kulturfreak.de Besprechungsarchiv Musical und Show. Teil 1

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Titanic – Das Musical ~ Menschen, Träume, Schicksale

Als am Sonntag den 14. April 1912 um 23.40 Uhr das neuste Schiff der White-Star-Line bei seiner Jungfernfahrt von London nach New York auf offener See auf einen Eisberg stieß, fanden knapp 1.500 Menschen den Tod in der eiskalten See. Diese Katastrophe bewegt noch heute Menschen in aller Welt: als reale Tragödie, als Symbol, als Mythos. Viele Verfilmungen zeugen von dem starken Interesse.

Im Jahr 1997 wurde die Geschichte der Titanic erstmals Thema eines Musicals am Broadway. “Titanic- Das Musical” wurde mit fünf TONY´s ausgezeichnet (in den Kategorien: Bestes Musical, Bestes Buch, Beste Musik, Beste Orchestrierung und Bestes Bühnenbild). Die Geschichte des Untergangs wird in dem Musical aus der Sicht der Passagiere sowie der Crewmitglieder erzählt, über diejenigen, die Anteil an der Tragödie hatten.

Die deutsche Version dieses Musicals hatte jetzt ihre Erstaufführung in der “Neuen Flora” / Hamburg (die Übersetzung stammt von Wolfgang Adenberg).

Zu diesem Anlaß wurde der Bereich um die Außentreppe des Theaters verglast, das Theaterfoyer neu gestaltet. Der Musicalbesucher wird in einer eleganten und freundlichen Atmosphäre empfangen und fühlt sich gleich ein wenig wie auf einem Luxusdampfer. Verschiedene Kunstwerke bereichern das Ambiente zusätzlich.

Zu Beginn von “Titanic – Das Musical” stellt Schiffsbauer Thomas Andreas (Carsten Lepper) seine Titanic vor und die Crew und die Passagiere treffen am Hafen zur Schiffsbesteigung ein. Gelegenheit das große Ensemble (46 Mitglieder, davon 37 bei jeder Vorstellung auf der Bühne) kennenzulernen. Schon bald beginnt die Fahrt Richtung New York und im ersten Teil bekommen die Namen Gesichter: da ist zum Beispiel Madame Aubert (Martina Rumpf), die sich souverän Ihren Platz in der Männerwelt heraussucht, Mrs. Alice Beane (Iris Schumacher) aus der 2. Klasse, die unbedingt zu den Leuten der 1. Klasse möchte und so Ihren Mann (Martin Haberger) einiges an Nerven kostet, die schwangere Kate McGowan (Jasmin Madwar), die sich schnell in Jim Farrell (Marius Sverrisson) verliebt. Neben den Schönen, Reichen erfahren wir aber auch von der Liebe des Heizers Frederick Barrett (Patrick Stanke) zu seiner in der Heimat gebliebenen Verlobten.

So gibt es viele verschiedene Rollen, die insgesamt zu einem sehr runden Gesamtbild beitragen und die Vielfalt der Passagiere und Besatzung repräsentieren. Die Rolle eines Hauptdarstellers (in) entfällt sozusagen.

Nachdem zur Mitte des Musicals (und vor Beginn der Pause) der Eisberg gerammt wird (das Ereignis wird nur akustisch wiedergegeben), fällt der zweite Teil durch eine gesteigerte Dramatik auf. Ging es im ersten Teil noch geruhsam zu, wurde Gotesdienst gefeiert und fröhlich getanzt (die Ragtime-Nummer ist die lockerste Nummer bei diesem nun mal etwas ernsteren Musical), so überstürzen sich wie im richtigen Leben die Ereignisse im zweiten Teil. Nach anfänglicher Skepsis wegen der als unsinkbar geltenden Titanic, tritt bei allen naktes Entsetzen ein. Gleichwohl ist man in besseren Kreisen diszipliniert und auch die Besatzung tut Ihren Dienst bis zum bittersten Ende selbstverständlich und unverdrossen weiter, selbst der 14jährige Bellboy (Stefan Stara) ist fröhlich bis zum Schluss. Schiffsbauer Andrews als Mitverantwortlicher gerät da schon eher in Verzweiflung (“Andrews Vision”), er wird stark gespielt von Carsten Lepper.

Am Ende zeugen die wenig Überlebenden von dem, was geschehen ist. Musikalisch wird die Anfangsmelodie aufgenommen und das große Ensemblefinale bestätigt die herausragende Leistung aller. Selten hat es in einem Musical einen solch kraftvollen Chorgesang gegeben, perfekt einstudiert unter der musikalischen Leitung von Bernhard Volk.

Maury Yeston Musik stellt sich der Dramatik der Situation ohne zu schwermütig zu werden, baut Spannung auf und stiftet Hoffnung. Einschlägige Motive, wie sie für viele Musicals üblich sind, lassen sich beim ersten mal nur beim konzentrierten Zuhören erkennen, gleichwohl sind sie eingearbeitet. Allein die simple Melodie des Funkers zu seinen Morsezeichen schwingt noch lange in den Ohren nach.

Die verschiedenen Situationen auf dem Schiff werden auf drei übereinander stehenden Bühnen dargestellt, die aufwendige Bühnenkonstruktion erlaubt ohne Zeitverlust Situationen auf der Brücke, im 1. Klasse Salon oder im Heizraum zu spielen. Für das beeindruckende Bühnenbild ist Eric van der Palen verantwortlich.

Alle Schauspieler tragen aufwendige maßgeschneiderte Kostüme (Yan Tax) im Stil der Zeit, allein das Abendkleid von Madame Cardoza ist mit 1,2 kg Perlen und Pailletten bestickt.

Natürlich kann man bei diesem Musical nicht beschwingt nach Hause gehen, wo Parallelen zur Gegenwart sehr gut vorstellbar sind. Wie weit kann man gehen um seine Ziele zu erreichen, seine Position zu verteidigen, welcher Preis ist für das stetige Streben zu zahlen und ist all dies gerechtfertigt? Wo sind Grenzen ?

Aber keine Angst, diesen Fragen kann man sich stellen, muß es aber nicht. Man kann sich auch einfach nur beschenken lassen: von einer lange nicht mehr gebotenen prächtigen Inszenierung, wundervoller Musik, Bühnenbilder und großartigen Schauspielern und für ein paar Stunden inden Mythos Titanic eintauchen.

