
- „Standby: Go!“ Backstage bei „Der Freischütz“
- Aschenputtel im Fun-House-Style
- Sag mal, Michael Diem…
- Kammermusikkonzert „Im Sturm der Sehnsucht“
„Standby: Go!“ Backstage bei „Der Freischütz“
Während auf der Tribüne knapp 7000 Besucher:innen den Freischütz verfolgen, herrscht auf der Hinterbühne eine entspannte, zugleich konzentrierte Arbeitsatmosphäre. Bei den Teams von Kostüm, Maske und Bühne sitzt jeder Handgriff.
In der Pre-Show wird Agathes Grab mit einer Hacke ausgehoben. Auf der Hinterbühne sind durch eine Bodenluke nur die Füße des Stuntmans zu sehen, während er unablässig auf eine Holz-Styroporplatte einschlägt. Zwischendurch reicht ihm ein Bühnenmitarbeiter einen Schluck Wasser – es ist eine anstrengende, kräfteraubende Arbeit, die Hacke immer und immer wieder auf dieselbe Stelle niedersausen zu lassen.

Wired Aerial Theatre
(© Bregenzer Festspiele / Christian Lins)
Wenige Minuten später wird durch dieselbe Luke die tote Agathe im Sarg mithilfe von Seilen hinabgelassen. Sie wird von einer Stuntfrau gedoubelt. Kurz hebt sie die Hände zum Schutz vor das Gesicht, als ihre Kollegen von oben die Seile auf den Sarg werfen. Auf der Unterbühne klettert sie aus dem Sarg und lächelt in die Kamera.
Dann ist mit dem Gewusel auf der Hinterbühne erst einmal Schluss, da so gut wie alle auf der Bühne sind. Laut ist es hier aber noch immer, denn über zahlreiche Boxen ist die Freischütz-Musik klar und deutlich zu hören: Schließlich müssen alle auf der Hinterbühne wissen, was auf der Bühne passiert. Zudem sind in jeder Ecke Bildschirme angebracht, damit alle dem Geschehen auf der Bühne und dem Dirigenten im Festspielhaus folgen können und keinen Einsatz verpassen.
Leuchtende Sternenkränze – ein!
Wenig später beginnen sich acht Stuntfrauen in „Glitzerbadeanzügen“ (hautfarbene Ganzkörperanzüge beklebt mit tausenden Glitzersteinchen) aufzuwärmen. Sie machen sich für die Traumsequenz in Ännchens Arie bereit. Kurz vor ihrem märchenhaften Auftritt schalten sie ihre leuchtenden Sternenkränze ein, die sie alle auf dem Kopf tragen, stellen sich in Zweierreihe im Wasser auf und warten auf das Kommando des Stunt-Supervisors: „Standby. Go!“
Die Stuntfrauen holen tief Luft und verschwinden im Becken. Alles, was das Publikum sieht, sind zauberhafte Mermaids, die elegant in der Lagune auftauchen. Sobald die Ännchen-Arie vorbei ist, verschwinden die Mermaids auf demselben Weg wieder Richtung Hinterbühne und eilen in ihre Garderobe, um in Windeseile in gruselige Wasserleichen verwandelt zu werden.
Das Stunt-Team von Wired Aerial Theatre ist an vielen Stellen im Einsatz: Zu Beginn der Oper als arme Dorfleute, dann als Mermaids, Wasserleichen, Brautjungfern und am Schluss wieder als Dorfleute. Für die Mitarbeiter:innen der Masken- und Kostümabteilung sind diese vielen Wechsel eine Herausforderung. Nicht zuletzt, weil der Großteil der Kostüme nach den Auftritten komlpett durchnässt ist.
Feuer auf Knopfdruck
Während der Wolfsschluchtszene sind die Techniker:innen im Steuerstand, einem kleinen Raum genau unter dem verschneiten Freischützhügel, im Einsatz: die Schlange soll sich bewegen, das Feuer brennen und der Kirchturm einstürzen. Per Knopfdruck werden die einzelnen Elemente gestartet. Währenddessen machen sich Agathe und Ännchen für ihren nächsten Auftritt bereit: Um ungesehen von der Hinterbühne auf die Bühne zu gelangen tragen sie schwarze Kapuzenumhänge, die sie komplett verhüllen.

(© Bregenzer Festspiele / Christian Lins)
Ein alter, einfacher Trick, der nach wie vor funktioniert, um nach der Wolfsschlucht wie aus dem Nichts auf Agathes Dach aufzutauchen. Im umgekehrten Fall bekommen Bühnentechniker:innen manchmal Kostüme, um unbemerkt auf die Bühne zu gelangen: Mit einem Zylinder und einem Wollmantel getarnt fällt der Techniker, der die Fackel von Kaspar entzündet, zwischen den Chorleuten gar nicht auf.
