Inmitten des 2. Lockdowns schaffte es das Opernhaus Zürich eine Opernproduktion zu verwirklichen. Im Dezember 2020 feierte Giuseppe Verdis Simon Boccanegra Premiere. Im Zuschauersaal konnten statt der sonst üblichen 1100 Zuschauer nur 50 Platz nehmen. Auch wurden Chor und Orchester per Glasfaserkabel live aus dem einen Kilometer entfernten Proberaum zugespielt. Allerdings wurde die Inszenierung live auf arte übertragen und war anschließend für drei Monate auf arte Concert abrufbar. Diese Züricher Inszenierung ist 2021 bei Accentus Music auf DVD und Blu-ray erschienen.
Die eigentlich im 14. Jahrhundert spielende Handlung wurde von Regisseur Andreas Homoki in das späte 19. Jahrhundert verlegt. Christian Schmidts Bühne zeigt herrschaftliche Räume mit hohen Türen, zunächst frei von Interieur. Sie wirken nicht nur passend zum Stück bedrohlich und düster, sie verstärken auch die Isolation, in der sich insbesondere die Hauptfigur befindet. Ein historisches Ruderboot nimmt lose Bezug zu Boccanegras Vergangenheit und zur Hafenstadt Genua. Große Ensembleszenen sind Corona bedingt nicht möglich, wie auch sonst stark auf ausreichend Distanz zwischen den Figuren geachtet wird. Ersatzhalber kommen szenisch Mitglieder des Statistenvereins der Oper Zürich für den Chor zum Einsatz.
Eine gekonnte, der jeweiligen Szenen exakt angepasste Beleuchtung (Lichtgestaltung: Franck Evin) auch in Details, sorgt für Abwechslung, wie auch die Drehbühne zum Einsatz kommt. Kameraführung (TV-Regie von Michael Beyer) und Klang (Tonmeister: Oleg Surgutschow) sind hervorragend.
In der überaus anspruchsvollen Titelrolle ist der deutsche Bariton Christian Gerhaher zu erleben (Rollendebüt). Der international gefragte Sänger ist seit über 30 Jahren auch als Liedinterpret tätig (gemeinsam mit Gerhard Huber). Seine Ausdrucksfähigkeit und sein sicheres Spiel mit subtilen Nuancen ist grandios. Er gibt diesem Simon Boccanegra, und damit der gesamten Oper, seine ganz persönliche, edle und erhabene Note. Er ist kein Haudegen, sondern ein nachdenklicher, verinnerlichter Doge.
Die amerikanische Sopranistin Jennifer Rowley nimmt als Tochter Amelia mit kraftvoller intensiver Stimme für sich ein. Der deutsche Bassist Christof Fischesser trumpft mit kerniger Stimme als Widersacher Jacopo Fiesco auf. Tenor Otar Jorjikia (Gabriele Adorno), Bass-Bariton Nicholas Brownlee (Paolo Albiani) und Bass Brent Michael Smith (Pietro) ergänzen das Ensemble trefflich.
Unter dem Dirigat von Fabio Luisi, er war die vergangenen neun Jahre Generalmusikdirektor am Opernhaus Zürich, spielt die Philharmonie Zürich mit reichlich dunkler Klangfarbe (von Verdi als „Tinta Musicale“ bezeichnet) einen packenden, sehr emotionalen und mitunter aufwühlenden Verdi-Ton.
Markus Gründig, Juli 21
Simon Boccanegra
Von: Guiseppe Verdi
Eine Live-Aufzeichnung aus dem Opernhaus Zürich, Dezember 2020
Musikalische Leitung: Fabio Luisi
Inszenierung: Andreas Homoki
Ausstattung: Christian Schmidt
Lichtgestaltung: Franck Evin
Dramaturgie: Fabio Dietsche
Besetzung:
Simon Boccanegra: Christian Gerhaher
Amelia Grimaldi: Jennifer Rowley
Jacopo Fiesco: Christof Fischesser
Gabriele Adorno: Otar Jorjkia
Paolo Albiani: Nicholas Brownlee
Pietro: Brent Michael Smith
Philharmonie Zürich
Chor der Oper Zürich
Statistenverein am Opernhaus Zürich
Katalognummer: ACC2051O (DVD) /ACC10510 (Blu-ray)
Im Handel seit: 25. Juni 2021
Dauer: 142:13
Bildformate: HD, NTSC 16:9 (Blu-ray), NTSC 16:9 (DVD)
Tonformate: DTS HD Master Audio, PCM Stereo (Blu-ray)
PCM Stereo, Dolby Digital 5.1, DTS 5.1 (DVD)
Dreisprachiges (D/E/F) Beiheft mit Fotos der Inszenierung, Gesprächsaufzeichnungen mit Regisseur Andreas Homoki und Bariton Christian Gerhaher und einem Beitrag von Werner Hintze zur Anagnorisis in Simon Boccanegra.