Markus Gründig, Dezember 02


Vom Geist der Weihnacht

Doppelpremiere eines Musicals “Vom Geist der Weihnacht” startete in Köln und Berlin

Vergangenen Donnerstag bzw. Freitag war Premiere für das Familienweihnachtsmusical “Vom Geist der Weihnacht” in Berlin (Theater des Westens) und Köln (Musical Dome). Es erzählt Charles Dickens Geschichte „A Christmas Carol“ in leicht geänderter Form:

Srcooge, ein alter Geizhals, Widerling und vom Leben schwer enttäuschter Mensch ist einsam in der Nacht vor Weihnacht. Er begegnet seinem alten Freund Marley. Marley ist zwar schon lange tot, aber noch in der Halbwelt gefangen. Erst muß er aus Scrooge einen guten Menschen machen, dann erst kann er seinen Frieden finden. Da er selber schnell ziemlich ratlos ist, diese schwere Aufgabe zu lösen, bekommt er Unterstützung von weiteren Geistern und einem Engel.

Um die Besucher im Kölner Musical Dome schon im Vorfeld auf das Musical einzustimmen, wurde dieser festlich geschmückt und mit einen wundervollen Weihnachtsglanz versetzt. Im Foyer schwebte am Premierenabend zudem ein echter Engel zur Begrüßung der Besucher durch die Lüfte.

Wenn die Show beginnt erscheint Charles Dickens höchst persönlich um in die Geschichte einzuführen. Gespielt wird er abwechselnd von den Lokalmatadoren Peter Millowitsch und Guido Ganz. Scrooge wird herausragend von Tom Zahner gespielt, dem Ur-Wirt “Thernadier” aus Les Misérables. Geist Marley alias Peter Trautwein, war bereits im vergangenen Jahr im “TheatrO CentrO mit von der Partie und spielt auch hier wieder glaubwürdig den guten ratlosen Geist. Bestechend ist Sanni Luis als Engel/Belle. Mit kraftvoller Stimme und zauberhaftem Charme führt Sie Scrooge auf den rechten Weg zurück (“Deine Chance”).

Von den weiteren Ensemblemitgliedern ist vor allem Heike Schmitz als Mrs. Fezziwig mit Ihren Weihnachtsmenülied zu erwähnen, bei Ihrem gelungen Vortrag wie einfach Sie kocht, läuft jedem nur das Wasser im Mund zusammen.

Die gefühlvolle, gefällige Musik von Dirk Michael Steffan kommt mit viel Stimmung daher, sorgt aber auch für lustige Unterhaltung und Abwechslung, z.B. bei den Geistern (“Ooops, das tut uns leid”).

Gespielt wird mit wenigen Requisiten (Bühne Manfred Gruber), die sehr effektvoll eingesetzt werden. Sei es der Übergroße Tresor von Scrooge, der gleichzeitig sein Wohnzimmer ist, oder der schwebende Luftballon des Engels. Im Hintergrund ist stets ein großes Transparent im Rahmen aufgehängt, in dem sich das Seelenleben Scrooge widerspiegelt. Eingehüllt in passenden Licht (Michael Jiv Wagner) ist lediglich zu bedauern, das die Musik von Band gespielt wird.

Premierengäste waren u.a. Alice Schwarzer, Hans Meiser, Jean Pütz, Elton und viel Kölner Lokalprominenz.

Das Stück wird bis zum 29. Dezember 02 täglich außer Montags gespielt, an den Wochenenden gibt es zusätzlich Nachmittagsvorstellungen.

Markus Gründig, November 02


Bäppi La Belle “Trouble on Broadway”

Zum Beginn der Saison 2002/03 startete im August Travestiestar Bäppi La Belle im umgebauten TiTs-Theater (Theater in der Tanzschule) mit Ihrer neuen Show “Trouble on Broadway”.

Nach den überaus erfolgreichen Shows die bisher im TiTs-Theater gegeben wurden, war es natürlich schwer, die eigens gesetzte hohe Unterhaltungs-Spaß-Faktor-Marke zu halten oder gar zu übertreffen. Für Bäppi La Belle ist dies vielleicht eine Herausforderung gewesen, es zu schaffen aber gar kein Problem!

Kurz gesagt: Travestie & Comedy, Gesang und dumme Sprüche, meist schlüpfrig und doch auch anspruchsvoll, wenn Bäppi aufdreht gibt’s kein Erbarmen mehr. Hier bekommt man für kleines Geld einen wundervollen Abend geschenkt. Hingehen, den Alltag vergessen und einfach mal drei Stunden unbeschwerten Spaß haben und mit einen Lächeln in den Augen und im Herzen nach Hause gehen.

Schon am Eingang des TiTs-Theaters wird deutlich, dies wird kein normaler Theaterbesuch, denn wo bekommt man zur Begrüßung von einem strahlen lächelnden Kellner schon ein Glas Sekt gereicht?

Das Publikum im ausverkauften Saal ist angenehm gemischt, manch einer gar angespannt wegen dem, was da gleicht kommen mag.

Und Bäppi La Belle startet dann auch gleich aus dem Publikum heraus. Wenn Broadway das Thema ist, kann es natürlich nur um Musicals gehen und so durchstreift Bäppi eine Vielzahl an bekannten Musicalsongs, allen voran das auf sie umgeschriebene “Starlight Express-Thema”, Klassiker wie den “Mann von La Manchia”, oder aus “Der kleine Horrorladen”.

Ihr freches Mundwerk hat sie – Gott sei dank – nicht abgelegt, das kann jeden treffen. Zwischen den Liedern wird ausreichend quer Beet auf die Schippe genommen, da ist keiner sicher, auch eine Selbstbetrachtung scheut Bäppi La Belle nicht.

Das Serviceteam wird gleich mit in die Show eingebaut und stiehlt ihr fast die Show so gut machen sie ihren kleinen Auftritt. Allen voran Peter Petriccione als Chefsteward.

Die auf Bäppi La Belle maßgeschneiderten eleganten Kleider und Kostüme (Vladimir Vlahovic) geben dazu den passenden Rahmen. Wenn es mal ernster wird wie bei Brecht/Weil Songs, dann gibt sich Bäppi auch mal als Thomas Bäppler.

