessica Cranshaw im Weg, es passieren auch zahlreiche kleinere und größere Desaster, bis hin zu mehreren Mordfällen, die es aufzuklären gilt (das Ende wird hier freilich nicht verraten, denn sonst kommt der Mörder zurück).

Die Handlung spielt in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts und das Stück ist eine nostalgische Hommage an die goldene Ära des Showbiz. Als Zuschauer ist man teils im Backstagebereich des Bostoner Colonial Theaters oder im Wilden Westen (beim Stück im Stück). Die Liveband sitzt oberhalb der aus Traversen bestehenden Bühnenkonstruktion, quasi im Bühnenhimmel (Ausstattung: Rosalia Virga). Unter der Leitung von Thomas Wagner spielt das Orchester einen schmissigen Sound, der, was allerdings gewollt ist, bei den Show in der Show-Nummern gerne auch mal etwas daneben klingt (wie dann auch die Tanzszenen anders ausfallen). Die Auf- und Abtritte der vielen Beteiligten gehen stets sehr flott, die vielen Witze kommen bestens zur Geltung ( Regie: Marie Friedl, Henning Witte).

Das Tanzensemble (Jessica Gleisberg, Christina Griebel, Ayla Hohenstein und Rosalia Virga) zeigt sich unter der stimmigen Choreografie von Thomas Heep und Nadhezda Jung leidenschaftlich und in Top-Form (u.a. mit Spagaten und Radschlägen) und in verschiedenen Outfits (burlesk, im Revue- und Bürostil, aber auch als Indianer und Nixen).

Curtains – Vorhang auf für Mord
Musical Inc. Mainz
Tanzensemble (Nadhezda Jung, Christina Griebel, Rosalia Virga, Ayla Hohenstein) und in der Mitte Georgia Hendricks (Janina Jungbluth
Foto: David Funk

Wie bisher gibt es auch bei dieser Produktion zwei gleichwertige Besetzungen, die deshalb als „Steuerbord“ und „Backbord“ bezeichnet werden. Bei der besuchten Generalprobe vom 29. Mai 14 spielte die Backbord-Crew.
Zentrale Figur im Stück ist der ermittelnde Lieutnant Frank Cioffi, ein passionierter Musicalfreak (und ehemaliger Laiendarsteller). Jan Schneider verkörpert ihn in idealer Weise, mit einer Mimik, die zum Schreien ist und einem authentisch wie überdrehten Spiel (im letzten Jahr spielte er im Kinofilm „Die Andere Heimat“ die Hauptrolle des Jakob). Besonders herausragend ist auch die Produzentin Carmen Bernstein der Verena Bonnkirch, ein energiegeladener Finanz-Teufel im Pelz.
Der von sich maßlos überzeugte Regisseur Christopher Belling („Die Kritiker vergöttern mich“) wird von Henning Witte herrlich überzogen gespielt. Daniel Bogacki gibt einen tiefgründigen Musiker Aaron Fox (klangschön bei „Mir fehl´n die Lieder“). Als seine verflossene Liebe Georgia Hendricks gefällt Janina Jungbluth (einnehmend mit „Hinterher“) . Der Randy Dexter des Jakob Ghaseman macht in seiner Cowboyhose eine gute Figur und die Bambi Bernet der Annika Link überzeugt nicht zuletzt durch ihr tänzerisches Können. Als Niki Harris verzaubert Christina Wagner nicht nur dem Kommissar den Kopf.

Selbst vom kleinen Kreis der Besucher der Generalprobe kommt ein jubelnder Applaus für diese außerordentliche und stimmige Ensembleleistung. Schnell Karten sichern für dieses Raritäten-Spaß-Musical, Vorstellungen laufen nur bis zum 18. Juni 14!

Markus Gründig, Mai 14


Lady in the Dark

Staatstheater Mainz
Besuchte Vorstellung: 17. Mai 14 (Premiere)

Miranda Priestly ist ein Teufel und trägt Prada. Als Chefin der Modezeitschrift Runway hat sie die Zügel in der Hand, ihr Leben nur bedingt. Die Geschichte „Der Teufel trägt Prada“ der Autorin Lauren Weisberger wurde 2006 verfilmt und war mit Meryl Streep und Anne Hathaway in den Hauptrollen ein großer Kinoerfolg. Eine ähnliche Figur wie Miranda Priestly ist auch die Hauptfigur in Kurt Weills, bereits 1941 uraufgeführtem, Musical „Lady in the Dark“, mit dem sich Matthias Fontheim als Intendant des Staatstheater Mainz nun nach acht Jahren vom Mainzer Publikum verabschiedet. Es ist eine herausragende Produktion, die spartenübergreifend Sänger, Schauspieler und Tänzer einbindet und viel optische Opulenz bietet.
Obwohl als Musical bezeichnet, ist es eher ein Schauspiel mit Musik. Nicht nur, dass es keine Ouvertüre gibt, die Sprechszenen dominieren, gesungen wird in den Traumsequenzen. Dabei hat die Musik mehr als nur untermalenden Charakter, sie wird, ähnlich wie in der Oper, Bestandteil der Handlung.

