Lieder im Holzfoyer der Oper Frankfurt mit einer strahlenden Zanda Švēde

Zanda Švēde (© Barbara Aumüller ~ szenenfoto.de)
kulturfreak Bewertung: 4 von 5

Bis vor einer Woche war die lettische Mezzosopranistin Zanda Švēde an der Oper Frankfurt in Schostakowitschs Lady Macbeth von Mzensk zu erleben. Dabei spannte sie als Strafgefangene Sonjetka der Kaufmannsgattin Katerina Ismailova deren Liebhaber Sergei aus und wurde daraufhin von ihr mit in den Tod gerissen. Ganz andere Facetten zeigte die junge Sängerin, die seit der Spielzeit 2018/19 zum Ensemble der Oper Frankfurt zählt, nun mit einem Liedprogramm im Holzfoyer. Dabei sang sie ausschließlich auf Deutsch und dies mit guter Textverständlichkeit. Auf dem Programm standen Lieder von Erich Wolfgang Korngold, Richard Strauss und Richard Wagner. Vom ersten Auftritt an nahm Zanda Švēde schon durch ihr bezauberndes Lächeln stark für sich ein.

Korngold, eines der berühmtesten „Wunderkinder“ des 20. Jahrhunderts, war zu seiner Zeit der erfolgreichste und angesehenste Filmkomponist Hollywoods. Hierzulande wird er in erster Linie mit seiner Oper Die tote Stadt in Verbindung gebracht. Seinen Zyklus Sechs einfache Lieder (op. 9) komponierte er, auf Texte von Eichendorff, Honold, Kipper und Trebitsch, in den Jahren 1911-1913, also zwischen seinem 14. und 16. Lebensjahr (Nr. 5 in 1916). Und natürlich trügt der Titel, einfach sind sie nicht. Selbst der herausgebende Schott-Verlag bezeichnet den Schwierigkeitsgrad dieses an die Romantik anknüpfenden Zyklus mit „fortgeschritten“.
Von Zanda Švēde mit starker Emphase vorgetragen, gefiel hieraus besonders das Lied des furchtsamen „Nachtwanderer“ (Text: Eichendorff), mit seiner bedrohlich wirkenden Verbindung der Themen Nacht und Tod. Als Kontrast dazu, das den Zyklus abschließende „Sommer“ (Text: Trebitsch), ein vor Optimismus, Freude und glühendem Verbrennen überschäumendes Lied, vom Klavier mit perlenden Tönen begleitet (am Klavier virtuos unterstützend: Hilko Dumno).

Švēdes sonore Stimme, die man bei einem ersten Anblick bei ihr so gar nicht vermutet, passt sehr gut zu Richard Strauss´ Vertonungen. Als 21-jähriger komponierte er seinen Zyklus Fünf Lieder (op. 15), von dem Zanda Švēde die ersten drei sang. Daraus herausragend das mit Innigkeit vorgetragene melancholische „Lob des Leidens“ (Text: Adolf Friedrich von Schack).

Den Abschluss bildeten Richard Wagners bekannte Wesendonck-Lieder mit ihrem tristanesken Klang. Bei ihnen handelt es sich um Vertonungen von Gedichten der Kaufmannsgattin Mathilde Wesendonck, die sie für ihren Liebhaber Richard Wagner schrieb. Sie sind Lieblings- und Pflichtprogramm für dramatische Sängerinnen und werden meist in der Orchesterfassung von Felix Mottl oder der Kammerorchesterfassung von Henze gegeben. Bei der hier dargebotenen Fassung für Klavier wurde ihr intimer Klang hervorgehoben. Und ist Zanda Švēde für sie eigentlich noch sehr jung, verlieh sie ihnen großen dramatischen Gehalt (mit „Im Treibhaus“ als Höhepunkt).

Am Ende intensiver Applaus für diesen anspruchsvollen Ausflug ins melancholische deutsche Liedfach. Bei den beiden Zugaben auf Französisch und Englisch, die sie frei von ausliegenden Noten sang, wirkte sie deutlich gelöster. Diese lagen aber auch thematisch anders. Die erste Zugabe war ein leidenschaftliches Umgarnen, die zweite ein populärer Song außerhalb des Opernrepertoires, mit dem sie zugleich einen Bogen zum Anfangslied schloss.
Bei der Ende Januar anstehenden Wiederaufnahme von Bizets Carmen wird Zanda Švēde erneut die Titelpartie verkörpern.

Markus Gründig, Dezember 19


Die Zugaben:

Camille Saint-Saëns’ (1835-1921): Dalilas Arie „Mon coeur s’ouvre à ta voix“ aus dem zweiten Akt von Oper Samson et Dalila (1877)

Sammy Cahn (1913-1993) und Jule Styne (1905-1994): Popsong „Let is snow“ (1945), der nach seinem Erscheinen zu einem der bekanntesten US-amerikanischen Weihnachtslieder avancierte.