Welch ein Jahr 2024 für Deutschlands größten Musical- und Showproduzenten Stage Entertainment. Gleich vier neue Musicals wurden in diesem Jahr präsentiert. Nach Ku´damm 59 in Berlin folgten in Hamburg Disneys Herkules, & Julia und nun ganz aktuell MJ – Das Michael Jackson Musical (im Stage Theater an der Elbe). Dazu wechselte Disneys Die Eiskönigin von Hamburg nach Stuttgart.
Michael Jackson (MJ) ist der unangefochtene King of Pop, sein Album „Thriller“ ist nach wie vor das mit den höchsten Verkaufszahlen (66 Millionen Exemplaren). 13 Jahre nach seinem Tod feierte MJ – Das Michel Jackson Musical Premiere am New Yorker Broadway. Das Buch dafür schrieb Lynn Nottage, die Originalregie und Choreografie stammt von Christopher Wheeldon. Es feiert MJs großen Songs wie „Bad“, „Billie Jean und „Thriller“.
Dabei wird MJs Anspruch nach Perfektion, seine inneren Dämonen und beginnende Tablettenabhängigkeit, der Druck durch die Öffentlichkeit und den Erwartungen der Fans inmitten eines sich ständig wandelden Musikbusiness´deutlich gemacht. Die dunklen Seiten seiner schillernden Persönlichkeit werden nicht groß thematisiert, aber vage angedeutet. Und es gibt Einblicke in die Kindheit und Jugend der Popikone. Dadurch sind auch viele nicht so bekannte Songs Bestandteil des Musicals. Es ist bei weitem keine Abfolge an nur lose aneinandergereihten Hits (zumal die meisten gar nicht voll ausgespielt werden).
Jessica Mears mit klasse Soulstimme
Die Rahmenhandlung erzählt von den Endproben zu Michael Jackson kolossaler „Dangerous“-Welttournee von 1992/93, deren Erlöse in Höhe von 100 Millionen US$ MJ der „Heal The World“ Stiftung und anderen wohltätigen Zwecken spendete. Die Proben im Musical werden von einem MTV-Kamerateam begleitet. Während MJ auf Fragen der Investigativjournalistin Rachel (forsch: Eve Rades) antwortet, gibt er immer wieder Einblicke in seine Kindheit und frühe Karriere.
Das er viele Geschwister hat ist genauso bekannt, wie dass der strenge Vater Joseph (energisch und resolut: David Hughey) die Familie und insbesondere die familiäre Soulband The Jackson-Five mit Härte führte. Der Vater war für MJ immer ein Problem, Anerkennung erfuhr er nur, wenn er perfekt war, was ihn entscheidend prägte. Liebe und Rückhalt hat er nur bedingt erlebt. Dies eher von der zehnfachen Mutter (mit klasse Soulstimme auftrumpfend: Jessica Mears; auch Kate). Nicht so bekannt ist der religiöse Hintergrund der Familie als Mitglieder der Zeugen Jehovas. Die mit ihrem Verbot von Geburtstags- und Weihnachtsfeiern sein Gefühl der Ausgegrenztheit verstärkte. Denn in den 1960/70er Jahren waren schwarze (Musiker) in den USA noch nicht in gleichem Maße anerkannt wie weiße.
Hommage an Bob Fosse
Ein großes Bühnenspektakel im Sinne von aufwendigen technischen Objekten und Installationen gibt es bei dieser Produktion nicht. Der Einheitsraum zeigt ein Studio, das sich durch hereingeschobene Kulissen in das Zuhause der Kindheit von MJ in Gary/Indiana und Räume des Motown Recording Studios in Detroit/Michigan wandelt. Eine Digital-Rückwand sorgt für farbintensive Bilder (Projection Design: Peter Nigrini). Große Showeffekte entstehen auch mithilfe von seitlichen LED-Säulen (Bühne: Derek McLane; Lichtdesign: Natasha Katz). Einzelne Momente sorgen während der Aufführung für starke Publikumsreaktionen. Wie wenn MJ seine legendäre Jacke oder seinen weißen Glitzerhandschuh anzieht (Kostümdesign: Paul Tazewell). Die Liveband spielt unter der Leitung von Aday Rodriguez Toledo.
