Gute Laune Musical »Young Frankenstein« begeistert am English Theatre Frankfurt

Young Frankenstein ~ English Theatre Frankfurt ~ Frederick Frankenstein (Keith Ramsey), Igor (Shaun Chambers), the Monster (Nic Cain), Frau Blücher (Leanne Pinder) ~ Foto: Martin Kaufhold

Wie wohltuend, das Leben einmal von der heiteren Seite zu sehen. Bei Young Frankenstein am English Theatre Frankfurt stehen für gut zweieinhalb Stunden eine schier unbändige Energie, pointiert gesetzter Humor und ein herausragendes Ensemble im Mittelpunkt.

Die gruseligste Komödie aller Zeiten basiert auf Mel Brooks gleichnamiger Verfilmung aus dem Jahr 1974, bei der er in seiner typischen Art und Weise Mary Shellys Frankenstein-Geschichte parodiert. Der 95 Jahre alte Brooks ist ein US-amerikanischer Komiker, Schauspieler, Regisseur, Theaterproduzent und Oscar-prämierter Drehbuchautor. Die Bühnenfassung von Young Frankenstein entstand in enger Zusammenarbeit zwischen Mel Brooks und dem Dramatiker Thomas Meehan und feierte 2007 Premiere am Broadway (Hilton Theatre). Die Mainzer Musical Inc. brachte das Musical im Sommer 2015 in der deutschen Fassung auf die Bühne des dortigen P1 (Besprechung), das Junge Staatsmusical zeigt es derzeit am Staatstheater Wiesbaden (Spielstätte Wartburg).
In dem Musical reist der junge Wissenschaftler Frederick Frankenstein von New York ins ferne Transsylvanien. Dort ist gerade (1934) sein Großvater gestorben, worüber sich die Dorfbevölkerung erfreut zeigt. Denn der alte Frankenstein erweckte Tote zum Leben, was für Angst und Schrecken sorgt. Der Junior ist als seriöser Wissenschaftler fest entschlossen, auf keinen Fall seinem Großvater nachzueifern, doch dann kommt alles anders…

Young Frankenstein
English Theatre Frankfurt
Ensemble
© Martin Kaufhold

Nach holprigen Starthindernissen nun auf rasanter Fahrt

Die Leichtigkeit und der Schwung, mit dem die Inszenierung von Derek Anderson am English Theatre Frankfurt aufwartet, wirkt, als wäre sie selbstverständlich. Dabei war es bis dahin kein leichter Weg. Nicht nur, dass das Stück bereits im November 2020 hätte Premiere feiern sollen, auch der diesjährige Premierentermin musste wegen technischer Probleme zweimal verschoben werden. Inzwischen ist die Inszenierung bereit, an sechs Tagen in der Woche das Publikum in die fantastische Welt von Young Frankenstein zu versetzen. Aktuell erfolgt der Zugang unter 2G Plus-Regel, das Publikum sitzt mit Abstand und Masken bei einer maximal zulässigen Auslastung von 50%.
Regisseur Derek Anderson ist am English Theatre Frankfurt kein Unbekannter. Am Haus inszenierte er bereits die Stücke Hand to God, The Lion in Winter und One Flew Over The Cuckoo’s Nest.

Young Frankenstein
English Theatre Frankfurt
Ensemble
© Martin Kaufhold

Enormer, detailverliebter Aufwand

Während das Publikum im Saal Platz nimmt, kommen auch die New Yorker Studenten von Frankenstein auf die Bühne und schauen sich im Hörsaal gemeinsam mit dem Publikum zunächst historische US-amerikanische Werbefilme in Schwarz-weiß an (auch Brooks Film 1974 wurde in Schwarz-weiß gedreht). Bei dieser Einstimmung auf vergangene Zeiten bezaubern die Studentinnen in ihren weißen Kitteln schon allein mit ihren aufwendigen und eleganten Frisuren (Kostüme: Olivia Ward). Die schwungvolle Eröffnungsnummer „The Brain“ zeigt dann erstmals fast das gesamte Ensemble (Choreografie: Lee Crowley). Gespielt wird die überarbeitete Londoner Fassung des Musicals. In der Broadway-Version steht die Beerdigung des Großvaters am Beginn.

