kulturfreak.de Besprechungsarchiv Liederabende etc., Teil 8

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Kihwan Sim singt Lieder im Holzfoyer

Oper Frankfurt (Holzfoyer), 30. Juni 15

Der in Seoul geborene Bassbariton Kihwan Sim ist seit der Spielzeit 2012/13 Ensemblemitglied der Oper Frankfurt, zuvor war er Mitglied des Opernstudios der Oper Frankfurt. In Erinnerung ist unter anderem seine großartige Darstellung des Bürgermeisters Gottardo in Die diebische Elster (La gazza ladra) vor einem Jahr. In der aktuellen Spielzeit interpretierte er die Partien Colline (La Bohème), Rodolfo (La sonnambula), Ludwig VI (Euryanthe) und Ein Polizeikommissär (Der Rosenkavalier). Als krönenden Abschluss durfte er jetzt einen eigenen Liederabend im Holzfoyer gestalten. Die ist für seine große Stimme eigentlich viel zu klein, denn er ist ein wahres Stimmwunder.

Kihwan Sim
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Sein Programm stellte er unter den Titel „La Belle Jeunesse“, also „Die schöne Jugend“. Wobei dies ob der gewählten Lieder größtenteils zunächst als ironische Anspielung anmutete. Die Auswahl von Brahms, Schubert und Wolf war stark von schwarzer Romantik, Schwermütigkeit und Todessehnsucht geprägt. Wobei vielleicht gerade die Jugend zu diesen Themen einen unbekümmerten Zugang hat, auch ist zu bedenken, dass die Komponisten bei der Entstehung der Lieder teilweise nicht älter waren, als es Kihwan Sim jetzt ist.
Zu Beginn gab es fünf der neun Lieder aus Johannes Brahms düsterem Opus 32 (diesen komponierte Brahms als Einunddreißigjähriger). Das in abgründige Tiefe führende „Wie rafft ich mich auf in der Nacht“ war, wie der gesamte Vortrag Kihwan Sims, weniger ein feinfühliger Ausdruck von Todessehnsucht als von heftig empfundenem Schmerz. Wie will man aber auch einen Stimm-Vulkan wie ihn bremsen? Nuancenreich und ausdrucksstark präsentierte Sim die Lieder, direkt und nicht gekünstelt, immer wieder gerne mit kraftvollen ariosen Anmutungen, die seiner Ausnahmestimme schmeichelten.
Zu weiteren abgründigen Gefühlsregionen stieß er mit vier Liedern aus Franz Schuberts Zyklus „Schwanengesang“  und zeigte hier bei Liedern wie dem langsamen und ruhigen „Ihr Bild“ oder „Der Doppelgänger“ seine lyrischen Qualitäten. Das dem Abend den Titel gebende heitere Lied „La Belle Jeunesse“ von Francis Poulenc beendete den ersten Teil.
Nach der Pause begann Sim mit Liedern von Hugo Wolf, dessen umfangreiches Liedgut bei Liederabenden relativ wenig genutzt wird. Umso schöner, dass Sim hier bei den „Drei Lieder nach Michelangelo“ fündig wurde. Ganz besonders gelungen, das an die Vergänglichkeit allen Irdischen erinnernde „Alles endet, was entstehet“.
Er schloss den Abend wie den ersten Teil, auf französisch. Nun aber mit dem kleinen Zyklus „Don Quichotte à Dulcinée“, Maurice Ravels letztes Werk (entstanden 1932).
Mit einem leidenschaftlich vorgetragenen „Chanson à boire“ („Ein Trinklied“) beendete Sim glanzvoll seinen Liederabend.
Er erhielt sehr viel Applaus und „Bravo“-Rufe und bedankte sich mit einem koreanischen Lied („Niemanden bekannt“).

Markus Gründig, Juli 15


Liederabend Anette Dasch (Sopran), Daniel Schmutzhard (Bariton) und Helmut Deutsch (Klavier)

Oper Frankfurt, 16. Juni 15

Liebschaften unter Sängern sind an sich keine Besonderheit, das bringt der Berufsalltag mit sich. Das Paare gemeinsam auf der Bühne stehen, kommt schon seltener vor. Nachdem der für Mai 2014 angekündigte Liederabend des Ehepaares Annette Dasch und Daniel Schmutzhard aufgrund eines freudigen Ereignisses verschoben werden musste, fand nun, bei sehr gut besuchtem Haus, der Nachholtermin statt.
Die beiden gestalteten einen äußerst herausragenden Liederabend, der einen glanzvollen Abschluss der erfolgreichen Liederabendserie dieser Saison bildete (am 30. Juni 15 findet noch „Kihwan Sim singt Lieder im Holzfoyer“ statt). Annette Dasch zählt zu den führenden Sopranistinnen unserer Zeit. Einem weiten Kreis wurde sie durch ihre Reihe „Dasch Salon“ bekannt, die 2008 vom Berliner Radialsystem V entwickelt und auf 3sat ausgestrahlt wurde. Mittlerweile findet diese Reihe in der Alten Oper Frankfurt statt (die nächsten Termine: So. 6. Dezember 15 und So. 20. März 16). Ihr Ehemann, der Bariton Daniel Schmutzhard, ist seit der Saison 2011/12 Ensemblemitglied der Oper Frankfurt (zuvor an der Wiener Volksoper). Im Juli wird er die Titelrolle bei Don Giovanni und im August sein Debüt bei den Salzburger Festspielen (an der Seite von Piotr Beczala und Elīna Garanča als Albert in Massenets Werther) geben.

Liederabend Anette Dasch, Daniel Schmutzhard und Helmut Deutsch
Oper Frankfurt, 16. Juni 15
Helmut Deutsch, Anette Dasch, Daniel Schmutzhard
© Wolfgang Runkel

Der Abend war ein ganz besonderer Glücksfall für das zahlreich erschienene Publikum. Nicht nur, weil zwei großartige Sänger und der renommierteste Klavierbegleiter (Helmut Deutsch) zu erleben waren, sondern vor allem, weil sie die Lieder überaus kunstvoll präsentierten, dabei aber sehr geerdet und natürlich wirkten.
Wenn in der Vergangenheit zwei Sänger einen Liederabend gestalteten, so wechselten sie sich bei den Liedern stets ab, Duette wurden nur selten gesungen. Das kunstvolle gemeinsame Singen prägte jedoch diesen außergewöhnlichen Liederabend. Manchmal wechselten sich die beiden bei den Strophen ab, meistens sangen sie jedoch gleichzeitig. Was bei so unterschiedlichen Stimmen keine leichte Sache ist. Dennoch gelang ihnen das ganz hervorragend. Überschneidungen, Variationen beim Tempo.., ihre vielseitigen Ausdrucksmittel in einem dennoch überaus harmonischen Gesamtklang erhoben diesen Abend zu einer Sternstunde des Kunstgesangs. Über das technisch akkurate Singen hinaus funktionierte auch die Spannung zwischen Ihnen. Ihre Augen funkelten vor Liebeseifer und durch ihre authentisch vermittelte Liebesglut erhielten die Lieder eine zusätzliche emotionale Tiefe.

