Gaines Hall Fanclubabend
TiTs-Theater (Theater in der Tanzschule), Frankfurt/Main
6. Juli 07
Ein jeder Darsteller hat seine Fans, der eine mehr, der andere weniger. Einen eigenen Fanclub dagegen haben nur die wenigsten Darsteller. Gaines Hall ist einer der Musicalstars, der einen eigenen Fanclub hat. Dessen Mitglieder lassen keine Premiere Landauf und Landab aus, um ihren Star auf der Bühne zu sehen und zu unterstützen (die Organisation der Besuche klappt nicht zuletzt durch das starke Engagement der Clubleiterin Benita Drachenhauer). So besuchte der Fanclub zuletzt Aufführungen mit Gaines Hall von „Silk Stockings“ (Musiktheater im Revier, Gelsenkirchen), „La Cage aux Folles“ (Landestheater Eisenach) oder „Anything goes“ (Staatstheater Kassel), um nur die großen Highlights der Saison 2006/07 zu nennen.
Das besondere an dem amerikanischen Multitalent Gaines Hall ist, dass er nicht nur ein hervorragender Sänger, Tänzer, Choreograph und Tanzlehrer ist. Er ist auch einer der wenigen, denen man einen echten Entertainer nennen kann. In der Tanzschule seiner Mutter groß geworden, ist Gaines Hall der American Way of Entertainment quasi in die Wiege gelegt worden. Dabei wirkt sein strahlendes Lächeln, dass er gerne und reichlich verschenkt, weder aufgesetzt noch unnatürlich.
Als Dank an seine Fans kommt er nicht nur zum jährlichen Christmas-Fanclubtreffen, sondern widmet jedes Jahr auch einen ganzen Abend seinen Fans.
Dieses Jahr fand das Fanclubtreffen im TiTs-Theater (Theater in der Tanzschule), Frankfurt/Main statt, dem Stammhaus von Frankfurts Travestiestar Bäppi La Belle (Thomas Bäppler). Die beiden kennen sich seit vierzehn Jahren. 1993 war Gaines Mitglied einer 42nd Street Produktion, die in der Alten Oper gastierte und wurde in diesem Zeitraum Bäppi La Belle gewissermaßen zum Geburtstag präsentiert. Im TiTs-Theater fand dann auch die Uraufführung von Gaines Hall Soloshow „Step out of Hell“ statt. Die schicke wie intime Atmosphäre dieses kleinen Privattheaters ist denn auch bestens für einen Abend mit Fans geeignet. Bei freiem Eintritt und lediglich einem kleinen Selbstkostenbeitrag für das angebotene Fingerfood präsentierte Gaines Hall 75 Minuten Höhepunkte aus seinen unterschiedlichen Rollen. Zuvor ließ er es sich aber nicht nehmen, jeden seiner Fans persönlich zu begrüßen und ein paar Worte zu wechseln (und war natürlich auch nach seinem Showteil für seine Fans noch da).
Gaines Hall hat einige Soloshows in seinem Programm (neben der „Step out of Hell“ Show auch „Gaines Hall ganz persönlich…“, „Gaines Hall in concert“ und die Sonne, Strand und heiße Rhythmen bietende Show „Seaside“). Als Hauptdarsteller bei großen Musicalproduktionen ist er aber auch ein Team- und Ensemblegewöhnter und so begann der Abend zunächst mit einem Duett mit Hausherr Thomas Bäppler („Give my regards to Broadway“), gefolgt von einer abgewandelten „Hello Dolly“-Version (Hello Bäppi, hello Gainsi).
Hausherrin Bäppi La Belle wies die Fans von Gaines Hall darauf hin, gut zu Bäppi zu sein (in Abwandlung zu „When You´re Good to Mama“ aus Chicago). Als irre Norma Desmond aus Sunset Boulevard zeigte Bäppi zudem herrlich überdrehte Grimassen zu „“Nur ein Blick von dir“.
Als Überraschungsgast steigerte Maryanne Kelly das Broadwayfeeling der Fangemeinde bei diesem Konzert. Seit Dezember 06 ist sie mit ihrer Soloshow „BROADWAY-BABY“ im THEATER ÜBER DEN WOLKEN – im Stuttgarter Fernsehturm zu erleben.Ihrem Solo “Everybody says don’t“ (aus „Anyone Can Whistle“) folgte mit Gaines das Duett „Wenn ich tanzen will“ (Elisabeth) und als besondere Highlight ebenso gemeinsam mit Gaines eine Step-Vorführung der 42nd Street Eröffnungsnummer.
Lustig interpretiert wurde „Ein bisschen Leiden“ (Sunset Boulevard) und mit „Lullaby of Broadway“ boten sie eine furiose Abschlussnummer.
Einen persönlichen Gruß an seine Fans hatte Gaines dann noch bei seiner Zugabe. Eine Tonbandaufzeichnung seines Vorsingens für das Theater des Westens, welches einst im Orchestergraben des Essener Aalto Theater aufgezeichnet wurde und ihm sein erstes Engagement in Deutschland bescherte. Den eingespielten (und jetzt live dazu gesungenen) Song „. In der Straße wo du lebst“ (My Fair Lady) hatte er damals rein phonetisch einstudiert, ohne ein Wort Deutsch zu können. Dies kann er heute ganz hervorragend, mit sympathischem amerikanischem Akzent.
Am Klavier sorgte Keyboarder, Pianist und Arrangeur Frank Mignon zudem für die passende musikalische Untermalung.
Überglücklich und gerührt verließen die Fanclubmitglieder das Theater, erfreut neben ihrem Gaines auch die wunderbare Maryanne Kelly und die famose Bäppi La Belle/Thomas Bäppler erlebt haben zu dürfen.
