Wir schreiben das Jahr 1844. In der Stadt Hannibal (US-Bundesstaat Missouri) lebt der Junge Huck Finn, der von der Witwe Douglas drangsaliert und von seinem Vater geprügelt wird. Von hier aus fährt er gemeinsam mit einem geflohenen Sklaven den Mississippi mit einem Floß herunter und erweist sich dabei als unerschrockener Kämpfer für Freundschaft und als Antirassist. Hannibal ist auch die Stadt, in der der Schriftsteller Mark Twain aufgewachsen ist. Sein Roman Die Abenteuer des Huckleberry Finn zählt zu den einflussreichsten Werken der US-amerikanischen Literatur und erzählt eben diese Geschichte.
Sean Aita, Leiter der Vienna English Theatre Academy, hat aus dem Roman eine Bühnenfassung erarbeitet, die jetzt in der eigentlichen Sommerpause unter der Regie von PJ Excobio am English Theater Frankfurt Premiere feierte. Die Produktion ist für Jugendliche im Alter zwischen 11 und 14 Jahren konzipiert und auch sprachlich entsprechend angepasst. Aufgrund der aktuellen COVID-19-Beschränkungen können nur deutlich weniger Zuschauer als üblich eine Vorstellung besuchen (auch hier bleibt jede zweite Reihe frei und zwischen den vergebenen Plätzen immer drei Plätze frei) und natürlich gibt es ein ausgefeiltes Hygienesystem.
Ein Bluessong stimmt die Zuschauer schon vor Beginn auf eine entspannte Atmosphäre am Mississippi ein. Die Bühne zeigt, umsäumt von einem großen grünen blätterartigen Netz, eine einfache Holzhütte. „Hannibal – Missouri“ ist von einem Schild abzulesen. Viel mehr bedarf es nicht, um in die Abenteuergeschichte einzutauchen (Bühnenbild: Daniel Schult). Zumal sich die Holzbretter für die acht Szenen als sehr wandelbar erweisen und so auch als Floß oder Theaterbühne fungieren.
Lediglich vier DarstellerInnen übernehmen die zahlreichen Figuren. Im Mittelpunkt steht Huck Finn, den die Schauspielerin und Sprecherin (Voiceover Talent) Leanne Maksin mit dem dazugehörigen Dialekt und intensiver Mimik überzeugend gibt. In Mehrfachrollen sorgen Varvara Pomoni (Aunt Sally, The Duke, Woman, Widow) und Evan Scott Schweizer (Tom Sawyer, Old Finn, The Duke) für zusätzliche lebhafte Momente. Etwas ganz besonderes vermitteln die vier musikalischen Einlagen des Sklaven Jim, die Musicaldarsteller Keith Wilson innig und ausdrucksstark a Capella gesungen, darbietet. Zum glücklichen Ende stimmen dann alle in den Schlussgesang „Glory Hallelujah“ mit ein.
In dem kurzweilig dargebotenen Familienstück, die Aufführung dauert keine Stunde, werden allgemeingültige Themen angesprochen, wie die Bedeutung von Freundschaft über soziale Stände und über Hautfarben hinweg. Themen, die heute für Groß und Klein an Wichtigkeit nicht verloren haben.
Markus Gründig, Juli 20
Auf der Webseite des English Theater Frankfurt steht für einen Vorstellungsbesuch von Huck Finn vorbereitendes Material, ein Quiz und das Textbuch zur Verfügung. Vorstellungen im English Theater sind an ausgewählten Tagen bis zum 15. August 2020 zu sehen. Das Stück ist auch für Schulvorstellungen zu buchen.
Ergänzender Hinweis: Neuverfilmungen aus den Jahren 2011/2012 der beiden Romane Tom Sawyer und Die Abenteuer des Huck Finn werden am Sonntag, den 6. September 2020 auf 3sat zu sehen sein.
Huck Finn
Nach Mark Twains Die Abenteuer des Huckleberry Finn
Für die Bühne bearbeitet von: Sean Aita
Premiere am English Theatre Frankfurt: 25. Juli 20
Regie: PJ Escobio
Musikalische Leitung: James E. Bailey
Regieassistenz: Laura Niokolich
Bühnenbild: Daniel Schult
Lichtdesign: Julian Schwikart
Tondesign: Maximilian Borschel
Kostüme: Melanie Schöberl
Besetzung:
Huck Finn: Leanne Maksin
Tom Sawyer, Old Finn, The Duke: Evan Scott Schweizer
Jim: Keith Wilson
Aunt Sally, The Duke, Woman, Widow: Varvara Pomoni
english-theatre.de