Auf ihrer Flucht vor den Nationalsozialisten durch Europa trug Komponistin Julia Kerr ihre Partitur zur Oper Der Chronoplan immer bei sich, das Liberetto hatte ihr Mann, der Kritiker und Autor Alfred Kerr geschrieben. Wegen der umfangreichen Partitur musste deren Tochter Judith ihr liebstes Kuscheltier in Berlin lassen – später beschrieb sie ihre bewegende Emigrationsgeschichte aus Kindersicht in Als Hitler das rosa Kaninchen stahl.
Auch nach Ende des Weltkrieges bliebt das Werk unvollendet, Julia Kerr hatte nicht mehr zum Komponieren zurückgefunden. Nun kann Der Chronoplan endlich nach einem aufwändigen, zweijährigen Rekonstruktions- und Orchestrierungsprozess szenisch unter der musikalischen Leitung von Gabriel Venzago uraufgeführt werden – und so eine wichtige Komponistinnenstimme vor dem Verstummen bewahrt und wieder zum Klingen gebracht werden.
Die Handlung von Der Chronoplan ist charmant-grotesk und ein faszinierendes Zeitzeugnis des Berlins der 1920er Jahre: Albert Einstein führt einer erlesenen Gesellschaft, darunter Richard Strauss, Max Liebermann und George Bernard Shaw, seine neueste Erfindung vor: eine Zeitmaschine, den Chronoplan. Doch in welche Epoche soll die Reise gehen? Welche Persönlichkeiten möchte man treffen? Schließlich geht es nicht ohne Komplikationen in die Romantik …
Julia Kerrs Oper vereint die großen stilistischen Strömungen der Zeit mit Anlehnung an Wagner und Strauss und hat viel Sinn für dramatische Wirkung und szenischen Humor. Dies bringt der Schweizer Regisseur Lorenzo Fioroni mit einem großen Ensemble aus Solist*innen, Chor und Statisterie auf die Bühne des Mainzer Staatstheaters. Im Bühnenbild von Paul Zoller, der jüngst von der Fachzeitschrift Opernwelt zum Bühnenbildner des Jahres gekürt wurde, geht es vom Berlin der 1920er Jahre zurück in eine groß angelegte romantische Gemäldelandschaft und von dort wieder – zurück in eine zerbrechende, zerstörte Gegenwart.
Der Chronoplan
Oper
Von: Julia Kerr (1898 – 1965)
Libretto: Alfred Kerr
Premiere/Uraufführung am Staatstheater Mainz: Samstag, 24. Januar 26 (Großes Haus)
Musikalische Leitung: Gabriel Venzago
Inszenierung: Lorenzo Fioroni
Bühne: Paul Zoller
Co-Bühnebildnerin: Katharina Wegmann
Kostüme: Annette Braun
Choreografie: Fabio Toraldo
Licht: Ulrich Schneider
Chorleitung: Sebastian Hernandez-Laverny
Dramaturgie: Sonja Westerbeck
Besetzung:
Einstein: Tim-Lukas Reuter
Frau Einstein: Luisa Sagliano
Lord Byron: Daniel Schliewa
Nikoline: Maren Schwier
Richard Strauss: Collin Andre Schöning
Bernhard Shaw: Maurice Avitabile
Gerhart Hauptmann: Myungin Lee
Max Liebermann: Christoph Wendel
Ein Kritiker: Alexander Spemann
Eine Journalistin: Margarita Vilsone
Erstes Stubenmädchen: Paula-Maria Müller
Zweites Stubenmädchen: Lena Heun
Ein Diener: Daniel Semsichko
Ein Reitknecht: Gregor Loebel
1. Dame: Jeeho Anja Park / Dohyun Lee
2. Dame: Michelle-Marie Nicklis / Anđela Todorovic Dodis
3. Dame: Katharina Sebastian / Anke Peifer
1. Herr: Scott Ingham / Agustin Sanchez Arellano
2. Herr: Dogus Güney / Jinsei Park
Basil von Strouve: Georg Schießl
Lisa Passavant: Katharina Sebastian
Der Clubpräsident: Dennis Sörös
Ein Clubdiener: Paul Jonathan Irion
Chor des Staatstheater Mainz
Statisterie des Staatstheater Mainz
Philharmonisches Staatsorchester Mainz
Weitere Vorstellungen: 27.01., 18.02., 21.02., 06.03., 23.03., 29.03., 04.04.26
staatstheater-mainz.com