Requisitenhirsche aus Plüsch
Immer wieder nur kurz zu Gast auf der Hinterbühne ist Samiel, der Teufel. Standardprozedur bei ihm: Zunge rausstrecken, schwarzes Theaterblut draufträufeln. Ansonsten bekommt er mal einen Umhang angezogen, mal Teufelshörner auf den Kopf montiert und mal einen Brautjungfernkranz aufgesetzt. Nachdem Samiel seinen Satz „Ich wittere, das Finale steht bevor – mit unserem lang ersehnten Jägerchor“ gesprochen hat, kehrt er auf die Hinterbühne zurück und tanzt dort ausgelassen mit einer Stuntfrau zum flotten, eben erwähnten Jägerchor, den die Wiener Symphoniker jetzt spielen. Die Oper geht ihrem Ende entgegen – und die Stimmung im Backstagebereich ist sichtlich gut.
Auf der Bühne ist unterdessen wieder viel los: Der Bregenzer Festspielchor ist mit toten Requisitenhirschen aus Plüsch ausgestattet auf die Bühne marschiert, Stuntleute haben Fürst Ottokars Schlitten auf die Eisflächen geschoben und die Brautjungfern tanzen und kichern noch immer.
Vor der Schlussszene muss alles schnell gehen. Der triefnasse Samiel ist zuvor vor dem Kirchturm im Wasser verschwunden und taucht über einen unterirdischen Gang auf der Hinterbühne auf. Sofort ist er von fünf Personen umringt: Ein Stuntman kontrolliert seine Sicherung – sie muss später halten, wenn er wieder auf der Schlange steht. Drei Damen vom Garderobenteam helfen ihm in den voluminösen XXL-Eremitenmantel, während eine Tontechnikerin sein nasses Mikrofon mit Druckluft aus der Sprühdose trocknet, damit es beim nächsten Auftritt wieder einwandfrei funktioniert. Ein kurzer Test: „Samiel, hallo? Eins, zwei, drei, vier. Samiel, Samiel, hört ihr mich?“
Alles funktioniert, und die kleine Kolonne setzt sich über eine Holztreppe in Richtung Hügel in Bewegung. Jetzt fehlt nur noch die Eremitenmaske für den letzten großen Auftritt des Teufels. Dann ertönt das Kommando der Stage-Managerin: „Standby: Go!“
Aschenputtel im Fun-House-Style zwischen bunter Rampe und Karussellpferd

© Bregenzer Festspiele / Eva Cerv
Die Arbeit der Tischlerei für das Bühnenbild von La Cenerentola
Wenn die Anforderungen an ein Bühnenbild von verzerrten Spiegeln bis hin zu einer riesigen Rampe reichen, hat die Tischlerei der Bregenzer Festspiele alle Hände voll zu tun. Wo die Planung beginnt und was es für ein erfolgreiches Bühnenbild braucht, hängt unter anderem von kreativen Einfällen und den richtigen Werkzeugen ab.
Hinter der Bühne gibt es schon lange vor der ersten Aufführung von Gioachino Rossinis Oper La Cenerentola viel Arbeit, damit die fantasievolle Inszenierung in ihrem vollen Glanz erlebt werden kann. Gerade die Tischlerei der Bregenzer Festspiele stand bei diesem Bühnenbild großen Herausforderungen gegenüber, welche aber durch Geschick, Organisation und Kreativität gemeistert werden konnten.
Verantwortlich für die Verwirklichung des aufwendigen Bühnenbildes in der Tischlerei sind Shantira Kosol und ihr Team. Die Tischlerin sorgt dafür, dass die Entwürfe der Bühnenbildnerin Anna Reid, die Cenerentolas Geschichte in eine Szenerie zwischen Fun-House und Fantasywelt versetzt, handwerklich in die Tat umgesetzt werden. Von einer kolossalen Rampe über acht verzerrte Spiegel, die alle einen Rahmen sowie eine speziell geformte Unterkonstruktion aus der Tischlerei brauchen, bis hin zu einem Karussellpferd ist alles dabei.

(© Bregenzer Festspiele / Eva Cerv)
Die ersten Einblicke in das Bühnenbild bekam Shantira Anfang des Jahres. Ihre Arbeit begann Mitte März 2025 bei der Konzeptpräsentation von La Cenerentola. Dort wurde ein erstes Modell der Bühne sowie ein digitales Modell von diesem vorgestellt. „Das reicht mir aber noch nicht aus, um alles im Detail zu konstruieren“, erzählt die Tischlerin.
