Junges Staatsmusical Wiesbaden mit dem Musical »Twelfth Night«

Twelft Night ~ Staatstheater Wiesbaden / Junges Staatsmusical ~ Sir Andrew (Angelina Krauss), Maria (Luna Lange), Sir Toby (Cecinho Feiertag), Fabian (Sarah Zimmermann) ~ Foto: Peter Emig

In der jüngeren Vergangenheit wurden vom Jungen Staatsmusical Wiesbaden vor allem bekannte Musicals auf die Bühne gebracht (wie Flashdance, Sister Act und Chicago). In der aktuellen Spielzeit wird mit Twelfth Night ein Musical gespielt, was noch weitgehend unbekannt ist. Dabei ist Twelfth Night im Prinzip ein alter Theaterklassiker. Es ist der Originaltitel von Shakespeares populärer Komödie Was ihr wollt (z. B. ab 30. November 24 von K. D. Schmidt neu inszeniert am Staatstheater Mainz). In England gilt der Abend vor dem Dreikönigstag (6. Januar) als Twelfth Night. Es ist die zwölfte Nacht nach Weihnachten und markiert das Ende der Weihnachtszeit. Vermutlich hat Shakespeare einfach für dieses Datum das Spiel um Identitätsverwechslungen und unerwiderte Liebe geschrieben. Denn einen religiösen Inhalt hat die Komödie nicht.

Umsetzung mit viel Elan

Die Musicalversion wurde vom britischen Schauspieler, Dramatiker und Regisseur Kwame Kwei-Armah und der US-amerikanischen Schauspielerin, Sängerin und Musikerin Shaina Taub gemeinsam entwickelt. Die Musik und die Gesangstexte stammen allein von Shaina Taub. Das Musical folgt Shakespeares Original. Es noch recht jung. Die Uraufführung fand 2016 in New York statt, die deutschsprachige Erstaufführung sogar erst vor zwei Jahren (2022) in München. Trotz temporeicher Musik wirkt das Musical insgesamt ein wenig wie aus alter Zeit kommend. Das hängt auch damit zusammen, dass die Sprache an die Schauspielfassung angelehnt ist. Das ist per se aber nicht schlecht. Es verbreitet gute Laune und unterhält mit viel Humor und mit ins Ohr gehender Musik. Dabei haben die Songs Ohrwurmqualitäten (wie „Hört was man sagt“, „Wärst du es, die ich liebe“ oder „Du bist schlimm“).

Twelft Night
Staatstheater Wiesbaden / Junges Staatsmusical
Olivia (Viktoria Reese), Cesario (Denia Gilberg)
Foto: Peter Emig

Verantwortlich für die Inszenierung des Jungen Staatsmusicals ist die Musicalkoryphäe Iris Limbarth (Regie & Choreografie). Mit sicherem Gespür für junge Talente und für eine publikumswirksame Umsetzung, vermittelt sie Twelfth Night kurzweilig, schwungvoll und mit viel Elan. Dies so gut, dass man zwischendurch glatt vergisst, dass es keine professionellen Darsteller:innen sind.

Schmissiger Jazz-Funk-Sound

Noch während das Publikum im Saal Platz nimmt, sitzt Narr Feste (vielseitig: Lilli Trosien) am Strand der Küste Illyriens und ahmt mit einer Ocean Drum Meeresgeräusche nach (die zugespielt werden). „Illyra“ prangert als Leuchtschrift über der Szenerie. Und schon kommen die ersten Bewohner tanzend (Ensembleszene mit dem Gute Laune-Song „Spielt Fort“).

Twelft Night
Staatstheater Wiesbaden / Junges Staatsmusical
Feste (Lilli Trosien), Ensemble
Foto: Peter Emig

Britta Lammers´ etwas inhomogen wirkende Bühne im Kleinen Haus besteht aus einem großen freien Raum für die Geschehnisse in Illyria. Er ist von Kulissen (wie Meereswellen und Pflanzen), einer Strandbar, Häuserfassaden nebst Balkonen und im Hintergrund einer an das Barocktheater anspielende sich verjüngende Guckkastenbühne, geprägt. Die bunten Kostüme von Heike Korn reichen von barocken Bezügen bis hin zu Sportdress der Gegenwart. Die Liveband spielt überwiegend verdeckt. Frank Bangert sorgt als musikalischer Leiter für einen schmissigen Jazz-Funk-Sound.

Höchstmaß an Energie

Die Mitglieder:innen des Jungen Staatsmusicals agieren mit einem Höchstmaß an Energie. Die Hauptrollen sind fast alle doppelt besetzt. Dabei kommt der Produktion zugute, dass viele schon langjährige Erfahrungen als Musicaldarsteller haben. Wie Denia Gilberg in der Partie der Viola, die lange Zeit ihre Identität verbirgt und sich als Cesario wacker behaupten muss (hier inklusive einem groß in Szene gesetzten Boxkampf).