Markus Gründig, Juli 07
Mehr Info auf seiner Webseite: gaines.de
James Bond Show 2007 Casino Fatale
P.U.T. Eventbühne, Frankfurt
Besuchte Vorstellung: 7. April 07 (Premiere)
Mit Daniel Craig als neuer James Bond Darsteller gelang dem Remake von „Casino Royal“ im vergangenen Jahr ein mega Kassenerfolg. In Bonds Fußstapfen will nun der in Frankfurt aufgewachsene Tanzlehrer, Choreograph und Entertainer Alessandro Uddin treten. Allerdings tritt er nicht unmittelbar gegen Craig als neuer Hautdarsteller im nächsten Film an, sondern bietet ihm vor allem erst einmal sängerisch Paroli. Schließlich sind die Titelsongs der 21 James Bond Filme längst zu Evergreens geworden und für einen Abendprogramm bestens geeignet.
Im Casino Fatale auf der kleinen Spielfläche der P.U.T. Eventbühne geht es an diesem Abend in der Tat fatal zu: es wird um viel Geld gespielt, sich geprügelt und auch scharf geschossen. Uddin beließ es nicht einfach dabei, die bekannten Hits nacheinander vorzutragen, sondern hat sie in eine typische Bond-Story gepackt und so ein Bühnenprogramm geschaffen, das sogar als Basis für ein Musical dienen könnte. Unterstützt wird er im Casino Fatal von zwölf (!) Schauspielern und Tänzer, auch das in Abendgarderobe erschienene Publikum ist teilweise in die Show eingebunden. Jeder der insgesamt sechzehn gebotenen Songs ist mit der Story um die mysteriöse wie elegante Russin Ira Lagu (Yulia) verbunden. Doch damit nicht genug, sechs der sieben Todsünden werden zusätzlich thematisiert, beispielsweise die Trägheit in Form der schlafkranken Puppenspieluhr Acedie (wunderbar: Kira) zu „We have all the time in the World“ oder Luxuria (mit großer Soulstimme: Anastasia) als die Wollust zu „Moonraker“. Neben einem charmanten Moderator gibt es u.a. noch den agilen Bodyguard Jacque (Hicham), der sich mit humoresken Einlagen immer wieder gut in Szene zu setzten weiß.
Der Abend ist in drei Teile gegliedert, zwei Pausen geben Gelegenheit sich erneut mit Getränken zu versorgen. Der erste Teil spielt im Casino und kommt etwas schwer in Gang, was vielleicht aber auch an der Präsentationsart liegt, zumindest wirkt die schauspielerische Leistung anfangs etwas steif. Davon ist in den anderen beiden Teilen aber nichts mehr zu spüren, der Funke ist zum Publikum übergesprungen. Für zusätzliche optische Leckerbissen sorgen die Songs begleitende Tänzerinnen und ein eigenständiger Dancepart des Ensembles (Dance-Crew new century).
Alessandro Uddin als James Bond ist bei all den vielen Beilagen jedoch unbestritten das Hauptgericht. Ob mit schwarzen oder weißen Jackett, er macht in beiden eine klasse Figur, gibt sich sehr authentisch und natürlich. Dabei strahlt er Anmut, Erhabenheit und Lebensfreude aus. Gleichwohl kann er sich durchaus finster und böse geben. Am verführerischsten ist er mit seinem breiten Lachen, wer mag sich da noch gegen ihn auflehnen?
Gesangliche Höhepunkte bildete sein Duett mit Luxuria/Anastasia (furios dargeboten: „“License to kill“) und das ausdrucksstark präsentierte, sentimentale „Tomorrow never dies“.
Ein vielseitiges Programm mit den legendären James Bond Hits, ausgefallen präsentiert.
Markus Gründig, April 07
Circus Quantenschaum
Ein Projekt der bremer shakespeare company auf dem Tollwood Sommerfestival 2006
Besuchte Vorstellung: Abendvorstellung vom 16. Juni 06
Musik satt, dazu Theater, Performances Skulpturen und Installationen, Handwerkliches und Kulinarisches aus den Kochtöpfen aller Kontinente: das privat finanzierte Tollwood Sommer-Festival bietet unter dem diesjährigen Motto „Spielplatz der Welten“ 26 Tage lang friedliche und spannende Unterhaltung.
Spielerisch geht es vor allem im Circus Quantenschaum zu, der bis zum Festivalende am 9. Juli 06 dort zu bestaunen ist.
Feste Sitzplätze sind auf den Eintrittskarten nicht vererkt, also finden sich die Besucher rechtzeitig vor dem Zirkuszelt ein, das 15 Minuten vor Vorstellungsbeginn öffnen soll. Der Eintritt erfolgt über das kleinere Nebenzelt, über dessen Eingang groß steht „Eintritt nur für Artisten“. Der Kartenkontrolleur weist auf die Bedeutung des Schildes hin, doch will sich kein Besucher davon stören lassen. Im Inneren gibt es nur ganz wenig Sitzplätze, dafür zwei große Podestebenen und in der Mitte eine Minibühne. Vor den Podestebenen sind Schilder aufgestellt: „Jongleure“, „Seilakrobaten“, „Clowns“ etc. Die Besucherschar teilt sich auf und der Conférencier mit roten Haaren (Christoph Engels) beginnt sich aus dem Publikum heraus seine Artisten für den Abend herauszufischen. Jeder der von ihn verschont geblieben ist, geht dankbar einen Schritt nach hinten. Dabei zeigt der Conférencier, das es gar nicht so schwer ist ein Artist zu sein und dass in jedem ein ausbaufähiges Talent schlummert. Das ist zum Beispiel Alexander mit den großen Füßen, der er eine Partnerin auswählt und dieser eher zierlichen jungen Dame grad mal auf die Schulter steigt. Oder Andréane aus Kanada, mit der er erste Kontorsionsübungen durchführt, währenddessen Gregor zum Kleiderständer mutiert und sich Tobias mit einem Salto aus dem Stand 20 Euro verdienen will. Das ganze ist täuschend echt gemacht, denn natürlich erkennt man diese zunächst gewöhnlichen Leute alsbald hinter einem Gazevorhang auf der eigentlichen Bühne wieder, zu der man sich nach dieser kurzen Einstimmung begibt.