Da eine präzise Planung für das Gelingen des Bühnenbildes entscheidend ist, besteht ihr erster Arbeitsschritt darin, ein 3D-Modell der Bühne anzufertigen. Dabei spricht sie sich laufend mit der Bühnenbildnerin ab. Auch das detaillierte Abmessen des davor erhaltenen Modells ist wesentlich und benötigt viel Geduld. Ist diese reine „Bürotätigkeit“ abgeschlossen, geht es in der Tischlerei mit dem handwerklichen Teil der Arbeit weiter.
Als erstes waren die Rahmen und die Unterkonstruktion der acht, knapp zwei Meter hohen Spiegel an der Reihe. Für den gewünschten verzerrenden Effekt musste Shantira eine speziell geformte Unterkonstruktion herstellen. Die Profile von dieser hat sie am Computer gezeichnet und danach ausgefräst. Mit Biegesperrholz wurden die Flächen wellig oder konkav geformt und danach in die Spiegelrahmen eingelassen. Diese Arbeit war recht schnell erledigt und die Teile konnten an die Kaschur zum Anmalen im Schachbrettmuster weitergegeben werden.
Als besonders knifflig stellte sich die Anfertigung der Rampe heraus. Diese musste nicht nur aus Holz gefertigt werden, sondern auch mit einem Bodenbezug beklebt werden, welcher ein verzogenes Schachbrettmuster hat und direkt mit dem Boden des restlichen Bühnenbildes verbunden ist. „Dass während der Fertigung und später beim Bekleben und beim Aufbau alles zusammenpasst, ist ziemlich schwierig“, betont Shantira. Mit dem richtigen Werkzeug ist aber schon einmal ein erster Schritt in die richtige Richtung gemacht.
Dankbar ist Shantira für die CNC-Fräse der Bregenzer Festspiele, die in Dornbirn steht. „Bei Bauteilen wie der Rampe, die die Kurve hat, und bei der alles exakt passen muss, ist es sehr fein, es mit der CNC umzusetzen.“ Für die Fertigung eines Werkstücks mittels CNC-Fräse muss zuerst eine maßstabgetreue 3D-Zeichnung gefertigt werden. „Dann programmiere ich es, und am Ende habe ich es genauso wie ich es brauche.“ Die Tischlerin gibt der Maschine vor, welchen Weg sie entlangfahren soll, damit diese die Kurven der Rampe exakt ausfräsen kann.
Neben der Rampe ist auch das Karussellpferd ein auffälliges Element des Bühnenbilds von La Cenerentola. Ursprünglich war geplant, dieses auszuleihen. Da die Pläne, was an dem Pferd verändert werden sollte, aber sehr groß waren – es sollte eine Stange integriert werden und noch weiter angemalt werden – konnte dieser Plan nicht in die Tat umgesetzt werden. Denn die Anforderungen an das Karussellpferd sind hoch: „Das Pferd so zu konzipieren, dass ein Sänger draufsitzen kann, sieben Minuten singt und dabei herumgeschoben wird, ist nicht einfach.“
Aber auch diese Herausforderung wurde gemeistert. Das Karussellpferd hat schließlich Shantira selbst konzipiert, so dass es von keiner Stange in der Mitte durchbohrt werden muss, stabil genug für die Gesangseinlage, bei der der Sänger auf dem Pferd sitzt, ist und es währenddessen auch noch auf der Bühne mit Rollen bewegt werden kann. Nach dem Ausfräsen des Pferdekörpers wurde dieser auf eine vertikale Stange gesetzt. „Passt“, freut sich Shantira.
Die Arbeit der Tischlerei trägt wesentlich zum Gelingen einer Opernproduktion bei, und muss von der Konzeptplanung bis zur Premiere präzise durchdacht werden. Mit Planung, Kreativität und den richtigen Werkzeugen haben Shantira Kosol und ihr Team in der Tischlerei diese Aufgaben mit Bravour gemeistert: Der Premiere von La Cenerentola am 12. August steht nun nichts mehr im Wege!
Info:
Die Premiere von La Cenerentola findet am 12. August 2025 um 19:30 Uhr im Theater am Kornmarkt statt. Weitere Informationen und Aufführungstermine finden sich unter bregenzerfestspiele.com.
Sag mal, Michael Diem…
Verlässlichkeit, Beharrlichkeit und „Carpe Diem“

(© Bregenzer Festspiele / Dietmar Mathis)
Michael Diem ist seit 2008 kaufmännischer Direktor der Bregenzer Festspiele GmbH. 1997 als Controller eingestiegen, verantwortet er heute Finanzen und strategische Ausrichtung des Festivals.
Was ist deine Lieblingsbeschäftigung?
An etwas tüfteln, was ich nicht kann und vielleicht nie können werde.