Twelft Night
Staatstheater Wiesbaden / Junges Staatsmusical
Malvolio (Tim Speckhardt)
Foto: Peter Emig

Mit einem überdimensionalen Trauerschleier zeigt sich zunächst die reiche Gräfin Olivia der Viktoria Reese (später berührt sie mit einer Ballade). Um Olivias Hand vergeblich anhaltend: Der edelmütige Herzog Orsino des Maximilian Schneider. Ein liebenswertes Paar bilden Luna Lange (lebensfrohe Maria) und Cecinho Feiertag (quirliger und trinkfreudiger Sir Toby). Tim Speckhardt glänzt als der an der Nase herumgeführte und vom gesellschaftlichen Aufstieg träumende Haushofmeister Malvolio, da schaden selbst die gelben Strümpfe oder das eingesperrt sein in einem WC-Häuschen nicht. Eine weitere Hosenrolle ist hier die Partie des Sir Andrew (sportlich: Angelina Krauß). Den Zwillingsbruder Sebastian gibt Jan Volpert mit Aufgeschlossenheit, seinen Lebensretter und Freund Antonio mit Leidenschaft Jan Rieß. Sarah Zimmermann ist u. a. als gewissenhaft illyrische Offiziantin zu erleben.

Am Ende haben sich vier neue Paare gefunden, neben Viola/Orsina, Olivia/Sebastian und Maria/Sir Toby, auch das Männerpaar Malvolio und Antonio. Zum Schlusssong „Mit anderen Augen“ klatschte das Publikum bei der besuchten zweiten Vorstellung begeistert mit, gefolgt von kräftigen Beifallsbekundungen und Standing Ovations.

Markus Gründig, November 24


Twelfth Night

Eine Musical-Bearbeitung von William Shakespeares Twelfth Night (Was ihr wollt)

Entwickelt von: Kwame Kwei-Armah und Shaina Taub
Musik und Gesangstexte von: Shaina Taub
Deutsche Fassung von: Robin Kulisch

Uraufführung: 1. September 2016 (New York, Public Theatre)
Deutschsprachige Erstaufführung: 11. November 2022 (München, Theaterakademie August Everding im Prinzregententheater)

Premiere am Staatstheater Wiesbaden: 25. Oktober 24 (Kleines Haus)
Besuchte Vorstellung: 24. November 24 (3. Vorstellung)

Inszenierung und Choreografie: Iris Limbarth
Musikalische Leitung: Frank Bangert
Bühne: Britta Lammers
Kostüme: Heike Korn
Musikalische Einstudierung: Ulrich Bareiss
Regieassistenz: Anna Okunowski

Besetzung:

Viola (Cesario): Denia Gilberg / Victoria Pfitzner
Olivia: Viktoria Reese / Melodi Yurtsever
Feste: Lilli Trosien / Luna Lange (Anna Okunowski)
Maria: Luna Lange / Vivienne Vincon
Orsino: Maximilian Schneider / Luis Halter
Malvolio: Tim Speckhardt / Lukas Werner Müller
Sir Toby: Cecinho Feiertag
Sir Andrew: Angelina Krauß / Lioba Lefken
Antonio: Jan Rieß / Matthew Laszlo von Pokorny
Sebastian: Jan Volpert / Jakob Höhler
Fabian / Illyrische Offiziantin / Ensemble: Sarah Zimmermann / Anastasia Bechtold
Illyrischer Bote / Ensemble: Karim Oukail
Illyrischer Diener / Illyrisches Kind: Merve Senol
Illyrier 5 / Erster Gerichtsdiener: Nis Hansen
Zweiter Gerichtsdiener / Ensemble: Lars Hofmann
Illyrische Mutter / Illyrierin 1 / Ensemble: Elisa Gomera Deaño
Illyrerin 2/Ensemble: Leonie Willms
Illyrerin 3/Ensemble: Zoe Krawinkel
Illyrerin 4/Ensemble: Charlotte Kühn
Illyrerin 6/Ensemble: Lotta Liebau
Illyrerin 7/Ensemble: Julia Varycheva
Illyrerin 8/Ensemble: Anna Priester
Horn Trio: Karim Oukail/Linus Weinbrenner/Jan Rieß/Matthew / Laszio von Pokorny

Ensemble: Jan Volpert/Jakob Höhler/Linus Weinbrenner/Tim Speckhardt/Luis Halter/Jan Rieß/Matthew Laszio von Pokorny/Denia Gilberg/Sarah Zimmermann/Anastasia Bechtold/Angelina Krauß/Lioba Lefken

staatstheater-wiesbaden.de