Auch hier ist nichts so, wie es scheint oder gemeinen Erwatungen entspräche. Alles sei hier nicht verraten und der scheinbar zögerliche Anfang wird später sehr einleuchtend klar. In dem pausenlos gespielten, fast zweistündigen Programm, führt der Circus Quantenschaum in eine Reise ins Unbewusste, verbindet Artistik mit ein wenig Physik und Philosophie und bleibt bei aller Theorie doch herrlich erfrischend natürlich (schon der Name ist ja irgendwie allein ein Paradox zwischen Ernst und Komik).
Ein kleines Orchester spielt unter der Leitung von Willy Daum dessen eigene Musik, ein altes Ehepaar mit großen Weißen Pappköpfen überwacht das ganze Geschehen (und lädt auch während der Vorstellung mal Besucher auf die Bühne), zwei Kinderstimmen unterhalten sich über die großen Fragen der Menschheit. All dies umrahmt das artistische Aufgebot einer jungen, überaus talentierten Truppe (Inszenierung: Michael Vogel/Claudius Bensch).
Petronella v. Zerboni und Roman Müller (Duo Tr’espace) führen ihr facettenreiches Spiel mit dem Diabolo als poetischen Liebestanz vor. Innig geht es auch zwischen Benjamin Reber und Silea auf dem Hochseil ab, das Reber noch mit romantischem Spiel auf dem Cello untermalt. In luftiger Höhe bewegt sich das Zwilingspaar Julia & Ele Janke am Trapez und an Schals.
Andréane Leclerc führt als Kontorsionistin (Schlangenfrau) unglaubliche Verbiegungen durch. Schmiegsam gibt sich auch Stefan Sing mit seinen flüssigen, weichen und tänzerischen Bewegungen bei seinen ausgefallenen Jonglieren (wofür er die ganze Bühne mit einbezieht). Tobias Wegner jagt zwar seine Kollegen fort, dafür vollführt er dann erstklassige Salto und Schrauben beim Trampolinspringen.
Die einzelnen Nummern wechseln nie abrupt, sondern stets mit einem feinen Übergang oder einer vorzüglichen Pantomimeneinlage von Gregor Wollny (“Ein Mann nach Maß”), der auch allerhand Tiere und sonstiges aus einem Zollstock hervorzaubern kann und das große Finale mit den fliegenden Kissen eröffnet.
Bei diesen jungen Superartisten braucht man sich um die Zukunft des Zirkus in Deutschland keine Sorgen machen (die selbst auch ein heftiges Unwetter bei der besuchten Vorstellung nicht aus der Ruhe brachte).
Markus Gründig, Juni 06
Männer und andere Attraktionen
Kehrwieder Varieté – Musik – Theater, Speicherstadt Hamburg
Besuchte Vorstellung: Premiere vom 10. Mai 06
Berliner Göre trifft auf vornehme Hamburger Zurückhaltung, kann das gut gehen? Am Anfang hat es Moderatorin Chantal aus Berlin nicht leicht, Stimmung in den Saal des schönen Kehrwieder Varietés zu bringen. Da hilft nur eins: allesamt mal schnell aufstehen und sich mit seinen Nachbarn zur rechten und linken Seite bekannt machen und schon ist das Eis gebrochen. Mit ihrer Unbekümmertheit und ihrer direkten Art hat Chantal schnell das Publikum für sich gewonnen. Doch sie überzeugt nicht nur mit ihrer großartigen Bühnenpräsenz, in ihrem Umgang mit dem Publikumsopfer auf der Bühne und ihren „Zauberkünsten“, sondern auch mit ihren musikalischen Einlagen, Berlin bezogen u.a. mit zwei Songs aus dem Musical „Cabaret“. .Zu guter Letzt wartet sie sogar noch mit einer artistischen Überraschung auf, die allerdings an dieser Stelle nicht verraten wird.
Als erste Männerattraktion ist Aleko aus Kiev zu erleben. Er benutzt einen aus Stahlrohren gebildeten, etwa einen Kubikmeter großen Würfel, den er mit leichter Hand in luftige Höhen befördert und dabei gleichzeitig wild rotieren lässt. Eine ausgeklügelte Lichtregie sorgt bei dieser Nummer für phantastische optische Eindrücke, da die unterschiedlichen Farbstrahlen auf den Rohren bunt reflektieren und ständig neue Optiken entstehen.
Noch schneller mit seinen Händen und Armen arbeitet der Schweizer Sunnyboy Claudius Specht, auch als Speed-Jongleur bekannt, wenn er Keulen und zehn Becher durch die Lüfte wirbeln lässt und dabei schneller als sein Schatten ist. Bei den Keulen erreicht er eine ungeheurer Geschwindigkeit, das das Auge irgendwann gar nicht mehr folgen kann und nur noch einen Wirbel wahrnimmt. Ein Rückwärtssalto aus dem Stand ist da dann noch das Harmloseste in seinem Programm.