Liederabend Anette Dasch, Daniel Schmutzhard und Helmut Deutsch
Oper Frankfurt, 16. Juni 15
Helmut Deutsch, Anette Dasch, Daniel Schmutzhard
© Wolfgang Runkel

Ihr gewähltes Programm beinhaltete klassische romantische Liedkunst, von Dvořák, Schubert, Schumann und Tschaikowski, zudem Lieder der Komponisten Peter Cornelius und Emil Mattiesen. Nach drei einleitenden Liedern von Peter Cornelius bildete Franz Schuberts „Hektors Abschied“, entlehnt von Schillers „Räuber“, mit Dramatik und Vehemenz einen ersten Höhepunkt, gefolgt von einem romantisch verträumten „Licht und Liebe“. Bei „Der Tod und das Mädchen“ übernahm Annette Dasch das Mädchen, Daniel Schmutzhard den Tod. Wenn denn einmal die letzte Stunde kommt: Mit einer derart balsamisch betörenden Stimme im Ohr muss es sich entspannt sterben lassen.
In russischer Originalsprache wurden die Tschaikowski-Lieder gesungen, die ausgefallene „Schottische Ballade: Edward“ bildete vor der Pause einen weiteren Höhepunkt.
Im zweiten Teil sorgten sieben Lieder von Robert Schumann für romantische Liebeswehmut, sehr berührend vor allem „Wenn ich ein Vöglein wär’ “. Außergewöhnlich und fesselnd die „Zwiegesänge zur Nacht“ von Emil Matthiesen, die ob ihrer späteren Entstehung, einen modernen Kolorit einbrachten. Ganz besonders innig vorgetragen: „Sternengesang“. Mit Anton Dvořák beendeten die beiden diesen Abend (das ihm eigene Volksliedhafte, Bodenständige lockerte beide Sänger auf).
Viel Applaus gab es bereits schon zwischendurch, nicht nur am Ende der Liedgruppen, sondern „unerwünschter Weise“ auch nach einzelnen Liedern.
Das Paar bedankte sich mit drei Zugaben: Eric Thimans „Spring Wind“, Hanna und Danilos Walzerduett „Lippen schweigen“ aus dem III. Akt der Operette Die lustige Witwe von Franz Lehár (ein kurzer Walzertanz sorgte für eine weitere Applausbekundung) und Johannes Brahms´ „Da unten im Tale“.

Markus Gründig, Juni 15


mainKlang acapella Ensemble

KUHtelier Karben, 13. Juni 15

Unter dem Motto „Ich wollt meine Lieb ergösse sich“ präsentierte das Frankfurter acapella Ensemble MainKlang im Karbener KUHtelier ein buntes Programm. Im ersten Teil waren es klassische Kunstlieder der Romantik von Felix Mendelssohn Bartholdy, Robert Schumann, Johannes Brahms und Antonín Dvořák, im zweiten Teil internationale Lieder, die vom französischen „Plaisir d’amour“ (Jean-Paul Schwarzendorf) über englischsprachige von Cole Porter und Leonard Cohen bis hin zur „Bohemian Rhapsody“ von Queen führten. Also ein weit gespannter Bogen, der vom großen Band der Liebe zusammengehalten wurde. Und von Ansagen der künstlerischen Leiterin Dana Buchenau. Stilvoll führte sie, stets mit einem Augenzwinkern und einer Prise Humor, durch den Abend, führte in jedes Lied mal kurz, mal länger ein und erzählte auch die eine oder andere Anekdote um die jeweiligen Komponisten.

mainKlang acapella Ensemble © mainKlang

In der einzigartigen und intimen Atmosphäre des Karbener KUHteliers sorgten die Lieder für viel Freude beim zahlreich erschienenen Publikum im ausverkauften Saal. Die Liebe der acht Frauen zum Gesang ergoss sich vom ersten Lied „Ich wollt meine Lieb ergösse sich“ (Felix Mendelssohn Bartholdy) sprichwörtlich ins Publikum.
Schumanns „Wenn ich ein Vöglein wär“ und Antonín Dvořáks „Fliege, Vöglein“ waren nur zwei der Highlights. Denn das Besondere von mainKlang-Ensemble (Annette Huf, Lana Tepel, Silke Freund, Kerstin Kraft, Silke Hilger, Andrea Stephan, Sascha Braun, Dana Buchenau) ist das perfekte Zusammenspiel der unterschiedlichen Klangfarben, die vom Koloratursopran bis zum Kontra-Alt reichen. Für das umfangreiche Programm wurde sehr viel geprobt, das Ergebnis kann sich mehr als hören lassen. Jedes Lied war von einer individuellen Note der Mehrstimmigkeit geprägt. Selbst ein so bekanntes Lied wie Schumanns Wiegenlied („Guten Abend, gute Nacht“) erklang im Arrangement wie ein besonderer Segen des Himmels. Überraschend auch die kunstvolle Ausgestaltung der populären Lieder der Moderne, wie Ralph Mc Tells „Streets of London“ oder Leonard Cohens „Hallelujah“. Einen grandiosen Abschluss bildete Queens rockige „Bohemian Rhapsody“.
Sehr viel Applaus und zwei Zugaben.

Markus Gründig, Juni 15


Liederabend Edita Gruberová (Sopran) und Peter Valentovic (Klavier)

Oper Frankfurt, 28. April 15

Es wecket meine Liebe
Die Lieder immer wieder!
Es wecken meine Lieder
Die Liebe immer wieder!

(aus G. Mahlers „Erinnerung“, Text : Richard Volkmann)

Die „Primadonna assoluterova“ Edita Gruberová wird in einem Atemzug mit Maria Callas und Dame Joan Sutherland genannt. Von Wien aus eroberte die in Bratislava (Hauptstadt der Slowakei) geborene Künstlerin mit Mozarts „Königin der Nacht“ die Bühnen der Welt. So ist es kein Wunder, dass sie bei ihrem Liederabend in der Oper Frankfurt für ein volles Haus sorgte. Viele, die sonst nie zu Liederabenden gehen, waren extra wegen ihr ins Opernhaus am Willy-Brandt-Platz gekommen. Ihr Engagement spricht zudem für die Oper Frankfurt, deren Liederabendreihe große, wie noch nicht so große, Namen, junge wie nicht mehr ganz so junge Künstler, umfasst (in der Liederabendserie der kommenden Spielzeit wird es beispielsweise ein Wiedersehen mit Anja Silja geben).
Die Sopranistin Edita Gruberová hat beinahe fünfzig Jahre Bühnenerfahrung, das ist natürlich in ihrem Auftreten und bei jeder ihrer Bewegungen unverkennbar. Dabei zeigt sie sich zwar souverän und mit erhabener Größe, aber ohne Starallüren, stets mit einem dezenten und charmanten Lächeln.