Neben vielen herausragenden Tanzszenen im MJ-Stil gibt auch eine poetische Tanzszene, mit der der legendäre Choreograf Bob Fosse gewürdigt wird.
Der größte und längste gespielte Hit des Musicals ist „Thriller“ (dessen 13-minütiges Video 1983 einen Meilenstein der Musikvideo-Produktion markierte).
Eine technische Überraschung mit Zauber-Effekt steht am Ende.
Benét Monteiro als sensibler MJ
In der Titelrolle ist in Erstbesetzung der gebürtige Brasilianer Benét Monteiro zu erleben. Zuletzt glänzte er als kraftstrotzender Hercules in Disneys Hercules. Nun zeigt er mit MJ seine Wandelbarkeit (und hat für die Rolle in den vergangenen Wochen scheinbar auch deutlich abgenommen). MJ war auf der Bühne ein Megastar, privat aber verunsichert, schüchtern, zurückhaltend, fast ängstlich. Monteiro zeigt ihn mit sehr viel Feingefühl, gleichzeitig beherrscht er seine Tanztechnik perfekt und kommt ihm stimmlich sehr nah.
Als Teenager/junger Michael gibt Prince Damian (Sieger der 13. Staffel von „Deutschland sucht den Superstar“) souverän die junge Version von MJ. Die weiteren Partien verkörpern u. a. DNPRI (Tito Jackson / Produzent Quincy Jones), Perci (Nick / Berry Gordy), Pedro Reichert ( Alejandro) und Mario Gremlich (Dave). Luan & Nayo sind die Kinderversionen von Michael und seinem Bruder Marlon.
Am Ende der mitreißenden Vorstellung umgehend Standing Ovations und kräftiger Beifall.
Markus Gründig, Dezember 24
MJ – Das Michael Jackson Musical
Musik: verschiedene Künstler
Liedtexte: verschiedene Künstler
Buch: Lynn Nottage (nach dem Leben und der Musik von Michael Jackson)
Originalregie und Choreografie: Christopher Wheeldon
Bühne: Derek McLane
Lichtdesign: Natasha Katz (
Kostümdesign: Paul Tazewell
Sound Design: Gareth Owen
Projection Design: Peter Nigrini
Haare und Perücken: Charles LaPointe
Musical Supervision: David Holcenberg
Orchestrierungen und Arrangements: David Holcenberg und Jason Michael Webb
Broadway-Premiere: 1. Februar 2022 (New York, Neil Simon Theatre, Previews ab 06.12.21)
West-End-Premiere: 27. März 2024 (London, Prince Edvard Theatre; Previews ab 06.03.24)
Deutschland-Premiere: 1. Dezember 24 (Hamburg, Stage Theater an der Elbe; Previews ab 23.11.24)
Besuchte Vorstellung: 30. November 24 (Medienpremiere)
Besetzung (30. Nov. 24):
MJ: Benét Monteiro
Michael: Prince Damien
Rob / Joseph Jackson: David Hughey
Rachel: Eve Rades
Kleiner Michael: Luan
Kleiner Marlon: Nayo
Kate / Katherine Jackson: Jessica Mears
Tito Jackson / Quincy Jones: DNPRI
Nick / Berry Gordy: Perci
Alejandro: Pedro Reichert
Dave: Mario Gremlich
In weiteren Rollen: Léo Maindron, Prince Orji, Rafael Portela, Caleaf Henson, Daniel Vliek, Roberto Vai, Zoë van Zadelhoff, Lea-Katharina Krebs, Adrianna Patłaszyńska
Dirigent: Aday Rodriguez Toledo
Band: Jörg Sandner, Felix Griese, Jan Fabricius, Celine Peren, Stephan Birkmeyer, Thomas Nack, Mareike Eidemüller, Freddy Cardenas, Jorge Giraldo, Max Boehm, Kymia Kermani