Nach rund drei Stunden ist der Abend wie im Flug vorbei, für eine “one man show” mit fast ausschließlichen live Gesang eine wahnsinnige Leistung, die das Publikum mit tosenden Applaus beantwortet und jeder zu sich sagt, hier war ich nicht zum letzten mal.

So heißt es jeden Freitag und Samstag um21. Uhr im TiTs-Theater: Achtung! Hier kommt die Bäppi La Belle: Entertainment erster Güte !!! Und so schließe ich mich gerne der BILD Zeitung an die über dieses Programm schrieb “Riesen-Begeisterung. jubel. Super Show. voll fett. Genial. Nicht verpassen.”

Markus Gründig, September 02


Die jungen Tenöre – Im Rhein-Main-Theater Niedernhausen

Zum Auftakt der Konzertsaison 2002/03 präsentierte DEPRO-Concert im Niedernhausener Rhein-Main-Theater “Die jungen Tenöre”. Es war bereits das zweite mal, das “Die jungen Tenöre” zu Gast in diesem Theater waren, diesmal mit Ihrem Programm “Klassisch & Leicht”.

Von Klassiker-Highlights über Musical-Highlights bis hin zu Schlager-Highlights einen Bogen zu schließen ist sicherlich keine leichte Aufgabe, für “Die jungen Tenöre” jedoch Programm.

Bernhard Hirtreiter, Thomas Kießling und Hans Hitzeroth schaffen es seit vier Jahren immer wieder erneut bekannten Liedern einen frischen, ja begeisternden Schwung zu verleihen. Wobei eine Struktur oder Linie in der Liedfolge und Liedauswahl im geboten Programm nicht zu erkennen war. Grob gesagt stand im ersten der beiden 45-minütigen Programmteile die Klassik im Vordergrund, im zweiten die leichtere Muse. “Mamor, Stein & Eisen bricht”, ein Partygarant in jedem Bierzelt, doch auch bei so einem Abend ? Kein Thema, die jungen Tenöre brachen mit diesem Lied das Eis und brachten das Publikum zu frenetischen mitsingen und mitklatschen.

Wunderbar harmonisch war stets das perfekte und harmonische Zusammenspiel der drei Tenöre, wo sich keine in den Vordergrund sang, sondern jeder auf seine Art überzeugte. Udo Jürgens “Immer wieder geht die Sonne auf” war das emotionalste und ergreifenste Stück des Abends, womit die jungen Tenöre bewiesen haben, das deutsche Schlager Salonfähig ist. Hervorragend auch das erste Zugabelied “Egal was kommt”, aus Andrew Lloyd Webbers vorletztem Musical “Whistle down the wind” (Originaltitel “No matter what”): Gesang und Harmonie der Stimme bei verstehbaren, guten Liedern, Herz was willst du mehr.

Die Sopranistin Beate Düstersiek unterstütze Sie bei den gebotenen Duetten auf sehr schöner weise, entfaltete frei Ihre Stimme und sorgte so für eine stimmliche Abwechslung. Gleichwohl, bei einem Konzert “Der jungen Tenöre” hätten es nicht so viele Duette mit Ihr sein müssen, schließlich war man ja wegen ihnen gekommen.

Im Niedernhausener Rhein-Main-Theater, übrigens dem ehemaligen “Sunset-Theater”, wurden sie musikalisch vom 17 köpfigen “Rondo Vienna” unter der Leitung von Barbara Helfgott begleitet. Die MusikerInnen standen die ganze Zeit auf der Bühne und spielten frei, also ohne Noten. Hut ab vor dieser Leistung. Klasse und einmalig war jedoch mit wieviel Elan und Begeisterung das fast nur aus Damen bestehende Orchester spielte. Sie hatten beinahe mehr Engagement wie die jungen Tenöre, für die es die letzte Show vor der wohlverdienten Urlaubspause war.

Das Publikum im gut besuchten Rhein-Main-Theater dankte den jungen Tenören mit Standing Ovations und freut sich auf ein baldiges Wiedersehen, auch wenn es bei der dritten Zugabe erst einmal hieß it‘s “Time to say goodbye”.

Wer bislang keine Gelegenheit hatte die jungen Tenöre live zu erleben sollte sich Sonntag den 8. Dezember 02 vormerken. Das ZDF wird zur besten Sendezeit (20.15h) ein Weihnachts-Special mit Ihnen senden.

Markus Gründig, August 02


Casper Hauser  – Das Musical

Kasper Hauser ist ein historischer Kriminalfall, vor allem aber ist es die Geschichte eines Jungen, der eingesperrt, von der Umwelt abgeschirmt aufwuchs und zum Synonym für psychischen Schäden durch fehlenden menschlichen Kontakt wurde. Wahrscheinlich als Baby vertauscht, taucht er im Alter von 16 Jahren 1828 in Nürnberg auf und lebt einige Zeit später bis zu seiner Ermordung im Jahre 1833 im nahen Ansbach.

Und ebenda fand am vergangenen Montag die Premiere des Musicals über sein Leben statt. Die Gemeinschaftsarbeit von Heiko A. Neher (Musik, Texte, Buch) und Tobias Weis (Buch, Regie) hatte bereits im vergangenen Oktober in Stuttgart eine Workshop Aufführung erlebt, jetzt wurde im mit über 800 Plätzen ausverkauften Onaldia-Saal eine ausgereiftere Version geboten.

Das Musical schildert die Geschichte von Kaspar Hauser aus der Sicht seiner intriganten Großtante, der Gräfin Hochberg (Jeanne-Marie Nigl) , die von Kaspar Hauser-Kennern als Drahtzieherin hinter der ganzen Affäre um den verschwundenen Kronprinzen von Baden gesehen wird. Das Musical beginnt mit dem Austausch des kleinen Prinzen mit einem todkranken Säugling , zeigt sein plötzliches Auftauchen anno 1828 in Nürnberg und endet mit dem tödlichen Angriff auf ihn.

Kaspar Hauser, kein leichter Stoff für ein Musical, wo sich doch meist alles um leichtere Themen wie Liebe und Triebe dreht. Doch ein Musical muß ja nicht zwangsweise “seicht” sein, es gibt viele Musicals, die sich auch ernstere Themen widmen (Les Misérables, Titanic) und dabei trotzdem unterhalten.