Liederabend Edita Gruberová (Sopran) und Peter Valentovic (Klavier)
Oper Frankfurt, 28. April 15
Peter Valentovic, Edita Gruberová
© Wolfgang Runkel

Die von ihr gewählten Lieder stammten von bekannten Komponisten, die gerne und oft bei Liederabenden erklingen: Richard Strauss, Gustav Mahler, aber auch Antonín Dvořák, Peter I. Tschaikowski und Nikolai Rimski-Korsakow. Die Lieder selbst standen größtenteils abseits des gängigen Liederabendrepertoires, folgten in ihrer Schwermütigkeit aber der romantischen Grundhaltung.
Leicht und hell eröffnete Gruberová mit Tschaikowskys „Warum?“ den Abend. Dieses Lied einer Verlassenen steigert sich zu einem dramatischen Ausbruch im letzten Vers, um dann im zarten Piano zu enden („O sprich mein herzallerliebstes Lieb, warum verließest du mich?“). Einen innigen und zärtlichen Bogen spannte Gruberová mit dem nachfolgenden „Wiegenlied“, hierbei einen förmlich umstreichelnd und zu Herzen gehend.
Dvořáks sieben Zigeunerlieder, die nach Pavol Breslik in 2010 zuletzt Jamie Barton bei ihrem Liederabend in Frankfurt präsentierte, bildeten den Abschluss des ersten Teils. Hierbei geriet insbesondere das dritte Lied „Rings ist der Wald so stumm und still“ zu einer musikalischen Perle. Im Strauss-Teil stand vor allem sein kleiner Zyklus der Mädchenblumen im Fokus, hierbei gefiel besonders „Wasserrose“ wofür Guberová auch Zwischenapplaus erhielt. Bei der den Abend offiziell beendenden Mahler-Auswahl ragte das bewegende „Ich atmet´einen linden Duft“ besonders heraus.

Begleitet wurde Edita Gruberová geflissentlich vom jugendlich wirkenden Solorepetitor und Dirigenten Peter Valentovic (im eleganten Frack und mit einem ansteckenden Lächeln). Nach dem offiziellen Teil folgten die Zugaben, die gar kein Ende nehmen wollten und mit denen Edita Gruberová einen neuen Rekord an der Oper Frankfurt aufgestellt haben dürfte. Mit insgesamt sechs Zugaben bedankte sie sich für den nicht nachlassenden Applaus und Standing Ovations beim Frankfurter Publikum. Nach noch an zum Liedprogramm passenden Liedern von Gustav Mahler („Selbstgefühl“ aus Lieder und Gesänge  und „Wer hat dies Liedlein erdacht“ aus „Des Knaben Wunderhorn“ wechselte sie in das, wofür sie berühmt ist: Arien mit vielen atemberaubenden Koloraturen. Jetzt blühte sie gehörig auf und heizte dem Publikum richtig ein. Der Jubel wollte kein Ende nehmen. Gesungen wurden (ein herzliches Dankeschön an den Pressesprecher der Oper Frankfurt, Holger Engelhardt, für die Info!): Giacomo Puccinis „Signore, ascolta“ (Arie der Liù aus dem I. Akt der Oper Turandot von 1926) und „Che il bel sogno di Doretta“ (Arie der Magda aus dem I. Akt der Oper La Rondine von 1917), sowie Gaetano Donizettis „Ah! tardai troppo“ – „O luce di quest’anima“ ( Arie der Titelheldin aus dem   I. Akt der Oper Linda di Chamounix von 1842) und Gustave Charpentiers „Depuis le jour“ (Arie der Titelheldin aus dem III. Akt der Oper Louise von 1900).

Im Rahmen der Internationalen Maifestspiele Wiesbaden 2015 wird Edita Gruberová am Sonntag, den 24. Mai 2015 und am Freitag, den 29. Mai 2015 in Norma von Vincenzo Bellini zu erleben sein.
Ihr aktuelles Liedprogramm präsentiert sie auch am Sonntag, den 3. Mai 2015 im Festspielhaus Baden Baden, am Sonntag, den 28. Juni 2015 bei den 63. Festspielen Europäische Wochen Passau und am Freitag, den 3. Juli 2015 bei den Münchner Opernfestspielen (im Nationaltheater).

Markus Gründig, April 15


Liederabend Daniel Behle (Tenor) und Julius Drake (Klavier)

Oper Frankfurt, 24. März 15

Ruhe, ruhe
Meine Seele,
Und vergiss,
Was dich bedroht!

(aus “Ruhe, meine Seele!” von Karl Friedrich Henckell)

Gerade noch als Belmonte in Mozarts „Die Entführung aus dem Serail“ an der Bayrischen Staatsoper München und am kommenden Wochenende bei Bachs „Johannespassion“ in der Kirche St. Ludwig (als Sonderkonzert des Staatstheater Darmstadt), dazu Termine bis 2017, u.a. in Aix-en-provence („Die Entführung aus dem Serail“), Wien („Capriccio“), London (“Cosi fan tutte“ und „Königskinder“) und Bayreuth („Meistersinger“). Neben großen Opernrollen stehen aber auch regelmäßig anspruchsvolle Liederabende in seinem Kalender (und die Mitwirkung bei zwei Neuproduktionen der Oper Frankfurt in der kommenden Spielzeit): Daniel Behle ist gut im Geschäft. Nicht immer verläuft die Karriere ehemaliger Ensemble-Mitglieder der Oper Frankfurt derart erfolgreich, aber immer öfter.

Liederabend Daniel Behle (Tenor), Julius Drake (Klavier) Oper Frankfurt, 24. März 15 Julius Drake (Klavier), Daniel Behle (Tenor) © Wolfgang Runkel

Daniel Behle gab jetzt seinen dritten Soloauftritt innerhalb weniger Jahre an der Oper Frankfurt und wurde dabei von Julius Drake begleitet. Die beiden boten einen erstklassigen Liederabend unter erschwerten Bedingungen. Denn eigentlich sollte diesen Abend der britische Tenor Ion Bostridge gestalten (mit Liedern von Bach, Purcell, Hayden und Britten). Wie Pressesprecher Holger Engelhardt zu Beginn des Abends darauf hinwies, hatte Bostridge schon tags zuvor in der Oper Frankfurt geprobt. In der Nacht wurde dann seine Erkältung aber so stark, dass er am Morgen für den Abend absagen musste. Behle konnte kurzfristig erreicht werden und machte sich flugs aus seiner Wahlheimat Basel auf den Weg nach Frankfurt.
Die meisten der an diesem Abend gegebenen Lieder hat er bereits auf einer seiner zahlreichen CD´s eingespielt, ist also gut mit ihnen vertraut. Die Zusammenarbeit mit Bostridges Klavierbegleiter Julius Drake hingegen war neu. Ob der kurzen Vorbereitungszeit war dies eine besondere Herausforderung für beide, die sie jedoch glänzend bewältigt haben.
Von Hektik oder Anspannung war weder bei Behle noch bei Drake etwas zu spüren. Sie wirkten so, als wäre es ganz selbstverständlich, dass sie heute Abend auf der Bühne der Oper Frankfurt stehen. Julius Drake wirkte in seinem Spiel äußerlich sehr locker und souverän. Und auch Behle wirkte sehr gelöst und gut gelaunt. Er hat inzwischen sehr viele Erfahrungen als Liedsänger gesammelt, dies war durch seine starke Bühnenpräsenz zu spüren.