Der Franzose Allan Hart be- und verzaubert mit seinen bunten Tauben, die er immer wieder aus dem Nichts hervorbringt, sogar einen großer Papagei lässt er aus dem Nichts entschlüpfen. Durch den Raum fliegen die Vögel nicht, das tut dafür das aus Weißrussland stammende Duo Gorodji mit Strapaten. Kraft scheinen sie dafür nicht zu brauchen, so leicht, so elegant und voller Anmut zeigt das Paar seinen Tanz zwischen Bühnenhimmel und Boden. In der Luft hängend machen sie jeweils ein Spagat, befinden sich dabei aber gegenüber, so daß aus diesen Zwei, Eins wird.
Hauptattraktion dieses Abends sind zweifellos die italienischen Pelligrini Brothers, die schon durch ihre muskulösen, großvolumigen Oberkörper bei schmaler Hüfte den Puls zum rasen bringen. Wenn sie sich aber in höchster Konzentration aufeinander schwingen und dabei Balancen aushalten, dass man seinen Augen nicht trauen mag, dann wechselt die Erregung über Äußerlichkeiten in achtungsvollen Respekt. Ernaldo, der älteste der vier Brüder, stemmt Natale, Ivan und Andrea auf Händen und Füßen, teils doppelt übereinander, auf dem Kopf oder quer an einem Arm. Atemberaubend!
Kay Scheffel, der Bauchredner mit Taschentuchgarantie, ist ein Schelm wie Heinz Erhardt. Als Unterstützung hat er eine freche, hungrige Krähe dabei und eine aufgetakelte und liebenswerte Ente aus Las Vegas. Seine fröhliche Art überträgt sich schnell ins Publikum, dem er bei dieser Gelegenheit erste Lektionen im Bauchreden erteilt und zeigt, dass ein Stimmbruch auch jenseits der Pubertät vorkommen kann.
Mit einem auf der Melodie des Sinatra Songs „New York, New York“ getexteten Lied verabschieden sich die Künstler. Bevor sie endgültig gehen können, müssen sie bei den, jetzt im Saal tobenden, Hamburgern aber erst noch drei Zugaben geben.
Als Fußballalternative für Frauen und Männer zeigt das Hamburger Kehrwieder Varieté noch bis zum 9. Juli 06 mit seiner nunmehr vierten Show seit der Eröffnung im vergangenen November das Programm „Männer und andere Attraktionen“. Wer nicht nur kräftige Männerwaden schnell über den Rasen laufen sehen will, hat bei dieser Show in aller Ruhe (und freundlicher Bewirtung) die Gelegenheit sich davon zu überzeugen, dass Männer auch andere Sachen richtig gut machen können.
Markus Gründig, Mai 06
Lady Salsa
Tour 2006, Tourstation Frankfurt (Alte Oper)
Besuchte Vorstellung: 11. April 06
Salsa ist weit mehr als nur ein moderner Gesellschaftstanz. Salsa ist Feuer, Leidenschaft und ganz viel Hüftschwung. Salsa entführt in die Karibik, auch wenn man ihn mitten im kühlen und verregneten Deutschland tanzt. Vor über 20 Jahren ist der Salsa-Tanz in Deutschland angekommen und hat seitdem eine stetig wachsende Fangemeinde, wovon neben den Angeboten der Tanzschulen vor allem viele Salsa-Discos (Salsatecas) und Special-Events (wie die beliebten Salsa-Boot-Fahrten) zeugen.
Den Hüftschwung üben konnte man jetzt auch in Frankfurts Guter Stubb, der Alten Oper. Trotz Bestuhlung im Saal ließ es sich der Moderator nicht nehmen, das Publikum aufstehen zu lassen, die Arme in alle Richtungen zu heben und zu strecken, ein paar Schritte nach rechts, nach links gehen zu lassen, die Hüfte in Schwung zu bringen und auch noch etwas mitzusingen. Spätestens jetzt war das Salsa-Fever auch beim letzten Besucher angekommen, seitdem die Show „Lady Salsa“ vor über einer Stunde begann.
“Lady Salsa“, die Show des schottischen Autors und Regisseurs Toby Gough, entführt ins Kuba der 50er Jahre, wo Lady Salsa (Trinidad Rolando) von einer Karriere als Schauspielerin und Sängerin träumt. Von ihrem Job als Cocktailkellnerin im Hotel Nacional in Havanna führt ihr Weg als Garderobiere in die legendäre Show „Tropicana“, wo sie Unterhaltungskünstler ihrer Zeit, wie Nat King Cole, kennen lernt. Nach dem Sieg der Revolution trifft sie Che Guevara und er ermutigt sie sich ihren Traum einer Tanzkarriere zu erfüllen.
Felix Miguel Ramirez Lopez und Trinidad Rolando erzählen spielerisch die jüngerer kubanische Geschichte im Schnelldurchlauf und stellen auch die Musikstile vor, die zum Salsa geführt haben.
Doch hauptsächlich wird grandios und ausgiebig getanzt. Diese Show braucht kein Bühnenbild, ein Spiel mit Licht und vielen bunten Kostüme reichen für die Optik, denn die Augen hängen sowieso nur auf den 18 jungen kubanischen Tänzer und Tänzerinnen die sich allesamt in bester Figur präsentieren. Die Damen schlank, bezaubernd hübsch und überaus sexy, die Herren mit Sixpack´s und muskulösem Oberkörper, den sie immer wieder gerne präsentieren.
Aber auch dies sind nur netto Oberflächlichkeiten. Entscheidend ist Ihre Energie, die bis ganz nach hinten in den weiten Raum der Alten Oper dringt und nicht enden will. Ihren schnellen Schritten können unsere lahmen Augen kaum folgen. Dabei zeigen sie den Salsa nicht nur als Paartanz, sondern auch ausgiebig als Formationstanz, dem Rueda de Casino, mit ausgefallenen Figuren, wie bei der Jazz-Nummer (Choreografie: Roclan Gonzales Chavez). Abgerundet werden die Tänze durch die so genannten Shines, derjenigen Schrittkombinationen, die ohne Partner getanzt werden (wobei hier die Herren mit ihren Soloeinlagen brillieren, als Breakdancer und Artisten).