Lady in the Dark
Staatstheater Mainz
Kendall Nesbitt (Gregor Trakis), Liza Elliott (Pascale Pfeuti), Chor, Statisterie
© Martina Pipprich ~ martina-pipprich.de

Die Bühne zeigt zunächst den Behandlungsraum des Psychotherapeuten Dr. Brooks (passend bedächtig: Marcus Mislin), mit Schreibtisch und Couch. Die vertäfelte Rückwand entpuppt sich als Teil der großen Bühnenkulisse, die auf der Drehbühne platziert wurde. Sie öffnet sich nicht nur effektvoll bei der Verwandlung zum Büro der Chefredakteurin, sondern zeigt auch drei aufeinander abgestimmte, surreal anmutende Räume, mit ins Nichts führenden Treppen und optischen Täuschungen, ähnlich wie bei dem niederländischen Künstler M.C. Escher (Bühne: Stefan Heyne).
Die Traumsequenzen sind als große Tableaus angelegt, hier zeigt das Staatstheater Mainz seinen großen Apparat, bunt und lebensfroh, mit Tanznummern und artistischen Einlagen. Schillernd sind die vielfältigen Kostüme, seien es elegante Abendkleider oder Zirkustrikots (Kostüme: Valerie Hirschmann). Der Wechsel zwischen den großen musikalischen Ensembleszenen und den Sprechszenen geht stets sehr fließend.

Lady in the Dark
Staatstheater Mainz
Liza Elliott (Pascale Pfeuti), Alison du Bois (Friederike Bellstedt), Maggie Grant (Nicole Kersten), Chor
© Martina Pipprich ~ martina-pipprich.de

Im Mittelpunkt steht die Chefredakteurin und Herausgeberin der Modezeitschrift „Allure“, Liza Elliott. Im Beruf hat sie Erfolg, ihr Privatleben ist ein Desaster, weshalb sie psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nimmt (Freuds Forschungen auf diesem Gebiet waren zur Entstehungszeit des Musicals in den USA weithin angesagt). Facettenreich wird sie von der Schauspielerin Pascale Pfeuti gegeben, als verklemmte Chefin in biederem Outfit, aber auch strahlend und verführerisch in ihren eigenen Traumbildern. Gesanglich bietet sie mehr als Schauspielgesang, ist sie doch Lead-Sängerin der Band „papaceluma“. Auch die weiteren Hauptrollen wurden mit Schauspielern besetzt, aufgrund der Traumsequenzen auch in Mehrfachbesetzungen. Als die Männer an Lizas Seite gefallen: Gregor Traki als ihr langjähriger Freund Kendall Nesbitt, Stefan Walz als ihr Verehrer und Hollywoodstar Randy Curtis und Hendrik Richter als ihr Zielobjekt für einen Brieföffner, Charley Johnson. Ks. Jürgen Rust spielt sich als tuntiger Fotograf Russel Paxton in den Vordergrund. Nicole Kersten gibt eine beherzte Maggie Grant, die rechte Hand Lizas und Friederike Bellstedt eine aufgedrehte Kolumnistin Alison du Bois. Dazu sind zahlreiche weitere Darsteller beteiligt, wie auch der Chor (Einstuidierung Florian Csizmadia und Sebatian Hernandez-Laverny) die Statisterie, Mitglieder der Jugendclubs und von Eleve ballettmainz.

Kurt Weil, der  vor allem durch „Die Dreigroschenoper“ und „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ bekannt ist, nutzt das Kopfmotiv des Songs „Mein Schiff“ als musikalisches Thema für das gesamte Stück. Die Melodie begleitet die Hauptfigur von der Kindheit an und hilft ihr am Ende zu einem hoffnungsvollen Neuanfang in trauter Zweisamkeit. Der 1. Kapellmeister des Staatstheater Mainz, Florian Csizmadia, lässt das Philharmonische Staatsorchester Mainz Weills schillernde Musik wunderbar plastisch spielen.
Großer und lang anhaltender Jubel für die fulminante Abschiedsproduktion von Matthias Fontheim.

