»Il trittico« im Stream des Staatstheaters Wiesbaden

Als große Eröffnungspremiere der diesjährigen Internationalen Maifestspiele Wiesbaden war Puccinis Il trittico lange geplant. Zwar hatte der Magistrat der Landeshauptstadt Wiesbaden am 16. März 2021 beschlossen, die Festspiele 2021 wegen der Corona-Pandemie nicht gänzlich ausfallen zu lassen, sondern sie mit »Maifestspiel-Specials« und einem Ersatzprogramm möglich zu machen. Der verschärfte Lockdown sorgte aber dann dafür, dass der Spielbetrieb am Staatstheater Wiesbaden bis einschließlich 31. Mai 2021 ausgesetzt wurde.

Intern wurde und wird aber natürlich weiter intensiv geprobt. Und so konnte das Staatstheater Wiesbaden am 8. Mai 2021 an der Reihe »Met Stars Live in Concert« der New Yorker Metropolitan Opera teilnehmen. Aus dem prächtigen Foyer des Staatstheaters Wiesbaden gab es ein Livestream-Konzert unter dem Motto »Wagnerians in Concert« mit Christine Goerke, Elza van den Heever, Andreas Schager und Michael Volle. Es steht noch bis zum 22. Mai 2021 als »Stream on Demand« auf der Webseite der MET zur Verfügung.

Il trittico: Il tabarro
Staatstheater Wiesbaden
Luigi (Aaron Cawley), Giorgetta (Olesya Golovneva)
Foto: Karl und Monika Forster

Il trittico und die Frage nach der Schuld

Am 9. Mai 2021 feierten Puccinis, unter dem Titel Il trittico zusammengefassten, drei Opereinakter Il tabarro, Suor Angelica und Gianni Schicchi eine Onlinepremiere in Form eines kostenlosen Streamingangebots des Staatstheaters Wiesbaden. Die Aufnahme der Produktion wurde sorgfältig vorbereitet und bietet erstklassige Bilder (und Stimmen). Eine eigene Filmregie sorgte dafür, dass nicht nur einfach eine reguläre Vorstellung aus dem Zuschauerraum übertragen wurde. Vielmehr wurde für jede Szene sehr sorgfältig eine passende Kameraeinstellung und die jeweilige Sängerposition ausgewählt. So ist beispielsweise bei der ersten Oper Il tabarro (Der Mantel) bei Nahaufnahmen von Giorgetto im Hintergrund oftmals der um sie werbende Luigi zu sehen. So kann die Qualität mit den Streams aus New York City oder Wien durchaus mithalten.

Il trittico: Il tabarro
Staatstheater Wiesbaden
Michele (Daniel Luis de Vicente)
Foto: Karl und Monika Forster

Intendant Uwe Eric Laufenberg zeigt als Regisseur der drei Einakter, dass Glück stets nur für einen kurzen Moment in den Händen gehalten werden kann. Stets schwebt die Frage nach Schuld mit im Raum (verbildlicht durch im Bühnenbild platzierte Gemälde vom Sündenfall). Die Bühne von Gisbert Jäkel deutet die jeweiligen Handlungsorte (Schiffsanleger / Kloster / Palazzo) dezent an. Zeitlich gibt es keinen weiten Bogen, die drei Opern spielen hier zur Zeit der Uraufführung, also im frühen 20. Jahrhundert. Erbauend wirken die weißen, statt der sonst üblichen schwarzen, Trachten der Nonnen in Sour Angelica. Nur die Äbtissin (vehement: Fleuranne Brockway) trägt zusätzlich eine schwarze vertikale Schärpe (Kostüme: Jessica Karge).

Il trittico: Gianni Schicchi
Staatstheater Wiesbaden
Gianni Schicchi (Daniel Luis de Vicente), Romina Boscolo, Erik Biegel, Statisten
Foto: Karl und Monika Forster