Begleitet werden sie von 12 Musiker der Band „Azúcar“ unter der Leitung von Aismar Simon Carillo, zusätzlich unterstützt vom Leadsängers Leonel Roberto Gamboa Almaguer und den drei temperamentvollen Sängerinnen Yunia, Daniela und Gladys.
Die super Tänze und die mitreißende kubanische Lebenslust von „Lady Salsa“ ist noch bis Ostersonntag in der Frankfurter Alte Oper zu erleben.
Markus Gründig, April 06
Kids Ice ShowS: Peter Pan on Ice
Deutschlandpremiere: 30. März 06 Wetzlar (Rittal Arena)
Holiday on Ice ist unbestritten seit Jahrzehnten Marktführer im Eisshow-Business. Nachdem in Deutschland die Touren der Wintersaison 05/06 (Fantasy/Romanza) beendet sind, gibt es quasi als Nachschlag noch eine spezielle Show die auf Kinder bis zwölf Jahren zugeschnitten ist: Peter Pan on Ice, unter der neuen Bezeichnung Kids Ice ShowS.
Nach der Premiere in Paris (7. Dez. 05) tourte das Stück bereits durch Frankreich, Litauen, Russland und Italien und ist nach Wetzlar noch in Oberhausen, Nürnberg, Trier und Bremen zu Gast.
Peter Pan, die kleine Fee „Glöckchen“ (hier heißt sie wie im englischen, „Tinkerbell“), Wendy und ihre Brüder John und Michael, die verlorenen Jungs und natürlich auch Captain Hook und das Krokodil fehlen nicht. Ein großes, internationales Ensemble aus 15 Nationen sorgt für begeisternde Momente. Anfangs Daheim bei der Familie Darling, geht es schnell hinaus nach Nimmerland, dahin wo Kinder nie erwachsen werden.
Dank des Eises lassen sich die Kulissen (wie Bett, Balkon, Indianerzelte & Seeräuberschiff) schnell bewegen und auch das große böse Krokodil bewegt sich äußerst flink über die Eisfläche. Doch noch viel schneller sind die Artisten, die zwischendurch viele Eistanzszenen hinlegen: allein, im Duo oder als große Ensemblenummer, der Eiskunstlaufsport kommt bei aller Mühe für eine kindergerechte Aufmachung zu sorgen, nicht zu kurz.
Robin Cousins (für seine herausragenden künstlerischen Leistungen bereits mit dem Titel „Member of the British Empire“ geehrt) ist ein erfahrener Profi und legt auch hier eine prächtige Revue hin, die Groß und Klein begeistert. Die knapp 100 Minuten Aufführungsdauer (inkl. einer Pause) wird den Kleinen nicht zu viel, denn die Geschichte wird sehr flott erzählt, ständig passiert irgendwo etwas, poltert der große Hund auf allen Vieren übers Eis, sorgt das Ballett der Skellette für gruselie Stimmung, tanzen verklärt die jungen Meerjungfrauen oder Cecco und Smee (Roberto und Enrico Medini) schlagen Kapriolen.
Die einzelnen Szenen sind stimmungsvoll ausgeleuchtet und mit (recht lauter) Musik unterlegt, nicht eine Szene lässt Langeweile aufkommen. Auch werden die Kinder immer wieder angesprochen und aufgefordert mitzusingen oder ihre Meinung zu sagen.
Bei der Deutschlandpremiere übernahm der Sänger Ben live die Rolle des Erzählers, seine Stimme wird man auch bei den weiteren Aufführungen hören.
Und sie fliegen tatsächlich durch Raum und Zeit, nicht nur bei ihren waghalsigen Sprüngen sondern auch einfach mal so quer durch die Halle und Peter (jugendlich frisch und strahlend: Julien Bouchard) liefert sich mit dem bösen Captain Hock (Trevor Buttenham) in den Lüften einen wilden Kampf.
David Shields hat für diese Show bunte, phantasievolle Kostüme entworfen (insgesamt werden bei dieser Show rund 350 Kostüme gezeigt), wobei Tinkerbell mit ihrem kurzen roten Kostüm nebst Flügelchen am meisten auffällt. Vielleicht liegt das aber auch an der fröhlichen Ausstrahlung der jungen Britin Natalie Cuningham.
Nur mancher Indianer ist ziemlich blass (den sollte mal ein Besuch ins Solarium spendiert werden). Da es sich wie erwähnt um ein internationales Ensemble handelt, wo über zehn verschiedene Sprachen gesprochen werden, dazu die Tour durch verschiedene Länder führt, ging kein Weg daran vorbei, die Stimme der Hauptdarsteller vom Band einzuspielen. Das klappt überwiegend gut, manchmal klingt es aber schon etwas gekünstelt und wirkt dadurch unecht. Dies sind aber schon die einzigen kleinen Wermutstropfen, die manchem Kind sicher gar nicht auffallen werden. Ein Besuch lohnt sich auf alle Fälle, denn die Freude, die Leichtigkeit und die Sorglosigkeit stecken Kinder wie Eltern an. Und nebenbei: auch die Eintrittspreise sind familiengerecht gestaltet worden.
Markus Gründig, März 06
Bäppi La Belle: Angela, du goldisch Maus
TiTts-Theater Frankfurt
Besuchte Vorstelllung: 3. Februar 06 (Premiere)
Seit vielen Jahren ist Angela eine feste und vom Publikum sehnsuchtsvoll erwartete Nummer in Bäppi La Belle´s Show-Programmen. Sei es mit „Ich will keine Schokolade“ oder mit „Edmund“.
