Klinische Romanze »The Effect« am English Theatre Frankfurt

The Effect ~ English Theatre Frankfurt ~ Tristan Frey (Nathan Welsh), Connie Hall (Rosie Wyatt) ~ © Martin Kaufhold
kulturfreak Bewertung: 4 von 5

Wie echt ist die Liebe? Die junge Connie kommt über diese Frage gründlich ins Grübeln. Während der Teilnahme an einer klinischen Studie hat sie sich in Tristan verliebt. Und er in sie. Eigentlich sieht alles toll aus. Dummerweise haben die an die beiden verabreichten Tabletten eine entscheidende Nebenwirkung und dadurch eine entscheidende Rolle bei dieser Liebesbeziehung. Erschwerend kommt hinzu, dass einer von den beiden lediglich Placebos bekommen hat. Im Rahmen der Jubiläumsspielzeit 40. Jahre English Theatre Frankfurt (die unter dem Motto „Flirting with Madness“ steht) hinterfragt dieses, ob die Liebe nicht die gesündeste Form des Wahnsinns sei.

„A clinical romance“ nennt Lucy Prebbles ihr Stück The Effect, dass 2012 uraufgeführt wurde und mit dem Theaterpreis „Critics Circle Award“ ausgezeichnet wurde. Bis zum 22. März 20 ist es jetzt im English Theatre Frankfurt zu sehen. Für Regie, Bühne, Licht, Ton und Choreografie zeichnen jeweils Frauen verantwortlich, Ben Bull für die Videoprojektionen.


The Effect
English Theatre Frankfurt
Dr. Lorna James (Rebecca Calder), Dr. Toby Sealey (Chris Porter),
Tristan Frey (Nathan Welsh), Connie Hall (Rosie Wyatt)
©Martin Kaufhold

Regisseurin Audrey Sheffield stellte sich hier vor einem Jahr mit Alexi Kaye Campbells Apologia vor. Bei der Original-West-End-Inszenierung von The Effect in London war sie die Regieassistentin und lernte damals die Autorin Lucy Prebble persönlich kennen. Für beide geht es weniger um die vordergründige Frage nach Entstehung und Bedingung von Liebe, als vielmehr um die Suche nach dem menschlichen Selbst. Denn neben den beiden Studienteilnehmern gibt es noch zwei Wissenschaftler, die die Versuchsreihe begleiten und überwachen. Auch diese beiden verbindet eine Liebesgeschichte.
Sheffield zeigt The Effect als eine rasante Geschichte um eine verzweifelte Liebe. Dafür lässt sie insbesondere die beiden Studienteilnehmer Connie und Tristan actionreich über die Bühne fegen. Clou des Stücks sind seine überraschenden Wendungen, die hier jedoch nicht verraten werden. Nur so viel, dass die junge Connie sich spontan zu helfen weiß.

Anna Ortons Bühne deutet den klinischen Bereich einer Forschungsanstalt an. Zwei vertäfelte Wände suggerieren beruhigende Wärme, eine überdimensionierte Vitrine besänftigendes Vertrauen in die Natur und dass alles gut enden wird. Die vitalen Lebensdaten der Studienteilnehmer werden großflächig projiziert.

Die Figur der Dr. Lorna James ist besonders interessant, da sie so manches Geheimnis birgt. Rebecca Calder gibt sie mit einer spannenden Mystik. Chris Porters Dr. Toby Sealey ist ein selbstsicherer Mann in den besten Jahren, seine Verlogenheit gegenüber seiner Expartnerin geschickt verbergend. Herzhaft ist das Lachen von Connie Hall. Rosie Wyatt spielt die junge Probandin, die zwar einen Freund hat, aber schon lange keinen Sex mehr mit ihm, mit großen Natürlichkeit. Der erfahrene Proband Tristan Frey des Nathan Welsh ist ein unruhiger, energiegeladener junger Mann, der nur in Connies Armen Ruhe findet.

Das unterhaltsame The Effect mit seinem nur bedingten Happy-ende regt zum Nachdenken an, ob Liebe ein reales Gefühl ist oder nur das Ergebnis einer chemischen Reaktion. Viel Applaus.

Markus Gründig, Februar 20


The Effect

A clinical romance

Von: Lucy Prebble

Premiere am English Theatre Frankfurt: 21. Februar 20

Regie: Audrey Sheffield
Bühnenbild: Anna Orton
Lichtdesign: Prema Mehta
Videodesign: Ben Bull
Sounddesign: Anna Clock
Choreographie: Chi-San Howard

Besetzung:

Dr. Lorna James: Rebecca Calder
Dr. Toby Sealey: Chris Porter
Tristan Frey: Nathan Welsh
Connie Hall: Rosie Wyatt

Spielzeit bis 22. März 20

english-theatre.de