Ob Schiffs-Gangway mit Rettungsring („HMS Merry Shelly“) am Hudson River Pier, mit leuchtendem Kofferkuli angedeuteten Zug im Bahnhof der transsilvanischen Höhen, eine Heukutsche mit zwei Pferden, eine Vitrine mit menschlichen Gehirnen, ein hoch gewachsener Wolf oder ein mit allerhand elektrischen Hilfsmitteln ausgestattetes Labor: In den Inszenierungselementen steckt viel Detailliebe.
Ein großes, in die Jahre gekommenes Portal umreißt die Residenz der Frankensteins. Eingeschobene Wände sorgen für unterschiedliche Räume oder es wird gar der Blick auf den düsteren transsylvanischen Wald sichtbar (Bühnenbild: Rachel Stone). Die sechsköpfige Liveband spielt unter der musikalischen Leitung von Mal Hall, leider nicht einsehbar, im Hintergrund. Der Sound ist dafür dennoch mitreißend. Dabei gibt es enige wiederkehrende musikalische Motive.

Young Frankenstein
English Theatre Frankfurt
Frederick Frankenstein (Keith Ramsey), Igor (Shaun Chambers)
© Martin Kaufhold

Schöne Stimmen und darstellerische Höchstleistungen


Darstellerisch ist die Produktion auf allen Ebenen erstklassig. Die Stimmen klangschön, farbenreich und kraftvoll. So wie die von Frankensteins Verlobter Elizabeth (Corinne Priest mit „Please Don’t Touch Me“ / „Deep Love“ ) oder von seiner auch jodelnden Assistentin Inga (Leah Barbara West, mit „Listen to Your Heart“ ). In der Titelrolle beeindruckt Keith Ramsey ob seiner Vielseitigkeit und Ausdrucksstärke. Äußerlich erinnert er stark an Charlie Chaplin. Sein Frankenstein ist ein Mann von Prinzipien, gleichsam ist er anpassungsfähig und verantwortungsvoll. Den buckeligen Diener Igor verkörpert Shaun Chambers sehr agil und mit reichlich Augendrehen und Zungenschnalzen.

Young Frankenstein
English Theatre Frankfurt
The Monster (Nic Cain)
© Martin Kaufhold

Wortkarg ist das schon von seiner Körpergröße beeindruckende Monster des Nic Cain, dafür zeigte es bei „Puttin‘ on the ritz“ große Stepp-Qualitäten. Einen energischen Inspektor Kemp verkörpert Chris Draper (auch studentisches Versuchskaninchen Bertram Batram). Gerade bei der Szene mit dem alten und blinden Einsiedler (hier mit einer Frau besetzt: Mairi Barclay) ist die Nähe zum Humor von Monty Python zu spüren. Für die größten Lacher im Publikum sorgt mit spitzen Kommentaren immer wieder die schrullige Frau Blücher der Leanne Pinder, die sich trotz Gebrauch eines antiquierten Rollators als noch äußerst gelenkig erweist.
Das Zusammenspiel untereinander und mit dem weiteren Darsteller:innen (Benjamin Durham, Shona Eaton, Anabel Edwards und Brian O’Muiri) klappt stets klasse.
Am Ende kann nicht nur die Wissenschaft einen Triumph feiern, auch zwei Liebespaare haben sich glücklich gefunden und auch die Dorfbewohner sind ob der Veränderungen beruhigt. Das Publikum bedankte sich mit intensivem und langanhaltenden Applaus.

Markus Gründig, Dezember 21

Zur Einstimmung und/oder Ausklang bietet James the Bar zudem thematisch passende Special-Cocktails an: Humping Igor, Inga´s Mighty Knockers und Blücher´s Stallion Spritz.


Young Frankenstein

Die gruseligste Komödie aller Zeiten
Basierend auf der Filmparodie, dem Buch und der Musik von Mel Brooks

Broadway Premiere: 8. November 07 (Hilton Theatre)

Premiere am English Theatre Frankfurt: 1. Dezember 21
Besuchte Vorstellung: 9. Dezember 21

Spielzeit bis: 3. April 22
Gastspiel im Deutschen Theater München: 19. – 30. April 22

Director: Derek Anderson
Musical Director: Mal Hall
Choreographer: Lee Crowley
Set Designer: Rachel Stone
Costume Designer: Olivia Ward
Lighting Designer: Robbie Butler
Sound Designer: James Nicholson
Video Designer: Louise Rhoades-Brown
Orchestration: Matt Ramplin

Cast:

Hermit/ Frida: Mairi Barclay
The Monster: Nic Cain
Igor: Shaun Chambers
Insp. Kemp/ Bertram Batram: Chris Draper
Ensemble: Benjamin Durham, Shona Eaton, Anabel Edwards, Brian O’Muiri
Frau Blücher: Leanne Pinder
Elizabeth Benning: Corinne Priest
Frederick Frankenstein: Keith Ramsey
Inga: Leah Barbara West

Band:

Musical Director / Piano: Mal Hall
Clarinet / Sax: Andreas Pompe
Violin: Alexandra Wiedner Lorenz
Guitar: Kai Picker
Bass: Stefan Kreuscher
Drums: Thomas Elsner

english-theatre.de