Die Kanzlerkandidatur durch Angela Merkel war dann für Thomas Bäppler (wie Bäppi außerhalb seiner Rolle heißt) Grund genug eine eigene Angela-Show zu machen, egal wie die Bundstagswahl 05 ausfallen würde.
Inzwischen ist die Wahl Geschichte und Angela erste Kanzlerin Deutschlands. Statt „Wunder gibt es immer wieder“ wie im letzten Sommer angedacht, läuft die Show nun unter dem liebenswerten Titel „Angela, du goldisch Maus!“.
In gut 2 ½ Stunden singt und babbelt sich Bäppi in gewohnt galant, charmanter Art und doch gleichwohl derb und gerne sich auch unterhalb der Gürtellinie bewegend, im frisch renovierten TiTs-Theater durch einige Lebensstationen Angela´s.
Ob Frau Merkel in Real da mitlachen würde? Wahrscheinlich schon, denn richtig durch den Kakao gezogen wird sie hier nicht, vielmehr bringt es Bäppi La Belle auf den Punkt: „Oh Angela du Buzzelche, mach ruhig weiter so und bring den Wohlstand uns zurück, dann sind wir alle froh“ (dies mit einem Song in allerbester Ballermann-Party-Stimmung). Wenn Bäppi da mal nicht dem Volk aus der Seele spricht.
Schwester Guido (Tobias Wick) kommt dabei nicht ganz so elegant davon. Auch wenn die große Liebe aufgrund der politischen Lage noch auf sich warten lassen muss, ist Angela überzeugt davon, sie die richtige Frau für ihn ist.
Der erste Teil handelt von Angelas Zeit vor Ihrer Kanzlerkandidatur, getreu dem Motto „Itsy Bitsy Teenie Weenie – Angies neuer Strandbikini“ und „Helmut, ich komm nach Bonn“ (mit auflockernder Pulikums-Polonaise durch das Theater). Selbst Angela als Baby („Babysitter Boogie“) bleibt dem Zuschauer nicht erspart und Bäppi ist sich nicht zu schade mit großen Kulleraugen auf allen Vieren zu krabbeln, während der zum harten Kerl mutierte Tobias Wick pure Männlichkeit demonstriert.
Unter der Regie von Dirk Schicke und Thomas Bäppler entstand erneut eine Show der Superlativen an Witz und Travestie, was hier treffender als „Travedy“ bezeichnet wird, also als Mix von Travestie und Comdy, denn eine klassische Fummelshow gibt es bei Bäppi La Belle nach wie vor nicht. Fast alle Songs werden immer noch live gesungen, genauso entstammen die meisten Texte aus Bäpplers Feder. Vladimir Vlahovic, Gewandmeister der Oper Antwerpen, entwarf erneut detailgenaue hochwertige Kostüme, etwa das volkstümliche Kleid einer russischen Landfrau, in der Bäppi wie eine lebende Matroschka aussieht und auf Merkels Traum einmal mit der transsibirischen Eisenbahn von Moskau nach Wladiwostok zu reisen, anspielt.
Ursprünglich sollte diese Show nur von Februar bis zum Sommer laufen. Aufgrund des hervorragenden Vorverkaufs (Karten gibt es erst ab Juni) ist aber klar, dass es wohl eine längere Spielzeit geben wird. Herzlichen Glückwunsch Bäppi.
Markus Gründig, Februar 06
Afrika! Afrika!
Das magische Zirkusereignis vom Kontinent des Staunens.
Weltpremiere: 16. Dezember 05
Besuchte Vorstellung: 20. Dezember 05
Nach der Show „African Footprint“ heißt es nun „Afrika! Afrika“. Beschränkte sich Wolfgang Boksch´s „African Footprint“ auf die Geschichte und das Leben in Südafrika, umfasst André Hellers „Afrika! Afrika“ den gesamten Kontinent (und mit Künstlern aus Kolumbien, Haiti und von den Antillen sogar noch ein wenig mehr).
Einhundertfünf Artisten, vierunddreißig Tänzer und dreizehn Musiker treten bei diesem Showspektakel an um ihr artistisches Können zu zeigen und um ihre Lebensfreude mit uns zu teilen.
Der Zauber von „Afrika! Afrika!“ beginnt bereits beim Annähern an die Zeltpaläste, die an das Vorbild nordafrikanischer Berberzelte angelehnt sind und einen ersten farbig frohen Eindruck vom „Kontinent des Staunens“ vermitteln. Über Teppiche im Berberstil geht es zunächst in das Foyerzelt, in dem sechs riesige bunte Kronleuchter hängen. Beim zweiten Blick ist zu erkennen, dass es sich bei dem Material nicht um Diamanten oder Glas handelt, sondern um schlichten Plastikmüll. Dieser erinnert zwar an die Armut Afrikas, zeigt gleichzeitig aber auch, das das, was wir wegwerfen in einem anderen Kontext zum Glanzlicht werden kann.
An den Seiten laden weiter kleinere Zelte zu einer Kunstausstellung oder in ein afrikanisches Café.
Die Zelte sind durch überdachte, souk-ähnliche und stimmungsvoll ausgeleuchtete Gänge mit dem großen Zelt (Chapiteau) verbunden.
Dieses 26 Meter hohe Zelt wurde extra für „Afrika! Afrika!“ gefertigt, über 2.000 Besucher können hier Platz finden. Während der Show werden auf alle Seiten große Symbole und Bilder projiziert, die die jeweilige Performance visuell untermalen.
Die Show selber ist ein bunter Mix aus Akrobatik und Tanz, natürlich mit viel Musik unterlegt. Vor allem afrikanischen Getrommel, Gesang und auch mal einem Pophit. Die einzelnen Akteure werden von Statisten mit wilden Masken und ausgefallenen Kostümen begleitet.
