Das Staatstheater Mainz eröffnete mit der Oper »Adriana Lecouvreur« glanzvoll die neue Spielzeit

Adriana Lecouvreur ~ Staatstheater Mainz ~ Michonnet (Michael Dahmen), Maurizio (Vincenzo Costanzo), Adriana (Nadja Stefanoff) ~ © Andreas Etter

Viele Stücke waren im Frühjahr 2020 vollständig einstudiert und bereit für ihre Premiere. Durch Corona konnten sie nicht aufgeführt werden, einige von Ihnen mussten gar ganz abgesagt werden, weil zwischenzeitlich eine Realisierung in der geplanten Form bzw. Besetzung unmöglich geworden war. Francesco Celias Oper Adriana Lecouvreur schaffte es nun, am Staatstheater Mainz mit eineinhalb Jahren Verspätung Premiere feiern zu können. Gleichzeitig wurde mit dieser Oper die neue Spielzeit eröffnet.

Wegen der Enge im Orchestergraben spielt das Philharmonische Staatsorchester Mainz im hinteren Bühnenbereich. So ist es teilweise integrierter Bestandteil des Bühnengeschehens, teils ist es durch einen Gazevorhang verdeckt. Auf der Bühne können sich die Darsteller, anders als noch in der Zeit zwischen dem ersten und dem zweiten Lockdown 2020, richtig nahe kommen. Zahlenmäßige Einschränkungen gibt es in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt noch beim Publikum. Jede zweite Reihe ist komplett frei, zwischen den Plätzen gibt es ausreichend Abstand. Am Platz kann dafür die Maske abgelegt werden, auch gibt es eine Pausengastronomie.

Adriana Lecouvreur
Staatstheater Mainz
Adriana (Nadja Stefanoff), Michonnet (Michael Dahmen)
© Andreas Etter

Transfer in die Zeit der goldene Ära Hollywoods

Der Italiener Gianluca Falaschi ist in Mainz nicht unbekannt. Für die Opern Armide und Perelà entwarf er die Bühnen- und Kostümbilder und wurde dafür zweimal als Kostümbildner des Jahres ausgezeichnet. Bei Adriana Lecouvreur gestaltet er nicht nur Bühne und Kostüme, sondern führt zusätzlich auch Regie. Die im Paris des Jahres 1730 spielende dramatische Dreiecksgeschichte unter Schauspielern verlegte er in die Zeit der goldenen Ära Hollywoods (frühe 1930er bis zu den späten 1950er-Jahren). Dabei nutzt er wechselnde Perspektiven. Kameras und Scheinwerfer finden sich auf der Bühne, wie auch ein großer Schminktisch im Backstagebereich (1. Akt).
Vielseitig sind die Kostüme. Elegante, glitzernde Abendroben für die beiden Hauptdarstellerinnen, bunte Partykleider für die Festgäste im 3. Akt (die fast schon ein wenig die nächste Fastnachtszeit heraufbeschwören scheinen). Die große Freude, endlich wieder auf der Bühne stehen zu können, ist allen Beteiligten förmlich anzusehen, ganz besonders den Chormitgliedern, die sich mit Leidenschaft einbringen (Einstudierung Chor: Sebastian Hernandez-Laverny).
Falaschi ließ sich u. a. von Billy Wilders Film Boulevard der Dämmerung (Sunset Boulevard, 1950). inspirieren. Zur Stummfilmdiva Norma Desmond, deren Starstatus durch das Aufkommen von Tonfilmen jäh abfiel, gibt es hinsichtlich der Titelfigur Adriana Lecouvreur einige Parallelen.

