»Dantons Tod« eröffnete am Staatstheater Darmstadt die neue Spielzeit

Dantons Tod ~ Staatstheater Darmstadt ~ Ensemble ~ © Nils Heck
kulturfreak Bewertung: 4 von 5

Zum Spielzeitauftakt am Staatstheater Darmstadt begrüßte Intendant Karsten Wiegand vor der Vorstellung das Publikum, darunter die Staatssekretärin im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst Ayse Asar. Besonders erfreut zeigte sich Wiegand, dass der Start mit einem erhöhten Platzkontingent einhergeht. 3G-Nachweise, Kontaktdatenabfrage und Maskenpflicht gelten weiterhin für alle Indoor-Veranstaltungen. Im Großen Haus wurden zudem im Saal zwei zusätzliche Mittelgänge geschaffen, sodass nun nicht mehr nur alleine von den Seiten Plätze eingenommen werden können. Das Angebot wird bei Bedarf erhöht und 2G-Kontingente sollen frühzeitig kommuniziert werden.
Einer, der ganz in der Nähe des Hauses groß geworden ist und daher gewissermaßen als der „Hausheilige“ gilt, ist Georg Büchner. Sein mit 23 Jahren verfasstes Hauptwerk Dantons Tod hier zu zeigen, sei, so Wiegand, etwas ganz Besonderes.

Starke Kürzungen

Ob ihrer Reduktion ist die Neuinszenierung von Christoph Mehler tatsächlich schon von der formalen Anlage her besonders. Er komprimierte gemeinsam mit der Dramaturgin Christina Zintl die vielen Rollen auf lediglich sechs und kürzte den Text nicht unerheblich. Gespielt wird ausschließlich vor der Bühne, bei herabgelassenem Eisernen Vorhang. Die Brüstung des Orchestergrabens wurde mit einer weißen Mauer umkleidet. Auf dieser stehen, sitzen oder liegen die Streiter um den richtigen Weg. Sie sind nahezu identisch gekleidet (weiße Hemden, schwarze Krawatten, Jacketts und knielange Hosen) und wirken aus der Ferne wie Marionetten. Auf eine weiße Gesichtsbemalung, wie sie auf den Probenfotos zu sehen ist, wurde in letzter Sekunde dann doch verzichtet, so treten die Charaktere schon deutlicher hervor (Bühne & Kostüm: Jennifer Hörr).

Dantons Tod
Staatstheater Darmstadt
Ensembel
© Nils Heck

Lebensmüder Danton

Die französische Revolution steht für die Etablierung bürgerlicher Freiheitsrechte, Errichtung einer Republik, Erklärung der Menschenrechte, aber auch für eine Phase der Terrorherrschaft und Einführung der Guillotine als einziges Hinrichtungswerkzeug. Seitdem hat sich die Welt in vielen Bereichen weiter verbessert. Doch auch heute gibt es viele Problembereiche. Fakenews, staatliche Manipulationen, Antisemitismus, Klimawandel und vieles mehr. Christoph Mehler fragt durch die starke Fokussierung auf das gesprochene Wort, wie eine Gesellschaft gestaltet sein kann, damit mehr Platz für ein harmonischeres Zusammenleben und gerechtere Verhältnisse möglich werden. Im Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl ist dabei jeder ganz besonders gefordert nachzudenken und die richtige Entscheidung zu treffen.

Das Stück weist überdurchschnittlich viele Männerrollen auf. Das wundert nicht, hatten Frauen zur damaligen Zeit nur in Ausnahmefällen politisches Mitspracherecht. Bei dieser Inszenierung wurden die Figuren paritätisch zwischen Frauen und Männern aufgeteilt. So geben hier Philippeau und Robespierre jeweils Frauen (Anabel Möbius einen streitbereiten Philippeau und Marielle Layher einen sich unnachgiebig zeigenden Robespierre). Gabriele Drechsel ist als besonnene Freundin Julie zu erleben, Jörg Zirnstein als treuer Freund Camille. Den unnachgiebigen, brutalen St. Just verkörpert Mathias Znidarec.

Dantons Tod
Staatstheater Darmstadt
Danton (Daniel Scholz)
© Nils Heck

Im Zentrum der Aufführung steht Daniel Scholz als Danton. Des Kampfes und der Wortgefechte müde, spricht er reflektierend, nachdenklich, leise, aber stets sehr präsent. Dabei steht er die ganze Zeit über wie ein Fels in der Brandung.
Nach guten pausenlosen 90 Minuten deutet sein Umdrehen den Tod an der Guillotine an. Saint Just, der inzwischen wie alle anderen im Zuschauerraum (=Gerichtssaal) Platz genommen hat, kommentiert Dantons letzte Worte: „Das sind Phrasen für die Nachwelt. Aus deinen schönen Locken mache ich mir eine Perücke“.

Viel Applaus und Begeisterung für diesen besonnenen und intensiven Spielzeitauftakt am Staatstheater Darmstadt.

Markus Gründig, September 21


Dantons Tod

Von: Georg Büchner / Fassung von Christoph Mehler und Christina Zintl

Premiere am Staatstheater Darmstadt: 18. September 21 (Großes Haus)

Regie: Christoph Mehler
Bühne & Kostüm: Jennifer Hörr
Musik: David Rimsky-Korsakow
Dramaturgie: Christina Zintl

Besetzung:

Danton: Daniel Scholz
Camille: Jörg Zirnstein
Philippeau: Anabel Möbius
Robespierre: Marielle Layher
St. Just: Mathias Znidarec
Julie: Gabriele Drechsel

staatstheater-darmstadt.de