Im ersten Teil präsentierte Behle zunächst sieben Lieder von Johannes Brahms, darunter so bewegte wie „Meine Liebe ist grün“ und „Juchhe!“ und bekannte, wie „Sonntag“, bei denen er seine umfangreiche tenorale Stimme präsentieren konnte. Als Meister der subtilen Ausgestaltung erwies er sich insbesondere bei „Die Mainacht“ und „Feldeinsamkeit“ (ein Highlight in Brahms Œuvre). Hier zeigte er äußerst intime Vorträge (die ganz im Kontrast zum Bild eines nur schmetternden Tenors standen).
Die nachfolgenden „Drei Petrarca Sonette” von Franz Liszt bildeten den anspruchsvollsten Teil im gesamten Programm. Sie spannten einen Bogen von innig verhalten über pathetisch-leidenschaftlich zu schwärmerisch verklärt. Auch hier zeigte Behle seine außergewöhnliche Pianokultur, mit der er in zarteste Gefühlsebenen vorzudringen vermag.
Lieder von Richard Strauss gab es dann nach der Pause. Hervorzuheben hier sind „Ruhe, meine Seele!“ und die lichte Glücksvision „Morgen“, sowie das den Liederabend beendende Podiumsstück „Wie sollten wir geheim sie halten“.

Am Ende sehr viel Applaus für die kunstvoll und dennoch leichtgängig vorgetragenen Modulationsraffinessen von Daniel Behle, der sich beim Frankfurter  Publikum mit zwei populären Zugaben bedankte (Richard Strauss´ „Zueignung“ und „Allerseelen“.

Markus Gründig, März 15


Tanja Ariane Baumgartner singt Lieder im Foyer
Oper Frankfurt, 10. März 15 (Holzfoyer)

Dies aber kann mein Sehnen nimmer fassen

Als eines der wenigen Opernhäuser der Welt hat die Oper Frankfurt eine eigene Liederabendserie, die im großen Opernhaus, also auch vor großem Publikum, stattfindet. Die Serie hat ein zahlreiches und treues Publikum. Dass sich die Liederabende eines so regen Zulaufs erfreuen, liegt nicht zuletzt an der treibenden Kraft dahinter (Intendant Bernd Loebe). Dabei darf nicht vergessen werden, dass so ein Liederabend auf der großen Bühne selbst für erfahrene Sänger eine andere Herausforderung ist, als eine Mitwirkung in einer Opernproduktion. Einen Abend alleine, bzw. nur mit Klaviergestaltung, zu gestalten und sich nicht hinter einer Rolle verstecken zu können, dazu gehört mehr als nur gut singen zu können. Zudem bieten die Kunstlieder gefährliche Klippen, wo jeder kleine Fehler gleich groß zu hören ist. In der Saison 2014/15 hat die Oper Frankfurt eine neue Reihe ins Programm genommen, in der sich vorwiegend Mitglieder des Ensembles präsentieren und deren Name mit dem Zusatz „…singt Lieder im Foyer“ den Titel des Abends ergibt. Hier können in einem kleineren und kürzeren Rahmen (im Holzfoyer und bis maximal eine Stunde Dauer) Erfahrungen gesammelt werden.

Zur dritten Veranstaltung der Reihe präsentierte jetzt die Mezzosopranistin Tanja Ariane Baumgartner (seit der Spielzeit 2009/2010 Ensemblemitglied) ein überaus anspruchsvolles Programm mit Werken von Alexander Zemlinsky, Gustav Mahler, Franz Schreker und Richard Strauss. Darunter also kein Vertreter der Lied-Romantik, wie Schubert oder Schumann. Die Stimmung der meisten Lieder war dabei dennoch tief melancholisch. Ihre ansprechende äußere Präsentation im eleganten schulterfreien schwarzen Kleid stand zwar gewissermaßen als Kontrast zur Stimmung der Lieder, ob der Ausgefallenheit ist dies aber einen Bonuspunkt wert. Für sie spricht zusätzlich, dass viele Kollegen aus dem Haus zu dieser Soiree kamen.

Tanja Ariane Baumgartner
© Dario Acosta

Bei den ersten drei Liedern aus Alexander Zemlinskys Opus 7 wirkte Baumgartner noch sehr konzentriert bzw. etwas angespannt und so blieben sie ohne nachhaltigen Eindruck.
Bei Mahler war sie dann ganz in ihrem Element und konnte ihr wunderbares weiches Legato unter Beweis stellen, wie bei „Liebst du um Schönheit“ etwa. Bei „Um Mitternacht“ drang die Mezzosopranistin zu kaum erreichbaren tiefen Tönen vor. Danach wirkte „Ich atmet´ einen linden Duft!“ sehr ausgleichend. Sehr innig, fast schon magisch gestaltet, schließlich Mahlers wehmütiges „Ich bin der Welt abhanden gekommen“.
Die Auswahl an Liedern von Franz Schreker bot Baumgartner zahlreiche Möglichkeiten, ihre solide Gesangstechnik zu präsentieren. Allen voran „Dies aber kann mein Sehnen nimmer fassen“, ein sehr anspruchsvolles ruhiges, aber auch aufblühendes Lied. Höhepunkt des Abends war jedoch die Auswahl an Strauß-Liedern (insbesondere „Das ist des Frühlings traurige Last“), bei der auch der sie vortrefflich am Klavier unterstützende Hilko Dumno gefordert war. 
Baumgartner, die derzeit als „Lisa“ in Mieczysław Weinbergs „Die Passagierin“ zu erleben ist, erhielt sehr viel Applaus für diesen von Schwermütigkeit durchzogenen Abend. Sie bedankte sich mit zwei Zugaben von Richard Strauss („Allerseelen“ und „Zueignung“).

Fortgesetzt wird die Reihe mit Kihwan Sim am Dienstag, dem 30. Juni 2015, mit einem mit „La Belle Jeunesse“ übertitelten Programm.

Markus Gründig, März 15


Liederabend Jamie Barton (Mezzosopran), Bradley Moore (Klavier)

Oper Frankfurt, 24. Februar 15

I sing because I’m happy!
I sing because I’m free!

