Generalmusikdirektor Thomas Guggeis, Sopranistin Magdalena Hinterdobler und Tenor Magnus Dietrich mit Liedern von Hugo Wolf
Ergänzend zur großen Serie der Liederabende im Opernhaus gibt es an der Oper Frankfurt regelmäßig Soireen des Opernstudios und die Reihe „Lieder im Holzfoyer“. Zu letzterer gab es jetzt zum Saisonabschluss Besonderes. Und dies in mehrfacher Hinsicht: Der Abend wurde von einer Sopranistin und einem Tenor gestaltet. Auf dem Programm stand mit Hugo Wolfs „Italienisches Liederbuch“ eine Rarität. Und niemand Geringeres als der Generalmusikdirektor der Oper Frankfurt begleitete die beiden am Klavier.
„Auch kleine Dinge können uns entzücken“
Hugo Wolf (1860 – 1903) zählt zu den großen romantischen Komponisten. Sein Leben und Schaffen war stark von Stimmungsschwankungen, schubartiger Kreativität und Schaffenspausen geprägt, bis hin zur geistigen Umnachtung in den späten Lebensjahren (fortschreitende Paralyse als Spätfolge einer nicht vollständig ausgeheilten Syphilis). Sein letzter großer Liedzyklus „Italienisches Liederbuch“ besteht aus zwei Teilen. Sie entstanden in einem Abstand von fünf Jahren. Das zum Beginn stehende Lied „Auch kleine Dinge können uns entzücken“ weist bereits darauf hin, dass es sich bei den 46 Liedern um Miniaturen handelt.
Der Titel des Zyklus ist irritierend, denn ein musikalisches Kolorit bezüglich Italien weisen sie nicht auf. Allenfalls Anklänge an eine Laute beim Klavierspiel verweisen darauf. Wolf vertonte volkstümliche italienische Texte, die Paul Heyse ins Deutsche übertragen hatte. Ihr Grundton ist buffonesk. Gespickt sind sie mit ein paar wenigen melancholischen und ernsten Liedern. Eine formale Vorgabe gibt es nicht, weder bezüglich der Stimmfachaufteilung noch bezüglich der Reihenfolge. Wobei grundsätzlich die eher ernsten Lieder und die mit zufrieden empfundener Liebe handelnden von einer Männerstimme gegeben werden. Etwas klischeehaft fallen der Frauenstimme dann eher die Lieder mit Empörung, Rache und Spott zu.
Gemeinsamer Beginn an der Oper Frankfurt
Magdalena Hinterdobler und Magnus Dietrich zählen seit dieser Spielzeit zum Ensemble der Oper Frankfurt. Thomas Guggeis ist seit Spielzeitbeginn Nachfolger von Sebastian Weigle als Generalmusikdirektor. Das Trio verbindet jedoch mehr als nur der gemeinsame Beginn ihrer Tätigkeit an der Oper Frankfurt. Hinterdobler und Guggeis kennen sich seit Teenagertagen (Kammerchor Straubing) und Dietrich war zuvor Stipendiat des Berliner Opernstudios an der Staatsoper, an der Guggeis zuletzt als Staatskapellmeister wirkte.
Unter Liebhabern des Kunstliedes ist Hugo Wolfs Zyklus bekannt, dennoch wird er nur selten gegeben. Weit weniger oft als beispielsweise Schuberts „Winterreise“ oder „Die schöne Müllerin“. Das der Zyklus dennoch wert ist, vorgestellt zu werden, verdeutlichte das Trio auf sehr schöne Weise. Das junge Paar Hinterdobler/Dietrich bildete schon optisch ein harmonisches Paar. Das hielt sie nicht davon ab, ihre jeweils eigenen individuellen Stärken hervorzuheben.
Bei der Soiree des Opernstudios im Februar (Besprechung) beeindruckte Tenor Abraham Bretón mit seiner außergewöhnlich starken Mimik. Magdalene Hinterdobler steht diesbezüglich nicht nach. Ohne ein Wort zu sagen kann sie mit ihrem Gesicht ganze Geschichten erzählen. Dies war während der Gesangsparts von Dietrich sehr schön zu beobachten. Und stimmlich untermauerte sie ihr Können. Besinnliche wie emotional ausdrucksstarke („Verschling der Abgrund meines Liebsten Hütte“) Lieder wusste sie treffsicher zu gestalten und gab sich auch gerne keck (wie mit „Schweig einmal still“).
Magnus Dietrich überzeugte mit der stimmlichen Bandbreite, Innigkeit und Ausdruckstiefe (wie bei „Wie soll ich fröhlich sein“ oder „Wenn du mich mit den Augen streifst“). Hingebungsvoll das schwärmerische „Und willst du deinen Liebsten sterben sehen“ und als kleines Drama „Benedeit die sel´ge Mutter“.
Bereits im nächsten Jahr wird er sein Debüt an der Metropolitan Opera geben (Jaquino in Fidelio). Die Aufführung vom 15. März 25 wird im Rahmen von „Met Opera Live in Cinemas“ weltweit übertragen.
Sind es auch „nur“ Miniaturen, sind es dann doch 46 an der Zahl. An diesem Abend wurden sie mit einer Pause gegeben. Am weit geöffneten Klavier war Thomas Guggeis konzentriert und spielfreudig bei der Sache. Wolfs Faible mitunter markante Schlusspunkte zu setzen, nutze er mit packender Vehemenz (wie beispielsweise bei „Was soll der Zorn, mein Schatz“).
Am Ende viel Applaus und als Dank dafür als Zugabe Robert Schumanns verträumtes Duett „Er und sie“
Markus Gründig, Mai 24
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