Der Spagat zwischen Authentizität und breitem Publikumsgeschmack ist Neher und Weiss mit ihrer Kaspar Hauser Musicalproduktion hervorragend gelungen: am Ende minutenlange Standing Ovations mit wahren Begeisterungsstürmen drückten mehr wie bloße Sympathie aus.

Bei einfachster Bühnenaustattung trumpft die Produktion mit großen Musicaldarstellern: Stefan Poslovski (Kaspar Hauser), Jeanne-Marie Nigl (Gräfin Hochberg), Martin Berger (Gefängniswärter Hiltel/Lehrer) führen das kleine Ensemble an.

Stefan Poslovski scheint die Rolle und die Lieder auf den Leib geschrieben zu sein, so glaubwürdig schafft er es die Seelenqualen des Kaspar Hauser offen darzulegen, ohne sich selbst zu verlieren. Dies zeigte er eindrucksvoll bei “Der Weg ins Glück”, für mich das schönste Stück des Musicals, wo er sich fragt wie die Welt um ihn herum funktioniert und wo er sein persönliches Glück wohl finden wird.

Jeanne-Marie Nigl, zuletzt bei “Tanz der Vampire” und nach einem Zwischenspiel bei “Evita” (Hanau) ab November bei “Phantom der Oper” (Stuttgart”, kann beim “Intrigen”-Lied ihr großes Stimmvolumen beeindruckend zeigen. Ihre unschlagbare Mimik unterstützt sie dabei gewinnend.

Doch auch die anderen DarstellerInnen überzeugen durch Ihre Professionalität und man kann nur hoffen, das diese Runde bei einer Wiederaufnahme in gleicher Besetzung zusammen kommt.

Die Musik von Heiko A. Neher kommt sehr gefühlvoll, sensibel und trotzdem schwungvoll rüber, er selber spielt am Bösendorfflügel, begleitet von Michael Brücker am Schlagzeug.

Für diejenigen Zuschauer die sich nicht so sehr mit Kaspar Hauser auskennen, bleibt leider auch nach dem Musical noch einiges im unklaren, denn sein Lebensweg wird sehr bruchstückhaft erzählt, insbesondere im zweiten Akt. Doch dies ist das einzige, was für weitere Aufführungen noch ausgearbeitet werden könnte.

Im Rahmen der diesjährigen Kaspar Hauser Festspiele der Stast Ansbach gab es zunächst nur diese eine Aufführung. Gespräche über eine Wiederaufnahme bzw. einen festen Spielort laufen bereits. Die Stadt hat Ihre Unterstützung zugesagt.

Markus Gründig, August 02


FMA Falco meets Amadeus

Die 80’ er. Das waren nicht nur Andrew Lloyd Webber Musicals und Macintosh Produktionen. In diese Epoche gehören ebenso Michael Jackson oder die mehr in unseren Breitengeraden angesiedelte  Neue Deutsche Welle (NDW). Eine Renaissance der besonderen Art erfährt zur Zeit eine weitere Ikone der sog. “Golf” Generation: Falco!

In Wien läuft zur Zeit die Super-Cyper-Space-Show “F@ lco”, die sich irgendwo auch noch Musical nennt. Ich belasse es lieber bei ersten Bezeichnung und lasse Sie mit damit alleine. Auch in Berlin erinnerten sich die neuen Macher des alt ehrwürdigen Theaters des Westens (TDW) an einen gewissen Hans Hölzel und widmeten ihm sogar eine  Welturauführung. Dem Intendanten Elmar Ottenthal verdanken die Berliner Highlights wie “Chicago” oder “Rent”. Aber leider ist die Berliner Musical Luft  traditionell ein böiger Gegenwind, der nun auch durch das Gebälk des TDW pfeift. Die orientierungslose Subventionspolitik tut ihr übriges. Und schon steht das Ensemble unter Druck, einen Erfolg produzieren zu müssen. Sonst gehen so manche Lichter aus. Das leerstehende Operettenhaus Metropoltheater dient als abstoßendes Beispiel.

Zurück zu den Wurzeln: Hans Hölzel  wurde 1957 in Wien geboren. Schon als Kind  bewies Hänschen sein musikalisches Talent im familiären und schulischem Kreise. Er zog in den avantgardistischen Teil West-Berlins, die aufgewetzten Klamotten aus und den Versace Anzug an. Nur noch eine Sonnebrille und schon war die Kunstfigur Falco geschaffen. 1985 erschien der Hit “Rock me Amadeus”, der seinen Siegeszug um die ganze Welt antrat. In den letzten Jahren wurde es um den Wiener ruhiger. Ein Comeback stand wohl unmittelbar bevor, wurde jedoch am 6. Februar 1998 durch einen Autounfall in der Domikanischen Republik grausam zunichte gemacht. Hölzel war auf der Stelle tot.

Das Musical dreht sich in um Falco. Wolfgang Amadeus Mozart taucht eher wie ein Schatten mal kommentierend, mal provozierend und teilweise vulgär auf. Die beiden “Helden” kommunizieren eigentlich nur zum Ende des ersten und zweiten Aktes miteinander. Vielleicht merkten schon hier die Macher, dass ein Vergleich zwischen dem Musikgenie Wolfgang Amadeus und Hans Hölzel einfach hinken musste. Ohne das musikalische Talent eines Falcos schmälern zu wollen, aber mancher Schuh ist etwas zu groß.

Burkard Driest beschreibt einen abgedrehten Falco, der einen Pakt mit dem Teufel eingeht, um sein musikalisches Genie wiederzufinden. Er täuscht sogar seinen eigenen Tod vor, um wieder die Gunst des Publikums zu erlangen. Schließlich kehrt der Erfolg zurück. Inspiriert durch seine erste Begegnung mit Mozart: “Rock me Amadeus”. Hölzel heiratet Konny, die ihm einen Sohn “Europa” schenkt. Ende gut, alles gut. Denkste, denn leider ist es nicht sein eigenes. Er schmeißt Konny raus. Zu allem Unglück erscheint auch noch der Teufel und will sein Faustpfand: Falcos Leben. Im Himmel trifft er Mozart wieder und ist endlich frei. Der Inhalt ist durch viele Ausflüge, wo sich der Zuschauer fragt, wohin die Reise eigentlich  gehen soll, etwas verworren. Die Bannbreite reicht vom Mutterkomplex über den Teufel und dem klassischen Faustmotiv bis hin zu einer himmlischen Bundesliga Reportage Mozarts. Leider bringt uns das weder den Menschen Hans Hölzel, seine Beziehung zu Mozart oder seiner Umgebung näher.

