Wo die große Politik sich groß in Szene setzt, zeigen Künstler im kleinen Rahmen, dass es so genauso gut geht. Während am 22. Januar 2019 der französische Präsident Emmanuel Macron und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel in Aachen den deutsch-französischen Freundschaftsvertrag erneuerten, gab der in Marseille geborene renommierte Bariton Ludovic Tézier einen Liederabend mit französisch-deutschem Programm an der Oper Frankfurt. Auch wenn dies in dieser Form nicht geplant war, passte es aber sehr gut, denn Ludovic Tézier eroberte bei seinem Debüt an der Oper Frankfurt schnell das Publikum, das sich am Ende mit viel Applaus, Bravorufen und Standing Ovations bedankte.
Dabei präsentierte er sich sehr konzentriert, an einen Stehhocker lehnend und mit relativ konstanten Blicken auf das vor ihm stehende Notenpult. Lediglich die beiden letzten Zugaben sang er frei und da zeigte sich, dass dieser Abend noch größer hätte sein können, hätte er alle Lieder frei gesungen (schließlich hört das Auge ja mit).
Zu Beginn entführte Tézier das Publikum mit Gabriel Faurés Zyklus L´horizon chimérique (op.118) und dem Lied „Les berceaux“ (op.23/1) an das unendliche Meer und brachte Stimmungen von Wind, Wellen und Abschied nahe. Mit Hector Berliozs Barkarole „L‘ île inconnue“ bot er eine Rarität, die das Thema Liebe und Treue karikiert. Sehr eindringlich gelangen ihm die drei französischen Lieder von Franz Liszt. Insbesondere hier zeigte er, dass er zwar eine füllige und wohl timbrierte Baritonstimme hat (weshalb er regelmäßig an den großen internationalen Opernbühnen gastiert) diese aber auch sehr stark zurücknehmen kann und Schlusstöne wie bei „Oh! Quand je dors“ auch im Pianogesang lang halten kann.
Noch stärker überzeugte er im Teil nach der Pause, der dann ausschließlich aus deutschen Liedern bestand (bekannten und unbekannten). Wolfgang Amadeus Mozart zählt zwar zu den größten Komponisten überhaupt, die Gattung des Kunstliedes bildete allerdings keinen Schwerpunkt seiner Arbeit. Dem heiteren „Komm, liebe Zither, komm“ standen die besinnlichen „Abendempfindung an Laura“ und „Das Lied der Trennung“ gegenüber.
Seine klare Aussprache und präzise Diktion unterstrich Tézier schließlich besonders bei Liedklassikern von Robert Schumann (u. a. mit „ Ich hab im Traum geweinet“) und Franz Schubert („An die Musik“, „Ständchen“ und Erlkönig), die in der Vergangenheit manch deutscher Sänger nicht so intensiv und akkurat vorgetragen hat.
Am Klavier begleitete Ludovic Tézier, äußerst feinfühlig und fast schon einen transzendenten Klangboden unterlegend, die Pianistin Maria Prinz bedächtig und mit vornehmer Zurückhaltung.
Bei den Internationalen Maifestspielen 2019 wird Ludovic Tézier als Rigoletto am Staatstheater Wiesbaden zu erleben sein.
Markus Gründig, Januar 19
Die Zugaben:
Richard Strauss (1864-1949): das Lied „Zueignung“ op. 10, Nr. 1 (1885)
Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791): „Deh, vieni alla finestra“, Kanzone des Titelhelden aus dem II. Akt der Oper Don Giovanni KV 527 (1787)
[Bemerkung Ludovic Téziers: „Diese Zugabe kann als ‚musikalisches Echo‘ des Mozart-Liedes ‚Komm, liebe Zither, komm‘ KV 351 aus dem Hauptprogramm gesehen werden.]
Richard Wagner (1813-1883) Wolframs Lied an den Abendstern („Wie Todesahnung Dämmrung deckt die Lande – Oh du, mein holder Abendstern“) aus dem III. Akt der Oper Tannhäuser