Schon einmal die Blue-Fire Achterbahn im Europapark Rust gefahren? Die beschleunigt von 0 auf 100 km/h in nur 2,5 Sekunden. Das drückt einen gehörig in den Sitz (mit 1 G). Ähnlich fühlte man sich schon nach den ersten Takten, die die Mezzosopranistin Jamie Barton bei ihrem Debüt an der Oper Frankfurt sang. Die gebürtige Amerikanerin gewann 2013 den BBC Cardiff Singer of the World Competition (sowohl in der Kategorie „Gesamt“ als auch in der Kategorie „Lied“) und war im vergangenen Jahr beim International Opera Award in London als „Beste Nachwuchssängerin“ nominiert. Die junge Sängerin trat bislang vor allem in den USA auf und beginnt nun, Europa zu erobern.

Für ihren Liederabend hatte sie ein anspruchsvolles Programm ausgewählt. Es umfasste nicht nur Lieder der Romantik bis hin zum Gospel, sondern auch Lieder in fünf Sprachen (Spanisch, Französisch, Deutsch, Tschechisch und Englisch), die sie allesamt ohne Noten sehr frei und wie selbstverständlich vortrug. Allein hierfür gebührt ihr großer Respekt.

Liederabend Jamie Barton (Mezzosopran), Bradley Moore (Klavier)
Oper Frankfurt, 24. Februar 15
Jamie Barton (Mezzosopran), Bradley Moore (Klavier)
© Wolfgang Runkel

Was die junge Sängerin auszeichnet, ist vor allem die schier unbändige Kraft ihrer Stimme, aber auch ihre sympathische, freundliche Ausstrahlung und ihr charmantes, gewinnendes Lächeln . Dass ein Liederabend nicht nur aus trübsinniger, romantischer Verklärung bestehen muss, zeigte im Juni 2011 auch schon ihre Landsmännin Jennifer Larmore bei ihrem nahezu heiteren Liederabend. Barton, die in der Stadt Rome (US-Bundesstaat Georgia) geboren wurde, war demgegenüber schon ernster. Sie präsentierte die Lieder meist mit großer arioser Attitüde. Bei vielen Liedern verließ sie das Terrain zarter Kunstliederinterpretation und sang frei und kraftvoll in strahlenden Tönen, stets reich an warmen Klangfarben. So schon beim ersten Lied, Joaquin Turinas „Cuando tan hermosa os miro“ („Wenn ich Euch so schön dort sehe“), mehr dramatische Arie als Lied und dennoch sehr einnehmend. Schon beim nachfolgenden Lied „Si con mis seseos“ („Wenn sich durch meine Wünsche“) schwenkte sie auf tiefe Innigkeit um. Dieses Wechselbad der Ausdrücke kennzeichnete ihren Abend, bei dem sie auch öfter zwischen den Liedgruppen Applaus erhielt.
Eine Rarität im Programm stellten drei Lieder des französischen Komponisten Ernest Chausson dar, bei denen neben „Hébé“ (Hebe) insbesondere das zarte „Le Colibri“ (Der Kolibri“) durch ihren innigen Vortrag bestach.
Mit Spannung erwartet wurde ihre Auswahl an Liedern von Franz Schubert. Sich mit diesen bekannten Hits dem Publikum zu präsentieren, spiegelt ihr Selbstbewusstsein wider – zu Recht! Neben „Der König von Thule“ war dies vor allem „Gretchen am Spinnnrade“, das sie souverän und mit guter Textverständlichkeit meisterte.
Nach der Pause präsentierte sie in der tschechischen Originalsprache Dvořáks „Zigeunerlieder“, ein kleiner Zyklus aus sieben Liedern. Höhepunkt, gewissermaßen des gesamten Abends, war das vierte Lied, das bekannte „Když mne stará matka zpívat, zpívat učívala“ („Als die alte Mutter mich noch lehrte singen“). Engelhaft und kraftvoll zugleich.
Mit drei Gospels beendete sie ihr überragendes Debüt an der Oper Frankfurt. Famos ihr „His eye is on the sparrow“, bei dem sie sich, trotz aller in ihr steckender Stärke, sehr zurücknahm (manch einer kennt den Song vielleicht noch aus dem Spielfilm „Sister Act“ oder aus Andre Hellers „Body & Soul“-Show). In dessen Refrain heißt es „I sing because I’m happy! I sing because I’m free“, dies strahlte Barton von der ersten bis zur letzten Sekunde gewinnend aus.
„Ride on,King Jesus“ („Reite weiter, König Jesus“) bildete einen würdigen und kraftvollen Abschluss. Begleitet wurde sie aufmerksam und gewissenhaft von sich charmant gebenden Bradley Moore. Er ist Orchesterdirektor der Houston Grand Opera und nicht nur ein erstklassiger Begleiter sondern auch als Solopianist und Dirigent tätig. Gemeinsam mit Jamie Barton wird er dieses Jahr noch Lieder von Charles Ives aufnehmen.

Für die Zugabe setzt Jamie Barton noch einen drauf. Die Arie der Fürstin von Bouillon „Acerba voluttà“ aus dem II. Akt der Oper „Adriana Lecouvreur“ von Francesco Cilea präsentierte sie als grandiose Bravourarie (auf Italienisch und machte damit das halbe Dutzend an Sprachen an diesem Abend voll). Sehr viel Applaus für diesen herausragenden Liederabend.

Markus Gründig, Februar 15


Liederabend Elza van den Heever (Sopran), Vlad Iftina (Klavier)