Markus Gründig, Mai 14


Saturday Night Fever

English Theatre Frankfurt
Besuchte Vorstellung: 5. Oktober 13 (Premiere)

Die Erfolgsserie des English Theatre Frankfurt mit seinen Musicalproduktionen erreicht mit Saturday Night Fever einen neuen Höhepunkt. Allein die Tatsache, als erstes kleineres Haus in Europa das Musical über ein gutes Vierteljahr spielen zu dürfen, ist schon eine kleine Sensation, war es bislang doch nur als En-suite-Produktion im Musical Dome Köln (1999 – 2002.) und während einer Tournee (2004-2005) in Basel, Düsseldorf und München zu sehen.

Dabei geht Ryan McBryde, Hausregisseur des English Theatre Frankfurt, bewusst einen anderen Weg, denn eine „Feel-Good-Tanz-Extravaganza“, wie er die Musicalproduction beurteilt, die gut zwanzig Jahre nach dem Film in London ihre Uraufführung feierte, schwebte ihm für seine Umsetzung nicht vor. Viel mehr die raue Atmosphäre des Films von 1977 mit all ihren brüchigen Charakteren. Allen voran die Entwicklung des jungen Tony Manero, der noch im Elternhaus wohnt, mit seinem einfachen Job in einem Malergeschäft die Familie unterstützt und nur im Tanz seine Befreiung findet.

Saturday Night Fever
English Theatre Frankfurt
Tony Manero (Chris Cowley), Stephani (Naomi Slights)
© Muth Media / English Theatre Frankfurt

Schon der Beginn ist auffallend anders. Eine Gruppe Menschen steht um Sprit an, um nach langem Warten mitgeteilt zu bekommen, dass es heute keinen mehr gibt. Dazu wird eine Fernsehbotschaft vom damaligen US-Präsidenten Jimmy Carter (der von 1977 bis 1981 US-Präsident war) mit Bildern von Unruhen im Land eingeblendet. Der Opener „Stayin‘ Alive“, einer der größten Hits aus dem Musical, wird nicht als große Eröffnungsnummer gegeben, sondern von Tony Manero als solistischer Extrakt, sehr zurückhaltend, kammerspielartig, mit dem Schlussakkord „Life going nowhere, somebody help me, somebody help me, yeah. Stayin‘ alive“. So ist Tonys Geschichte exponiert und dies wird von Ryan McBryde auch bis zum Schluss durchgezogen. Da bekommt dieses Musical dann auf einmal einen sozialkritischen Impetus und einen Bezug zur Gegenwart, wo Probleme wie Arbeitslosigkeit, Lebensplanung und die Suche nach dem persönlichen Glück angesagt sind. Die Antwort von Tonys Chef auf dessen „Fuck the future“ lautet unmissverständlich „The future fucks you“. Somit bietet die Inszenierung nicht nur für Schulklassen ausreichend Ansatzpunkte für tiefergehende Betrachtungen. Dennoch ist es kein Sozialdrama, denn die genialen Hits der Bee Gees zünden auch heute noch. Was dann bei der ersten großen Ensemblenummer „Boogie Shoes“ deutlich wird und vom Highlight „Night Fever“ getoppt wird.

Zudem bieten die Musiknummern neue Hörerlebnisse. Viele Songs sind verfremdet, manche werden nur angeschnitten und andere mit einer leichten Jazznote gespielt (Arrangements: Paul Herbert). Das unterstreicht den Regieansatz. Bei „Jive Talkin’“ beispielsweise sind nur ein Gitarrist und ein Percussionist beteiligt. Die Darsteller singen oftmals auch a capella (solistisch wie im Chor). Das ist schon außergewöhnlich, zumal der Musikalische Leiter James Doughty für die Darsteller nur bedingt zu sehen ist. Als außergewöhnliches musikalisches Erlebnis kommt hinzu, das das English Theatre Frankfurt erstmals „Actor-Musicans“ engagiert. Also musizierende Darsteller. Diese müssen nicht nur singen, tanzen und schauspielern, nein auch noch musizieren. Wobei sich das dann am Ende nicht so ausgedehnt zeigt, wie gedacht. Grundsätzlich sorgen ein E-Piano (Paul Syrstad) und ein Keybord (James Doughty) und ein Schlagzeug (Dominic CardellN“) für einen gewissen musikalischen Klangteppich, auf den dann weitere Instrumente, wie E-Gitarre und vor allem Blech (Saxophone und Trompeten) spielen (Bläserarrangements bestimmen auch die Original Bee Gee Songs). Ein frischer, neuer Sound für die legendären Hits der Bee Gees, der nicht immer perfekt klingt, aber das ist wohl letztlich gerade gewollt, um die Brüchigkeit der Welt auch musikalisch zu belegen.

