Kompakter »Don Carlos« am Schauspiel Frankfurt kommt gut an

Don Carlos ~ Schauspiel Frankfurt ~ Don Carlos (Torsten Flassig), Philipp II. (Matthias Redlhammer), Herzog von Alba (Stefan Graf) ~ Foto: Thomas Aurin

Schillers dramatisches Gedicht in fünf Akten Don Carlos ist kein leichtes Stück. Selbst für Schiller war es das nicht. Er überarbeitete es nach dem ersten Entwurf 1783 bis 1805 mehrfach. Es vor einer Aufführung einmal schnell durchzulesen, ist allein schon ob der Textlänge eine Herausforderung. Schiller verbindet in diesem Drama historisch-politische Konflikte (den Spanisch-Niederländischen Krieg von 1568 bis 1648) und, sehr frei, Privates. Die Liebe des jungen Infanten zu seiner Stiefmutter, wie auch seine Freundschaft zum Malteserritter Marquis von Posa, sind historisch nicht belegt. Gleichwohl thematisiert er damit die Idee des Humanismus und die Freiheit der Völker (die ja auch heute bedroht ist).

Für das Schauspiel Frankfurt erstellten Regisseurin Felicitas Brucker und Dramaturg Arved Schultze eine kompakte und überraschend kurzweilige Fassung (auf Basis der von Schiller für das Theater Riga im Jahr 1787 erstellten). Die Inszenierung fokussiert sich auf die „Kernkonstellation des Stücks, wie sich die Seelenlandschaften der Protagonisten und Protagonistinnen verändern“ (Alexander Leiffheidt im Programmheft). Es sind lediglich sechs Schauspieler:innen und ein Kind beteiligt.

Zunächst war eine pausenlose Aufführung mit einer Spieldauer von zwei Stunden und 20 Minuten angesetzt. Glücklicherweise entschied man sich dann aber doch für eine Pause (Gesamtdauer nunmehr 2´h 40).

Don Carlos
Schauspiel Frankfurt
Prinzessin von Eboli (Sarah Grunert), Herzog von Alba (Stefan Graf)
Foto: Thomas Aurin

Möglichkeiten

Eine Fokussierung findet sich auch im Bühnenbild von Viva Schudt. Es zeigt einen abstrakt gehaltenen, geschlossen wirkenden Raum. Klinisch rein mit weißen Kassettenwänden, mit zwei breiten Schwingtüren an den Seiten und gleißendem Oberlicht. Es ist frei von Bezügen zum Sommerschloss Aranjuez von Phillipp II. oder seinem königlichen Schloss in Madrid. Weiß „wirkt auf unsere Psyche als ein großes Schweigen… Ein Schweigen, welches nicht tot ist, sondern voll Möglichkeiten“ (Wassily Kandinsky). Beispielsweise als Möglichkeit sich für oder gegen eine bestimmte Person oder Sache zu entscheiden. Ein starres Schwarz-Weiß-Denken spiegelt sich auch in den Kostümen von Viva Schudt wider. Wobei interessanterweise der stark seine Machtposition verteidigende König (aufbrausend: Matthias Redlhammer) zunächst ganz in Schwarz, dann ganz in Weiß gekleidet ist. Er hinterfragt Positionen, bleibt aber in seinem Denken dann doch immer der gleiche.
Räumliche Veränderungen erfolgen mit eingeschobenem Bett oder hochfahrendem Tisch und gläserner Kerkerzelle.

Don Carlos
Schauspiel Frankfurt
Marquis von Posa (Christoph Bornmüller), Elisabetta von Valois (Tanja Merlin Graf)
Foto: Thomas Aurin

Songs & Sounds

In der Titelrolle bringt sich Torsten Flassig stark ein, auch körperlich. Die Kunst der Manipulation beherrscht der Herzog von Alba meisterlich (gerissen: Stefan Graf). Irritiert ob des Geschehens ist die Königin und Stiefmutter Elisabetta von Valois (beherrscht: Tanja Merlin Graf).

In „Vorgehört“, dem Podcast zur Stück-Einführung, spricht Dramaturg Alexander Leiffheidt mit dem Musiker und Soundkomponist Markus Steinkellner über diese Inszenierung. Seine Musik setzt zwischen den Szenen starke Akzente. Die zugespielten Sequenzen sind sehr atmosphärisch und oftmals mit Videoprojektionen (Video: Florian Seufert) verbunden. Emotional besingt die nach Einflussnahme strebende Prinzessin von Eboli (vielseitig: Sarah Grunert) ihre Situation, aus der Haut fährt der Marquis von Posa (leidenschaftlich: Christoph Bornmüller) mit Kate Tempests Song „Europe Is Lost“ (der in bis in die Publikumsreihen führt).

Zum Schluss gibt es in dieser Fassung keinen Großinquisitor. Elisabeth und die Prinzessin sind hier länger präsent als üblich (mit Text gestrichener Figuren).

Am Ende lang anhaltender, intensiver Applaus für alle Beteiligte.

Markus Gründig März 24


Don Carlos

Ein dramatisches Gedicht
Von: Friedrich Schiller

Uraufführung: 29. August 1787 (Hamburg, Theater im Opernhof/Gänsemarkt)

Premiere am Schauspiel Frankfurt: 16. März 24
In einer Fassung von :Felicitas Brucker und Arved Schultze

Regie: Felicitas Brucker
Bühne und Kostüme: Viva Schudt
Video: Florian Seufert
Musik: Markus Steinkellner
Dramaturgie: Alexander Leiffheidt
Dramaturgie Fassung und Konzeption: Arved Schultze
Licht: Ellen Jaeger

Besetzung:

Marquis von Posa: Christoph Bornmüller
Don Carlos: Torsten Flassig
Herzog von Alba: Stefan Graf
Elisabetta von Valois: Tanja Merlin Graf
Prinzessin von Eboli: Sarah Grunert
Philipp II.: Matthias Redlhammer

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