Makaya Dimbelolo (Rufname Huit Huit) führt mit seinem muskulösen Körper eine Kontorsionsnummer vor, die selbst hart gesottene Zirkusbesucher ins Staunen bringt. Perfekt beherrscht er die Kunst, die Illusion von totaler Beweglichkeit zu vermitteln und schlüpft auch mal grad durch einen handelsüblichen Tennisschläger.
In einer weiteren derartigen Nummer beeindruckt eindrucksvoll kurz vor Schluss dann auch die junge Lunga Nokulunga Buthelezi.
Herrlich erfrischend und wirklich ansteckend mit Ihrer Freude und Leichtigkeit ist die Truppe junger Athlethen aus Tansania und Äthiopien mit Ihrer Menschenpyramide und dem Ballett an vier hohen Stangen, die auch mal fluchs rückwärts hochgegangen werden. Mit einer schier unbändigen Energie und Begeisterung vollführen sie die tollkühnsten Sprünge.
Mary Romuald Materego und Mariam Juma Msemakweli drehen die Schraube an kuriosen Jongliergegenstände weiter: sie bedienen sich jeweils eines Tisches, den sie mit ihren Beinen schnell drehen und wenden.
Die Truppe Einradfahrer spielt nicht nur nebenbei Baseball, sondern kann auch noch fleißig mit dem Einrad Seilhüpfen. Ein großes Finale versammelt alle Darsteller und Teile vom Publikum auf der Bühne, getreu dem Motto, lets party – we are one world.
Auch in Afrika wird nur mit Wasser gekocht, doch die Zutaten die André Heller hier zu einem harmonischen Ganzen zusammen gebracht hat, ergeben zwei Stunden bezaubernde Zirkuskunst und in der Tat, etliche Augenblicke des Staunens.
Markus Gründig, Dezember 05
The Fire of Georgian Dance
The Georgian State Dance Company – Sukhishvili
Tour 2005/06
Besuchte Vorstellung: 18. Dezember 05 (Jahrhunderthalle Frankfurt)
Im Vergleich zu Russland ist die südlich, an der Grenze zwischen Europa und Asien liegende Kaukasusrepublik Georgien ein kleines Land, von der Größe entspricht es etwa dem Bundesland Bayern (es grenzt im Norden an Russland, im Süden an die Türkei, Armenien und im Osten an Aserbaidschan). Seit 1991 haben überwiegend aus wirtschaftlichen Gründen über eine halbe Million Menschen das Land verlassen, bei etwa 4,7 Millionen Einwohnern eine beachtliche Zahl. Eine der international bekanntesten Sängerin georgischer Herkunft ist die aus der Ortschaft Adscharien stammende und jetzt in England lebende Katie Melua.
International erfolgreich ist auch das bereits seit 1948 tourende Folkloretanzensemble Sukhishvili. In den mehr als 200 Tourneen die die Truppe in über 1.700 Städte und 88 Länder geführt hat, haben mehr als 50. Millionen Menschen eine Aufführung gesehen.
Auf der aktuellen Tour sind es 36 Tänzer und Tänzerinnen die mit der Unterstützung von zehn Musikern auf großer Bühne die georgischen Traditionen aufleben lassen. Sie blicken zurück auf eine lange Geschichte: bereits im 3. Jahrhundert v.Chr. wurde in Georgien Theater gespielt. Die Rolle der Frau hat sich, wie in den meisten Staaten der ehemaligen UdSSR, dabei wenig geändert, eines der augenfälligsten Merkmale dieser Show. So besteht das Ensemble nicht nur zu 2/3 aus Männern und zu 1/3 aus Frauen, auch der größere Anteil an Nummern steht den Männern zu, die diese wesentlich spektakulärer tanzen können.
Was nicht heißt, dass die Frauen nicht beeindrucken. Hier sind es vor allem die prächtigen Kostümen und die perfekte einheitliche Choreographie. In weißen edlen und eng anliegenden Kleidern samt passendem Kopfschmuck kommen sie von beiden Seiten in der Bühnenmitte zusammen, lösen sich in Gruppen auf und finden wieder zueinander. Dabei entfalten sie beeindruckende Bilder. Mit kleinen Schritten erzeugen sie fließende Bewegungen, so als würden sie über den Boden schweben (im Gegensatz zu den Männern tanzen sie auch nicht auf Spitze).
Bei den Darbietungen gemeinsam mit Männern ziehen die Frauen natürlich deren Aufmerksam auf sich. Doch nie als offenes Werben, mehr aus dem Selbstbewusstheit Ihrer Schönheit und ihrer unwiderstehliche Anziehungskraft heraus (wobei sie am Ende seine Eroberung akzeptieren). Beim Hochzeittanz Simdi entstehen Bilder, die wie ein Traum wirken.
Die Männer drücken den Frauen gegenüber ihren tiefen Respekt aus, am deutlichsten beim Schwerttanz Khevsuruli der Männer aus den georgischen Bergdörfern. In anderen Szenen sind die Männer als Handwerker, Adlige oder auch Pferdediebe zu sehen. Das Feuer der Georgier entfacht sich bei den äußerst vielseitig Sprüngen und Drehungen, die mit einem ein- oder zweibeinige Sprung auf der Spitze, mit gespreizten und gekreuzten Beinen erfolgen.
Die zehn Musiker der Liveband spielten auf klassischen Instrumenten der Volksmusik (Akkordeon, Trommeln etc.) und sorgten so für den passenden traditionellen Klang, dessen Melodienreichtum allerdings noch ausbaufähig ist.
