Patrick Kinevanes »Silent« als Gastspiel des irischen Fishamble Theaters in Frankfurt

kulturfreak Bewertung: 4 von 5

Mit der lang ersehnten Premiere von David Byrnes Secret Life of Humans eröffnet das English Theatre Frankfurt kommenden Freitag die neue Spielzeit 2022/23. Als Appetizer gab es jetzt, inmitten der intensiven Probenarbeit, ein besonderes Highlight. Das in Dublin beheimatete und auf die Aufführung von neuen Stücken spezialisierte Fishamble Theatre war für einen Abend mit dem Einpersonenstück Silent von Patrick Kinevane zu Gast im English Theatre Frankfurt.

Ermöglicht wurde das Gastspiel durch die Unterstützung des Irischen Generalkonsulats in Frankfurt und von Culture Ireland (einer Stiftung zur Förderung irischer Kunst weltweit). Bevor sich der imaginäre Vorhang öffnete, drückten der Intendant des Hauses, Daniel Nicolai und die Generalkonsulin der Republik Irland, Anne-Marie Flynn, ihr Mitgefühl zum Tod von Queen Elisabeth II. aus.

Patrick Kinevane ist Schriftsteller und Schauspieler. Seit über 15 Jahren arbeitet er eng mit dem Fishamble Theatre zusammen. Es produzierte seine drei Solostücke Forgotten, Silent und Underneath, alle wurden mehrfach ausgezeichnet. Inszeniert wurden sie vom künstlerischen Leiter des Fishamble Theatrs, Jim Culleton.

Silent erzählt die Geschichte des Wohnsitzlosen Tino McGoldrig. Einst hatte er alles: Frau und Familie, beruflichen Erfolg und Wohlstand. Doch nun ist es still um ihn geworden. Er verkriecht sich unter einer Decke und schweigt. Bis von Passanten ein Euro in den aufgestellten Nachttopf seiner Großmutter geworfen wird, für die er sich stets bedankt. Jeder Dank löst eine Welle der Erinnerungen auf, die er nur zu gerne mitteilt. Dabei durchbricht er die vierte Wand und spricht das Publikum direkt an. Wie Dorothe, die vor dem Theaterbesuch Mirabellen eingekauft und ihre Wohnung geputzt hat.

Regisseur Jim Culleton hat das 90-minütige Einpersonenstück facettenreich umgesetzt. Patrick Kinevane zeigt dazu eine große Präsenz, nimmt barfüßig und in einfacher schwarzer Kleidung (Kostüm: Catherine Condell) die gesamte leere Bühne ein. Fließend erzählt er von seiner geschiedenen Frau, seinem schwulen toten Bruder Pearse, von Depressionen, Tabletten und Alkohol. Die Erzählungen gehen immer wieder in tänzerische, träumerische Bewegungen über bei denen dann Kineyanes Stimme aus dem Off eingespielt wird. Mit großen Wörtern beschriftete Tafeln geben bei verschiedenen Filmsequenzen, Erinnerungen an den von seinem Vater verehrten Stummfilmstar Rudolph Valentino, Themen vor. Kinevanes trockener Humor sorgte für viele Lacher im Publikum. Einen großen Einfluss haben die sehr unterschiedliche Ausleuchtung und musikalische Einspielungen (Musik: Denis Clohessy).

Silent lenkt den Blick auf Menschen, die uns jeden Tag in den Fußgängerzonen begegnen, an denen wir aber meist achtlos vorübergehen. Und auf all diejenigen, die an psychischen Krankheiten leiden und diese nicht nach außen zeigen, sondern stumm bleiben. Es macht aber auch Mut, die gefährliche Stille zu durchbrechen.
Am Ende gab es intensiven Applaus für Patrick Kinevanes voller Leidenschaft dargebotenes Spiel.

Markus Gründig, September 22


Silent

Von: Patrick Kinevane
Uraufführung: 2011 (Dublin, Fishamble Theatre Company)

Gastspiel der Fishamble Theatre Company am English Theater Frankfurt: 10. September 22

Regie: Jim Culleton
Musik: Denis Clohessy
Kostüm: Catherine Condell

Mit: Patrick Kinevane

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