Als Sprache wurde eine Art Schüttelreim gewählt, zu dem sich, oh Schock, so mache Plattheit gesellt.
Verzweifelt verbirgt der Intellekt so manche Tücke,nämlich dass sich im Inhalt befindet eine große Lücke.
Die Musik stammt mit einer Ausnahme von Falco. Die Arrangements teilweise mit klassischen Instrumenten folgen einem aktuellen Trend und sind ein echter Ohrenschmaus. Leider passen die Songs nicht immer zu dem Inhalt oder umgekehrt, so dass ein musikalischer roter Faden fehlt.
Die Tänze eines überaus arrangierten und fleißigen Ensemble, das zu jedem Aufritt das Kostüm wechselt, werden zu einer Wollust für jedes Auge und erinnern an Videoclips, was ja bei dem Thema auch angemessen ist.
Das Bühnenbild gestaltet sich modern mit einfachen, aber eindrucksvollen Ideen . Eine übergroße beleuchtete Gitarre oder aufblasbare Riesenpupe.

Falco ist der Star dieses Musicals und wird hervorragend von Axel Herrig mit viel Bühnenpräsens dargestellt. Amadeus, Joachim Schweizer, dagegen ist etwas blass, was nicht nur an der Schminke liegt.
Hervorzuheben sind noch das Energiebündel Martin Moss als Manager Zuweiger, van Leeuwenberg, der trottelige Diener Josef, und die coole und verführerische Journalistin Franziska Becker.

Als Fazit ist dem Stück viel Glück zu wünschen, auch um die Zukunft des Theater des Westens wegen. Wer einen Augen- und Ohrenschmaus erwartet, der wird ganz sicher nicht enttäuscht  werden. Viel Vergnügen.

Constanze Kuka, 13. Oktober 00
kulturfreak.de sagt DANKE !!! für die Kooperation !


Bäppi La Belle: Ich war nie eine Reveutänzerin (TiTs, Frankfurt)

Nachdem in den Sommerferien das Tits (Theater in der Tanzschule) renoviert wurde (und Dank neuem Sponsor – der Henninger Brauerei – sogar eine neue Bestuhlung bekam), hatte Anfang September das neue Soloprogramm von Bäppi La Belle „Ich war nie eine Reveutänzerin“ seine Premiere.

Bäppi La Belle ist längst nicht mehr Frankfurts Geheimtip Nr.1, sondern Hessenweit bekannt und beliebt. Eine zarte Rose in stabiler Form, mit Beinen wo jede Frau nur neidisch werden kann und  zudem alles andere als auf den Mund gefallen.

Ob nun tausenden von Lesben und Schwulen der Mamba beigebracht wird (und damit ein Eintrag im Guinessbuch der Rekorde erfolgte), bei großen Galas und Events die Moderation übernommen wird, das Heimspiel erfolgt jeden Samstag im Frankfurter Nordend.

Mit der neuen Show (insgesamt die sechste) heißt es nun „Ich war nie eine Revuetänzerin“ . Schon am Eingang erhält jeder Gast gratis ein Glas Sekt gereicht, wo gibt es so etwas ein zweites Mal ? Im Tits fühlt sich jeder als VIP.

Hat die klassische Reveu seit den 30er Jahren in Deutschland an Bedeutung verloren, verbindet noch jeder Bilder mit dem Begriff Reveutänzerin. Dem Titel nach will sich Bäppi La Belle von diesen Bildern distanzieren, dennoch bilden sie den äußeren Rahmen für die Show. Sprech-, Gesangs- und Tanznummern werden ohne dramatischen Zusammenhang aneinander gereiht, dafür werden sie mit um so mehr derben Witz und liebevoller Komik präsentiert. Wußten sie zum Beispiel, daß Frau Merkel jetzt auch in die Spendenaffäre verwickelt ist? Jetzt kam raus, daß Frau  Merkel von Helmut Kohl 200 Mark für einen Friseurbesuch bekommen hat – nur weiß keiner wo das Geld hin ist !

Passend zur Blütezeit der Revue ist die Auswahl der Lieder für dieses Programm bunt gemischt: Lieder von Zarah Leander, La Cage aux Folles, West-Side-Story oder einige klassische Marlene Dietrich Songs (Jonny, Lilli Marlene, Ein Mann).

Herausragend auch dieses mal wieder die Kostüme und Perücken. Sei es ein knappes Lederdress (für „All that Jazz“ aus dem Musical Chicago) oder als Kontrast ein griechisches Gewand („Weiße Rosen aus Athen“), Bäppi stehen die Kleider ausgezeichnet und selbst in Stöckelschuhen zu laufen, bereitet keinerlei Probleme.

2 1/2 Stunden kurzweilige Unterhaltung sind garantiert.

Markus Gründig, September 00


Sommernachtstraum (Schauspiel Frankfurt)

Zum Abschluß seiner Tätigkeit am Schauspiel Frankfurt inszeniert Prof. Peter Eschberg Shakespeares “Sommernachtstraum”. Waren die Kritiken einiger Frankfurter & der Offenbacher Tageszeitungen auch vernichtend, war die Spannung um so größer, ob die Aufführung wirklich so schlecht ist.
Um es vorneweg zu sagen, Kritikermeinung und Publikumsgeschmack ist nicht das gleiche.
Während der Aufführung reichlich Zwischenapplaus und viel Heiterkeit.