Sukhishvili´s „The Fire of Georgian Dance“ verbindet die historische Tänze ihrer Heimat mit einer ausgefeilten Tanztechnik und überzeugt mit dem perfekten präzisen Zusammenspiel aller Tänzer (auch wenn die Distanziertheit der Geschlechter irritiert und Frauen wie Männer stets bis oben zugeknöpft sind).
Das zahlreiche Publikum in der Frankfurter Jahrhunderthalle war am Ende außer sich vor Begeisterung.
Markus Gründig, Dezember 05
DRALION
Cirque du Soleil in Zürich (2005)
Eine Reise in die Schweiz ist immer ein besonderes Erlebnis. Die einzigartige Landschaft mit Bergen, Seen, weidenden Kühen und urtümlichen Häusern verbunden mit freundlichen Menschen macht den Aufenthalt stets zu etwas Außergewöhnliches.
Die leicht zu erreichende Großstadt Zürich bezaubert dabei nicht nur als Finanz- und Wirtschaftszentrum, sondern unter anderem mit einer unversehrten Altstadt, dem Zürichsee, endlosen Straßencafés und gemütlichen Kneipen. Die teuersten Markengeschäfte finden sich in der Bahnhofsstrasse, nicht zu vergessen der große Confiserie Sprüngli Shop.
Bis zum 30. Oktober 05 lohnt sich nun ein Besuch in Zürich erst recht, denn der kanadische Cirque du Soleil hat eines seiner Grand Chapiteau´s am verkehrsgünstig gelegenen Einkaufszentrum Glatt (Zürich Wallisellen) aufgeschlagen. Präsentiert wird dort die Show DRALION, die bereits im Jahr 1999 im kanadischen Montreal Premiere feierte, hier aber noch nicht zu sehen war.
Letztlich handelt es sich zwar nur um eine Zirkusveranstaltung ohne Tiere, doch sind die Shows des Cirque du Soleil ein Gesamtkunstwerk von artistischen Glanzleistungen mit perfekter akustischer und optischer Darbietung die einem für immer in bester Erinnerung bleiben.
Mit Dralion bezeichnet der Cirque du Soleil ein Wesen, das aus einem Drachen und Löwen entstand und das für die Verbindung zwischen der avantgardistischen Magie des Cirque du Soleil mit den Geheimnissen der traditionellen chinesischen Zirkuskunst steht.
Bevor der Zauber beginnt steht erst einmal Unterhaltung mit Spaßfaktor auf dem Programm. Während die Gäste im Zelt ihren Platz suchen treiben zwei elegant gekleidete Clowns ihren Unfug mit dem Publikum und stehen dann irgendwann auf der Bühne. Es dauert nicht lange und dann kommt der dritte Clown dazu, ein schräger Typ mit schwarzen Anzug und Schmalzscheitel und ein „Publikumsopfer“ ist auch schnell gefunden.
Sobald sie abgegangen sind, setzt magische Musik ein, eine Art dynamischen Meditationsmusik, gepaart mit Schlagzeug und Gesang. Wobei der Cirque du Soleil bei seinen Songs traditionell eine „Geheimsprache“ verwendet, die kein Zuschauer versteht. Es geht nicht darum jede Zeile Text zu verstehen, sondern um die Unterstreichung der Dramatik durch eine musikalischen Stimmung. Mal singt eine Frau, mal ein Mann. Die Grenzen verwischen, denn der Mann singt stellenweise countertenormäßig ziemlich hoch. Die Musik vom kleinen Liveorchester ist mal beschaulich ruhig mit zum Beispiel sehnsuchtsvollen Tangoklängen, aber auch kämpferisch mit dem wilden Geschrei von Ureinwohner.
Ein Mädchen im orientalischen Kostüm erscheint aus dem Dunkeln, ist von anderen Wesen umgeben und zeigt eine große Sanduhr, die geheimnisvoll leuchtet. Noch haben wir genug Zeit. Und während die Sanduhr im Hitergrund unvermeindlch weiterläuft, jagt auf der Bühne ein Höhepunkt den nächsten.
Ein Einhandbalaceakt ist die erste Nummer, gepaart mit einer Körperverdrehung, die denken lässt Knochen hat diese junge Dame wohl keine. Der Ukrainer Viktor Kee zeigt ästhetisch perfektes Jonglieren. Sieben Bälle sind kein Problem für ihn, diese lässt vom Zelthimmel ein Wesen in blau treffsicher zu ihm herunterfallen. Kee benutzt für seine Jonglieren seinen ganzen, wohl durchtrainierten Körper und spielt in allen Lagen mit den Kugeln.
Verblüffend anders auch die Trampolinszene. Hier scheinen die Artisten die Regeln der Schwerkraft zu überwinden. Spiderman mäßig erobern sie die Bühnenrückwand, kleben wie ein Insekt an ihr, um dann zu einem anderen Platz an dieser Wand zu hüpfen.
Voll sinnlich ist der „Aerial Pas de Deux“ am langen Stoffseil. Sie schwebt durch Raum und Zeit, er versucht ihr näher zu kommen. Sie entgleitet ihm, er lässt nicht locker und sie finden sich. Doch das Glück dauert nicht lange, schon bald entgleitet sie in den Himmel, während er zurückbleibt. Dazu das die Liebe zelebrierende Lied „Balare“. Schöner als eine Filmschnulze am verregneten Sonntagmittag…
Viele weitere großartige Artistiknummern folgen, die zwischendurch immer wieder durch das Spiel der Clowns aufgelockert werden.
DRALION bietet perfekt inszenierte Artistik, eine Show die mit Worten nie so ganz beschrieben werden kann.
In Zürich noch bis zum 30. Oktober 05. Die nächsten Stationen sind Bilbao (18. Nov. – 4. Dez.05) und Sevillia (12. 29. Jan. 06) in Spanien.
Markus Gründig, September 05