Mit Hans im Glück gab es jetzt die letzte Premiere der 39. Brüder Grimm Festspiele Hanau. Das Stück wird wechselnd mit Aschenputtel (Musical), Hase und Igel und Tartuffe bis zum 30. Juli 23 im überdachten Amphitheater im schönen Schlosspark Philippsruhe gespielt. Dabei handelte es sich, wie Festspielintendant Frank-Lorenz Engel vor Beginn erfreut hinwies, um eine Uraufführung. Stephan Lack hat aus der kurzen Vorlage der Brüder Grimm ein großes Theaterstück für Jung und Alt geschaffen.
Was ist Glück?
Der Müllersjunge Hans ist vordergründig ein sonderbarer Mensch. Stets zufrieden, zu allen Leuten freundlich und hilfsbereit geht ja noch durch. Doch dann macht er ein seltsames Tauschgeschäft nach dem anderen, bei dem sich der Gegenwert für ihn immer mehr verringert. Dabei fühlt er sich keinesfalls betrogen. Im Gegenteil. Er ist stets der Auffassung genau die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Am Ende hat er scheinbar gar nichts mehr in seinen Händen und ist nun der allerglücklichste Mensch, denn er ist frei von allem. Das Märchen hat mit seiner Frage, wo ist Glück zu finden, einen großen philosophischen Gehalt und ist zeitlos aktuell.
Erweiterte Handlung und eine Romanze
Stephan Lack hat bei seinem dritten Stück für die Brüder Grimm Festspiele die Geschichte erweitert. Die Hans begegnenden Figuren wurden teilweise miteinander verbunden und neue kamen hinzu.
So kehrt der hochmütige Edelmann Bertram (erhaben: Dieter Gring) mitsamt seiner nicht sehr hellen Krähe (arbeitsam: Victoria Grace Findlay, auch Annegret und Gänsehirte) in die Handlung zurück. Denn es gibt zusätzlich eine vierköpfige Räuberbande, die im Wald ihr Unwesen treibt. Sie wird von Jule (charmant und kämpferisch: Anna Larissa Grosenick; auch Käthe) angeführt. Wenn Jule unerwartet auf Hans (gewinnend und relaxed: Michael Berres) trifft, macht es Zoom zwischen den beiden. Bis die beiden dann gemeinsam am Haus von Hans´ Mutter ankommen, ist es freilich ein längerer Weg, aber er kann ihr dann auch endlich das Meer, ein weiteres Bild für sein Glück, zeigen.
Die Bühnenanlage ist in Grün gehalten, mit grünen Tarnnetzen überzogene Objekte deuten einen Wald an. Herausgestellt positioniert befindet sich ein großer Wegweiser mit dem multiplen Ziel „Glück“, das in allen Richtungen zu finden ist (Bühnenbild: Hans Winkler). Mitunter wird auch gesungen, wie bei der Eröffnungsnummer der Räuber, und es gibt kurze musikalische Einlagen (Komposition: Kolja Erdmann).
Fabelhafte Tierwelt
Unter der Regie von Nina Pichler spielt das Ensemble mit viel Elan groß auf. Dabei erzählt Nina Pichler die Geschichte flott und mit einer gewissen Leichtigkeit. Besonders berührend ist das erste Gespräch zwischen Hans und Jule im Wald, wenn sie in ihrer jeweiligen Unbeholfenheit ihre Gedanken dem Publikum mitteilen.
Bei den Tauschgeschäften stehen Tiere im Vordergrund. Und diese werden vom Ensemble in Mehrfachbesetzung gespielt. Dabei hat die Kostümabteilung der Festspiele Hanau wieder ganze Arbeit geleistet ( Kostümbild: Anke Küper / Kerstin Laackmann; Maskenbild: Wiebke Quenzel). Christopher Krieg ist das präsente, eitle, heftig wiehernde und widerspenstige ehemalige Turnierpferd, vom Vorbesitzer „Fauxpas“ genannt (auch Müller, Metzger und Scherenschleifer). Als ruhsame Kuh mit eleganter Eutertasche nimmt Claudia Brunnert das Publikum stark für sich ein (auch Müllerin, ängstliche Räuberin Fliege und Mutter). Ebenso tut dies die herrlich schnatternde und watschelnde Gans der Judith Jakob (auch Räuberin Schnatter und Wirtin). Als anhängliches, liebevolles Glücksschwein kommt Fabian Baecker (auch Räuber Speck und Wirt) blendend an.
Am Ende ist klar, Glück hat viele Facetten und wird individuell unterschiedlich empfunden. Sich allein dafür zu sensibilisieren, ist eine erste Grundvoraussetzung.
Sehr viel Applaus und Standing Ovations für alle Beteiligte.
Markus Gründig, Juni 23
Hans im Glück
Märchen nach den Brüder Grimm
Premiere / Uraufführung bei den Gebrüder Grimm Märchenfestspielen Hanau: 10. Juni 23
Buch: Stephan Lack
Komposition: Kolja Erdmann
Regie: Nina Pichler
Dramaturgie: Prof. Dr. Jeroen Coppens
Bühnenbild: Hans Winkler
Kostümbild: Anke Küper / Kerstin Laackmann
Maskenbild: Wiebke Quenzel
Regieassistenz / Inspizienz: Mona Brinkmann
Kostümbildassistenz: Anna Frauendorf
Technische Leitung: Jan Langebartels
Besetzung:
Hans: Michael Berres
Käthe / Jule: Anna Larissa Grosenick
Bertram: Dieter Gring
Müller / Pferd / Metzger / Scherenschleifer: Christopher Krieg
Annegret / Krähe / Gänsehirte: Victoria Grace Findlay
Räuberin Schnatter / Wirtin / Gans: Judith Jakob
Räuber Speck / Wirt / Schwein: Fabian Baecker
Müllerin / Räuberin Fliege / Kuh / Mutter: Claudia Brunnert
festspiele-hanau.de