Wie sieht für dich ein perfekter Tag aus?
Abwechslungsreiche Erlebnisse mit meiner Familie, schönes Wetter, eine interessante Umgebung und unkompliziertes, dennoch gutes Essen und Trinken – so stelle ich mir gelungene Tage vor. Im Skiurlaub zum Beispiel gelingt es uns immer wieder, die Balance zwischen Aktivität, nicht nur auf der Piste, und erholsamen Wellnessstunden zu finden.
Was ist einer deiner stärksten Charakterzüge?
Beharrlichkeit
Wer ist dein:e Held:in der Kindheit?
Mein Vater
Was ist deine größte Schwäche?
Verständnis aufbringen, wenn sich jemand „potschat“ (tollpatschig) anstellt.
Was inspiriert dich am meisten?
Wenn durch persönliches Engagement etwas zum Positiven verändert werden kann.
Welche Fehler entschuldigst du am ehesten?
Erklär- und nachvollziehbare
Wenn du in eine andere Zeit reisen könntest, wohin würde es gehen?
Ich mag das Jetzt. Wenn ich in der Zeit reisen müsste, dann in die Zukunft. Die Zukunft birgt Überraschungen.
Welches Talent würdest du gerne haben?
Singen können
Was ist dein Motto?
Nomen est omen: Carpe Diem
Wann bist du vollkommen du selbst?
In einer Gesellschaft, in der wir ständig erreichbar sein sollen und technische Kommunikationsmöglichkeiten im Überfluss bestehen, fällt es immer schwerer, bei sich selbst zu sein. In Konzentrationsphasen gelingt mir dies am ehesten, solche Phasen schrumpfen heutzutage leider zu Momenten.
Was schätzt du bei deinen Freund:innen am meisten?
Ehrlichkeit, Verlässlichkeit, Hilfsbereitschaft, Humor, Treue
Welchen Rat würdest du deinem jüngeren Ich geben?
Sei geduldiger
Welche Person (lebendig oder tot) würdest du gerne auf einen Kaffee treffen?
Es gibt in meinem Umfeld einige Menschen, die zu früh gestorben sind. Mit Ihnen würde ich mich gerne wieder treffen.
Gibt es einen Traum, den du dir unbedingt noch erfüllen möchtest?
Namibia – als schlechter Flieger gar nicht so leicht.
Klassik oder Pop?
Beruflich Klassik, privat Pop
Wenn dein Berufsleben ein Popsong wäre – wie wäre sein Titel?
Die großen Herausforderungen sind im Beruf die gleichen wie im Leben: Zusammenhalt, Hingabe, Zuversicht, Verlässlichkeit und Ähnliches
Exemplarisch dafür ein paar Lieder, die ich auch gerne höre:
Life’s What You Make It
Ain’t No Mountain High Enough
It ain’t over ‘til it’s over oder
Beautiful Day
Was ist deine Lieblingsinvestition der Bregenzer Festspiele?
Seebühne 2.0 nach fast 50 Jahre der Nutzung – für mich die perfekte Manifestation einer lernenden Organisation.
Wie groß ist die Anspannung vor der Premiere?
Kommt aufs Wetter an.
Welchen Tipp würdest du jungen Menschen geben, die in eine kaufmännische Richtung streben?
Stelle dich beidbeinig auf: Das Standbein bildet eine solide kaufmännische Ausbildung, wenn möglich akademisch, ist aber nicht unbedingt notwendig.
Als Spielbein eigne dir bereits in jungen Jahren ehrenamtliche Erfahrungen an, sei es in Vereinen, als Klassen- oder Schulsprecher, in einer Band – sei engagiert!
In diesem Fragebogen verraten Menschen der Bregenzer Festspiele allwöchentlich Gedanken rund ums Leben – und sich selbst.
Kammermusikkonzert „Im Sturm der Sehnsucht“
Das Kammermusikkonzert Im Sturm der Sehnsucht findet am 3. August 2025 um 19:00 Uhr im Festspielhaus statt.
Die norwegische Sopranistin Hedvig Haugerud begeistert mit kraftvollen Lied-Interpretationen von Grieg, Sibelius und Nystroem. Zusammen mit Pianist Mats Knutsson entführt sie in eine Klangwelt, die die raue Schönheit des Nordens widerspiegelt.
Weitere Informationen: bregenzerfestspiele.com
Die Bregenzer Festspiele 2025 finden von 16. Juli bis 17. August statt.
Tickets und Infos unter bregenzerfestspiele.com und Telefon 0043 5574 4076.
Informationen zum Bregenzer Kultursommer 2025, dem Bregenzer Hafenfest und vielen weiteren Veranstaltungen und Events in Bregenz finden sich unter visitbregenz.com.