Adriana Lecouvreur
Staatstheater Mainz
Maurizio (Vincenzo Costanzo), La Principessa di Bouillon (Sanja Anastasia) © Andreas Etter

Starke, rivalisierende Frauen

In dieser Oper haben sich zwei starke Frauen in einen jungen Nachwuchsschauspieler verliebt, das kann nicht gut enden. Eine davon ist die Titelfigur. Sopranistin Nadja Stefanoff, eine feste Stütze im Ensemble des Staatstheaters Mainz, verkörpert diese große Rolle im Stil einer ehrwürdigen Hollywooddiva. Dabei besticht sie nicht zuletzt im Aufzeigen deren Zerbrechlichkeit. Für große vokale Ausbrüche wie für zarte Töne im Pianissimo findet sie stets das passende Maß und zieht das Publikum in ihren Bann.
Klang- und ausdrucksstark gibt die slowenische Mezzosopranistin Sanja Anastasia ebenbürtig die eifersüchtige Gegenspielerin Prinzessin Bouillon. Der junge italienische Tenor Vincenzo Costanzo war bei den Internationalen Maifestspiele Wiesbaden im Jahr 2019 in der Rolle des Pinkerton in Madama Butterfly zu erleben. Nun ist er erstmals in Mainz zu Gast. Die Rolle des Maurizio ist ein Debüt für ihn, das er mit seiner geschmeidigen Tenorstimme souverän meistert.
Die Leistungen der Maskenabteilung ist insbesondere bei Bariton Michael Dahmen zu bewundern, der als auf älter getrimmter Regisseur Michonnet kaum zu erkennen ist. Das Bild eines unglücklich Verliebten zeigt er sehr bewegend. Bass Stephan Bootz gibt einen gewitzten Principe di Bouillon. Bei den kleineren Rollen ragt besonders Tenor vokal Myung-in Lee hervor.
Francesco Cileas, dem Verismo nahestehende Musik kommt unter dem Dirigat des 1. Kapellmeisters Daniel Montané beim Philharmonischen Staatsorchester Mainz mit emotionale Klangwogen im Stile großer Hollywood-Dramen groß heraus und entfaltet in den lyrischen Partien.

Adriana Lecouvreur stirbt nicht erst, als das Gift des Veilchenstraußes seine Wirkung entfaltet, sondern bereits am Ende vom dritten Akt, als sie erkennen muss, das sie nicht nur Maurizio verloren hat, sondern dass auch ihr Stern am Firmament erloschen ist. Ein ganz besonders berührender Moment.
Am Ende sehr viel Applaus für diesen bewegenden Einblick in die Welt des Theaters und der Menschen auf der Bühne, deren Leben es darstellt.

Markus Gründig, September 21

Eine Vorbereitung eines Opernbesuchs ist nicht zwingend notwendig. Das Staatstheater Mainz bietet auf seiner Internetseite zur Vorabinformation neben einem digitalen Programmheft auch vier Rollenporträts und eine Erläuterung des Regisseurs an.


Adriana Lecouvreur

Oper in vier Akten

Von: Francesco Cilèas
Libretto: Arturo Colautti
Uraufführung: 6. November 1902 (Mailand, Teatro Lirico)

Premiere am Staatstheater Mainz: 12. September 21 (Großes Haus)

Musikalische Leitung: Daniel Montané
Inszenierung, Bühne und Kostüm: Gianluca Falaschi
Licht: Ulrich Schneider
Chor: Sebastian Hernandez-Laverny
Dramaturgie: Elena Garcia Fernandez

Besetzung:

Adriana Lecouvreur: Nadja Stefanoff
Maurizio: Vincenzo Costanzo
Michonnet: Michael Dahmen Bariton
La Principessa di Bouillon: Sanja Anastasia
Il Principe di Bouillon: Stephan Bootz
L’Abate di Chazeuil, Un Maggiordomo: Myung-in Lee
Mad.lla Jouvenot: Dorin Rahardja
Mad.lla Dangeville: Verena Tönjes
Quinault: Brett Carter
Poisson: Steven Ebel / Johannes Mayer

Chor des Staatstheater Mainz
Statisterie des Staatstheater Mainz
Philharmonisches Staatsorchester Mainz


staatstheater-mainz.de