Eschberg hat seine letzte Spielzeit unter das Motto Träume, Illusionen, Weltentwürfe” gestellt und so ist auch dieser “Sommernachtstraum” ein Abbild Freundscher Traumdeutung.
Bei minimalen Bühnenbild (Hans Hoffer) wirken die Leistungen des Ensembles um so stärker. Zu Beginn und Ende stehen lediglich zwei Liegen vor einem großen Bühnenprospekt, der Wald ist ein großer leerer Raum, lediglich eine Art Rampe auf einer Drehbühne dient als Requisite.
Die Verwirrung, wer mit wem, nimmt von Beginn an Ihren Lauf. Bis am Ende wieder alle Verzauberungen gelöst sind, liefern sich die Liebespaare wilde Dispute. Alles Mitgefühl bekommt die am stärksten Leidende, Katharina Lang (Helena), stark ist Marie-Therese Futterknecht (Hermia). Miguel Abrantes Ostrowski (Demetrius) und Matthias Lühn (Lysander) spielen Eindrucksvoll die Liebhaber.
Körperliche Auseinandersetzungen bleiben bei diesen Paaren nicht aus, zu stark sind Ihre Gefühle und Verletzungen. Die Streitigkeiten werden mit einer sehr humorvolle Sprache mit possierlichen Reimen kredenzt.
Bei den schauspielernden Handwerker glänzt vor allem Robert Joseph Bartls (Zettl), auch wenn manchmal die Grenze zum Volkstheater erreicht wird.
Das Stück wird nonstop gezeigt wird (2 1/4 Stunden – ohne Pause), Langweile kommt nie auf.

Markus Gründig, September 00


Daniel (Mainz)

Es ist ein Gott, der Leben gibt.
Es ist ein Gott der Leben liebt.
Und Gott allein kann uns bewahren,
und, was geheim ist, offenbaren.

Big Brother, Chatten, SMS´n, Chill Out…. und dazu als Kontrast ein Musikspiel (so der ofizielle Untertitel zu diesem Werk) in einer katholischen Kirche, aufgeführt von Profis und Laien. Gegensätze, die das Leben schreibt.

Das von Eugen Eckert und Thomas Gabriel anlässlich der Heilig-Rock-Wallfahrt 1996 in Trier geschriebene Stück Daniel wurde am vergangenen Freitag in der katholischen Ignaz-Kirche in Mainz aufgeführt.

Die Geschichte des Daniel (hebräisch “Gott ist mein Richter”) entstammt dem Alten Testament und sollte den unter Antiochus Epiphanes Verfolgten Mut und Hoffnung zusprechen. Mag das Festhalten an altererbtem Glauben unter Todesstrafe gestellt sein, Gott hat seine Engel, die Seinen wunderbar zu schützen. Vor allem läßt er die Frevler nicht länger als bis zu dem Punkt gewähren, an dem die Wende eintritt, wo das stolze Bild zertrümmert wird oder der Baum umgehauen wird und das furchtbare “mene tekel” sich erfüllt.

Die zweistündig Darbietung ist weder streng Oratorium noch Musical, irgendwo dazwischen und das ist gut. Mit Ernst und Liebe wurde unter der Regie von Benjamin Baumann diese alte Geschichte neu erzählt. Benjamin Baumann (Daniel), Barbara Bach (Asarja), Isabella Hof (Hananja), Steffen Bodensohn (Michael) Marcel Ehmann (Nebukadnezar, Belsazar und Darius) und Christian Müth (Aschpenas) zeigen sich bei diser Aufführung in einer ganz anderen Rolle als man sie sonst kennt. Lobenswert und für Ihre Vielseitigkeit sprechend, daß sie bei einem solchen Projekt abseits der großen Publicity mit gleich großem Engagement wie sonst dabei sind. Die Zuhörer dankten es Ihnen mit Standing Ovations.

Eingebunden in die Berichterstattung der Erzählerin (Barbara Bach) wechseln sich szenische Darbietungen mit tänzerischen Darbietungen ab, umrahmt von Soli der Hauptdarsteller und des Chores. Auflockernd die Rolle des im Falsett singenden Aschpenas und natürlich die bunten Einlagen des Tanzensembles (Christine Blumör, Kirstin Egner, Ingrid Höhne, Alexandra Meyer und Angela Till)

Beim letzten Lied vor der Pause (“Es ist ein Gott, der Leben gibt”) kann sich der Chor (Stimme Gottes, Volk Israel, Babylonier) befreien und mit seiner Begeisterung auch das Publikum zum Mitklatschen begeistern.

Ein besonders starker Auftritt auch zum Ende, als Daniel aus der Löwengrube steigt und verkündet “Gott hat mir längst einen Engel gesandt”.

Schon Lucy sagte zu Charly Brown im Musical Snoopy, es ist wichtig eine Philospohie für sich im Leben zu haben, die Halt gibt. Bei Daniel wird eine Glaubensbotschaft in einer aufwendigen Darbietung abwechlungsreich gezeigt.

Gott hat mir längst einen Engel gesandt,
mich durch das Leben zu führen.
Und dieser Engel hält meine Hand,
manchmal kann ich’s richtig spüren.
Mein Engel bringt mir in Dunkelheit Licht.
mein Engel sagt mir: Du, fürchte dich nicht,
du bist bei Gott aufgehoben.

Markus Gründig, 17. September 00


Ich, Marlene (Komödie Frankfurt)

Mythos Marlene Dietrich und kein Ende. Nachdem Judy Winter in Berlin als Marlene Dietrich brillierte ist nun die in Chemnitz geborene Petra Constanza in dieser Rolle zu erleben. In einer Ufa-Reveu konnte Petra Constanza 1995 in München erstmals die Dietrich spielen. In der jetzt in der Frankfurter Komödie zu sehenden Show ist Sie verdient der Star. Sie schafft es glaubwürdig die alte wie die junge Dietrich zu spielen, sängerisch und tänzerisch in einer super Form.

Es dauert zwar bis in den zweiten Teil (nach der Pause) bis der Mythos Marlene in der Komödie erwacht. Aber spätestens, wenn Sie im weißen Pelzmantel die Treppe herabsteigt, wird es einem klamm ums Herz, die Legende lebt.