Oper Frankfurt, 6. Januar 15

Am 1. März 2013 hatte Terrence McNallys Theaterstück „Master Class“ Premiere am English Theatre Frankfurt. Das Stück bietet anhand fiktiver Meisterklassen Einblicke in die Figur und das Leben der Opern-Diva Maria Callas. Eine Sängerin hat dieses Stück einst tief berührt und es hatte einen großen Anteil daran, dass sie sich entschieden hat, Opernsängerin zu werden: Elza van den Heever. Im März 13 war sie noch Ensemblemitglied der Oper Frankfurt und übernahm die Schirmherrschaft für die Produktion dieses Stückes im English Theatre Frankfurt.
Inzwischen konnte Elza van den Heever weitere große Erfolge in ihrer Gesangskarriere verbuchen, wie Engagements an der Metropolitan Opera in New York (wo sie 2013 als Elizabeth I in Donizetti’s „Maria Stuarda“ debütierte) oder am Opernhaus Zürich (wo sie letzten September bei der Neuproduktion von Andreas Homoki die Elsa in Wagners „Lohengrin“ gab).
Divenhaftes haftet der sich stets mit einem gewinnenden Lächeln gebenden Elza van den Heever nicht an. Eine außergewöhnliche, farbenreiche wie kraftvolle Sopranstimme hat sie aber schon. Das wird besonders deutlich wenn sie Arien singt, wie Händels „Mio caro bene“ (aus „Rodelinda“) oder „Ah! crudel, Il pianto mio“ (aus „Rinaldo“), mit denen sie ihren Liederabend eröffnete. Insbesondere bei der großen Rinaldo-Arie (der sie das Rezitativ der Armida voranstellte) zeigte sie ihr Können, mit energetisch aufblühenden Höhen und einfühlsamer Piano-Kultur (die bei einer so großen Stimme keine Selbstverständlichkeit ist). Hierfür erhielt sie starken Applaus, wie auch schon zu Anfang, als sie die Bühne betreten hatte. Schließlich hatten sie über die Jahre viele ins Herz geschlossen und sich mit ihr über ihre jüngsten Erfolge gefreut (entsprechend gut besucht war der Liederabend). Und auch sie selber freute sich wieder „zu Hause“ in Frankfurt zu sein, hier, wo sie für fünf Jahre an der Oper Ensemblemitglied war.
Im ersten Programmteil sang sie neben den beiden Händel-Arien Robert Schumanns Zyklus „Frauenliebe und –leben“ (op. 42), den hier zuletzt Malin Hartelius (am 26. Oktober 2010) und Miah Persson (am 7. April 2009), gegeben hatten. Und zeigte sich dabei von einer ganz anderen Seite, als einfühlsame, tief empfindende Frau. Sich stimmlich zurückzunehmen fiel ihr nicht schwer und so berührte ganz besonders die innig vorgetragenen „Süßer Freund, du blickest“ und „Nun hast du mir den ersten Schmerz getan“.

Liederabend Elza van den Heever (Sopran), Vlad Iftina (Klavier)
Oper Frankfurt
Vlad Iftina (Klavier), Elza van den Heever (Sopran)
© Wolfgang Runkel

Im zweiten Programmteil nach der Pause zeigte sich die in Südafrika geborene Elza van den Heever wieder als lyrische Powerfrau, mit Liedern von Fauré und Brahms. Faurés populäres „Les roses d’Ispahan“ und „Fleur jetée“ gefielen dabei ganz besonders. Vier Brahms Lieder folgten, bei diesen ragten die vorgetragenen ersten beiden Lieder aus dem Opus 43 heraus. Sie trug sie in umgekehrter Reihenfolge vor, also erst das bewegte zweite Lied („Die Mainacht“), dann das erste, das dramatisch aufblühende „Von ewiger Liebe“.
Lieder von zwei Komponisten aus ihrer südafrikanischen Heimat schlossen den gelungenen Abend. Die in afrikaans gesungenen Lieder von Stephanus Le Roux Marais (1896-1979) und Petrus Johannes Lemmer (1834-1900) klangen grundsätzlich sehr vertraut, nicht exotisch und fügten sich somit stimmig in das Programm ein. Was freilich auch an van den Heevers inniger wie ausgewogener Gestaltung lag und ihrem warmherzigen Vortragsstil.
Starker Applaus für Elza van den Heever und ihren Klavierbegleiter Vlad Iftinca (er ist u.a. erster Pianist der New Yorker Metroplitan Opera), der sie mit feiner Zurückhaltung begleitet hatte (was schon äußerlich über den nur leicht geöffneten Flügel sichtbar war).
Die beiden bedankten sich beim begeisterten Publikum mit zwei Zugaben: Brahms „Botschaft“ (Nr.1 aus den 5 Liedern op. 47) und Pieter de Villiers „Aandblom is ʼn wit blom“ (aus dem Zyklus „Sewe Boerneef-liedjies“).

Markus Gründig, Januar 15


Liederabend Anne Sofie von Otter (Mezzosopran), Bengt Forsberg (Klavier), Lawrence Power (Viola), Bengan Janson (Akkordeon)

Oper Frankfurt, 9. Dezember 14

„Douce France“

Kaum zu glauben, dass ihr letzter Liederabend schon sechs Jahre her ist. Im Oktober 2008 gab die schwedische Mezzosopranistin Anne Sofie von Otter einen Liederabend in der Oper Frankfurt, begleitet von Bengt Forsberg am Klavier und unterstützt von Svante Henryson am Violoncello. Im Juni 2011 war sie zudem in der Titelrolle von Marc-Antoine Charpentiers „Médée“ im Bockenheimer Depot zu erleben. Eine „schreckliche Rolle“, wie sie mit einem Augenzwickern beim aktuellen Liederabend anmerkte. Bei diesem begleitete sie natürlich auch diesmal ihr langjähriger Klavierbegleiter Bengt Forsberg. Neu dabei waren Lawrence Power (Viola) und  Bengan Janson (Akkordeon), die jeweils auch solistisch ausgefallene Instrumentalwerke virtuos spielten.
Unter dem Titel „Douce France“ („Süßes Frankreich“, nach dem bekannten Chanson von Charles Trenet) wählte sie Lieder und Chansons französischer Komponisten (eine CD von ihr mit gleichem Titel, aber zum Teil unterschiedlichen Liedern, erschien bereits 2013, Naïve # 5343).
Repräsentative Liedkomponisten des französischen Kunstlieds sind beispielsweise Hector Berlioz, Charles Gounold und Georges Bizet. Anne Sofie von Otter wählte für den ersten Teil ihres aktuellen Liederabends jedoch andere Komponisten, welche des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Im ersten Programmteil erklangen Werke von Reynaldo Hahn, Francis Poulenc, Charles Martin Loeffler und Camille Saint Saëns, die meisten wurden zusätzlich von Lawrence Power mit der Viola begleitet. Dies waren zwar durchaus Lieder mit einer zarten Melancholie, nicht jedoch mit der Schwere des deutschen Kunstliedes zu vergleichen. Insbesondere bei Reynaldo Hahn ist mitunter ein gar südamerikanisches Temperament herauszuhören, wurde er doch in der Venezolanischen Hauptstadt Caracas geborenen. Sehr klangschön und besonnen gestaltete von Otter sein „A Chloris“, das von Charles Martin Loefflers wunderbarem „Le cor s´afflige dans le bois“ noch getoppt wurde. Eine musikalische Perle mit einem feinfühligen musikalischen Zwischenspiel und ebensolchen Ende. Die beiden letzten Lieder vor der Pause leiteten schon zum zweiten Programmteil über. Camille Saint- Saëns „Vogue la galère“ ist ein zärtliches Gebilde, dass zusätzlich von Bengan Janson (Akkordeon) begleitet wurde. Dabei überraschte, mit welch nuanciertem und subtilem Spiel Bengan Janson hier sein Musikinstrument präsentierte und auch für intime, leise, verhaltene Momente empfahl. Das lebhaft vorgetragene „Danse Macabre  » beendete den ersten Teil.