Herausragende Olesya Golovneva

Bei Il trittico gibt es oftmals Mehrfachbesetzungen, so auch hier. Die Mezzosopranistin Romina Boscolo ist als „Frettchen“ Frugola, finstere Fürstin und lebhafte Zita zu erleben, Tenor Erik Biegel als sein Glück im Wein findender Arbeiter Tinca und als Buosos Neffe Gherardo und Sopranistin Barbara Stallmeister als Schwester Dolcina und als Gherardos Ehefrau Nella.
Dem gehörnten Michele in Il tabarro verleiht der gebürtige US-amerikanische Bariton Daniel Luis de Vicente großen Ausdruck, um später als Gianni Schicchi seine humorvolle Seite auszuspielen. Bariton Aaron Cawley, gebürtiger Ire, besticht als um die flotte Giorgetta werbender Luigi. Wenn Luigi am Ende von Michele mit dem Knie zu Boden gedrückt wird, erinnert dies stark an die Tötung von George Floyd am 25. Mai 2020 in Minneapolis.
In allen drei Opern ragt die russische Sopranistin Olesya Golovneva heraus, zugleich ihre große Wandelbarkeit unter Beweis stellend. Am Staatstheater Wiesbaden war sie zuletzt als Vitellia in Clemenza d Tito zu erleben. Als attraktive junge Giorgetta, die sich selbstbewusst gibt und raucht, verdreht sie den Männern den Kopf, gibt sich ergreifend als Schwester Angelica (Arie „Senza mamma“) um schließlich als Schichis Tochter Lauretta aufzublühen (Arie „O mio babbino caro“).

Das Hessische Staatsorchester Wiesbaden spielt in leicht verkleinerter Besetzung unter der Leitung des britischen Dirigenten Alexander Joel einen treffsicheren Puccini-Ton, den der unter Chordirektor Albert Horne einstudierte Chor aus dem Off unterstützt.
Die drei Opereinakter sind ein wunderbarer Ausflug in die derzeit noch brach liegende Welt der Oper.
Folgestreams können kostenpflichtig (ab € 9,90) an ausgewählten Terminen gebucht werden.

Markus Gründig, Mai 21


Il trittico

Il tabarro (Der Mantel), Suor Angelica (Schwester Angelica) und Gianni Schicchi
Zyklus aus drei Operneinaktern
Von: Giacomo Puccini (1858–1924)
Libretti:
Il tabarro: Giuseppe Adami, nach dem Drama »La houppelande« von Didier Gold
Suor Angelica: Giovacchino Forzano
Gianni Schicchi: Giovacchino Forzano
Uraufführung: 14. Dezember 1918 (Metropolitan Opera, New York)

Online-Premiere am Staatstheater Wiesbaden: 9. Mai 21

Musikalische Leitung:
Alexander Joel
Inszenierung: Uwe Eric Laufenberg
Bühne: Gisbert Jäkel
Kostüme: Jessica Karge
Licht: Andreas Frank
Chor: Albert Horne
Knabenchor: Roman B. Twardy
Dramaturgie: Daniel C. Schindler

Chor & Chorsolistinnen des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden, Wiesbadener Knabenchor, Hessisches Staatsorchester Wiesbaden

Besetzungen:

Il tabarro (Der Mantel);

Michele: Daniel Luis de Vicente
Luigi: Aaron Cawley
Tinca: Erik Biegel
Talpa: Wolf Matthias Friedrich
Giorgetta: Olesya Golovneva
Frugola: Romina Boscolo
Liederverkäufer: Ioan Hotea
Liebespaar: Ioan Hotea, Stella An
Sopranstimmchen: Stella An
Tenorstimmchen: Ioan Hotea

Suor Angelica (Schwester Angelica):

Schwester Angelica: Olesya Golovneva
Fürstin: Romina Boscolo
Äbtissin/Schwester Eiferin: Fleuranne Brockway
Schwester Genoveva: Stella An
Schwester Dolcina: Britta Stallmeister
Lehrmeisterin der Novizinnen, Schwester Osmina, Schwester Pflegerin, Zwei Bettelschwestern, Eine Novizin, Zwei Laienschwestern: Chorsolistinnen des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden

Gianni Schicchi:

Gianni Schicchi: Daniel Luis de Vicente
Lauretta: Olesya Golovneva
Zita: Romina Boscolo
Rinuccio: Ioan Hotea
Gherardo: Erik Biegel
Nella: Britta Stallmeister
Gherardino: Elias Püschel / Philipp Donhauser
Betto di Signa: Benjamin Russell
Simone: Wolf Matthias Friedrich
Marco: Christopher Bolduc
Ciesca: Fleuranne Brockway
Spinelloccio: John Holyoke
Amantio di Nicolao: Martin StoschkaPinellino: Oliver Steinmetz
Guccio: Leonid Firstov

Weitere kostenpflichtige Streaming-Termine:
Di, 11.5.2021, 19 Uhr
Do, 13.5.2021, 19 Uhr
Sa, 15.5.2021, 19 Uhr
Mo, 17.5.2021, 19 Uhr
Mi, 19.5.2021, 19 Uhr
Fr, 21.5.2021, 19 Uhr
Di, 25.5.2021, 19 Uhr
Do, 27.5.2021, 19 Uhr
Sa, 29.5.2021, 19 Uhr

staatstheater-wiesbaden.de