Alle großen “Hits” werden, eingebunden in Ihren realen Hintergrund, dargeboten.
Neben Ihr gibt es freilich weitere Akteure. Allen voran Alexander M. Helmer, Oliver Linde und Wolff von Lindenau, das singende Männertrio.
Schön, ein Wiedersehen mit Simone Kerchner (Musical Theater Ensemble, Hanau: u.a. Audrey in “Der kleine Horrorladen”) und Christine Richter (Brüder Grimm Märchenfestspiele Hanau).
Bei über 80 Kostümen ist ein ständiger Wechsel bei dem 9 Köpfigen Ensemble angesagt. Das Bühnenbild (Klaus-Ulrich Jacob) wird stets nur leicht variiert, herausragen tut hier lediglich die Showtreppe. Musikalische Leitung und live am Piano:Ulrich Jokiel.

Markus Gründig, 17. September 00


5 Jahre Musical-Theater-Ensemble Hanau

5 Jahre Arbeit, 5 Jahre Kampf und Ärger, aber auch 5 Jahre Erfolg, 5 Jahre Musical, 5 Jahre Begeisterung und nach 5 Jahren “Institution in Hanau”, das ist MTE, das ist die Musical-Truppe um den Regisseur Benjamin Baumann, die aus dem Bereich Hanau bzw. aus dem Rhein-Main-Gebiet nicht mehr weg zu denken sind.

Am 3. September 1995 begann alles mit der ersten Non(n)sense-Vorstellung im Comoedienhaus Hanau Wilhelmsbad. Am letzten Dienstag, 12. September 2000, wurde an gleicher Stelle das 5 jährige Bestehen des Musical-Theater-Ensemble gefeiert.

Die herausragende Stellung die die „Baumann Truppe“ hat wurde allen Zuhörern durch die Anwesenheit von keiner geringeren als der Oberbürgermeisterin der Stadt Hanau, Frau Marget Härtel, deutlich. Vor der Jubiläumsgala ergriff Frau Härtel das Mikrofon und würdigte in einer Ansprache das Musical Theater Ensemble als feste Institutuion im kulturellen Leben von Hanau.

Benjamin Baumann stellte für diesen speziellen Abend einen bunten Mix aus bisherigen Produktionen des M.T.E. zusammen. Mit dem Opening erhielt das Publikum im ausverkauften Comoedienhaus einen Schnelldurchlauf durch 5 Jahre M.T.E. Dargebracht von der 5köpfigen Band und ihrem musikalischen Leiter Thomas Lorey.

SNOOPY!!! Das Musical, Baumanns neuestes Werk eröffnete den Abend mit dem Lied “Ich weiß jetzt…” gesungen von Anita Vidovic, Connie Bunn und dem “Star” aus Hanau, Jeanne-Marie Nigl. Trefflich hielt Jan Schuba, der neuste in Baumanns Truppe, seine “Nachtwache” (SNOOPY!!!) und wartete verzweifelt aber doch vergebens auf den großen Kürbis. Ute Sweepers kehrte nach einer kurzen Mutterpause auf die Bühne zurück und versprach mit Ihrer Partnerin Hella Boysen (Two Night) dem Publikum “I will never leave you” (Side Show) – was das Publikum aber nicht ernst nahm und trotzdem beide mit einem stürmischen Applaus feierte.

Jörg Schäfer, ein Mann mit brillanter einfühlsamer Stimme, den man lange nicht mehr beim M.T.E. hörte, meldete sich mit “Mary” (Eating Raoul) gefühlvoll zu Wort. Seine Mary meldete sich auch postwendend mit schwingender Bratpfanne auf der Bühne. Mit “Nur ein Schlag” drohte sie alle anwesende Männer zu morden. Statt mit der Bratpfanne zuzuschlagen, obwohl sie immer wieder ausholte, schlug Connie Bunn mit ihrer kraftvollen, ihr eigenen Bruststimme zu.

Das “Broadway Baby” (Follies) Jeanne-Marie Nigl zeigte erneut was es so kann! Mit ihrem komödiantischen, schauspielerischen Können durfte das Publikum verfolgen was so alles beim Vorsingen geschehen kann, und welche Stimme benötigt wird um letztendlich ein Engagement zu bekommen.

Für Jeanne-Marie “no problem” und mit Bravour bestanden.

Markus Kohlhaas durfte endlich mal wieder seine “sadistische” Ader in “Zahnarzt” (Der kleine Horrorladen) zeigen, den er immer wieder vortrefflich spielt. Ich habe jetzt noch die Stimme meiner Nachbarin im Ohr, die immer wieder ein “göttlich” hauchte als er auf der Bühne sang. “Gib’s mir” ist eindeutig der Part von Thorsten Kieker – der “Voice of Audry II”. Die Stimme die man sonst nur hört und nicht sieht, durfte dieses mal auf die Bühne. Nicht nur durch seine schöne Stimme sondern auch durch seine sympatische Darbietung gewann er die Zuneigung des Plublikums. Nicht zu vergessen der Angestellte aus Mushniks Blumenladen in der Skid Row, Seymour. Eigentlich müßig hierüber noch Worte zu verlieren. Benjamin Baumann als Seymour einfach toll. Zusammen mit Rick Moranis (Film) gibt es keine andere Person für diese Rolle. Zusammen mit Hella Boysen als Audry in “Jetzt hast du Seymour” bravourös. Obwohl Simone Kercher, die leider an diesem Abend nicht teilnehmen konnte, DIE Audry verkörpert, ist Hella Boysen in dieser Rolle nicht die typische Zweitbesetzung, sondern eine würdige Erstbesetzung.

Ausschnitte aus “Ein Abend im Club” mit Marianne Rosenbergs “Er gehört zu mir” Connie Bunn (süß!) und Udo Jürgens (Thorsten Kieker) “Aber bitte mit Sahne” läuteten leider und viel zu schnell, die Pause ein.

Nach der Pause gleich ein weiterer Highlight des Abends. Connie Bunn und Sascha Th. Krebs in einem phantastischen Duett. Mit ihrem Part hielten Sie das Publikum im Bann. Deutlich war zu spüren wie das Publikum mitging, wie es die Melodien aufsog. Die Spannung stieg mit jeder Note des Liedes, mit jedem Wort das über die Lippen der Sänger(in) kam um am Ende von “Totale Finsternis” (Tanz der Vampire) sprichwörtlich vor Begeisterung zu explodieren. Der Saal tobte. Doch damit nicht genug. Sascha Th. Krebs setzte noch eins oben drauf. Einfach brillant wie er mit jeder Faser seines Körpers “Die unstillbare Gier” sang und spielte. Am Ende des Liedes hielt es so manchen nicht mehr auf seinem Sitz. Sie zollten dieser Leistung „standing ovations“ .