Saturday Night Fever
English Theatre Frankfurt
Cesar (Momar Diagne), Maria (Georgia Reid-Hamilton) und Ensemble
© Muth Media / English Theatre Frankfurt

Über der Szenerie schwebt ironisch ein Werbeplakat mit dem Spruch „Enjoy the life“. Doch dies kann hier eigentlich keiner wirklich. Jeder hat sein eigenes Päckchen Probleme zu tragen. Und doch kommt der Zauber des Discozeitalters durch, auch im dunkel gehaltenen Bühnenbild von Philip Witcomp. Drei variable große Boxen bieten nicht nur Platz für den Schlagzeuger, sondern auch für einzelne Szenen. Auf einer Seite sind sie von viereckigen Platten gesäumt, die in unterschiedlichen Farben aufleuchten und damit engen Bezug zum Boden der Diskothek 2001 Odyseey aus dem Film nehmen (wie er auch auf dem Cover zum Soundtrack abgebildet ist). Die unterschiedlichen Handlungsorte (Malergeschäft, das Zuhause von Tony, der Probenraum mit althergebrachten Kassettenspielern, die 2001 Odyseey Disco  und auch die Brooklyn-Brücke) werden im schnellen und fließenden Wechsel gezeigt, dabei helfen neben den variablen Kuben auch eingeschobene Wände und Gitterkonstruktionen.

Die junge Besetzung ist mit großer Leidenschaft dabei, was ganz besonders für die heißen Tanzszenen gilt (Choreografie Darragh O’Leary). Hier sind das Paar Georgia Reid-Hamilton (Maria) und Momar Diagne (Cesar) die wahren Tanzsieger. Alex Simmons präsentiert dazu waghalsige Salti und Breakdance-Einlagen. Eine passende Tiefe für die traurige Figur des Bobby verleiht diesem Paul Syrstad (mit einem ergreifenden „Tragedy“), was auch für die Anette der Devon-Elise Johnson gilt („If I Can’t Have You“).
Naomi Slights ist eine brillante Stephanie, die aufstrebende, selbstbewusste junge Frau, die in Manhattan als Sekretärin arbeitet („What Kind Of fool“). Star und Zentrum der Produktion ist Chris Cowley als Tony Manero. Schauspielerisch wie musikalisch präsentiert er sich vielschichtig und vermittelt die Figur überaus authentisch. So sitzt er am Ende traurig und verzweifelt auf dem Boden und findet langsam den Weg zu Stephanie. Ihr sanft vorgetragenes Duett „How Deep Is Your Love“ beendet das Stück so unspektakulär wie es begonnen hat und verleiht ihm damit doch eine ungemeine Größe. Viel Applaus und Standing Ovations.

Markus Gründig, November 13


Evita

Staatstheate Wiesbaden
Besuchte Vorstellung: 5. Oktober 13 (Premiere)

Auf Jesus folgte Evita. Bei Andrew Lloyd Webber. Nach dem Erfolg des Musicals von „Jesus Christ Superstar“ stellte er bei seinem nächsten Musical eine Frau in den Mittelpunkt, die argentinische Präsidentengattin Evita Perón. Nun ist der populäre Musicalklassiker, der von März 2012 bis Januar 2013 am Broadway ein aufseheneregendes Revival mit Latino-Star Ricky Martin in der Rolle des Che erlebte, am Staatstheater Wiesbaden zu sehen. Dass die Nachfrage nach diesem Musical ungebrochen ist, zeigt allein, dass die Premiere ausverkauft war. Musicals haben am Staatstheater Wiesbaden zudem eine schöne Tradition, sei es im Großen Haus, im Kleinen Haus (Jugendtheater) oder in der Spielstätte Wartburg (Jugendclub).