Liederabend Anne Sofie von Otter (Mezzosopran), Bengt Forsberg (Klavier), Lawrence Power (Viola), Bengan Janson (Akkordeon)
Oper Frankfurt
Bengt Forsberg (Klavier), Anne Sofie von Otter (Mezzosopran), Lawrence Power (Viola), Bengan Janson (Akkordeon)
© Wolfgang Runkel

Nach der Pause war von Otter wie verwandelt. Nicht nur äußerlich. Kein offenes Haar und kein langes dunkelblaues Samtkleid mehr, jetzt trug sie die Haare zu einem lockeren Zopf zusammengebunden, eine schwarze Hose und ein glitzerndes Jackett. Dazu gab sie sich wesentlich gelöster, ja jugendlich keck. Die von ihr präsentierten Klassiker des Chansons sang sie mit Mikrofon, was bei Liederabenden eigentlich unüblich ist. Hier passte es aber sehr gut, zumal die weltweit gefeierte Sängerin niemanden mehr etwas beweisen muss. Mit französischen Chansons ist sie groß geworden, insbesondere durch die von Edith Piaf. So liegen sie ihr ganz besonders am Herzen. Hervorragend war ihre individuelle Interpretation des Klassikers „Les feuilles mortes“, mit einem verhaltenen Beginn und langsamer emotionaler Steigerung und wunderbar lebhaft bis ekstatisch „Padam Padam“ (von Norbert Glanzberg), dem das wehmütige „Avec le temps“ von Léo Ferré folgte. Ein Werk der Chansonlegende Michel Legrand darf bei einem derartigen Abend freilich nicht fehlen. Von Otter entschied sich für den Hit „Chanson de Maxence“. Fast genauso bekannt ist Charles Trenet. Von ihm stammt ja auch der Titel des Programms (und der CD): „Douce France“, ein nostalgischer Blick auf die guten alten Zeiten in Frankreich.
Eine Hommage an das deutsche Publikum stellte „Göttingen“ dar, ein Song über die Stadt im Norden, in der die Sängerin Barbara einst gefeiert wurde und die sich mit diesem Song beim Publikum dafür bedankte, gleichzeitig aber auch an vergangene schlechte Zeiten gemahnte (so trägt dieser Chanson auch zur Völkerverständigung bei).
Mit Charles Trenets effektvollen „Boum!“ beendete von Otter den offiziellen Teil, bei dem sie noch einmal so richtig auch gestisch in Fahrt kam.
Die sympathisch wirkende Schwedin lockerte den Abend über mit flotten Sprüchen (in Deutsch) die Atmosphäre auf. Am Ende erhielt sehr viel Applaus, der natürlich auch ihren drei musikalischen Begleitern galt.
Es folgten zwei Zugaben. Den von ihr angedachten und geschätzten Helene Fischer Hits „Atemlos“ versagte sie sich und bot dafür Jean Lenoirs ruhiges „Parlez-moi d’amour“ und das beschwingte “La Chansonnette“ von Michel Philippe-Gérard, bei dem das Publikum den Refrain gerne mitsang, so gelöst und fröhlich war die Stimmung in der Oper Frankfurt. Auf ein hoffentlich baldiges Wiedersehen mit der bezaubernden Anne Sofie von Otter.

Markus Gründig, Dezember 14


Liederabend Louise Alder (Sopran), Björn Bürger (Bariton) und Helmut Deutsch (Klavier)

Oper Frankfurt, 21. Oktober 14

Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt… Dies ist nicht nur am Schauspiel Frankfurt der Fall, wo in diesem Monat zwei Premieren verschoben bzw. abgesagt werden mussten, auch an der Oper, wenn auch im kleineren Rahmen. Da ließ es sich auch Intendant Bernd Loebe nicht nehmen, zu Beginn des Liederabends vor das Publikum zu treten und kurz die besonderen Umstände zu erläutern. Denn ursprünglich war mit der Sopranistin Julia Kleiter ein Liederabend im Mai 2015 geplant. Dann wollte der Dirigent Riccardo Muti sie unbedingt als La Contessa di Almaviva in der ebenfalls im Mai 2015 stattfindenden Aufführungsserie von Mozarts „Le nozze di Figaro“ an die Oper Rom verpflichten, weshalb der Liederabend relativ kurzfristig auf Oktober 14 vorverlegt wurde. Im September 14 verließ Muti dann überraschend die Oper Rom und dann steckte sich Julia Kleiter bei ihren zwei Kindern an und hatte bei hohem Fieber Bettruhe einzuhalten..
Doch die Oper Frankfurt ist hinsichtlich eines adäquaten Ersatzes ohne Probleme „im eigenen Stall“ (Loebe) fündig geworden, schließlich wird hier eine Politik betrieben, bei der eigene Leute in ihrer Karriere unterstützt werden.

Liederabend Louise Alder (Sopran), Björn Bürger (Bariton) und Helmut Deutsch (Klavier)
Oper Frankfurt
Björn Bürger (Bariton), Louise Alder (Sopran) und Helmut Deutsch (Klavier)
© Wolfgang Runkel

Die Wahl fiel auf zwei junge Sänger: auf die Sopranistin Louise Alder und auf den Bariton Björn Bürger. Alder ist seit dieser Saison neues Ensemblemitglied der Oper Frankfurt und derzeit als Gretel in „Hänsel und Gretel“ zu erleben. Bürger ist seit der letzten Saison Ensemblemitglied der Oper Frankfurt (er wird u.a. im nächsten die Titelrolle bei der Wiederaufnahme von Brittens „Owen Wingrave“ und sein Debüt als Don Giovanni an der Oper Oslo geben). Begleitet wurden Sie von keinem geringeren als dem Meister der Klavierbegleiter schlechthin: Helmut Deutsch. Bürger arbeitete mit ihm schon während seiner Ausbildung an der HfMDK Frankfurt, Alder wird mit ihm (und mit Florian Boesch, Bernarda Fink, Angelika Kirchschlager und Michael Schade) am 10. April 15 die „Gala des Liedes“ beim Musikverein Graz gestalten.
Bei dem kurzfristig zusammengestellten Programm wechselten sich die beiden jungen Sänger ab, teilten den Liederabend gewissermaßen auf. Dabei stellten sie sich der Königsdisziplin Liederabend mehr als respektabel – schon durch ihre Gelöstheit und Unbeschwertheit, die sie äußerlich vermittelten (Bürger verweilte zudem kurz vorher noch ganz tiefenentspannt an der Abendkasse mit Angehörigen). Sie wirkten lockerer, als manch erfahrener Kollege hier in der Vergangenheit. Beide trugen ihr Programm ohne Noten vor (und das bei der kurzen Vorbereitungszeit). Bei Alder bestach zudem die klare Aussprache bei den Liedern von Schumann und Strauss, ist sie doch eine gebürtige Britin (geboren in London).