Im Kontrast ging es dann weiter: die “kleinen Schwestern von Hoboken” mit ihren Ausschnitten aus Country & Western Non(n)sense.

So mancher kam erst wieder bei “All I ask of you” (Phantom der Oper) zu sich, beim Duett von Barbara Bach und Benjamin Baumann. Barbara Bachs Stimme als Christine hat sehr gut gefallen.

Kurz vor Ende der Musical-Gala die Lieder aus dem Musical Non(n)sense, mit dem alles vor 5 Jahren begann. Die Show die jeder im Saal schon mehrmals gesehen hat und die durch das M.T.E. bisher ca. 380 mal gespielt wurde. Der Auftakt bildete das Non(n)sense Intro mit allen Nonnen. Gefolgt von Mutter Oberin, Petra Mathein, mit ihrem Solosong “Ich will im Spot steh‘n”. Souverän vorgetragen wie immer! Den Abschluss der Non(n)sense-Trilogie bildete “Holier than thou”. Hier konnte Connie Bunn ihre Soul und Gospel-Stimme mal wieder vollen Lauf lassen. Doch damit nicht genug. Isabella Hof (gern gesehene Vertreterin von Conni Bunn in dieser Rolle) wurde mit eingebunden und beide sangen gemeinsam diesen Song. Ein besonderer Hörgenuss und eine gute Idee des Regisseur Benjamin Baumann hier beide einzubinden.

Tja und dann war es soweit, der letzte Song der Musical-Gala: “Seasons of Love” (RENT) Ein wundervoller Abend neigte sich all zu schnell dem Ende entgegen. Isabella Hof konnte bei diesem Song noch mal ihre gewaltige Stimme zur vollen Geltung bringen und dem Song seine spezielle Note verleihen.

Das Publikum bedankte sich bei dem Ensemble mit „standing ovations“ und frenetischem Applaus, ihren nicht enden wollenden Dank.

Und da gab es noch – Gott sei Dank! – die Leute, die nach einer Zugabe verlangten. Das Ensemble ließ auch nicht lange auf sich warten. Der Männliche Part des Ensembles kam dem Verlangen nach Zugabe mit “New York, New York” nach. Der weibliche Teil des Ensembles, voran mit Ute Sweepers und Hella Boysen, mit “Thank you for the music”. Das alles war dem Publikum jedoch noch nicht genug. Erst als das Ensemble nochmals “Seasons of Love” sang gab sich das Publikum zufrieden.

Der Abend war ein gelungenes Feuerwerk der Musicalpräsentation – einfach SPITZE !!!!
Ein Abende, den man als Musicalfan NICHT (!!!) missen möchte.
DANKE an das MUSICAL-THEATER-ENSEMBLE in Hanau

Siggi Fröhlich, 15. September 00


“Blutsbrüder” in Darmstadt – Griesheim:

Den Besuch des Musicals BLUTSBRUEDER in der Wagenhalle Griesheim kann man als Entdeckungsfahrt zu regionalen Perlen – oder besser zu schönen Stimmen – beschreiben. Nicht die großen Bühnen mit den Stars liefern die Überraschungen derzeit, sondern die kleinen Bühnen mit ihren ( noch ) unbekannteren Akteuren ( von Aschaffenburg bis Hattersheim, von Griesheim bis Gießen ) .

Der Schaffer des Musicals BLOODBROTHERS Willy Russell ist nicht so bekannt wie Sir Webber, arbeitet aber im Showgeschäft fast genauso lange schon, nur mit weniger Erfolg. Sein Theaterstück “Eduacating Rita” fiel auch in Deutschland positiv im Kino und Fernsehen auf, aber daß BLOODBROTHERS derzeit das am längsten gespielte Musical im Londoner Westend ist, ahnen die wenigsten. 

Das Stück basiert auf der oft variierten Zwillingsgeschichte, in der die Beiden aufgrund der ärmlichen Verhältnisse der Mutter getrennt werden. Durch die Launen des Schicksals treffen sich die Brüder immer wieder, werden Freunde gegen den Willen der “Mütter” und sterben am Schluß während einer verzweifelten Auseinandersetzung.

Die Geschichte beginnt mit dem Tod der beiden und ein Erzähler kommentiert die Geschichte, insbesondere die unheilvollen Zeichen, die sich in abergläubischen Sprüchen festigen : Man trennt keine Zwillinge, stellt keine neuen Schuhe auf den Tisch. Und die entscheidenden Begegnungen der Brüder könnten im 7 Jahreszyklus stattfinden.

Die weichen Rockmusik – Klänge pendeln zwischen Kurt Weil über Showmusik in den gängigen Pop und werden live, aber unsichtbar hinter der Bühne gespielt. Die Lieder werden überwiegend in Englisch gesungen und die Zwischentexte in Deutsch gesprochen. Von den vielen schönen Songs kann man oft nicht genug bekommen und die Laiendarsteller bringen ihre Stimmen professionell zur Geltung.

In Griesheim brilliert in einem perfektem Team Alessandra Prinz als Mutter der ungleichen Zwillingsbrüder mit ihrer klassisch geschulten Stimme, die nicht nur mit ihrer Stimme bis zum Schluß den Lebenswillen einer armen, einfachen Frau verdeutlicht.

Aber auch ihre Söhne Mickey ( Jürgen Pietsch ) und Edward ( Johannes Harth ) bieten bewundernswerte Darstellungen ( “Zappelphilipp und Musterknabe” nennt sie das Darmstädter Echo ) wie allen Akteuren in diesem fast dreistündigem Stück.

Die Bühne ist einfach und durch geschickte Beleuchtung können die unterschiedlichen Handlungsorte ohne große Umbauten typisiert werden. In der Halle hat man überall einen guten Blick und die Akustik kann sich hören lassen.

Das Team um Regisseur Matthias Edeling kann sich sehen und hören lassen, dem Projekt Jugend und Theater Darmstadt seien noch viele solcher gelungenen Aufführungen gewünscht, ständig ein volles Haus und viel, viel Applaus.

Heinz Haberzettl, September 00