Unter dem Titel „Must The Winter Come So Soon“ präsentierte das Opernstudio der Oper Frankfurt im Holzfoyer seine erste Soiree der neuen Spielzeit. Der Titel stammt aus Samuel Barbers Oper Vanessa, die zuletzt vor 10 Jahren an der Oper Frankfurt neu inszeniert wurde. Die Sehnsuchtsarie der Titelfigur präsentierte die aus Oberösterreich stammende Mezzosopranistin Helene Feldbauer mit angenehmer, vornehmer Zurückhaltung. Sie ist neue Stipendiatin des Opernstudios. Große Gefühle vermittelte sie bei der langen Briefszene „Werther … Werther …“ aus Jules Massenet s Oper Werther. Sehr präzise und erhaben gab sie zum Schluss Richard Strauss´ Seligkeit vermittelnde Lied „Morgens“.
Auch die gebürtige Südkoreanische Sopranistin Hyoyoung Kim und die aus Portugal stammende Mezzosopranistin Cláudia Ribas sind neue Stipendiaten. Hyoyoung Kim begeisterte besonders mit der umfangreichen Arie „Ah! Non credea mirarti“ der Amina aus Vicenzo Bellinis La Sonnambula mit ihren Koloraturen am Ende. Cláudia Ribas beeindruckte vom ersten Moment an mit ihrer starken Präsenz und Ausdrucksstärke. Ottorino Respighis melancholisches, ja fast schon düsteres Lied „Nebbie“ und das ebenfalls schwermütige „Aquela moca“ des portugiesischen Komponisten Luís de Freitas Brancos wurden bei ihr zu intensiven kleinen Dramen. Großes Drama zeigte sie mit der Arie „Give him this orchide“ der Lucretia aus Benjamin Brittens Oper The rape of Lucretia.
Die schwedische Sopranistin Karolina Bengtsson und die südafrikanische Sopranistin Nombulelo Yende haben die Gelegenheit, ein weiteres Jahr im Opernstudio zu verbringen. Bengtsson zeigte zunächst, wie es möglich ist, ohne Wörter, alleine mit einem Vokal, innig zu betören (Sergei Rachmaninows „Vocalise“). Souverän sang sie Violettas Arie „Addio del passato“ aus Giuseppe Verdis La traviata. Yende blühte als Rusalka mit Antonín Dvořáks populärem „Lied an den Mond“ („Měsíčku na nebi hlubokém“) aus der gleichnamigen Oper auf und gefiel mit der Briefszene der Tatjana aus Peter I. Tschaikowskis Eugen Onegin.
Der amerikanische Bariton Jarrett Porter zählt ebenfalls zu den neuen Stipendiaten. In dieser Spielzeit ist er der Hahn im Korb. Er wurde vor Beginn als leicht indisponiert angekündigt. Er eröffnete die Soiree mit der Arie „Amor da guerra e pace“ des Leone aus Georg Friedrich Händels Tamerlano (ab 1. Dezember wieder im Bockenheimer Depot). Schuberts melancholisches Wanderlied „Gute Nacht“ („Fremd bin ich eingezogen“) aus der Winterreise intonierte er innig und sehr klangschön.
Bei der Soiree wechselten sich als Begleiter am Klavier Felice Venanzoni und Yuna Kudo ab.
Für jeden Vortrag gab es intensiven Beifall vom Publikum und dann natürlich auch einen kräftigen Schlussapplaus. Die Stipendiaten bedankten sich als Zugabe mit dem von allen mehrstimmig dargebotenen Ständchen „Zögernd leise“ von Franz Schubert (angeführt von Helene Feldbauer).
Markus Gründig, November 22
Die nächste Soiree des Opernstudios findet erst am Montag, den 8. Mai 23 statt. Die Stipendiaten sind darüber hinaus nicht nur bei einzelnen Opernaufführungen beteiligt, sondern auch bei Zusatzformaten wie Oper To Go oder Intermezzo – Oper am Mittag.
Die Soiree vom 16. November war zugleich eine besondere Premiere. Sie wurde im Rahmen des Pilotprojekts OperaVision – Next Generation als Video aufgezeichnet. Die Ausstrahlung ist zum Jahresanfang 2023 geplant. Zuvor wird es eine Doku-Folge mit Nombulelo Yende und Karolina Bengtsson geben. Im Rahmen dieses Projekts erhält die Förderung des künstlerischen Nachwuchses ein großes Schaufenster. Die Reihe bietet Einblicke in die Unterrichtsaktivitäten und das tägliche Leben der jungen Künstler:innen sowie professionell aufgezeichnete Konzertmitschnitte.
Die erste Doku-Folge wird ab 9. Dezember verfügbar sein (und von der Paul-Hindemith-Orchesterakademie handeln). Am 16. Dezember 2022 folgt ein Kammermusik-Konzert der Akademiekünstler:innen, das im Juni dieses Jahres in der Oper Frankfurt aufgezeichnet wurde.
Über OperaVision
OperaVision ist eine kostenlose Streaming-Plattform für Oper, die durch das Programm Kreatives Europa der Europäischen Union unterstützt wird.
In der Überzeugung, dass Oper für jeden zugänglich sein kann, sieht OperaVision seine Rolle auch als digitale Bühne für Nachwuchskünstler*innen. In Partnerschaft mit Nachwuchsförderprogrammen in Europa und darüber hinaus überträgt OperaVision Aufführungen, Meisterkurse und Konzerte der nächsten Generation von Talenten und veröffentlicht auch eine Podcast-Serie über das Projekt. OperaVision möchte die positiven Auswirkungen und den Wert der Oper für die Gesellschaft hervorheben.
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Der OperaVision-Podcast: operavision.eu