Eröffnet wurde der Abend von Björn Bürger mit Ludwig van Beethovens Liederzyklus „An die ferne Geliebte“, sechs vertonte Gedichte von Alois Jeitteles (einem Brünner Arzt, der Seuchen bekämpfte), die das Thema Liebessehnsucht beleuchten. Hier wirkte Bürger noch etwas in Eile und preschte mit schnellem Tempo und verhaltener Innigkeit durch diesen Zyklus (schön kontemplativ allerdings bei der dritten Strophe von „Heiß mich nicht reden“).
Louise Alder widmete sich mit ihrem kräftigen Sopran zunächst den vier Lieder Mignons aus Robert Schumanns Opus98a (nach Goethes „Wilhelm Meister“), die sie mit einer etwas zu intensiven ariosen Note vortrug. Dem gegenübergestellt wurde, jetzt mit zarter, engelhafter Attitüde, die „Romance de Mignon“ des Franzosen Henri Dupard. Mit vier Liedern von Richard Strauss beendete sie den ersten Teil. Das heitere „Schlechtes Wetter“ passte ganz besonders zum gerade über Frankfurt gezogenen Herbststurm.

Nach der Pause präsentierte sich Bürger mit Schumanns „Dichterliebe“ als souveräner Liedsänger. Der Zyklus besteht aus 16 Liedern, zu deren bekanntesten zählen „Im wunderschönen Monat Mai“, „Im Rhein, im heiligen Strome“, „Ich grolle nicht“ oder „Die alten, bösen Lieder“). Auch wenn er in den Extremen, also den Höhen und Tiefen, noch etwas an Volumen zulegen kann, überzeugte er mit seinem flüssigen Stil, mit angemessenem Pathos und mit viel Gefühl. Sehr schön innig trug er beispielsweise „Am leuchtendem Sommermorgen“ vor. Alder beendete mit Franz Liszts frühen „Drei Sonette von Francesco Petrarca“ den Abend (mit diesen beendete auch Stéphane Degout im Mai sein Liederabendprogramm). Hier stellte sie erneut ihre flexible und gut geführte Stimme eindrucksvoll und verführerisch vor.

Viel und starken Applaus gab es schon zwischen den Liedgruppen und erst recht am Ende. Die beiden gaben zwei Zugaben, die sie als Duett sagen: Robert Schumanns „Wenn ich ein Vöglein wär“ (Op. 43 No. 1) und von Helmut Deutsch als Reminiszenz an ihre Heimat gewählte Lied „Spring Wind“ von  ric H. Thiman. Bei den Zugaben nahm sich Bürger in Gentlemen-Manier zurück und ließ Alder strahlen.

Markus Gründig, Oktober 14


Liederabend mit Kwangchul Youn (Bass) und Burkhard Kehring (Klavier)

Oper Frankfurt, 30. September 14

Nachdem die junge Sopranistin Kateryna Kasper vor einer Woche einen Liederabend im Foyer der Oper Frankfurt gegeben hatte, eröffnete der Bass Kwangchul Youn nun offiziell die neue Liederabend-Saison im Frankfurter Opernhaus. Vor sieben Jahren war er hier bereits schon einmal mit einem Liederprogramm zu Gast. Damals wählte er Lieder von Franz Schubert („Der Wanderer“ eröffnete den Abend), Johannes Brahms, Hugo Wolf, Jacques Iberts und von drei koreanischen Komponisten. Dieses Mal beschränkte er sich auf ein Werk, auf Schuberts populären Liedzyklus „Winterreise“. Bei diesem Werk können viele Besucher im Publikum jede Textzeile mitsingen, so bekannt ist vielen der Text und die Melodien. Und doch macht gerade dies den Sängern schwer. Erst recht, wenn sie aus dem Ausland stammen, wie Kwangchul Youn, der in Korea geboren wurde. Dort wirkt er seit 2009 auch als Professor am College of Music an der Seoul National University. Von 1993 bis 2004 war er Ensemblemitglied der Staatsoper Berlin und ist heute an allen großen Bühnen regelmäßig zu Gast, wie an der Bayerischen Staatsoper, bei den Bayreuther Festspielen, an der Semperoper Dresden, dem Teatro alla Scala Mailand und an der Wiener Staatsoper. Bei den Bayreuther Festspielen konnte der Rezensent ihn im Sommer als kraftvollen Landgraf Hermann in Wagners „Tannhäuser“ erleben und feststellen, dass er bei der besuchten Vorstellung den stärksten Schlussapplaus von allen Sängern erhalten hatte (was für einen Bass nicht die Regel ist).

Liederabend Kwangchul Youn (Bass), Burkhard Kehring (Klavier)
Oper Frankfurt
Kwangchul Youn, Burkhard Kehring
© Wolfgang Runkel

Mit der Winterreise ist er seit vielen Jahren vertraut, dennoch präsentierte er sie nicht wie eine alte Nummer, sondern im Gegenteil, voller Ehrfurcht und Respekt dem Werk und dem Publikum gegenüber. Sehr in sich gekehrt, die Augen nahezu die ganze Zeit geschlossen, den Kontakt zum Publikum nur durch seine tief fundierte Bassstimme haltend.
Auf auffälligsten bei ihm ist zunächst sein stets akzentfreier und sehr gut verständliche Vortrag. Jede Note legt er auf die Goldwaage, geht mit sehr viel Bedacht vor und entschleunigte das Werk um einige Stufen. Schuberts Tempoangaben interpretierte er mit großer Besonnenheit. Dabei geriet ihm jedes der 24 Lieder zu einem kleinen Kunststück. Er erwies sich nicht als ein kraftloser Wanderer, sondern als ein innerlich tief bewegter, was seine Stimme bravourös transportierte.
Jede Strophe wusste er fein zu differenzieren und subtil die Betonungen zu setzen. So ließ sich beispielsweise bei „Der Lindenbaum“ eine große Bandbreite an Emotionen wahrnehmen, von ruhiger Besonnenheit im Pianissimo bis zum schlagartigen, vehementen Ausbruch im Sforzando. Sehr farbenreich interpretierte er auch „Auf dem Flusse“ und „Im Frühlingstraum“. Tief traurig sang er passend „Letzte Hoffnung“.
Zum finalen „Der Leiermann“ notierte Schubert die Tempobezeichnung „etwas langsam“. Bei Youn war es zwar ein sehr bedächtiges langsam, aber das passte wunderbar zu dem nahen Lebensende des Wanderers.
Mit Burkhard Kehring hatte Youn einen hervorragenden Begleiter am Klavier. Er unterstützte ihn nicht nur bestens, die beiden wirkten als sehr harmonische Einheit.

Es war eine herausragende Interpretation der Winterreise, die dem Werk eine zusätzliche Tiefe gab. Sehr viel Applaus (und angesichts des Werkes keine Zugabe).

Markus Gründig, Oktober 14