Für die Inszenierung von „Evita“ zeichnet die französische Regisseurin und Choreographin Pascale-Sabine Chevroton verantwortlich. Auf ein großes Bühnenspektakel, was sich für das Stück, wie für das Haus, durchaus anböte, hat sie verzichtet. Das Bühnenbild spielt eher eine untergeordnete Rolle. Dafür hat sie sich ganz auf die starken Stimmen der Protagonisten und die verführerische Musik Andrew Lloyd Webbers verlassen, die auch ohne szenischen Bombast wirken.

Evita
Staatstheate Wiesbaden
Evita (Milica Jovanovic) und Tanzensemble
© Martin Kaufhold

Die Bühne von Roy Spahn ist modern abstrakt gehalten. Zu Beginn hängen auf vier Zugreihen unterschiedlich breite weiße Stoffbahnen herab, auf die die eigentlich in einem Kinosaal spielenden Bilder von Evitas Tod projiziert werden. Ihnen folgen bunte Stoffbahnen für die Nachtclubszene, es sind eine der wenigen visuellen Verweise auf südamerikanischen Flair. Später folgen lediglich ein Schminktisch, ein Laufsteg, ein Infusionsständer und ein Käfig-Kreuz, viel mehr gibt es nicht an Bühnenrequisite. Oftmals ist die Bühne leer, die allerdings durch die geschickte Ausleuchtung (Licht: Andreas Frank), durch Vorhänge und unterschiedlichen Höhen dennoch optisch verführt. Für Peróns Heim fährt vorne ein ausgestalteter Gesellschaftsraum aus dem Boden hoch.
Pascale-Sabine Chevroto weiß gut, wie sie die vielen Ensemblemitglieder des Chores, des Jugendchores und der Statisterie einzusetzen hat. Auf- und Abtritte erfolgen stets sehr schnell. Und es gibt ein Extra-Ballett, das ebenfalls Pascale-Sabine Chevroto einstudiert hat. Für die Kostüme wurde viel Aufwand betrieben. Landleute, Städter, Militärs, Krankenschwester, ein jeder ist stets passend gekleidet (Kostüme: Tanja Liebermann). Der von Anton Tremmel einstudierte Chor präsentierte sich mit guter Textverständlichkeit und großer Spielfreude, besonders anrührend erklang der von Dagmar Howe einstudierte Jugendchor.

Herausragendes Merkmal der Inszenierung ist, dass der Tod nicht nur schon zu Beginn auf dem Programm steht, sondern hier in Form des Che allgegenwärtig ist. Diesen gibt vollkommen ohne Latinoattitüden Thomas Christ. Mit seiner Glatze und seinem schwarzen Outfit gleicht er mehr einem Mephisto oder dem Tod aus „Elisabeth“ (im zweiten Akt dann ärmelfrei eher einem Henker). Als Mahner ist er ständiger Begleiter Evitas und kommentiert alles gewissenhaft. Und gefällt nicht nur mit seiner starken szenischen Präsenz, sondern auch gesanglich. Wie auch Philippe Ducloux als Evitas früherer Liebhaber Magaldi, der voller Temperament seine Gitarre herumwirbelt und mit tenoralem Schmelz verführt.

Außergewöhnlich ist die Balkonszene zu Beginn des zweiten Aktes. Hier befindet sich das Präsidentenpaar in der Mittelloge des 1. Ranges. Ihr Bild wird groß auf einen die ganze Bühne einnehmenden Gazevorhang projiziert, hinter dem sichtbar das Volk steht und zu ihnen hochjubelt. Eine gelungene Mischung zwischen Film und Bühne, zwischen Traum und Realität.

Mit der deutschen Milica Jovanovic (mit serbokroatischen Wurzeln) wurde eine junge und dennoch schon sehr erfahrene Musicaldarstellerin für die Rolle der Evita verpflichtet und sie ist ohne Frage der Star der Inszenierung. Mit jugendlicher Unschuld im Ausdruck und in der Stimme, singt sie sich in die Herzen der Zuschauer. Eine engelsgleiche Zärtlichkeit liegt in ihrer Stimme, die durchaus auch sehr kraftvoll ist (alternierend wird Beatrix Reiterer diese Rolle geben).
Peter Bording gefiel mit souveräner Stimme und erhabenen Gesten als der argentinische Präsident Juan Perón. Sarah Jones gab der ausgestoßenen Mistress ein passendes Profil. Als kleine Evita rührte Jasmin Frey das Publikum. Das stark verkleinerte Orchester des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden spielte unter der Leitung von Wolfgang Wengenroth einen zupackenden Webber-Klang.

Am Ende gab es viel Applaus für die Darsteller und freundlichen Applaus für das Regieteam.

Markus Gründig, Oktober 13